Anwendungsbestimmung NT307-90 – neue Auflage zum Schutz der Biodiversität im Ackerbau

Schutz von Ackerunkräutern durch Teilflächenbehandlung

Im Januar 2024 hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für 8 von 20 zugelassenen Glyphosat-haltigen Pflanzenschutz­mitteln die bußgeld­bewährte Anwendungs­bestimmung NT307-90 in Verbindung mit der NT308 erlassen. Die Auflage hat das Ziel, die Nahrungsgrundlage von Arthropoden (Gliederfüßer, zum Beispiel: Spinnen, Käfer, Ameisen, Tausendfüßler) und in der Nahrungskette bis zu den Wirbeltieren in Form von Acker­unkräutern zu schützen. Hierfür ist nur noch eine Teilflächen­behandlung von 90 % des vorgesehenen Schlages zulässig. Diese freizuhaltende Teilfläche darf im weiteren Kulturverlauf zudem nicht mit Präparaten behandelt werden, die ebenfalls mit einer NT307-Auflage belegt sind. Zum Schutz der unbehandelten Teilfläche vor Abdrift aus dem Behandlungs­bereich muss in einem Abstand von 20 Metern mit Geräten bzw. Düsen der Abdrift­minderungs­klasse 90 % erfolgen.

Originaltext der Auflage NT307-90
Zum Schutz der nicht zu bekämpfenden Arten der Acker­begleitflora als Lebensraum und Nahrungs­grundlage für Arthropoden und Wirbeltiere darf die Anwendung des Pflanzenschutz­mittels nur auf höchstens 9/10 des für die Anwendung vorgesehenen Schlages erfolgen. Die unbehandelte Teilfläche dient diesen Arten als Überlebens­raum. Sie darf daher keine Bereiche enthalten, in denen während des Kulturverlaufs andere Mittel angewendet werden, die mit Anwendungs­bestimmungen zugelassen sind, deren Kode mit der Nummer NT307 beginnt. Die Anwendung des Mittels muss in einer Breite von mindestens 20 m zur angrenzenden unbehandelten Teilfläche mit einem verlustmindernden Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" gemäß der Bekanntmachung vom 10. September 2013 (BAnz AT 23.10.2013 B4) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdrift­minderungsklasse 90 % eingetragen ist. Die unbehandelte Teilfläche ist vorzugsweise als Randstreifen mit Mindest­breiten von 5 m und einem reduzierten Dünger­einsatz vorzusehen.

Weitere Empfehlungen

Der zusätzliche Hinweis, dass die nicht behandlungsfähige Teilfläche von 10 % möglichst als Randstreifen, zum Beispiel gegenüber einem angrenzenden Gewässer, anzulegen wäre und die Teilfläche zusätzlich nur reduziert zu düngen sei, hat keinen bindenden Charakter, sondern ist als Empfehlung zu verstehen. Selbst­verständlich können bereits vorhandene Gewässer­rand­streifen nicht auf die behandlungsfreie 10%ige Teilfläche angerechnet werden.

Auflage NT308 aktuell ohne Bedeutung

Mit der gleichzeitig verhängten Anwendungsbestimmung NT308 soll weiterhin verhindert werden, dass gegebenenfalls vorhandene Freiflächen auf Grund der Auflage NT306 mit einem Glyphosat-haltigen Präparat behandelt würden. Da es bisher aber keine Präparate mit der NT306-Auflage gibt, ist diese "Koppel-Auflage" zur Zeit nicht von Bedeutung.

Originaltext der Auflage NT308
Das Mittel gefährdet aufgrund seiner pflanzenschädlichen Wirkung die Lebensgrundlage von terrestrischen Nichtziel-Arthropoden. Das Mittel darf daher nicht auf unbehandelten Teilflächen angewendet werden, die der Erfüllung von Anwendungs­bestimmungen dienen, deren Code mit der Nummer NT306 beginnt.

Für die Anwendungspraxis wird die "Biodiversitäts-Auflage" in der Form noch zusätzlich kompliziert, dass nur bestimmte Präparate, und hier auch nur bestimmte Indikationen betroffen sind (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Glyphosat-haltige Präparate mit den Anwendungs­bestimmungen NT307-90 und NT308
Grundzulassung

Unterzulassung

Zulassungs-Nr.MittelbezeichnungZulassungs-Nr.Mittelbezeichnung
008270-00ALEKTO TF
027085-00Alekto Plus TF027085-60Helosate 450 TF
027535-00MON 79991
044142-00Roundup Ultra
072389-00Durano072389-60Rosate 360 TF
072389-75Glyphogan
072389-82Profi 360
072389-83Durano TF
072389-84Landmaster TF

Betroffene Behandlungen

Bei den betroffenen Indikationen handelt es sich um Vorsaat­behandlungen in Mais und Zuckerrüben, Stoppel­behandlungen in Getreide und Raps, Behandlungen zur Rekultivierung von Stilllegungs­flächen und die allgemeine Anwendung in Ackerbaukulturen zur Unkraut­­bekämpfung nach der Ernte oder nach dem Wieder­ergrünen der Flächen (siehe Tabelle 2).

Alternative Behandlungsmethoden

Soweit auf der nicht behandlungsfähigen Teilfläche gemäß NT307-90 die vorhandene Verunkrautung für einen problemlosen Anbau der Folgekultur nicht toleriert werden kann, ist als Alternative für eine Regulierung eine entsprechend intensive Bodenbearbeitung mit geeigneten Geräten wie zum Beispiel ganzflächig schneidenden Exaktgrubbern oder auch zapfwellen­getriebenen Bodenbearbeitungs­geräten (Fräse, Zinkenrotor, Kreiselgrubber etc.) und mit notwendiger Behandlungs­häufigkeit möglich. Als bodenschonendere und wirtschaftlichere Alternative wäre auch eine Anwendung mit Glyphosat-haltigen Präparaten, die keine NT307-90/NT308-Auflage haben, auf der unbehandelten Teilfläche bzw. auf der gesamten vorgesehenen Behandlungs­fläche möglich.
Tabelle 2: Übersicht zur Zulassung von Glyphosat-haltigen Präparaten in verschiedenen Kulturen oder Objekten. Quelle: BVL; Stand: 20.02.2024

Übersicht zur Zulassung von Glyphosat-haltigen Präparaten in verschiedenen Kulturen

Stand: 26. März 2024