Unkrautbekämpfung im Grünland durch Einzelpflanzenbehandlung
Die Unkrautregulierung auf dem Grünland im Einzelpflanzenbehandlungsverfahren ist ein wesentliches Element des Pflanzenschutzes nach guter fachlicher Praxis. Unkräuter sollten im Grünland vorrangig durch kulturtechnische Maßnahmen wie z.B. Nutzungshäufigkeit, Düngung, Beweidung oder Übersaat reguliert werden. Mechanische Verfahren haben nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung, weil hierbei zwangsläufig die zu schützende Grasnarbe mit geschädigt wird. Schwarzeggen gegen einen Rispenfilz oder das Ausstechen von Ampfer oder Kreuzkräutern bilden die Ausnahmen. Nach dem Vorsorgeprinzip sollten im Grünland die ersten obligaten Unkräuter gezielt als Einzelpflanzen beseitigt werden, um dadurch auch einen intensiveren Einsatz von Herbiziden vermeiden zu können.
Verbot des flächenhaften Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln seit 2022
In Bayern kommt ab dem 1. Januar 2022 ein weiterer, entscheidender Aspekt hinzu. Ab dann ist nach Artikel 3 Bayerisches Naturschutzgesetz auf Dauergrünlandflächen der flächenhafte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verboten. Für die punktuelle Beseitigung giftiger, invasiver oder bei vermehrtem Auftreten für die Grünlandnutzung problematischer Pflanzenarten können von dem Verbot auf Antrag bei der Naturschutzbehörde Ausnahmen im Einzelfall zugelassen werden.
Die Einzelpflanzenbehandlung ist daher ein wichtiges Element der Unkrautkontrolle mit zwei Zielrichtungen: Erstens können damit Kulturmaßnahmen unterstützt werden, um den Unkrautbesatz von zum Beispiel Ampfer-Arten, Distel-Arten oder Brennnesseln unter einer kritischen Schwelle zu halten. Zweitens kann mit einer gezielten Einzelpflanzenbehandlung das stärkere Auftreten von Unkräutern bereits in der Entstehung verhindert werden.
Vorteil der Einzelpflanzenbehandlung
Der große Vorteil der Einzelpflanzenbehandlung ist die Ausbringung der Herbizide ausschließlich auf die Zielfläche, respektive nur auf die zu bekämpfenden Unkräuter. Damit wird nicht nur die Umwelt, sondern auch der Grünlandbestand geschont und die Kosten für Herbizide werden niedrig gehalten. Die Kehrseite der Medaille ist in der Regel ein relativ hoher Arbeitsaufwand je nach Verfahrenstechnik. Bei den personengeführten Ausbringungsgeräten muss letztlich die gesamte Befallsfläche begangen werden, um die Unkrautstellen zu behandeln. Um keine Doppelbehandlungen zu verursachen oder Unkräuter zu übersehen, wird die Verwendung einer Markierungsfarbe (zum Beispiel Basazol-Rot) empfohlen. Für einige Grünlandflächen, wie zum Beispiel Steillagen im alpinen Bereich oder wenig tragfähige und damit nicht befahrbare Flächen, ist dies allerdings die einzig mögliche und schonende Anwendungstechnik. Auch für Flächen, die nach den Auflagen von Extensivierungsprogrammen, wie zum Beispiel dem bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) oder Vertragsnaturschutzprogrammen (VNP), bewirtschaftet werden, ist ein Herbizideinsatz allenfalls als Einzelpflanzenbehandlung möglich. Hier sollte allerdings vorab die Einwilligung des zuständigen Amtes für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (AELF) eingeholt werden.
