Spätbehandlungen zur Unkrautkontrolle im Getreidebau
Ursachen einer späten Herbizidbehandlung im Getreide
Es kann nach einer unterlassenen oder unzureichend wirksamen Behandlung zu einer nicht tolerierbaren Unkrautentwicklung kommen. Ungünstige Witterungsbedingungen können zu einer unerwarteten Entwicklung von besonders konkurrenzkräftigen und damit auch ertragsschädlichen Unkräutern, wie z.B. Kletten-Labkraut, führen. Wärmeliebende, spät auflaufende Unkräuter und Ungräser wie z.B. Flughafer, Hirse-, Distel-, Winden- oder Knöterich-Arten werden bei der frühen Standardbehandlung überhaupt nicht erfasst. Oder es kommt aufgrund von extremen Witterungssituationen (Dürre, Starkregen) zu Bestandeslücken oder frühem Lager mit einer Spätverunkrautung der Getreidebestände.
Anwendungstermine von Spätbehandlungen
Wirkstoffe für die Spätbehandlung
Durch die zugelassenen Präparate sind Spätbehandlungen in Winterweizen, Wintergerste, Roggen, Triticale sowie Sommerweizen und –gerste in ausreichendem Umfang abgedeckt. Deutlich weniger Möglichkeiten bestehen in den kleineren Getreidekulturen Hafer und Durumweizen. Bei den durch die Zulassung vorgegebenen Indikationen sind neben gezielten Behandlungen gegen Acker-Kratzdistel, Klettenlabkraut, Acker-Fuchsschwanz, Flughafer und Windhalm auch breit wirksame Behandlungen gegen zweiblättrige Unkräuter verfügbar.
Biathlon 4D ist in nahezu allen Winter- und Sommergetreidearten zur breit wirksamen Spätbehandlung zugelassen. Das Sulfonylharnstoff-Herbizid kann auch bei kühler Witterung und geringer Lichtintensität problemlos eingesetzt werden. Hierbei wird unter Umständen lediglich die ohnehin langsamere Herbizidwirkung noch etwas verzögert, was allerdings keinen Einfluss auf die Gesamtleistung hat. Da Biathlon 4D neben Tritosulfuron auch den Wirkstoff Florasulam enthält, wirkt es auch sicher gegen Klettenlabkraut. Neben Samenunkräutern hat Biathlon 4D auch eine Wirkung auf Acker-Kratzdistel und Ackerwinde.
U 46 M-Fluid ist zwar für eine breit wirksame Behandlung gegen zweikeimblättriger Unkräuter zugelassen, das Wirkungsspektrum konzentriert sich allerdings auf spezielle "Sommerunkräuter", wie z.B. Distel, Hederich, Ackersenf, Hirtentäschel, Wicke, Gänsefuß- und Melde-Arten. Die Hauptanwendung von U 46 M-Fluid ist jedoch die Bekämpfung der Acker-Kratzdistel.
Bei der Anwendung der Sulfonylharnstoff-Präparate Pointer SX (37,5 g/ha), Dirigent SX (35 g/ha) und Biathlon 4D ( 70 g/ha) ist eine Ergänzung mit 1,0 l/ha U 46 M-Fluid empfehlenswert.
Während Ariane C, Dirigent SX und Pointer SX nur in Wintergetreide eingesetzt werden können, sind Biathlon 4D, Pointer Plus und U 46 M-Fluid auch in Sommergetreide zugelassen. Eine Zulassung für alle Winter- und Sommergetreidearten incl. Hafer und Durum-Weizen haben nur Biathlon 4D und U 46 M-Fluid. Der Einsatzzeitpunkt erstreckt sich entweder bis zum Erscheinen des Fahnenblattes (BBCH 37, gilt für Dirigent SX und Pointer SX) oder sogar bis zum Ligula-Stadium (BBCH 39, gilt für Ariane C, Biathlon 4D, Pointer Plus und U 46 M-Fluid).
