Fachforum "Soziale Landwirtschaft: Eine Chance auf dem Land" auf dem Zukunftsforum Ländliche Entwicklung 2025 in Berlin
Das Zukunftsforum Ländliche Entwicklung ist das größte und bedeutendste nationale Forum für Fragen ländlicher Entwicklung in Deutschland. Seit 15 Jahren wird es vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen der Internationalen Grünen Woche ausgerichtet. Damit bietet das BMEL Akteuren eine Plattform, Ideen, Erfahrungen und Wissen zu teilen und zu diskutieren.
Beim Zukunftsforum 2025 unter dem Motto LAND.KANN.VIELFALT. gestaltete das Bundesweite Netzwerk Soziale Landwirtschaft ein Fachforum mit dem Titel "Soziale Landwirtschaft: Eine Chance auf dem Land". Die Veranstaltung bot einen lebhaften Austausch über die vielfältigen Potenziale der Sozialen Landwirtschaft und ihre Chancen für ländliche Räume. Auch die Arbeitsgruppe Erlebnisorientierte Angebote und Soziale Landwirtschaft der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft war mit von der Partie und für Inhalt und Organisation zuständig.
Soziale Landwirtschaft im Fokus: Spannende Projekte und neue Perspektiven
Beraterinnen aus dem bundesweiten Netzwerk Soziale Landwirtschaft brachten dann in einer ersten Podiumsrunde ihre Erfahrungen und Perspektiven ein. Die Expertinnen betonten nicht nur die sozialen & wirtschaftlichen Vorteile dieses Betriebszweiges, sondern sie diskutierten auch, warum sich die Landwirtschaft auf die Zusammenarbeit mit vulnerablen Zielgruppen einlassen sollte. Es wurde deutlich, dass die Soziale Landwirtschaft auch eine innovative wirtschaftliche Chance für landwirtschaftliche Betriebe bietet.
Sie arbeitet als Geschäftsführerin beim Netzwerk alma - arbeitsfeld landwirtschaft mit allen - für Menschen mit und ohne Behinderung. Sie ist angetrieben von der Überzeugung und immer wieder erneuerten Erfahrung, dass Landwirtschaft ein sehr besonderes Arbeitsfeld mit großem Potential ist. Auf die Frage, warum Landwirte Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen anbieten sollten, antwortete Kleinheitz: "Zunächst einmal ist nicht jeder Betrieb für diese Form geeignet. Wenn es jedoch passt, bereichert es den Betrieb durch seine Lebendigkeit und stellt einen wirklich innovativen Betriebszweig für landwirtschaftliche Betriebe dar, der zusätzlich Einkommen generieren kann." Durch die Integration von Menschen mit Behinderungen oder anderen sozialen Gruppen können Betriebe zusätzliche Arbeitskräfte gewinnen, die in der Regel eine hohe Motivation und Freude an der Arbeit mitbringen.
Netzwerk alma
Sie ist seit 2020 dabei, in ihrem Wohnort Heinersdorf im Landkreis Oder-Spree im Land Brandenburg die "Praxisforschungsstelle Heinersdorf" für Lebensmodelle im Alter auf dem Land aufzubauen. Im Projekt "Grün-Weiße Kooperation in Oderland-Spree" ist sie mit der Sozialen Landwirtschaft in Kontakt gekommen. Annegreth Huth ist überzeugt: "Der Hof entwickelt sich so zu einem lebendigen Ort, der nicht nur landwirtschaftliche Produkte erzeugt, sondern auch positive soziale Impulse setzt. Diese Form der Landwirtschaft stärkt das Gemeinschaftsgefühl."
Praxisforschungsstelle Heinersdorf
Sie ist Ansprechpartnerin für Green Care Angebote der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein leitet seit kurzem das dreijährige EIP-Projekt "Greencare-Soziale Landwirtschaft". Als Krankenschwester und Agraringenieurin verbindet sie beide Professionen und berichtet, dass die Angebote der Sozialen Landwirtschaft gerade für Pflegekräfte eine attraktive berufliche Option darstellen. Dafür sprechen viele Vorteile, vor allem die Möglichkeit, in kleinen Strukturen zu arbeiten, das familiäre Umfeld sowie die authentische Atmosphäre eines Bauernhofes.
Green Care Angebote der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein
Lena Franke ist Vertreterin der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Soziale Landwirtschaft (DASoL) und Mitgründerin der EntSpinnerei - Die Projektbegleitung für Soziale Landwirtschaft. Damit unterstützt sie Vorhaben aus dem Bereich der Sozialen Landwirtschaft und hilft bei der Umsetzung. "Landwirte können mit sozialen Angeboten von einer positiven Wahrnehmung in der Gesellschaft profitieren. Zudem können landwirtschaftliche Betriebe durch ihre Öffnung für soziale Themen und die Zusammenarbeit als soziale Anker im Dorf fungieren."
