Moorböden als wichtige Säule des Klimaschutzes

Blick auf eine sattgrüne, nasse Sumpfwiese

Foto: Boris Mittermeier, LFL

Bayern verfügt über rund 220.000 Hektar Moorböden, die in ihrem natürlichen Zustand große Mengen an CO2 speichern. Durch die Trockenlegung der organischen Böden gelangen jedoch hohe Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre, da der Torfkörper unter Sauerstoffeinfluss zersetzt wird.

Eine Wiedervernässung der entwässerten Flächen kann diesen Prozess unterbinden. Untersuchungen weisen auf Einsparpotentiale von bis zu 50 Tonnen CO2-Äquivalent pro Hektar und Jahr hin (Tiemeyer et al., 2020; Klatt et al., 2023; Eickenscheidt et al., 2024). Im Rahmen der KULAP-Förderung (Moorbauernprogramm) soll dieses Klimaschutzpotenzial nutzbar gemacht werden, indem ökologische Vorteile – wie THG-Reduktion, Biodiversität und Wasserrückhalt – mit einer ökonomisch tragfähigen Nutzung der wiedervernässten Flächen realisiert werden. Dazu werden Paludikulturen (feuchtigkeitsliebende Pflanzen) auf den nassen Standorten etabliert. Die zentrale Frage ist, ob und wie sich diese neue Bewirtschaftungsform sinnvoll in landwirtschaftliche Betriebsstrukturen integrieren lässt, ohne dabei die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Betriebe zu gefährden.

Modellbetriebe und Anbauszenarien

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat zusammen mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) im Modul 4 des MOORuse-Projektes drei unterschiedliche Modellbetriebe auf Moorstandorten modelliert, um die wirtschaftlichen Effekte der Implementierung von Paludikulturen zu simulieren:

  • Marktfruchtbetrieb intensiv (Kartoffeln, Körnermais, Getreide)
  • Marktfruchtbetrieb extensiv (Getreide, Leguminosen, Ölsaaten)
  • Milchviehbetrieb (Ackerfutter und Dauergrünland)
In allen Modellbetrieben kam Rohrglanzgras als Paludikultur zum Einsatz, wobei 10 %, 30 % oder 75 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche umgewandelt wurden. Mithilfe einer Monte-Carlo-Simulation (statistischer Ansatz zur Berücksichtigung von Unsicherheiten) wurden folgende Aspekte ausgewertet:
  • Etablierungskosten (z. B. für Saatgut und Bodenvorbereitung)
  • Langfristige Deckungsbeiträge (10-Jahres-Intervall)
  • Treibhausgas-Emissionen Bilanz und THG-Einsparungen (vgl. Tiemeyer et al., 2020; Klatt et al., 2023)
  • CO₂-Vermeidungskosten (auch „Grenzvermeidungskosten“ genannt) beschreiben das Verhältnis zwischen den ökonomischen Aufwendungen und der eingesparten CO2-Menge.