Mechanische Einzelpflanzenbehandlung
Eine klassische Art der Unkrautregulierung im Grünland ist die mechanische Einzelpflanzenbekämpfung. Der Ampfer-Stecher ist das Sinnbild für dieses Verfahren. In der einfachsten Form wird auf leichten, humosen Standorten auch das manuelle Ausreißen bzw. Ausziehen von jungen Ampfer-Pflanzen oder Wasserkreuzkräutern bei Blühbeginn praktiziert. Für die mechanische Beseitigung von stärker verwurzelten Ampfer ist der Ampfer-Stecher als Werkzeug unverzichtbar, um möglichst den vollständigen Wurzelstock aushebeln zu können. Es gab immer wieder Ansätze, um diese aufwändige und körperlich anstrengende Arbeit zu erleichtern: Fräsköpfe, die handgeführt oder maschinengetragen die Wurzeln zerstört haben, Dampfstrahler, Gasbrenner, Wärmestrahler oder sogar Mikrowellengeräte, die den Ampfer mitsamt der Wurzel denaturieren, oder Stechzylinder, die einen kompletten Bodenkörper mitsamt den Ampfer-Wurzeln herausnehmen. Durchgesetzt hat sich bisher keine der Alternativen in der Praxis.
Gegen die inzwischen weiter verbreiteten Kreuzkraut-Arten ist der Ampfer-Stecher ein zu grobes Gerät. In England werden dafür leichtere Kreuzkraut-Gabeln eingesetzt, die nach dem gleichen Prinzip funktionieren: einstechen und aushebeln des Wurzelkopfes. Bei uns hat sich dagegen die Verwendung von für die Rasenpflege konzipierte Unkrautstecher (zum Beispiel Fiskars Unkrautstecher) bewährt, die die Kreuzkraut-Wurzel mit Stechdornen umfassen, die sich beim Aushebeln zusammenziehen und so den Wurzelstock zuverlässig entfernen.
Einen unerwünschten Effekt haben alle mechanischen Maßnahmen zur Einzelpflanzenbekämpfung, sie zerstören die Grasnarbe mehr oder weniger stark. Bei der Entfernung von Ampfer wird daher auch empfohlen, sofort eine Nachsaat einzustreuen. Auf der offenen Narbe ist dann die Frage, ob sich das Unkrautsamenpotenzial schneller als die Grasnarbe regeneriert.
Streichgeräte zur Einzelpflanzenbehandlung
Bei den Streichgeräten wurde versucht, den Arbeitszeitbedarf wie auch die Arbeitsbelastung der mechanischen Verfahren deutlich zu verringern. Durch die gezielte Behandlung mit systemischen Herbiziden ist es nicht mehr notwendig, die Unkrautpflanzen selbst zu entfernen oder unmittelbar zu zerstören. Der Job wird vom verwendeten Herbizid übernommen. Es kommt nur noch darauf an, eine ausreichende Wirkstoffmenge auf die einzelne Pflanze aufzutragen. Die einfachste Form sind handgeführte Dochtstäbe, bei denen die Streichlösung sich im Handstab befindet und damit der Streichdocht getränkt wird. Das leichte Gerät eignet sich für kleinere Flächen oder einen geringen Anfangsbesatz, ansonsten muss die Streichlösung relativ häufig nachgefüllt werden. Für die Behandlung stärkerer Besatzdichten oder größerer Flächen wurden auch breitere getragene oder maschinell geführte Dochtstreichgeräte konzipiert. Die einfachen Geräte haben dennoch in der Praxis weniger Anklang gefunden. Es mag auch daran liegen, dass durch den starren Trägerrahmen eine intensive Behandlung der einzelnen Pflanze nicht mehr gegeben ist. Die Streichrahmen sind auf eine Höhendifferenzierung zwischen Unkraut und Grünlandbestand angewiesen und müssen in einer Überfahrt ausreichend Streichlösung auf die Blätter der Unkräuter auftragen.
Rotowiper
Der Anspruch, bei einem festen Trägerrahmen eine ausreichende Menge Streichlösung auf die Zielpflanzen aufzutragen, wurde durch die Entwicklung von Walzenstreichgeräten optimiert. Der aktuelle Stand dieser Streichgeräte ist der "Rotowiper". Hier wird eine mit einem Synthetikgewebe überzogene, umlaufende Walze über Düsen mit einer Lösung blattaktiver Herbizide getränkt. Bei der Überfahrt wird die Herbizidlösung auf die Blätter von überständigen Unkräutern aufgestrichen. Die Arbeitsvoraussetzungen sind somit eine ausreichende Höhendifferenzierung zwischen Unkräutern und dem Grünlandbestand und Verwendung von blattaktiven, systemischen Herbiziden.
