Tierwohl
Richtige Kennzeichnung der natürlich hornlosen Rinder in den Milchviehbetrieben

Ein natürlich hornloses Bullenkalb liegt im Gras.

Der verstärkte Einsatz von genetisch hornlosen Besamungsbullen in der Milchviehhaltung führt zu einer immer größeren Anzahl an geborenen Kälbern, die natürlich hornlos sein können.

Für eine erfolgreiche Zucht auf Hornlosigkeit im Betrieb und eine Ausweitung der natürlichen Hornlosigkeit in der Population ist eine Überprüfung aller Kälber, die aufgrund mindestens eines hornlosen Elternteils selbst ohne Hornansätze sein können, von großer Wichtigkeit. Nachfolgend werden einige Hinweise zur Hornstatusprüfung und zur Meldung des zutreffenden Hornloskürzels an den Leistungsoberprüfer (LOP) des LKV gegeben. Über ein gutes Zusammenspiel zwischen den Landwirten und den LOPs lässt sich eine optimale Erfassungsrate erreichen.

Hornstatusprüfung

Kopf eines Kalbes ohne Horn.Zoombild vorhanden

Abtasten der Hornansatzstellen beim Kalb

Die Hornstatusprüfung erfolgt durch gründliches Abtasten der Hornansatzstellen. Sie ist von jedem Züchter ohne größere Vorkenntnisse und mit wenig Zeitaufwand durchführbar.
Jedes Kalb, das aufgrund einer natürlich hornlosen Mutter oder eines hornlosen Vaters bzw. beider Eltern selbst hornlos sein könnte, ist zu überprüfen.
Die Hornstatusprüfung in den ersten Lebenswochen bietet neben einer hohen Erfassungsrate den Vorteil, dass eine sichere Aussage getroffen werden kann, ob ein Kalb sauber hornlos ist oder "echte" Hornansätze aufweist. Dagegen treten sogenannte Wackelhornansätze, welche sich bei natürlich hornlosen Rindern aufgrund separater Genorte im Laufe der Entwicklung ausbilden können, in den ersten Lebenswochen nicht auf, so dass hornartige Erhebungen bei kleinen Kälbern immer als Hornansätze gewertet werden können.

Ist man sich in der Einstufung nicht sicher, da lediglich eine winzige sehr tief sitzende leichte Erhebung fühlbar ist, so bringt eine spätere Nachprüfung in den meisten Fällen Klarheit.
Wenn das überprüfte Kalb gehörnt ist, sollte es mit H (= Hörner) oder pp notiert werden. Dies kann zum Beispiel im Besamungsbuch, im Bestandsregister, auf dem Tierpass oder im Herdenprogramm erfolgen. Das Kalb ist immer dann gehörnt, wenn das Hornlosallel P von keinem Elternteil weitergegeben worden ist.

In seltenen Fällen kann das Auftreten einer Stirnbeule die Einstufung "hornlos“ oder „gehörnt“ erschweren. Eine Stirnbeule ist eine kleine halbkugelförmige Erhebung auf den Hornlosstellen bei hornlosen Rindern. Sie kommt auch bei gehörnten Rindern vor. Da sie gelegentlich bereits bei den jungen Kälbern auftritt und dabei meist als winzige Erhebung fühlbar ist, kann die Abgrenzung zu einem noch sehr kleinen Hornansatz bei der Enthornungsentscheidung Probleme bereiten. Denn eine kleine Stirnbeule ist nicht zu enthornen. Hilfreich ist hierbei: Die Stirnbeule ist im Gegensatz zu Hornansätzen mit Haut und Haaren überzogen, während Hörner, wenn man die Haare bei Seite schiebt, rosa durchscheinen. Ist man sich dennoch nicht sicher, sollte das Kalb notiert und der fragliche Ansatz in 2 bis 4 Wochen innerhalb des Enthornungszeitraumes von 6 Wochen nachkontrolliert werden: Während ein Hornansatz in .dieser Zeit im Regelfall merklich herauswächst, bleibt die kleine Stirnbeule annähernd gleich groß. Eine Stirnbeule findet in der Kennzeichnung der Hornlosigkeit keine Beachtung.

Meldung der Hornlosigkeit

Zur Kennzeichnung von natürlich hornlosen Rindern stehen vier unterschiedliche Fälle zur Auswahl. Der LOP klickt zur Registrierung der Hornlosigkeit das passende Hornloskürzel in Abstimmung mit dem Tierbesitzer in seinem Laptop an. Die Vergabe des richtigen Hornlos-Kürzels erfolgt stets unter Beachtung der Hornloskonstellation bei den Eltern. Dasselbe Hornloskürzel sollte vom Tierhalter bei innerbetrieblichen Aufzeichnungen verwendet werden. Seit 2013 werden zusätzlich auch die gehörnten Kälber erfasst, wenn mindestens ein Elternteil hornlos ist.

