Forschungs- und Innovationsprojekt
CO2-Fußabdruck Milch und Rindfleisch in Bayern

Fleckviehmilchkühe beim Fressen im Stall

Treibhausgas-Emissionen und Klimawirkung von Milch und Rindfleisch bayerischer Milchviehbetriebe

Im Projekt "CO2-Fußabdruck Milch und Rindfleisch in Bayern" wird für rund 125 bayerische Milchviehbetriebe der CO2-Fußabdruck pro kg Milch berechnet. Um den in Bayern üblichen Zweinutzungsrassen gerecht zu werden, wird dabei der Beitrag der Milchviehhaltung zur Produktion von Rindfleisch berücksichtigt, indem die entstehenden Treibhausgas-Emissionen auf die Koppelprodukte Milch und Rindfleisch aufgeteilt werden.

Informationen für Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger
Das Thema Treibhausgase (THG) und Klimawandel wird in Politik, Handel und Gesellschaft immer wichtiger. Milchverarbeiter und Handel werden daher in Zukunft zunehmend einen Nachweis über Ihre betriebsindividuellen THG-Emissionen benötigen, einen sogenannten CO2-Fußabdruck der gelieferten Milch.
Im Projekt "CO2-Fußabdruck Milch und Rindfleisch in Bayern" wollen wir Sie als Milchbäuerinnen und Milchbauern dabei unterstützen, mehr über die Klimawirkung ihres Betriebs zu lernen und sich proaktiv mit diesem Zukunftsthema auseinander zu setzen. Dafür wird für rund 125 bayerische Milchviehbetriebe ein betriebsindividueller, produktbezogener CO2-Fußabdruck berechnet. Sie haben dadurch die Chance, für sich und Ihren Berufsstand eine adäquate Berücksichtigung der bayerischen Besonderheiten in der THG-Bewertung zu ermöglichen. Besonders der Beitrag der in Bayern verbreiteten Zweinutzungsrassen zur Produktion von Rindfleisch, und damit zur menschlichen Ernährung, muss bei einer Bewertung der Klimawirkung mit bedacht werden.

Was wir Ihnen bieten

Wir bieten Ihnen eine betriebsindividuelle Treibhausgas-Bilanzierung auf dem neuesten Stand der Wissenschaft. Dabei berechnen wir für Sie die gesamte Klimawirkung der Treibhausgasemissionen Ihrer Milchviehhaltung in Tonnen CO2-Äquivalenten und liefern Ihnen konkrete Zahlen:
  • Gesamtbetriebliche Klimawirkung in Tonnen CO2-Äquivalenten
  • CO2-Fußabdruck pro kg Milch in kg CO2-Äquivalenten, unter Berücksichtigung des Beitrags Ihres Betriebs zur Produktion von Rindfleisch
  • Einen Überblick über die Zusammensetzung der Klimawirkung Ihres Betriebs und die wichtigsten THG-Quellen
  • Einen Vergleich der Klimawirkung Ihres Betriebes mit den anonymisierten Ergebnissen ähnlicher Betriebe
Diese Ergebnisse erhalten Sie zu Projektabschluss Ende 2022.

Welche Daten werden benötigt?

Der Aufwand für Sie hält sich dabei in Grenzen. Indem Sie uns die Nutzung Ihrer Daten in digitalen Datenbanken gestatten (HI-Tier Datenbank, InVeKoS/iBALIS), können wir einen großen Teil der nötigen Informationen ohne Ihr Zutun abrufen.
Was dann noch bleibt: Bei einem Termin (vor Ort auf Ihrem Betrieb oder telefonisch) werden Daten zu Tierrationen und Futtermitteln erfasst. Diese Daten liegen Ihnen vielleicht auch bereits aus einer Betriebszweiganalyse (BZA) oder einer Fütterungsberatung vor.