Zentrale Ergebnisse

Deckungsbeiträge und Emissionseinsparung
Die Modellrechnungen zeigen, dass der Anbau von Paludikulturen (Rohrglanzgras) unter den aktuellen Marktbedingungen und ohne Förderungen negative ökonomische Auswirkungen auf die Betriebe aufweisen. Zudem entstehen Opportunitätskosten, wenn ertragsstarke Marktfruchtkulturen oder wertvolle Futterflächen ersetzt werden. Demgegenüber ist das Klimaschutzpotenzial außerordentlich hoch.
Tabelle 1: Wirtschaftliche und ökologische Kenngrößen in den Modellbetrieben bei Implementierung von Paludikulturen
BetriebsausrichtungModellierter Deckungsbeitrag Gesamtbetrieb
(ohne Förderungen oder Prämien)
Wirtschafl. Nachteil
(vs. konventionell) (€ je ha Paludikultur)
THG-Einsparung
(t CO2-Äq. ha⁻¹ a⁻¹)
THG-Vermeidungskosten
(€/ha)
Marktfruchtbetrieb intensiv Ø1.500 €/ha2.30046
10 % Paludikultur1.900 4,741
30 % Paludikultur2.50013,951
75 % Paludikultur2.60033,849
Marktfruchtbetrieb extensiv Ø350 €/ha1.340 29
10 % Paludikultur1.3404,629
30 % Paludikultur1.34013,628
75 % Paludikultur1.33033,227
Milchviehbetrieb Ø2.000 €/ha3.150 55
10 % Paludikultur2.6005,053
30 % Paludikultur3.60019,0256
75 % Paludikultur (Aufgabe der Milchviehhaltung)3.300-49,713
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Eickenscheidt et al., 2024)
Hinweis: Alle Werte wurden gerundet. Die tatsächlichen Werte können geringfügig abweichen
Hohes Klimaschutzpotenzial
Je nach Ausgangszustand der Böden, Bewirtschaftungsintensität und Betriebsausrichtung lassen sich bei Paludikulturen pro Hektar und Jahr bis zu 50 Tonnen CO₂-Äquivalent einsparen (Tiemeyer et al., 2020; Klatt et al., 2023; Eickenscheidt et al., 2024). Die CO2-Vermeidungskosten – also der ökonomische Nachteil pro vermiedener Tonne CO2– liegen im Durchschnitt bei 40 Euro (Spanne rund 15 bis 60 Euro). Dieser Mittelwert befindet sich unterhalb der aktuellen CO2-Bepreisung von 55 Euro/t (Bundesregierung, 2025) und des börsengehandelten CO2-Emissionspreisniveaus (Stand 02/25) von etwa 75 Euro/t (Börse Frankfurt, 2025). Aus volkswirtschaftlicher Sicht deutet dies auf eine hohe Effizienz der Paludikulturen als Klimaschutzmaßnahme hin.

Handlungsempfehlungen und Ausblick

ein Gräbennetz zieht sich durch landwirtschaftliches Grünland

Foto: Boris Mittermeier, LFL

Um Paludikulturen langfristig erfolgreich zu etablieren, sind zunächst erweiterte Fördermechanismen unerlässlich. Angemessene Prämien sowie eine Umsetzung von CO2-Zertifikaten könnten die finanziellen Einbußen verringern und so die Grundlage für eine wirtschaftlich tragfähige Bewirtschaftung schaffen. Eine stetige Weiterentwicklung der bestehenden KULAP-Maßnahmen können die Umstellung auf nasse bewirtschaftete organische Böden (Moorflächen) zudem gezielt unterstützen und damit attraktiver machen. Darüber hinaus spielen technische Innovationen eine entscheidende Rolle. Speziell angepasste Erntemaschinen senken das Betriebsrisiko, während alternative Nutzungswege für die Biomasse – etwa in Form von Baustoffen oder Dämmmaterial – den Marktwert steigern und so den Anbau lukrativer machen. Langfristig sollten Betriebe diese Umstellung strategisch planen und den Flächenanteil der Paludikulturen bedarfsgerecht bestimmen. Ein ausgebautes Netz stofflicher und energetischer Verwertungsketten könnte zu stabileren und langfristig gewinnbringenderen Märkten für Paludi-Biomasse führen.

Fazit

Wiedervernässte Moorflächen gehören zu den sehr wirksamsten Maßnahmen zur Einsparung von Treibhausgasen, da sie je Hektar und Jahr bis zu 50 Tonnen CO2-Äquivalent einsparen können. Aus agrarökonomischer Sicht ist diese Form der Bewirtschaftung derzeit defizitär, da sie bei einer moderaten Implementierung (10–30 % der Flächen) im Schnitt 2.200 Euro Verlust pro Hektar verursacht. Um das hohe Emissionsminderungspotenzial von Paludikulturen dennoch auszuschöpfen, sind langfristige Fördermittel, technische Innovationen und möglicherweise CO2-Zahlungen (CO2-Zertifikate) erforderlich. Diese Faktoren können die Wirtschaftlichkeit steigern und den Betrieben eine langfristige Rentabilität sichern und so Synergien schaffen. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind Paludikulturen trotz ihrer aktuellen betriebswirtschaftlichen Defizite bereits heute vorteilhaft, da sie geringe CO2-Vermeidungskosten aufweisen und so einen bedeutenden und effizienten Beitrag zum Klimaschutz leisten können.

Ansprechpartner
Dominik Bodenmüller
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur
Menzinger Str. 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1250
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de

Herr Dominik Bodenmüller, Leiter der Arbeitsgruppe Umweltökonomik und Ressourcenschutz

Dominik Bodenmüller

Literatur

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