Zuordnung Hornloskürzel

Folgende Regeln sollen helfen, einem hornlosen Kalb "treffsicher" das richtige Hornloskürzel zuzuordnen:

Tabelle 1: Richtige Kennzeichnung und Registrierung eines natürlich hornlosen Kalbes
Hornstatus der ElternRegistrierung des natürlich hornlosen Kalbes mit
Ein Elternteil ist genetisch hornlos (PP, PP*, Pp, Pp*, P, PS, P*S)
der andere Elternteil ist genetisch gehörnt.
Pp
Beide Eltern sind genetisch hornlos (PP, PP*, Pp, Pp*, P, PS, P*S)
maximal ein Elternteil ist als homozygot PP erkannt.
P
Beide Eltern sind bereits als PP, PP* erkannt.PP
Das Kalb war von Geburt sauber hornlos. Nach einigen Wochen/Monaten Ausbildung einer Kruste oder deutlich wackeliger Hornansätze.PS
  • In den Milchviehbetrieben werden sehr viele hornlose Kälber mit Pp registriert. Dies ist immer dann richtig, wenn das Kalb sauber hornlos ist und zugleich ein Elternteil genetisch hornlos und der andere Elternteil genetisch gehörnt ist.
  • Sind bereits beide Eltern hornlos, aber nur ein Elternteil davon PP/PP*, erfolgt die Registrierung des sauber hornlosen Kalbes mit P. Über zusätzliche Nachkommeninformationen kann sich das Tier später als homozygot (PP) oder heterozygot (Pp) erweisen. Wenn auch nur ein Nachkomme mit Hörnern hervorgeht, ist das Rind mit ursprünglicher Kennzeichnung "P" als heterozygot hornlos (Pp) erkannt. Sehr viel rascher liefert ein Gentestbefund im Rahmen der Genomischen Selektion (GS) oder mittels eines separaten Gentests für Hornlosigkeit das exakte Ergebnis (PP* oder Pp*). Der Stern * informiert, dass ein Gentest zu Grunde liegt.
  • Die Kennzeichnung eines Kalbes mit PP ist nur dann richtig, wenn beide hornlosen Eltern als homozygot hornlos feststehen (PP, PP*).
  • Wird ein Kalb im Rahmen der Genomischen Selektion typisiert, sind folgende Ergebnisse möglich: PP*, Pp*, pp* (gehörnt).

Der Leistungsoberprüfer registriert die natürliche Hornlosigkeit

Der LOP bekommt auf einer betriebsspezifischen Liste eine Meldung, sobald ein Kalb aus einer Anpaarung mit mindestens einem genetisch hornlos registrierten Elternteil geboren wurde. Beim nächsten Betriebsbesuch wird der Betrieb vom LOP nach dem Hornstatus des Kalbes gefragt. Durch Eingabe des passenden Hornlos-Kürzels in den Laptop wird das Kalb dann als natürlich hornlos oder gehörnt registriert. Unterstützend erhalten die LOPs einen automatischen Vorschlag im Laptop angezeigt, wenn der Vater oder die Mutter aufgrund eines Gentestergebnisses/GS mit PP* registriert ist.

Seit dem Jahr 2020 werden nur noch die weiblichen Kälber erfasst. Die willkommene Arbeitseinsparung bei den männlichen war möglich geworden, da alle züchterisch interessanten Stierkälber bereits im Rahmen der GS typisiert werden und auf diesem Weg der Hornstatusgenotyp (PP*, Pp*, pp*) zugleich ermittelt wird.

Kurvendiagramm.Zoombild vorhanden

Entwicklung der weiblichen natürlich hornlosen Fleckviehtiere in Bayern, in Tausend

Die Grafik belegt die über die Jahre ständig gewachsene Bereitschaft der FV-Milchviehbetriebe, vermehrt hornlose Bullen einzusetzen und dadurch die natürlich hornlose weibliche Basis im eigenen Betrieb zu vergrößern. Während im Jahr 2010 erst 4.600 geborene weibliche Kälber als natürlich hornlos registriert wurden, sind es 13 Jahre später bereits 112.500 Kälber.
Diese Entwicklung wird durch ein immer größer werdendes und qualitativ sehr vielversprechendes Angebot an hornlosen Besamungsbullen werden begünstigt.

Berichtigung von Hornstatusveränderungen

  • Bei weiblichen Tieren ist die Nachbildung von Wackelhörnern oder kleinen Krusten dem LOP spätestens zum Zeitpunkt des Zugangs als Jungkuh mitzuteilen. Die Berichtigung erfolgt durch Abänderung auf "PS". Ein verzögertes Hornwachstum (Hörner sind fest) ist mit "gehörnt" gleichzusetzen, das heißt das registrierte Feldergebnis wird auf pp (= gehörnt) korrigiert.
  • Bekommt eine Kuh mit Hornstatus P einen Nachkommen mit gewöhnlichen Hörnern, so ist sie als heterozygot hornlos Pp erkannt. Nach Mitteilung durch den Tierbesitzer ändert der LOP das registrierte Kürzel von P auf Pp ab.
  • Bilden sich bei einem Tier mit Gentestergebnis Pp* Wackelhörner oder kleine Krusten nach, erfolgt die Registrierung mit P*S.
Kopf einer Kuh.

Kalbin mit klassischen Wackelhornansätzen

Vordere Seite eines Bullen.

Zuchtbulle homozygot hornlos PP*

Ansprechpartner
Johann Robeis
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8640-7159
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: Tierzucht@LfL.bayern.de

Johann Robeis.

Johann Robeis