Weitere Daten erfassen Sie selbst in von uns vorbereiteten Formularen:

  • Daten aus Acker- und Grünlandschlagkarteien zum Erntejahr 2020
    • Ernteprodukte (Menge und Qualität, ggf. mit Angaben zur Trocknung und Reinigung)
    • Düngemittel (Menge) und Ausbringverfahren
    • Pflanzenschutzmittel (Menge)
    • Mechanisierung (Art und Anzahl Durchgänge, Bodenbearbeitung, Saatverfahren)
    • Saatgut (Menge und Herkunft)
    • ergänzende Angaben zu den Pflanzenbauverfahren (z.B. konventionell/ökologisch)
  • Angaben zur Tierhaltung
    • Tierzahlen, Tierzukauf und –verkauf nach Tierkategorien (soweit nicht aus HI-Tier bekannt)
    • Milch (Anlieferung Molkerei, Kälbertränke, Naturalentnahme)
    • Stallsystem nach Tierkategorien
    • ggf. Weidemanagement nach Tierkategorien
    • Einstreu (Art und Menge)
  • Daten zu Management/Lagerung von Wirtschaftsdüngern
    • Art und Abdeckung der Wirtschaftsdüngerlagerung und ggf. der Biogasanlage
    • Abgabe und Zugang von Wirtschaftsdüngern
  • Daten zu Verbrauch und Erzeugung von Energie am Betrieb
    • verbrauchte Heiz- und Kraftstoffe, Strom und Wärme
    • erzeugter Strom aus Photovoltaik, Strom & Wärme aus Biogas
  • Daten zur agrarstrukturellen Einordnung (z.B. Ertragsmesszahl, Höhenlage)
Informationen für Molkereien
Das Projekt bietet Ihnen als Kooperationspartner einen fundierten Einstieg in das Thema Treibhausgas-Bilanzierung. Für alle teilnehmenden Milcherzeugerbetriebe berechnen wir einen betriebsindividuellen CO2-Fußabdruck in kg CO2-Äquivalenten pro kg Milch. Dieser Einblick in die Klimawirkung Ihrer Lieferkette kann in Zukunft in Kommunikation, Vermarktung und zur Erfüllung internationaler Standards eine wichtige Rolle spielen. Wir nutzen dabei regionale und einzelbetriebliche Daten und berücksichtigen den Beitrag Ihrer Lieferanten zur Erzeugung von Rindfleisch. Dadurch können wir die speziellen Bedingungen des Milchstandorts Bayern besonders gut abbilden.

Ablauf der Kooperation

Das Projekt und der Datenaustausch erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen der LfL und den teilnehmenden landwirtschaftlichen Betrieben. Falls Sie die teilnehmenden Betriebe aus Ihrem Milcheinzugsgebiet bei der Datenerfassung unterstützen wollen, bitten wir Sie, dies direkt mit den Betrieben abzustimmen (Abbildung 1).
Abbildung 1: Schematischer Ablauf des Forschungsprojekts

