Praxisinformationen
Genomische Selektion (Zuchtwertschätzung)

Drei Mitarbeiter stehen hinter einer Kälbergruppe aus Embryo-Transfer

Kälbergruppe aus Embryo-Transfer

Unter Genomischer Zuchtwertschätzung versteht man ein Zuchtwertschätzverfahren bei dem zusätzlich zu den bereits bisher verwendeten Leistungs- und Abstammungsinformationen die Ergebnisse einer genetischen Untersuchung mit einbezogen werden.

Dadurch ist es möglich, lange vor dem Vorliegen von Töchterinformationen Aussagen zur Vererbungsleistung von Bullenkälbern zu machen. Genomische Zuchtwerte sind dabei sicherer als der sog. Pedigree-Index, also der Zuchtwert aus Vater und Mutter, aber unsicherer als die Zuchtwerte nach Vorliegen der Töchterleistungen aus einem geregelten Prüfeinsatz.
Entwickelt wurden bislang Verfahren zur genomischen Zuchtwertschätzung für die Rassen Fleckvieh und Braunvieh in Zusammenarbeit der Zuchtwertschätzstellen in Grub, Wien und Stuttgart. Zur Durchführung der Genomischen Selektion wurde neben der genomischen Zuchtwertschätzung eine aufwendige Logistik für Proben, Daten und Ergebnisse in Zusammenarbeit von Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzüchter (ASR), LKV Bayern e.V. und ZuchtData GmbH in Wien aufgebaut.

Offizielle genomische Zuchtwertschätzung

Genomische Zuchtwertschätzung Fleckvieh: Start in offizielle Phase
Nach einer inoffiziellen Testphase seit Dezember 2010 haben die genomischen Zuchtwerte mit der Veröffentlichung 09. August 2011 den Status "offizieller Zuchtwert" erhalten. Nach Beschluss des beratenden Ausschusses Zuchtwertschätzung der Länder Bayern, Baden-Württemberg und Österreich vom 28.06.2011 und der ICAR-Anerkennung des genomischen Zuchtwertschätzverfahrens für Deutschland und Österreich Anfang am 06. Juni 2011 werden die genomisch optimierten Zuchtwerte zur Zuchtwertschätzung August 2011 als offizielle Zuchtwerte veröffentlicht.
Für jedes Tier, für das ein gültiger Genotyp zum Zeitpunkt der genomischen Zuchtwertschätzung vorgelegen hat, werden genomisch optimierte Zuchtwerte für alle Merkmale veröffentlicht. Diese Zuchtwerte kombinieren die Information aus der genomischen und der konventionellen Zuchtwertschätzung und ersetzen für diese Tiere die konventionellen Zuchtwerte in der Veröffentlichung. Für alle nicht genotypisierten Tiere stellen die konventionellen Zuchtwerte nach wie vor die offiziellen Zuchtwerte dar.
In den verschiedenen Veröffentlichungen wird mit einem vorangestellten "g" vor dem Begriff Gesamtzuchtwert (bzw. abgekürzt GZW oder G) angezeigt, dass es sich bei allen Zuchtwerten des Tieres um genomisch optimierte Zuchtwerte handelt. In den elektronischen Listendarstellungen (z.B. Gemeinsame Zuchtwertliste Deutschland-Österreich (abgekürzt GZL) oder BaZI-Rind) wurden zusätzliche Spalten zur Kennzeichnung von Tieren mit gültigem Genotyp und somit genomisch optimierten Zuchtwerten aufgenommen.
Mit der Veröffentlichung der genomisch optimierten Zuchtwerte können Bullen mit einer Mindestsicherheit von 50% im Milchwert in der Besamung auch außerhalb eines durchgeführten Prüfeinsatzes eingesetzt werden. Diese Bullen werden als "genomische Jungvererber" bezeichnet. Die Bunte Liste mit den von den Besamungsstationen gemeldeten Bullen im aktiven Besamungseinsatz umfasst deshalb zwei Teile. Im ersten Teil werden nachkommengeprüfte Vererber, im zweiten Teil genomische Jungvererber dargestellt. Zur Kennzeichnung als nachkommengeprüfter Vererber müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Töchter in mind. 10 Herden, mind. 75 % Sicherheit im genomisch optimierten GZW und mind. 20 Töchter in der linearen Beschreibung der Exterieurmerkmale.
An den Hauptterminen der konventionellen Zuchtwertschätzung erfolgt auch zukünftig eine Rekalibrierung des genomischen Zuchtwertschätzsystems. Hier werden unter Einbeziehung der aktuellen konventionellen Zuchtwerte für alle genotypisierten Tiere aktualisierte genomisch optimierte Zuchtwerte geschätzt. Zudem werden in monatlichen Kandidatenläufe die genomisch optimierten Zuchtwerte für neu aufgelaufene Kandidaten geschätzt.
Nach einer inoffiziellen Testphase seit August 2011 haben die genomischen Zuchtwerte mit der Veröffentlichung 06. Dezember 2011 auch für die Rasse Braunvieh den Status "offizieller Zuchtwert" erhalten. Nach Beschluss des beratenden Ausschusses Zuchtwertschätzung vom 30.11.2011 und der ICAR-Anerkennung des genomischen Zuchtwertschätzverfahrens für Deutschland und Österreich am 28.11.2011 werden die genomisch optimierten Zuchtwerte zur Zuchtwertschätzung Dezember 2011 als offizielle Zuchtwerte veröffentlicht.
Die Veröffentlichung der genomischen Zuchtwerte erfolgt entsprechend dem Vorgehen bei der Rasse Fleckvieh.
Zu den Zuchtwertschätzhauptterminen werden aktuelle Kalibrierungsläufe durchgeführt, zu denen die jeweils aktuellen MACE-Zuchtwerte von Interbull und in Einzelmerkmalen (Fleisch, Persistenz, Totgeburtenrate, einzelne Exterieurmerkmale) die nationalen Zuchtwerte verwendet werden.
In der Veröffentlichung Dezember 2011 werden für Tiere ohne vorliegenden Genotyp die konventionellen MACE-Zuchtwerte von Interbull bzw. nationale Zuchtwerte veröffentlicht. Die Verwendung von genomischen Zuchtwerten aus dem Interbull-Projekt InterGenomics wird in den nächsten Wochen in Zusammenarbeit mit den Rassedachverbänden evaluiert.
Stand: Dezember 2012