Erzeugerpreis für Strom aus Photovoltaik-Freiflächenanlagen

Schmuckbild PV-Module und Windräder stilisiert

Foto: colourbox.de, Neirfy

Die Energiemärkte zählen zu den Krisengewinnern der Jahre 2021 bis 2023. Im Großhandel erreichte der Strompreis in der Spitze 87,10 Cent je Kilowattstunde. Warum bei geplanten Photovoltaik-Freiflächenanlagen dennoch mit spitzem Bleistift gerechnet werden sollte.

Strom ist der zentrale Baustein der Energiewende

Unter dem Schlagwort Power-to-X (PtX, deutsch: "Strom zu Alles") fördert die Bundesregierung immer offensiver die Transformation der Wirtschaft. Mit Wärmepumpen wird Strom zu Wärme (engl.: Power-to-Heat, PtH). Mit Elektrolyse wird Strom zu Wasserstoff (PtH). Mit Strom kann man Stickstoff aus der Luft generieren und zusammen mit dem Wasserstoff und noch mehr Strom zu Ammoniak synthetisieren (PtA). Ammoniak ist wiederum ein bedeutender Grundstoff für die chemische Industrie und ein nachhaltiger Treibstoff für große Handelsschiffe. Und das alles sind nur ausgewählte Beispiele. Nachhaltig erzeugter, im Überfluss vorhandener und damit günstiger Strom ist der zentrale Baustein der Energiewende.

Geschätzte Stromgestehungskosten

Große Photovoltaik-Freiflächenanlagen (kurz: PV-FFA) können nur über eine Ausschreibung der Bundesnetzagentur eine 20-jährige EEG-Garantievergütung erlangen. Hier herrscht intensiver Wettbewerb. PV-FFA bieten meist zum vollkostendeckenden Preis ohne Aufschlag mit. Die Ausschreibungsergebnisse liegen damit nahe an den tatsächlichen Stromgestehungskosten. Seit 2015 erhielt eine Anlagenleistung von 10,7 Gigawatt einen Zuschlag. Die bezuschlagte Anlagenleistung entspricht vier Kernkraftwerken, die erwartete Jahresstromerzeugung rund einem halben.
Liegen die Stromgestehungskosten von 2015 bis 2020 im gewichteten Mittelwert noch bei 5,44 Cent/kWh (Cent je Kilowattstunde), verringern sie sich 2021 und 2022 geringfügig auf 5,26 Cent/kWh und steigen 2023 vorläufig auf 6,77 Cent/kWh. Zuletzt scheinen sich bei neuen Projekten die höheren Kosten für Finanzierung, Netzanschluss und Flächensicherung niederzuschlagen, obwohl die Modulpreise zuletzt deutlich gesunken sind.

Monatsmarktwerk Solar | Der Großhandels-Erzeugerpreis

Im Großhandel wird für Strom stündlich ein neuer Preis ermittelt. Ein Standardjahr hat 8.760 Stunden und Einzelpreise. Photovoltaikanlagen sind volatile Stromerzeuger. Die Sonne bestimmt, wann wie viel Strom erzeugt und eingespeist werden kann. Gewichtet man die stündlichen Großhandelspreise mit der stündlich eingespeisten Solar-Strommenge, ergibt sich der Marktwert Solar.
Im Mittel der Jahre 2015 bis 2020 lag dieser bei 3,461 Cent/kWh. Krisenbedingt stieg er 2021 und 2022 auf 15,184 Cent/kWh, während 2023 ein vorläufiger Rückgang auf 7,715 Cent/kWh zu verzeichnen ist.

2021 und 2022 zwei goldene Jahre

Bei einem Stromertrag von 1 Mio. kWh je Hektar PV-FFA, einem Jahresmarktwert Solar von 15,184 Cent und selbst bei Stromgestehungskosten in Höhe von 6,77 Cent ergibt sich vor Steuern ein Überschuss von 8,414 Cent für jede Kilowattstunde und 84.140 Euro je Hektar.
Im Jahr 2023 verliert der Marktwert Solar wieder deutlich an Wert und pendelt sich auf das doppelte Vorkrisenniveau ein. Bei obigen Annahmen ergäbe sich vor Steuern eine Marge von 0,405 Cent für jede Kilowattstunde und 4.050 Euro je Hektar.
Die zukünftige Entwicklung der Großhandelspreise ist rein spekulativ. Letztendlich ist für PV-FFA nur eines sicher: Jedes Cent je Kilowattstunde wird bei oben genannten Hektarstromertrag umgerechnet zu 10.000 Euro je Hektar. Das gilt für die Gewinnchance und das Verlustrisiko gleichermaßen (siehe Abbildung 1 und Tabelle 1).