Der Ablauf des Projekts als Fließdiagramm dargestellt

Phase 1: Kooperationsvereinbarung und Betriebsauswahl
In einem ersten Schritt unterzeichnen Sie als Kooperationspartner eine Kooperationsvereinbarung, in der u.a. die Aufgabenverteilung und die Nutzungsrechte der Ergebnisse geregelt sind. Gerne können Sie dann unter den Sie beliefernden Milcherzeugerbetrieben für eine Projektteilnahme werben. Zur Vorabstimmung der Betriebsgruppe melden Sie uns bitte Anzahl und Lage der interessierten Betriebe. Auf dieser Basis stellen wir die Betriebsgruppe für das Projekt zusammen. Die teilnehmenden Betriebe unterzeichnen einen Teilnahmevertrag und senden diesen per Post an die LfL. Wenn die fachlichen Auswahlkriterien erfüllt sind, wird die Teilnahme durch die LfL bestätigt. Der Stichtag für die Teilnahme ist der 31.12.2021 (Posteingang Teilnahmevertrag).
Phase 2: Datenerfassung
Die Datenerfassung beginnt mit einem Abruf der Betriebsdaten aus digital verfügbaren Datenbanken (iBALIS-Feldstücke und HI-Tier-Daten) durch die LfL. Auf der Grundlage dieser betrieblichen Daten werden durch die LfL die Formulare und Tools zur Datenerfassung für den individuellen Betrieb vorbereitet. Falls am Betrieb verfügbar, können hier auch weitere Datenquellen eingebracht werden, wie etwa Schlachtdaten oder eine Stoffstrombilanz. Diese betriebsindividuelle Vorbereitung der Erfassungsformulare und -Tools durch die LfL erspart in der folgenden Datenerhebung am Betrieb viel Zeit.
Erhoben werden dabei Daten zur Außenwirtschaft und Tierhaltung, sowie weitere betriebliche Daten wie etwa die Produktion und der Verbrauch von Energie am Betrieb. Besonders wichtig für die Qualität der Ergebnisse (und der aufwändigste Teil der Datenerfassung) ist die Erfassung von Daten zu Rationen und Futtermitteln für die verschiedenen Tiergruppen am Betrieb. Für diesen Schritt bieten sich zwei Möglichkeiten. Der Betrieb kann die notwendigen Daten zur Fütterung in einer von der LfL vorbereiteten Excel-Datei erfassen. Diese Option ist zeitaufwändig und erfordert eine Unterstützung durch die LfL oder den Kooperationspartner. Alternativ kann die Erfassung der Fütterungsdaten im Rahmen einer Fütterungsberatung (Zifo2) durch das LKV Bayern e.V. erfolgen. Dazu beauftragt der Betrieb eigenständig den LKV als Dienstleister mit der Rationserfassung.
Phase 3: Einzelbetriebliche Auswertung
Nach einer Plausibilitätsprüfung der am Betrieb erfassten Daten durch die LfL, erfolgt die Berechnung der THG-Emissionen des Betriebs und seiner Vorkette, sowie die Aufteilung der gesamtbetrieblichen THG-Emissionen auf die Koppelprodukte Milch und Rindfleisch. Zu Projektabschluss Ende 2022 erhalten die teilnehmenden Betriebe eine einzelbetriebliche Auswertung (CO2-Fußabdruck der Milch, Zusammensetzung der Klimawirkung des Betriebs und die wichtigsten THG-Quellen, Vergleich der Klimawirkung des Betriebs mit den anonymisierten Ergebnissen ähnlicher Betriebe).
Phase 4: Überbetriebliche Auswertung und Veröffentlichung
Abschließend erfolgt eine überbetriebliche Auswertung der Ergebnisse. Sie als Kooperationspartner erhalten eine Ergebnisauswertung Ihrer teilnehmenden Betriebsgruppe. Eine Ergebnisauswertung für die gesamte Gruppe teilnehmender Betriebe unter besonderer Berücksichtigung typischer bayerischer Betriebssysteme und bayerischer Regionen wird in einem gemeinsamen Projektbericht veröffentlicht.
Hintergrund des Projektes
Laut Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sollen die Emissionen von Treibhausgasen (THG) aus der deutschen Landwirtschaft bis 2030 um 31 bis 34 % gegenüber dem Stand von 1990 reduziert werden.
Marktakteure wie Handel und größere Unternehmen der Lebensmittelindustrie wünschen sich daher vom einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb zunehmend einen Nachweis über die THG-Emissionen in Form eines sogenannten CO2-Fußabdrucks zum gelieferten Produkt. Dieser Wunsch ist von der Diskussion zum Klima-Labeling von Lebensmitteln geprägt. Zudem empfehlen transnationale Standards zur Bilanzierung von THG-Emissionen für Unternehmen, wie das Greenhouse Gas Protocol, eine belastbare Quantifizierung und Dokumentation aller Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette (inklusive der Herstellung des Rohstoffs Milch) (WRI und WBCSD 2011).
Vorprojekte zur THG-Bilanzierung
In zwei vorausgegangenen Projekten wurde am Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur der LfL ein vorhandenes Modell zur Betriebssimulation um die Möglichkeit der THG-Bilanzierung erweitert. Das Modell ist datenbankbasiert und kann den Gesamtbetrieb abbilden. Die THG-Emissionen landwirtschaftlicher Praxisbetriebe können auf Produkt-, Flächen- und Betriebsebene berechnet werden. Durch die Kombination von Daten zur Produktionstechnik und Tierhaltung sowie zur schlaggenauen Flächenbewirtschaftung kann das Modell die Vielfalt der Produktionsverfahren landwirtschaftlicher Betriebe abbilden. Im Projekt „CO2-Fußabdruck Milch und Rindfleisch in Bayern“ wird das Modell, sowie die Prozesse der Datenerfassung und -verarbeitung durch eine Anwendung auf ca. 125 bayerischen Milchviehbetrieben erprobt und weiterentwickelt.