Die Höhendifferenzierung ist in der Regel ab dem zweiten/dritten Schnitt für hochwachsende Unkräuter wie Ampfer und Disteln gegeben. Auch nach einer Beweidung können verschmähte Unkräuter, z. B. Brennnesseln und Stumpfblättriger Ampfer, mit dem Rotowiper selektiv behandelt werden. Der Synthetikbezug der Streichwalze muss während der Überfahrt immer ausreichend mit Herbizidlösung befeuchtet sein, darf aber auch nicht übersättigt sein, um ein Abtropfen der Streichlösung zu verhindern. Um den Benetzungsgrad über den Schaumbelag besser kontrollieren zu können, wird die Zugabe einer kleinen Menge Geschirrspülmittel in die Herbizidlösung empfohlen, da Herbizide ansonsten so formuliert sind, dass sie nicht zum Aufschäumen neigen.
Für die Einzelpflanzenbehandlung mit dem Rotowiper-Gerät empfehlen wir aufgrund der unproblematischen Kulturverträglichkeit die Anwendung der selektiven Grünlandherbizide Harmony SX, Ranger oder Simplex (umfangreiche Auflagen beachten, siehe Tabelle) zur Ampferbekämpfung. Nach unseren Versuchsergebnissen kann bei sachgerechter Einstellung der Streichlösungskonzentration und guter Höhendifferenzierung zwischen Ampfer und Gründlandbestand eine gute Bekämpfungsleistung mit deutlich geringerem Mittelaufwand als bei der Flächenspritzung erzielt werden. Da im Streichverfahren unterständige kleinere Ampfer-Pflanzen nicht bzw. nicht ausreichend erfasst werden können, ist bei einem stärkeren Ausgangsbesatz in der Regel eine Nachbehandlung erforderlich. Bei geringem Restbesatz kann hierzu auch ein Dochtstab verwendet werden.
Spritzgeräte für die Einzelpflanzenbehandlung
Als Alternative zur Streichbehandlung können Einzelpflanzen im Grünland auch im Spritzverfahren mit Einzeldüsensystemen gezielt behandelt werden. Die einfachste Version ist die Verwendung von handelsüblichen Geräten, die für den Einsatz im Haus- und Kleingarten konzipiert sind. Diese einfachen Drucksprühgeräte sind in der Regel mit einem 5 Liter fassenden Spritzlösungsbehälter ausgestattet. Die Geräte eignen sich für die Behandlung von kleinen Flächen oder bei einem geringen Anfangsbesatz. Um Doppel- oder Fehlbehandlungen zu vermeiden, wird das Anfärben der Spritzlösung mit einer Markierungsfarbe (zum Beispiel Basazol-Rot) empfohlen.
Bei größeren Flächen und höheren Besatzdichten ist das Tragen der 5-Liter-Spritzen zu mühsam und aufwändig. In solchen Fällen kann das Schlauchverfahren mit üblichen Feldspritzen genutzt werden. Der Druckschlauch oder die Druckschläuche müssen mit Einzeldüsen, die über Momentabstellventile gesteuert werden, ausgestattet sein. Zur Arbeitserleichterung und um das Hinterherlaufen zu ersparen, werden in der Praxis teilweise auch Trägerrahmen zum Aufsitzen von zwei oder mehr Personen verwendet. Diese einfache Mechanisierung erleichtert zwar die körperliche Arbeit, aber der Bekämpfungserfolg steht und fällt mit der Treffsicherheit gegenüber den vorhandenen Ampfer-Pflanzen. Letztlich ist auch dieses Verfahren über mehrere Stunden hinweg durchaus anstrengend.