EntSpinnerei - Die Projektbegleitung für Soziale Landwirtschaft
Projekte aus der Praxis in der Posterwanderung
Bei einer Posterwanderung hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich bei Praktikerinnen und Praktikern der Sozialen Landwirtschaft aus ganz Deutschland zu informieren und ins Gespräch zu kommen. Die vier vorgestellten Praxisbeispiele verdeutlichten die Vielfalt und den Erfolg der Sozialen Landwirtschaft.
Heidi Geßner aus Unterfranken betreibt seit 2022 den Bauernhofkindergarten auf dem "Erlebnishof Löwenzahn", den sie auf dem elterlichen Bauernhof ins Leben gerufen hat. Seitdem erleben 15 Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren den Alltag auf dem Bauernhof und können die Natur zu jeder Jahreszeit hautnah entdecken. Bei schlechtem Wetter und über Mittag verbringen die Kinder ihre Zeit im gemütlich umgebauten Bauwagen, zu dem ein Spielplatz und ein großzügiges Außengelände gehören. Träger des Kindergartens ist der reguläre Kindergarten der Gemeinde.
Bauernhofkindergarten auf dem "Erlebnishof Löwenzahn"
Guido Pusch führt einen Pflegebauernhof im Westerwald, auf dem Seniorinnen und Senioren ihren Lebensabend in einer respektvollen und vertrauten Umgebung verbringen können. Seit 2011 bietet der Pflegebauernhof Pusch 22 älteren Menschen ein Zuhause, das Pflege mit aktiver Teilhabe verbindet. Senioren erleben sinnvolle Aufgaben wie Gartenarbeit, Tierpflege oder Kochen, wodurch Körper und Geist gefördert werden. Familien profitieren von gemeinsamen Erlebnissen in einer realen ländlichen Umgebung. Pflegekräfte finden neuen Sinn und Freude in ihrer Arbeit.
Pflegebauernhof Pusch
Roland Bursian leitet einen heilpädagogischen Bio-Bauernhof und gleichzeitig zertifizierten Demonstrationsbetrieb für ökologischen Landbau in Isenbüttel. "Der Hof in Isenbüttel" ist mehr als nur ein landwirtschaftlicher Betrieb – er ist ein kleines, lebendiges Dorf. Von Anfang an verfolgte man hier ein Konzept, das größtmöglichen Kontakt zwischen Menschen mit und ohne Behinderung erlaubt. Auf dem heilpädagogischen Bauernhof leben und arbeiten Menschen mit geistiger Behinderung.
"Der Hof in Isenbüttel"
Urte Meves vereint auf ihrem Betrieb unterschiedliche Generationen und bietet stundenweise Betreuungsangebote für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. Nicht weit vom Nord-Ostsee-Kanal liegt der kleinbäuerliche Meves-Hof in Schleswig-Holstein. "Wir haben eine Angus-Mutterkuhherde mit Rindermast und bieten vielseitige Angebote der Sozialen Landwirtschaft. Mit unserem Angebot stundenweiser Besuche für Gruppen oder Einzelpersonen jeden Alters schafft der Hof besondere Glücksmomente und ist ein Ort, der junge und alte Menschen emotional berührt. Kinder und Jugendliche, Eltern und Großeltern sowie Menschen mit Demenz oder psychischen Erkrankungen kommen regelmäßig auf den Hof. Beim Beobachten, Streicheln und Füttern der Tiere werden Erinnerungen geweckt oder ganz neue, unbekannte Erfahrungsräume entdeckt."
Meves-Hof in Schleswig-Holstein
Abschluss: Ein vielversprechender Blick in die Zukunft der Sozialen Landwirtschaft
Am Ende des Fachforums wurde die weitreichende Wirkung der Sozialen Landwirtschaft klar herausgestellt: Sie bietet Potenzial für die Entwicklung ländlicher Regionen, unterstützt die lokale Wirtschaft, stärkt soziale Netzwerke vor Ort und eröffnet benachteiligten Gruppen neue Perspektiven. Gleichzeitig stellt sie für die Landwirtschaft einen innovativen Betriebszweig dar, der ökonomisch wertvoll ist. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich dieses Modell in Zukunft weiterentwickeln wird. Das Potential ist groß, ebenso wie das gesellschaftliche Interesse daran, das wurde im Fachforum deutlich!
Bildnachweis:
Kopfbild, www.bayern.by – Tobias Gerber