Ziele

Um die notwendige detaillierte Datenerfassung für betriebsindividuelle THG-Auswertungen langfristig in größerem Umfang zu ermöglichen, werden im Projekt „CO2-Fußabdruck Milch und Rindfleisch in Bayern“ effiziente Vorgehensweisen zur Datenerfassung und -verarbeitung entwickelt und erprobt. Die Bewertungs- und Allokationsmethoden des zugrundeliegenden Modells werden weiterentwickelt. Das Projekt verfolgt dabei die folgenden konkreten Ziele:
  • Effiziente, teilautomatisierte, einzelbetriebliche Datenerfassung von ca. 125 Milchviehbetrieben in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern
  • Einzelbetriebliche Ermittlung der THG-Gesamtemissionen 2020 und Ausweisung der Klimawirkung für den Gesamtbetrieb
  • Einzelbetriebliche Zuordnung (Allokation) der gesamtbetrieblichen THG-Emissionen zu den Produkten Milch und Rindfleisch und Ausweisung eines produktbezogenen CO2-Fußabdrucks
  • Berechnung produktbezogener CO2-Fußabdrücke für typische Betriebssysteme der Milchviehhaltung in verschiedenen Regionen Bayerns
  • Wissenstransfer in landwirtschaftliche Praxis, Milchwirtschaft und Gesellschaft

Methode

Betriebsauswahl

Die Betriebsauswahl im Projekt erfolgt unter Berücksichtigung typischer Regionen und typischer Betriebsstrukturen in Bayern. Es sollen insgesamt 300 Milchviehbetriebe bewertet werden.

Effiziente, teilautomatisierte, einzelbetriebliche Datenerfassung

Nach der Unterzeichnung einer datenschutzrechtlichen Einwilligung gemäß DSGVO durch die teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe werden digital verfügbare Datenquellen (HI-Tier-Bestandsregister, iBALIS-Feldstücke-Datei) direkt durch LfL IBA abgerufen. Weitere benötigte Daten werden durch digital an die teilnehmenden Betriebe versandte Erfassungsformulare, bei einem Vor-Ort Termin am Betrieb bzw. telefonisch erfasst.

Einzelbetriebliche Ermittlung der THG-Gesamtemission 2020 und Ausweisung der Klimawirkung

Tortendiagramm: Quellen und Arten von Treibhausgasen eines konkreten BetriebsZoombild vorhanden

