Nachhaltigkeit
Untersuchungen zur Nutzungsdauer bei Braunvieh und Fleckvieh (Exterieurmerkmale)

Braune Fleckviehkuh auf einer Wiese, im Hintergrund Berge

Foto: Zuchtverband Traunstein

Die Nutzungsdauer in den bayerischen Rinderrassen war über Jahrzehnte rückläufig und stagniert heute auf einem sehr niedrigen Niveau. Die vorliegende Arbeit versucht eine Ursachenanalyse bei Braunvieh und Fleckvieh.

Neben der Bedeutung zahlreicher Umweltfaktoren wie der Herdenleistung, der Herdengröße, der Erzeugungsregion und der Haltungsform wurde der Einfluss der Leistungsselektion auf die produktive Lebensdauer untersucht.
Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchung befasst sich mit züchterischen Möglichkeiten für eine Verlängerung der Nutzungsdauer. Dabei wird besonders auf die Bedeutung des Exterieurs eingegangen.
In einer ersten Analyse wurden dazu 15.698 Jungkühen der Rasse Braunvieh und 84.751 Jungkühen der Rasse Fleckvieh hinsichtlich ihrer tatsächlich erreichten Nutzungsdauer analysiert. Dabei handelt es sich um alle in Bayern nachzuchtbewerteten Jungkühe der Geburtsjahrgänge 1994 bis 1999. Eine zweite Untersuchung befasste sich, anhand der Daten von 2337 Fleckvieh- und 698 Braunviehbullen mit sicher geschätzten Zuchtwerten für die Nutzungsdauer, mit Zusammenhängen zwischen dem Zuchtwert Nutzungsdauer und Zuchtwerten verschiedener anderer Merkmalsbereiche.

Zusammenfassung der Ergebnisse

  • Einen dominierenden Einfluss auf die Länge der Nutzungsdauer hat die relative Milchleistung innerhalb der Herde. Deutlich unterdurchschnittliche Leistungen führen zu einem vorzeitigen Abgang der Tiere. Bei Kühen mit weit über dem Herdendurchschnitt liegenden 100-Tageleistungen geht die Nutzungsdauer zwar wieder leicht zurück, dies betrifft aber weniger als 1% der Tiere.
  • Mit steigendem Herdenniveau in der Milchleistung ist ein Rückgang in der Nutzungsdauer zu verzeichnen. Langlebige Kühe sind häufiger auf kleineren Betrieben mit unterdurchschnittlicher Milchleistung zu finden.
  • Die Nutzungsdauer ist in den klassischen Grünlandgebieten deutlich höher als in den Ackerbausstandorten. Kühe in Gebieten mit überwiegender Milchproduktion besitzen ein besseres Exterieur.
  • Der Einfluss des Erstkalbealters ist uneinheitlich und wird durch andere Faktoren überlagert.
  • Eine besondere Bedeutung für den Rückgang in der Nutzungsdauer haben die Abgangsursachen „geringe Leistung“ und „Fruchtbarkeitsprobleme“. Beide Abgangsursachen betreffen einen hohen Anteil der Kühe und führen zu einem sehr frühen Abgangszeitpunkt.
Deutliche Zusammenhänge bestehen zwischen der absoluten Nutzungsdauer und den Exterieurmerkmalen. Die Exterieurmerkmale erklären allerdings nur einen geringen Varianzanteil, da für die Länge der Nutzungsdauer multifaktorielle Ursachen verantwortlich sind.

Im Einzelnen ergeben sich folgende Zusammenhänge:

  • Der Großteil, der durch das Exterieur erklärbaren Varianz der Nutzungsdauer wird durch die Hauptnoten für Fundament und Euter beschrieben. Weitere Einzelmerkmale erbringen nur noch wenig zusätzlichen Informationsgewinn. Sehr schlechte Hauptnoten für Euter und Form, bzw. Fundament haben einen gravierenden negativen Einfluss auf die Nutzugsdauer, werden aber nur bei wenigen Tieren vergeben.
  • Der Einfluss der Bemuskelung ist nur gering. Eine längere Nutzungsdauer weisen in beiden Rassen Kühe mit mittlerer Bemuskelung auf.
  • Trotz leicht positiver Beziehungen zwischen Kreuzhöhe und Rumpftiefe und der Milchleistung, haben sehr große und tiefe Kühe eine verkürzte Nutzungsdauer.
  • Deutliche Beziehungen bestehen zwischen Nutzungsdauer und Sprunggelenkswinkelung, wobei das Optimum bei einem leicht gewinkelten Sprunggelenk liegt. Einflüsse der übrigen Fundamentmerkmale sind gegeben, diese sind aber weniger bedeutend.
  • Positive Beziehungen zwischen Merkmalen der Eutergröße und der Nutzungsdauer sind nicht ursächlich, sondern das Resultat größerer Eutervolumen bei Kühen mit höherer Milchleistung, die wiederum zu einer längeren Nutzungsdauer führt.
  • Eine besondere Bedeutung kommt den Merkmalen Euterboden beim Fleckvieh und Eutertiefe beim Braunvieh zu. Bessere Bewertungen führen bis zu einem Optimum bei der Note 8, zu einem fast linearen Anstieg in der Nutzungsdauer.
  • Gute Strichstellung und Strichplatzierung sowie ein ausgeprägtes Zentralband wirken sich positiv auf die Langlebigkeit aus. Lange und dicke Striche führen zu einer deutlich verkürzten Nutzungsdauer. Die Diskrepanz zwischen diesen an historischen Daten ermittelten Ergebnissen und der aktuellen Diskussion über den Nachteil zu dünner, kurzer Striche, wird diskutiert.
Die züchterisch wichtigsten Merkmale für eine Verbesserung der Nutzungsdauer sind in beiden Rassen die Zellzahl, die maternale Fruchtbarkeit, maternales Kalbeverhalten und Totgeburtenrate sowie Persistenz und Melkbarkeit und im Bereich des Exterieurs die Hauptnoten für Euter und Form/Fundament sowie der Euterboden.

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