Die Anwendung gegen die Acker-Kratzdistel sollte bei einer warm-wüchsigen Witterung und mindestens 10 – 15 cm Wuchshöhe der Distel durchgeführt werden.
Hierbei kommt es auf eine gute Benetzung mit sicherer Wirkstoffaufnahme an, um eine gute und sichere Wirkung zu erzielen. Der Einsatz mit hohen Wasseraufwandmengen (300 – 400 l/ha), durchdringungsstarken Injektordüsen und der Zusatz von geeigneten Netzmitteln ist daher generell empfehlenswert.
Für die späte Ungrasbehandlung bis zum Ende des Schossens (BBCH 39) ist nur das kulturverträgliche Spezialherbizid Axial 50 (Wirkstoff: Pinoxaden) in allen wichtigen Getreidearten mit Ausnahme von Hafer zugelassen. Bei der Nachbehandlung gegen Ackerfuchsschwanz ist die Standardaufwandmenge von 1,2 l/ha erforderlich. Gegen Flughafer und Windhalm sind 0,9 l/ha ausreichend. Für eine ausreichende Wirkstoffaufnahme der Ungräser ist der Einsatz mit Injektordüsen bei hohem Arbeitsdruck und Wasseraufwandmengen von 300 – 400 l/ha erforderlich. Nach Spätbehandlungen mit Axial 50 gegen Ackerfuchsschwanz sollte bei den nachfolgenden Ackerfuchsschwanz-Behandlungen im Rahmen der Fruchtfolge bewusst auf die Anwendung von ACCase-Hemmern (HRAC-Wirkgruppe: A) verzichtet werden, um eine Selektion von herbizidresistenten Biotypen zu vermeiden. Axial 50 erfasst auch eine Spätverungrasung in lückigen Getreidebeständen mit Weidelgras- oder Hirse-Arten.
Als letzte Möglichkeit können insbesondere Wurzelunkräuter und –ungräser im Getreidebau auf der Stoppel bekämpft werden. Hierdurch kann der Besatz und der Behandlungsbedarf in der Fruchtfolge effektiv reduziert werden. Gegenüber der mechanischen Stoppelbearbeitung wird mit systemischen Herbiziden eine nachhaltigere Bekämpfungsleistung gegen daueretablierte Unkräuter und Ungräser erzielt. Um eine ausreichende Wirkstoffaufnahme zu erzielen, muss die Stoppel ohne Bearbeitung stehen bleiben, bis z.B. die Winde 30 – 50 cm lange neue Triebe gebildet hat oder die Quecke vier bis fünf neue Blätter entwickelt hat.
Breit wirksam u.a. gegen Quecken, Ampfer und Disteln sind Glyphosat-Produkte wie z. B. Roundup PowerFlex oder Taifun Forte. Eine Zusatzwirkung gegen Schachtelhalm und Winden-Arten verspricht das Kombipräparat Kyleo (Glyphosat + 2,4 D). Eine Indikation speziell zur Bekämpfung der Zaunwinde auf der Getreidestoppel hat Starane XL (1,8 l/ha), Ampfer wird dabei miterfasst. Der Vertrieb von Starane XL ist allerdings 2024 ausgelaufen, wirkstoffgleiche Präparate wie Tomigan XL haben diese Stoppelindikation bisher nicht.
Die Herbizidkosten können bei der Stoppelbehandlung durch eine Teilflächenbehandlung gesenkt werden. Eine gezielte Behandlung der Wurzelunkräuter ist auf der Stoppel wesentlich einfacher möglich als im stehenden Getreidebestand. Bei der Randbehandlung mit Glyphosat, z.B. gegen Quecken, ist auf eine exakte Applikationstechnik zu achten, um keine Schäden auf dem Ackerrand oder Wirkstoffbelastungen in Oberflächengewässern zu verursachen. Hierfür ist der Einsatz einer abdriftreduzierten Düsentechnik erforderlich, wenn möglich sollten außerdem Randdüsen benutzt werden.
Stand: April 2024
Unkrautmanagement im Getreidebau