Abbildung 2

Die direkten und indirekten THG-Emissionen auf Betriebsebene sowie die THG-Emissionen der Vorkette werden berechnet (beispielhaft Abbildung 2). Darauf aufbauend wird die Klimawirkung mit Zeithorizont 100 Jahre (GWP 100) ausgewiesen. Die Datenverarbeitung erfolgt mit Hilfe des in den vorausgegangenen Studien entwickelten gesamtbetrieblichen Modells. Die Berechnung der THG-Emissionen und die Bewertung der Klimawirkung erfolgt dabei gemäß den Angaben und Richtlinien des Weltklimarats (IPCC 2006) und des Thünen Instituts (Haenel et al. 2020). Die Bewertung der THG-Emissionen aus der Vorkette basiert auf Daten der Ecoinvent-Datenbank sowie weiteren internationalen Datenbanken. Werden Standardwerte benötigt, so basieren diese überwiegend auf öffentlich verfügbaren LFL-Daten (z.B. LFL-IBA-Internetdeckungsbeitragsrechner, LFL-ITE ZIFO2-Futtermitteldaten, LFL-IAB-Nährstoffgehalte von Ernteprodukten).
Die THG-Bewertung erfolgte nach IDF (2022), jedoch ohne Berücksichtigung von THG-Emissionen durch Landnutzungsänderungen und Nutzung organischer Böden.

Einzelbetriebliche Allokation zur Ausweisung des produktbezogenen CO2-Fußabdrucks

Balkendiagramm Einzelbetriebliche Allokation zur Ausweisung des produktbezogenen CO2-FußabdruckZoombild vorhanden

Abbildung 3

Im Rahmen der Allokation werden die THG-Gesamtemissionen auf die Milch und das Koppelprodukt Rindfleisch verteilt. Dabei werden verschiedene Allokationsmethoden angewendet (100 % Zuordnung zur Milch; ökonomische Allokation gemäß Umsatzanteil; physische Allokation gemäß Produktmenge und physiologischem Futterbedarf zur Milch- und Fleischproduktion) (IDF, 2015). Ein Beispiel zeigt Abbildung 3.

Wissenstransfer

Balkendiagramm: Quellen und Arten von Treibhausgasen eines konkreten BetriebsZoombild vorhanden

Abbildung 4

Teilnehmende landwirtschaftliche Betriebe erhalten eine Berechnung der gesamten Klimawirkung ihres Betriebs im Bereich Milchviehhaltung, sowie einen produktbezogenen CO2-Fußabdruck (kg CO2-Äquivalente pro kg Milch). Eine detaillierte Darstellung der Zusammensetzung der Treibhausgasemissionen gibt Landwirtinnen und Landwirten einen ersten Überblick über THG-Hotspots im eigenen Betrieb und den vorgelagerten Produktionsprozessen (beispielhafte grafische Darstellung siehe Abbildung 4). Teilnehmende Betriebe haben zudem die Möglichkeit, die Klimawirkung des eigenen Betriebs mit anonymisierten Ergebnissen ähnlicher Betriebe zu vergleichen. Dadurch werden Entwicklungspotentiale aufgezeigt.
Die Gesellschaft erhält Informationen zum CO2-Fußabdruck typischer Milchviehbetriebe in verschiedenen Regionen Bayerns.

Erwarteter Nutzen des Projekts

Die in den Vorgängerprojekten erarbeitete Bewertungsmethode wird durch den Einsatz auf Praxisbetrieben weiter erprobt und verbessert. So können etwa verschiedene Allokationsmethoden unter Praxisbedingungen angewendet werden, um die Wirkung dieser unterschiedlichen Verteilungsschlüssel auf das Ergebnis der Bewertung zu beleuchten. Die Aufteilung der THG-Emissionen auf die Produkte Milch und Rindfleisch ermöglicht eine umfassendere Nachhaltigkeitsbewertung und trägt den speziellen Gegebenheiten in der süddeutschen Milchviehhaltung Rechnung (Zweinutzungsrassen).
Durch die Bewertung von rund 125 Milchviehbetrieben aus ganz Bayern liefert das Projekt eine Status-Quo-Analyse der Klimawirkung unterschiedlicher Betriebstypen in verschiedenen Regionen Bayerns. Die detaillierte Aufschlüsselung der THG-Quellen in den Produktionsprozessen kann wichtige Hebel für eine Reduktion der THG-Emissionen in der bayerischen Milchviehhaltung sichtbar machen. Dadurch können sowohl auf einzelbetrieblicher als auch auf agrarpolitischer Ebene Handlungsoptionen aufgezeigt werden.
Das Projekt dient auch als Pilotprojekt zur effizienten, teilautomatisierten Erfassung der für eine THG-Bilanzierung notwendigen Daten, sowie deren datenbank-basierter Verarbeitung.