Sensorspritzen zur Ampferbekämpfung
Eine aktuelle Entwicklung von sensorgesteuerten Einzeldüsen-Spritzen optimiert die Treffergenauigkeit und erleichtert die Einzelpflanzenbehandlung wesentlich. Bei diesen Geräten kommen optische Sensoren zur Erkennung der Ampfer-Pflanzen und eine Applikationstechnik mit einer kleinräumigen Einzeldüsenansteuerung (ca. 7 bis 10 cm Raster) zum Einsatz. Das Herzstück der Sensor-Spritzen ist ein Prozessrechner, der während der Überfahrt in Online-Verfahren die Bilder der Multispektralkamera auswertet, Ampfer-Pflanzen erkennt und die Einzeldüsen ansteuert. Bei einer Arbeitsbreite von 6 bis 9 Metern und einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 8 km/h erzielen die Geräte eine hohe Flächenleistung und gute Arbeitsqualität bzw. Treffergenauigkeit. Die technisch aufwändigen Systeme sind primär für den überbetrieblichen Einsatz geeignet. Die nächste Entwicklungsstufe wären Sensor-Spritzen auf autonomen Trägerfahrzeugen. Die Technik ist bereits vorhanden, sie muss nur noch umgesetzt werden.
Derzeit für die sensorgesteuerte Einzelpflanzenbehandlung von Ampfer-Arten erfolgreich geprüfte und in Bayern anerkannte Geräte sind der RumboJet 880 (Fa. Allgäu Automation) und der RUMEX RXF 600 (Fa. Rumex GmbH).
Funktionsprinzip einer sensorgesteuerten Spritze
Detailansicht Sensorspritze
Einzelpflanzenbehandlung – Verfahrenstechnik im Vergleich
Verfahren / Gerät | Geräteführung durch Person | Geräteführung durch Maschine | relativer Arbeitsaufwand |
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Ampferstecher | x | | sehr hoch |
Dochtstreichstab | x | | hoch |
Dochtstreichrahmen | x | x | mittel bis hoch |
Rückenspritze mit Einzeldüse | x | | mittel bis hoch |
Gerätespritze mit mehreren Einzeldüsen | x | x | mittel |
Rotowiper | | x | niedrig bis mittel |
Sensor-Ampferspritze (RumboJet 880 oder RUMEX RXF 600) | | x | niedrig |
Empfehlungen zur Herbizidanwendung als Einzelpflanzenbehandlung im Grünland
Indikation | Präparat (Wirkstoff) | Applikationstechnik (Aufwandmenge auf 10l) | Hinweis |
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Ampfer | Harmony SX (Thifensulfuron) | Dochtstreichgerät (1,5–3,75 g) Spritzen mit Einzeldüse (1,5 g) Rotowiper (7,5–11 g) | Beim Rotowiper-Einsatz ist für eine gute Gräser- bzw. Kleeverträglichkeit und sparsamen Mitteleinsatz eine Höhendifferenzierung des Ampfers von 10 bis 15 cm über dem Grünlandbestand notwendig. Der Ampfer sollte noch keine Samenstände gebildet haben.Zur nachhaltigen Ampferbekämpfung bevorzugt im Sommer/Spätsommer zum 2./3. Aufwuchs (Wartezeit 14 Tage). |
Ampfer, Acker-Kratzdistel, Große Brennnessel | Simplex (Fluroxypyr + Aminopyralid) | Spritzen mit Einzeldüse (0,1 l) Rotowiper (0,4–0,6 l) | Anwendung während der Vegetationsperiode bei wüchsiger Witterung, Wartezeit 7 Tage. Folgende Auflagen müssen beachtet werden: • Gras, Silage oder Heu darf nur im eigenen Betrieb verwendet werden. • Wirtschaftsdünger von Tieren, deren Futter von behandelten Flächen stammt sowie Gärreste aus Biogasanlagen dürfen nur im eigenen Betrieb und nur auf Grünland sowie in Getreide und Mais ausgebracht werden. • Bei Umbruch im Jahr nach der Anwendung dürfen nur Getreide, Mais und Futtergräser nachgebaut werden. |
Ampfer, Löwenzahn, Brennnessel | Ranger, Garlon (Fluroxypyr + Triclopyr) | Spritzen mit Einzeldüse (0,1 l) Rotowiper (0,4 l) | Anwendung in der Wachstumsphase der Unkräuter Mai bis August, vor der Blüte, Wartezeit 14 Tage. |
Acker-Kratzdistel | U 46 M-Fluid (MCPA) | Spritzen mit Einzeldüse (0,1 l) | Anwendung in der Wachstumsphase der Unkräuter Mai bis August, vor der Blüte, Wartezeit 14 Tage. |