In den Jahren 2021 und 2022 waren die Ausschläge nach oben für den Großhandelsstrompreis und den Monatsmarktwert Solar extrem

Abbildung 1: Monatsmarktwert Solar und EEG-Ausschreibungsergebnisse Solar Freifläche - 2015 bis heute
Tabelle 1: Großhandelsstundenpreise, Jahresmarktwert Solar und Ausschreibungsergebnisse Bundesnetzagentur von 2015 bis 2023
 Großhandels- stundenpreise für StromGroßhandels- stundenpreise für StromGroßhandels- stundenpreise für StromJahresmarktwert SolarAusschreibungs- ergebnisse der BundesnetzagenturAusschreibungs- ergebnisse der Bundesnetzagentur
vonEinfacher MittelwertbisEinfacher MittelwertEinspeisevergütungInstallierte Anlagenleistung
Cent/kWhCent/kWhCent/kWhCent/kWhCent/kWhMegawatt peak
2015 bis 2020-13,013,4620,003,4615,443.053
2021 und 2022-6,9016,5587,1015,1845,264.033
Januar bis November 2023-50,009,7952,437,1756,773.625
Quelle: Strommarktdaten nach www.smard.de, Marktwert Solar nach www.netztransparenz.de, EEG-Ausschreibungsergebnisse Solar Freifläche nach www.bnetza.de

Negative Strompreise im Großhandel

Mit Ausnahme des Jahres 2022 liegt der Monatsmarktwert Solar deutlich unter dem durchschnittlichen Strommarktniveau. Dies liegt an sonnenreichen Stunden, an denen die Photovoltaikanlagen selbst den eigenen Großhandelspreis unter Druck setzen. Verstärkend wirkt die ebenfalls volatile Windstromeinspeisung. Ab 75% Wind- und Solarstrom im deutschen Erzeugungsmix steigt im Großhandel die Wahrscheinlichkeit stark an, dass der Erzeugerpreis null oder negativ wird. Vom Januar bis November 2023 summiert sich der nicht oder negativ vergütete Strom auf knapp 10% der gehandelten Solarstrommenge.
Sollte der Stromverbrauch nicht in gleichem Umfang mitwachsen wie die von der Bundesregierung angestrebte Verfünffachung der installierten PV-Leistung (siehe Abbildung 2), könnten sich zukünftig im Großhandel negative Stundenpreise häufen und den Marktwert Solar noch stärker unter Druck setzen.

Bis 2045 soll die Anlagenleistung aus erneuerbaren Energien auf rund 640 Gigawatt steigen

Abbildung 2: Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Ausbauziele bis 2045

Nachhaltige Absicherung des Erzeugerpreises

Wird eine PV-FFA ohne EEG-Förderung errichtet, kann der Anlagenbetreiber seinen Erzeugerpreis über private Stromlieferverträge (Power-Purchase-Agreement, PPA) absichern. Laufzeit und Vergütungshöhe sind hier frei verhandelbar. PPAs sichern meist kurz- bis mittelfristige Preisschwankungen ab. Auch PPA-Anlagen können sich langfristig nicht gänzlich von den zukünftigen Großhandelspreisen abkoppeln.
Deutlich mehr Sicherheit bietet die EEG-Garantievergütung. Sie wirkt als Erzeugerpreisuntergrenze und erlaubt dem Anlagenbetreiber zusätzlich eine höherpreisige Vermarktung an Dritte. Kleine Einschränkung: Gemäß Paragraph 51 EEG 2023 verringert sich für neu in Betrieb genommene Solaranlagen ab 400 kW peak im Jahr 2024 ab drei aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Großhandelspreisen der Vergütungsanspruch auf null. Die Stromeinspeisung ist dann zwar möglich, aber für 0,00 Cent/kWh. Im Jahr 2025 ist ebenfalls diese 3 Stunden-Regel anzuwenden. Ab dem Jahr 2026 wird diese durch eine Zwei-Stunden-Regel ersetzt. Ab 2027 verringert sich der EEG-Vergütungsanspruch dann für jede Stunde mit negativem Großhandelspreis auf null. Damit müssen sich auch Finanzierungskonzepte mit EEG-Garantievergütung der Frage negativer Strompreise im Großhandel stellen.
Die bestmögliche Risikoabsicherung für eine PV-FFA bietet die EEG-Garantievergütung, verbunden mit einem Zusatznutzen. Bei Agri-PV bleibt die landwirtschaftliche Nutzung vorrangig, Moor-PV ist zusätzlich aktiver, geldwerter Klimaschutz und bei PV-FFA mit Eigenverbrauchskonzepten spart sich der Stromverbraucher meist die Netzentgelte, die für ihn höher als die Stromgestehungskosten sind.
Der Beitrag wurde auch im Magazin ECOVIS agrar, Ausgabe 1.2024 veröffentlicht.

Photovoltaik - Erzeugerpreis für Strom aus Freiflächenanlagen (Ausgabe 1.2024, Seiten 4-6, externe PDF-Datei) Externer Link

Ansprechpartner
Martin Strobl
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Agrarökonomie
Menzinger Straße 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1474
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