Ergebnisse

Bayernkarte mit den eingezeichneten BetriebsstandortenZoombild vorhanden

Abbildung 5

Abbildung 5 zeigt die geographische Verteilung der 125 teilnehmenden Betriebe. Dabei zeigt sich eine Häufung im oberbayerischen Voralpenraum sowie in den Regierungsbezirken Oberpfalz und Niederbayern. Dies ist durch die Einzugsgebiete der beteiligten Molkereien begründet.
In Tabelle 1 sind einige wichtige produktionstechnische Parameter der teilnehmenden Betriebe zusammengefasst. Die durchschnittliche Milchleistung beträgt 8452 kg ECM/Kuh und Jahr bei einer relativ großen Spannweite von 3515 kg ECM bis 11059 kg ECM/Kuh und Jahr. Im Durchschnitt halten die Betriebe 87 GVE (Großvieheinheiten) Milchkühe bei einer wiederum hohen Spannweite von 11 bis 408 GVE.
Tabelle 1
Tabelle 1: Produktionstechnische Kennzahlen der teilnehmenden Betriebe
ParameterMinimum25 % der Betriebe liegen unter …Mittelwert25 % der Betriebe liegen über …Maximum
Einzeltier-Milchleistung (kg ECM)351577128448933911059
Milchkühe (GVE)115287110408
sonstige Rinder (GVE)5285670387
GVE-Anteil der sonstigen Rinder (%)1133384478
Fütterungseffizienz TM (kg ECM je kg TM)0,831,091,181,281,56
Fütterungseffizienz MJ (kg ECM je 1.000 MJ NEL)140168180190238
Landw. Fläche (ha)1248861051159
Woher stammen die Emissionen auf den landwirtschaftlichen Betrieben? Beim Blick auf die Anteile einzelner Emissionsquellen an den Gesamtemissionen der Betriebe (Tabelle 2) wird deutlich, dass THG-Emissionen aus dem Einsatz von Diesel (Durchschnitt 5,4 %) und elektrischen Strom (Durchschnitt 0,6 %) über alle Betriebe hinweg einen verhältnismäßig geringen Anteil der Emissionen verursachen. Es zeigt sich auch, dass etwa drei Viertel der Gesamtemissionen aus nur vier Emissionsquellen stammen. Dazu gehören Methan aus der Verdauung der Rinder (50 %), Methan aus der Wirtschaftsdüngerlagerung (11 %), Emissionen aus der Vorkette im Bereich Futterzukauf (11%) sowie Lachgasemissionen aus der Düngung (8 %).
Tabelle 2
Tabelle 2: Anteile der einzelnen Emissionsquellen an den Gesamtemissionen pro Betrieb in Prozent
QuelleMinimum (%)Mittelwert (%)Maximum (%)Standardabweichung (%)
Vorkette Tierzukauf/Fremdbetrieb02,427,84,5
Vorkette Futterzukauf und Einstreu0,310,829,75,3
Vorkette Saatgut< 0,010,20,70,2
Vorkette Energie Sonstige< 0,0150,62,30,3
Vorkette Energie Diesel0,20,61,10,2
Vorkette mineralische Düngemittel02,06,11,6
CO2 aus Energieverbrauch im Betrieb (Diesel)1,65,410,11,8
Methan WD-Lagerung0,910,918,04,4
Methan Stall und Weide< 0,010,10,40,1
Methan Verdauung Rinder36,849,766,55,0
CO2 Düngung Pflanzenbau und Hygienekalk00,21,40,3
Lachgas Düngung1,58,213,52,1
Lachgas Ernterückstände0,30,61,50,3
Lachgas Stall und Lager0,13,26,01,2
Lachgas Weide01,210,52,0
Lachgas indirekt (NH3)0,62,23,70,6
Lachgas indirekt (NO)0,10,10,20
Lachgas indirekt (Auswaschung)0,31,83,00,5
