Verbleib und Verhalten in der Umwelt
Glyphosat – Verbleib im Boden

Das Bindungsverhalten (Adsorption) von Pflanzenschutzmitteln im Boden ist entscheidend für die Mobilität, respektive das Versickerungs- und Abschwemmungsverhalten und die biologische Aktivität. Die große Mehrzahl der Pflanzenschutzmittelwirkstoffe wird im Boden an Humuspartikeln bzw. an organischer Masse gebunden. Glyphosat wird dagegen außergewöhnlich stark an Bodenmineralien gebunden. Die stärkste Bindungsleistung tritt bei dreiwertigen Aluminium- und Eisenoxiden auf (z.B. Allophane, Imogolite, Ferrihydrite und Goethite). Die Bindung an den Endpositionen von Silikatschichtmineralien ist dagegen deutlich schwächer.
Die Bindungsleistung wird vom pH-Wert beeinflusst, bewegt sich aber in einer relativ großen Spanne von pH 4-8. Höhere pH-Werte reduzieren die Bindungsleistung. Eine Kalkung erhöht dennoch die Bindungsfähigkeit, da der pH-Wert-Anstieg von einer zunehmenden Kapazität an Al- und Fe-Bindungskomplexen überkompensiert wird. Ähnlich kann sich der Gehalt an organischer Substanz auswirken. Einerseits blockiert ein höherer OS-Gehalt die Metalloxid-Bindungsstellen und andererseits nimmt deren Bindungskapazität bei höherem OS-Gehalt zu.
Eine weitere wichtige Variable ist die Bodentemperatur. Bei einer Steigerung um 10 °C erhöht sich die Glyphosat-Bindungskapazität um den Faktor 2-3. Dies ist ein Aspekt, der sich im Zusammenhang mit dem Klimawandel auswirken könnte.
Der Wirkstoff Glyphosat konkurriert im Boden als Phosphat-haltiges Molekül mit Phosphaten um dieselben Bindungsstellen. Diese Bindungskonkurrenz ist allerdings sehr stark von den jeweiligen Metalloxiden abhängig. Hierbei gibt es Mineralkomplexe, die spezifisch Glyphosat oder Phosphonate binden und andere, die beide Substanzen anlagern können. Speziell bei Goethiten und Gibbsiten können freie Phosphate Glyphosat von den Bindungsstellen ablösen. Die Anwendung von Glyphosat auf entsprechenden Standorten mit einer sehr hohen Phosphatversorgung, geringem Grundwasserabstand und kurz vor stärkeren Niederschlägen erhöht daher das Versickerungsrisiko und das Risiko einer Grundwasserkontamination.

Wirkstoff-Abbau

Der Abbau von Glyphosat erfolgt im Boden nahezu ausschließlich auf biotischem Weg durch verschiedene Bakterien, Actinomyceten, Pilze und weitere Mikroorganismen. Hierbei nutzen die Bodenorganismen Glyphosat als Phosphatquelle. Hohe Phosphatgehalte im Boden können daher die Abbaugeschwindigkeit negativ beeinflussen. Das für den Abbau entscheidende Enzym Glyphosat-Oxidoreductase ist derselbe Enzymkomplex, der für die Glyphosat-Resistenz bei Roundup-Ready-Kulturen verantwortlich ist. Der Abbau erfolgt über zwei verschiedene Pfade. Der eine führt als Zwischenprodukt zu Sarcosin, der andere zum Hauptmetaboliten Aminomethylphosphonic-Säure (AMPA). Die Endprodukte beider Abbaupfade sind CO2 und NH3. Die Abbaugeschwindigkeit ist stark von den Bodenverhältnissen und der mikrobiellen Aktivität, insbesondere den Gehalt an Pseudomonas-Bakterien, abhängig. Höhere Temperaturen beschleunigen den Abbau, während ein hohes Bodenbindungspotenzial für Glyphosat negativ mit der Abbauleistung korreliert ist. Die mittlere Halbwertzeit liegt im Freiland für Glyphosat bei 24 Tagen (Spanne von 6 bis 41 Tagen). Der Metabolit AMPA ist mit einer DT50 von 419 Tagen (284 bis 633 Tagen) dagegen wesentlich stabiler im Boden.

Mobilität im Boden

Glyphosat und AMPA können im Bodenwasser gelöst oder an Partikeln gebunden mit dem Bodenwasser verlagert werden. Bevorzugte Transportpfade sind Makroporen (z.B. Ton-Schrumpfrisse) einschließlich Bioporen (z.B. Regenwurmgänge) und Bereiche mit einer höheren hydraulischen Leitfähigkeit (z.B. Sandbänder oder hoch anstehendes, kluftiges Gestein). Der Austrag über Drainagen und oberflächlichen Abfluss (Runoff) in angrenzende Gewässer ist im Rahmen von Gewässer-Monitoringprogrammen belegt. Hinsichtlich der Versickerung in das Grundwasser wird das Risikopotenzial für Glyphosat und den Metaboliten AMPA als gering eingestuft. Entsprechend selten sind Befunde für beide Substanzen. Der Hauptrisikofaktor für den Eintrag in das Grundwasser ist Starkregen unmittelbar nach einer Anwendung. Der Bewuchs, die Bodenbearbeitung und die Phosphatversorgung haben dagegen nur eine geringe oder keine Bedeutung für das unmittelbare Versickerungsrisiko. Risikostandorte zeichnen sich durch einen flachen Grundwasserspiegel und ein schwaches Bodenbindungspotenzial für Glyphosat aus.