Zuchtziele

Zuchtziele unterliegen in der Schweinezucht einem relativ raschen Wandel. Deshalb werden Zuchtzielanpassungen in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Die Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine in Bayern w.V. (EGZH) überprüft in einem fünfjährigen Turnus ihr Zuchtziel und setzt, falls erforderlich, in Abstimmung mit den Besamungsstationen, Ferkelerzeugern und Vermarktern neue Schwerpunkte. Dabei wird der erreichte Zuchtfortschritt kritisch bewertet, und bei Bedarf werden Korrekturen vorgenommen, um auch in Zukunft sowohl ökonomischen Aspekten als auch Aspekten des Tierwohls gerecht zu werden. Die Aufgabe des Instituts für Tierzucht der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft besteht im Rahmen der wissenschaftlichen Betreuung von Zuchtverbänden und Zuchtprogrammen darin, ausgehend von den Anregungen der EGZH, Planungsrechnungen durchzuführen und Vorschläge für das neue Zuchtziel auszuarbeiten. Die Beschlussfassung erfolgt durch die EGZH.

Die Definition von Zuchtzielen kann kein ganz objektives Verfahren sein. Im Gegensatz zum Produktionswert muss man bei der Zuchtzieldefinition Annahmen über die zukünftigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und über das Verhalten der züchterischen Konkurrenz machen. Dies bewirkt, dass manche Merkmale mit einem anderen Wert angesetzt werden, als es volkswirtschaftlich sinnvoll wäre.

Piétrain

Im Zuchtziel 2024 für die Vaterrassen in Bayern wird ein Schwerpunkt auf die weitere Verbesserung der täglichen Zunahmen gelegt; das ökonomische Gewicht wird von 6 ct auf 10 ct erhöht (siehe Tabelle). Das ökonomische Gewicht für die Futterverwertung bleibt bei 30 Euro. Die Gewichte für Fleischanteil und Bauchfleisch wurden reduziert. Die nach wie vor sehr hohe Bedeutung des Schlachtkörperwerts wird aber dadurch Rechnung getragen, indem das ökonomische Gewicht der Rückenmuskelfläche erhöht wurde und indem mit der Ausschlachtung ein neues Merkmal in das Zuchtziel aufgenommen wurde. Bei den Merkmalen der Fleischqualität gab es eine Umschichtung. Der ph-Wert ist nicht mehr im Zuchtziel enthalten, dafür wurde das ökonomische Gewicht des Tropfsaftverlusts deutlich erhöht.

Tabelle: Ökonomische Gewichte (Euro je Einheit) für die Merkmale des Gesamtzuchtwerts und des Produktionswerts bei Piétrain und bei Mutterrassen im Zuchtziel 2024
PiétrainPiétrainDeutsche Landrasse/
Deutsches Edelschwein
Deutsche Landrasse/
Deutsches Edelschwein
MerkmalGesamtzuchtwertProduktionswertGesamtzuchtwertBayerischer Ökoindex
Futteraufwand30,0026,207,507,50
Tägliche Zunahmen0,100,060,050,05
Fleischanteil (nach Formel)0,551,100,250,25
Fleischanteil im Bauch0,55-0,250,25
Rückenmuskelfläche0,550,044--
Ausschlachtung1,002,20
Schlachtkörperlänge---0,50-0,50
ph1-Kotelett----
Intramuskulärer Fettgehalt9,50---
Tropfsaftverlust5,002,20--
Hilfsschleimbeutel--4,004,00
Fruchtbarkeit--7,50-
Geburtsverhalten--2,502,50
Homogenität--2,505,00
Vitalität--10,0010,00
Mütterlichkeit--20,0040,00
Verbleiberate--0,150,30

Mutterrassen

Bei den Mutterrassen (Deutsche Landrasse, Deutsches Edelschwein) gab es keine Aktualisierung. Die Zuchtarbeit erfolgt weiterhin auf der Basis des Zuchtziels 2020.

Öko-Schweinehalter haben besondere Anforderungen an die Eigenschaften ihrer Zuchtschweine. Deshalb hat die Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine in Bayern w. V. (EGZH) auf Anregung des Arbeitskreises Schweinehaltung im Ökologischen Landbau das Zuchtziel für die bayerische Schweinezucht im Juli 2021 um den Bayerischen Ökoindex (BÖI) erweitert. Der BÖI ist ein Selektionskriterium, das auf Mütterlichkeit, Ferkelvitalität und Wurfhomogenität anstelle einer möglichst hohen Fruchtbarkeit setzt und so den Anforderungen der ökologischen Ferkelerzeugung entspricht.

Gesamtzuchtwert und Produktionswert

Der Gesamtzuchtwert ist ein Index, mit dem die im Zuchtziel enthaltenen Merkmale gleichzeitig auf optimale Weise berücksichtigt werden. Er wird gebildet, indem die Zuchtwerte der im Zuchtziel enthaltenen Merkmale mit den entsprechenden ökonomischen Gewichten multipliziert und zusammengezählt werden. Der Produktionswert ist ebenfalls ein Index, der sich jedoch vom Gesamtzuchtwert sowohl hinsichtlich der enthaltenen Merkmale als auch hinsichtlich der Gewichtungsfaktoren unterscheiden kann. Für die Besamungseber der Rasse Piétrain werden beide Indizes berechnet. Der Gesamtzuchtwert ist eher für den "Züchter", der Produktionswert eher für den "Produzenten" konzipiert.

Gesamtzuchtwert zielt in die Zukunft

Die beiden Indizes unterscheiden sich also in ihrer Zielrichtung. Der Gesamtzuchtwert beschreibt gewissermaßen das Zuchtziel und orientiert sich an den Bedingungen, die zukünftig zu erwarten sind. Er ist in erster Linie auf die Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, beinhaltet aber auch marktstrategische und zuchtpolitische Aspekte. Zum Beispiel geht der intramuskuläre Fettgehalt in den Gesamtzuchtwert ein, obwohl er den Erlös nicht beeinflusst. Der Gesamtzuchtwert ist langfristig ausgelegt. Demzufolge steht eine Überprüfung des Zuchtziels alle fünf Jahre an, was beim Schwein etwa zwei Generationen entspricht.

Produktionswert entspricht der aktuellen Ökonomie

Der Produktionswert eines Ebers entspricht dem zusätzlichen Gewinn pro Mastschwein, der bei Verwendung dieses Ebers gegenüber einem durchschnittlichen Eber erzielt wird. Er stellt für den Ferkelerzeuger im geschlossenen System eine Richtgröße für die Maximierung des Gewinns aus der Schweinemast dar. Der Produktionswert orientiert sich ausschließlich an der Wirtschaftlichkeit. Er ist kurz- bis mittelfristig ausgelegt. Daher muss in kürzeren Abständen als beim Gesamtzuchtwert überprüft werden, ob die bei der Berechnung des Produktionswerts verwendeten ökonomischen Faktoren noch aktuell sind.

Die unterschiedliche Ausrichtung von Gesamtzuchtwert und Produktionswert wird auch aus der Tabelle ersichtlich.