Hierbei ist zu beachten, dass die Unterschiede zwischen den Betrieben teils sehr hoch sind. So verursachen die Methanemissionen aus der Verdauung im Minimum ein gutes Drittel der Gesamtemissionen des Betriebes, während sie im Maximum einen nahezu doppelt so hohen Anteil besitzen. Ein sehr hoher Anteil des Verdauungsmethans an den Gesamtemissionen kann bspw. darin begründet liegen, dass andere Emissionsquellen bereits sehr stark reduziert werden konnten. Die Ergebnisse zeigen auch, dass durch die Vergärung von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen die Emissionen um bis zu 15% gesenkt werden können.
Ähnliches gilt für Emissionen aus sämtlichen Vorkettenbereichen wie z.B. im Futter- oder Tierzukauf. Je nach Betriebstyp liegen die Anteile hier zwischen 0 % und 30 %. So muss bspw. ein grobfutterbasierter Betrieb mit eigener Nachzucht weniger zukaufen als ein flächenknapper Betrieb mit kraftfutterbasierter Fütterung und Bestandsergänzung über Tierzukäufe.
Die ermittelten Emissionen pro kg Milch ohne Allokation zwischen Milch und Koppelprodukt verkauftem Lebendgewicht Rind liegen im Mittel der Betriebe bei 1,3 kg CO2-Äq/kg ECM (Tabelle 3). Die Wahl unterschiedlicher Methoden zur Allokation der Emissionen zwischen Milch und verkauftem Lebendgewicht Rind führt zu einem Rückgang der durchschnittlichen Emissionen auf je 1,0 (Ökonomische Allokation und IDF, 2022) und 0,9 kg CO2-Äq/kg ECM (Allokation nach IDF, 2015). Pro kg verkauftem Lebendgewicht Rind ergibt sich ein Emissionswert von 3,6 bis 8,9 kg CO2-Äq/kg Lebendgewicht. Tabelle 3 gibt einen Überblick der produktbezogenen THG-Emissionen der teilnehmenden Betriebe für Milch (kg ECM), Kälber (kg LG) und Altkühe (kg LG) mit unterschiedlichen Allokationsmethoden.
Tabelle 3
Tabelle 3: Produktbezogene THG-Emissionen der teilnehmenden Betriebe für Milch (kg ECM), Kälber (kg LG) und Altkühe (kg LG und kg SG) mit unterschiedlichen Allokationsmethoden
 EinheitMinimumMittelwertMaximumStandardabweichung
THG-Emissionen Milch - Allokation 100% Milchkg CO2-Äq/kg ECM0,81,32,10,3
THG-Emissionen Milch - Allokation IDF, 2022kg CO2-Äq/kg ECM0,71,01,50,2
THG-Emissionen Milch - Allokation IDF, 2015kg CO2-Äq/kg ECM0,70,91,30,1
THG-Emissionen Milch - Ökonomische Allokationkg CO2-Äq/kg ECM0,71,01,40,2
THG-Emissionen Kalb LG - Allokation IDF, 2022kg CO2-Äq/kg LG6,28,913,71,4
THG-Emissionen Altkuh LG - Allokation IDF, 2022kg CO2-Äq/kg LG3,44,97,40,8
THG-Emissionen Sonstige Rinder LG - Allokation IDF, 2022kg CO2-Äq/kg LG2,53,65,50,6
Ein Vergleich mit der Literatur ist aufgrund unterschiedlicher Systemgrenzen und Detailtiefe der Datenerfassung nur begrenzt möglich. Die von der Molkerei Arla veröffentlichten Ergebnisse des Arla Klima-Checks sind mit den Ergebnissen des vorliegenden Projekts (Allokation nach IDF, 2015) aufgrund ähnlicher Methodik vergleichbar. Die Ergebnisse der Molkerei Arla liegen im Schnitt der 7.986 bewerteten Betriebe bei 1,06 kg CO2-Äq pro kg fett- und eiweißkorrigierter Milch (Schmidt und Dalgaard, 2012) und damit etwas höher als das Ergebnis aus dem vorliegenden Projekt (0,9 kg CO2-Äq pro kg ECM, Allokation nach IDF 2015).
Die folgende Abbildung 6 zeigt die Emissionen pro kg Milch ECM (Allokation IDF, 2022) der 125 Betriebe in Abhängigkeit der Milchleistung.

Punktediagramm: Je höher die Milchleistung, desto niedriger die THG-Emissionen pro kg Milch

Kooperationspartner

  • Teilnehmende landwirtschaftliche Betriebe (Datenbereitstellung)
  • Teilnehmende Molkereien
  • Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V. (LKV)
Grundlagen und Literatur
  • Haenel, H-D; Rösemann, C; Dämmgen, U; Döring, U; Wulf, S; Eurich-Menden, B; Freibauer, A; Döhler, H; Schreiner, C; Osterburg, B; Fuß, R (2020): Calculations of gaseous and particulate emissions from German agriculture 1990 - 2018: Report on methods and data (RMD) Submission 2020. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 448 p, Thünen Rep 77, DOI:10.3220/REP1584363708000
  • Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) (2006): 2006 IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories, Prepared by the National Greenhouse Gas Inventories Programme, Eggleston H.S., Buendia L., Miwa K., Ngara T. and Tanabe K. (eds). Published: IGES, Japan
  • International Dairy Federation (IDF) (2015): Bulletin of the IDF 479/2015. A common carbon footprint approach for the dairy sector – The IDF guide to standard life cycle assessment methodology. ISSN 0250-5118
  • International Dairy Federation (IDF) (2022): Bulletin of the IDF 520/2022. The IDF global Carbon Footprint standard for the dairy sector.
  • Schmidt J H and Dalgaard R (2012): National and farm level carbon footprint of milk ‐ Methodology and results for Danish and Swedish milk 2005 at farm gate. Arla Foods, Aarhus, Denmark
  • World Resources Institute (WRI) und World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) (2020): Greenhouse Gas Protocol. Online abgerufen am 15.09.2020 unter https://ghgprotocol.org/
  • Zehetmeier, M; Zickgraf, W; Effenberger, M; Zerhusen, B (2017): Treibhausgas-Emissionen in bayerischen landwirtschaftlichen Betrieben. LfL Schriftenreihe 2017/1; ISSN 1611-4159.x

Projektinformation
Projektleitung (fachlich): Dr. Monika Zehetmeier (IBA)
Projektleitung (technisch): Martin Strobl (IBA)
Projektbearbeitung: Lorenz Maurer (IBA), Martin Strobl (IBA), Anton Reindl (IBA), Vanessa Karger (IBA), Dr. Monika Zehetmeier (IBA)
Laufzeit: 09.2021 bis 12.2022
Finanzierung: StMELF und Kooperationspartner
Projektpartner: Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V. (LKV), milch.bayern e.V. und teilnehmende bayerische Molkereien
Förderkennzeichen: KL/21/02

Ansprechpartner
Lorenz Maurer
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Menzinger Straße 54
80638 München
Tel.: 08161 8640-1470
E-Mail: Klimawirkung@LfL.bayern.de

Foto Lorenz Maurer

Lorenz Maurer

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