Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2022 – Mykologie

Diagnose von pilzlichen Schaderregern an Kulturpflanzen – Ein Rückblick auf das Jahr 2022

Insgesamt wurden 1.881 Pflanzen- bzw. Saatgutproben zur Untersuchung an die Arbeitsgruppe "Mykologie" mit einem Verdacht auf eine pilzliche Schadursache eingesandt. Diese waren nicht auf bestimmte Pflanzengruppen beschränkt, sondern verteilten sich auf Obst, Gemüse und Zierpflanzen sowie auf Gehölze und landwirtschaftliche Kulturen. Mit der Zunahme des Ökolandbaus und des Anbaus von Leguminosen spielen Gesundheitsprüfungen an Saatgut eine immer größere Rolle. Sie machen mittlerweile mehr als 60 % des Probenaufkommens aus. Ein weiterer Schwerpunkt sind weiterhin Arbeiten im Rahmen des Hoheitsvollzuges, insbesondere zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses – einer gefürchteten Quarantäneerkrankung.

Im Folgenden sollen einige Schlaglichter auf ausgewählte Erkrankungen geworfen werden.

Untersuchung Anthraknose-Erkrankungen bei Körnerleguminosen

In Auftrag von Beschaffenheitsprüfung Saatgut (Arbeitsgruppe IPZ 6c), der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim, Agrolab (Schleswig-Holstein) und der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen (LWK NRW) in Münster wurden insgesamt 101 Proben auf Befall mit Ascochyta pisi untersucht. Daneben sind weitere 300 Leguminosen-Saatgutproben (Soja, Lupine, Ackerbohne, Kichererbse) auf Brennfleckenerkrankungen zur Untersuchung vorgelegt worden.
Diese samenübertragbare Erkrankung (Anthraknose) spielt bei Futtererbsen zum Teil eine große Rolle und kann zu hohen Ertragsausfällen führen. Keine der Partien zeigte einen Befallsgrad von 13 % und mehr. Ab diesem Wert ist die Verwendung als Saatgut als bedenklich anzusehen. Im Vergleich zum Jahr 2008 ist das Befallsgeschehen weiterhin rückläufig bzw. hat sich auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisiert. Während 2008 noch gut 50 % der bayerischen Partien beanstandet wurden, waren es 2009 17 %, 2010 knapp 9 %, 2011 nur noch gut 3 %, in den letzten vier Jahren lediglich eine (2020) und in den vergangenen beiden Jahren keine.
Darüber hinaus sind im mykologischen Labor noch weitere Saatgutproben anderer Körnerleguminosen wie Ackerbohne (79) und Lupine (40) auf Anthraknose-Erkrankungen untersucht worden.
Colletotrichum lupini in einer Petrischale.Zoombild vorhanden

Colletotrichum lupini – Brennfleckenerreger bei Lupinen in Plattenkultur
Foto: P. Büttner

Bei insgesamt 19 Ackerbohnen- bzw. Lupinenproben konnte Ascochyta fabae bzw. Colletotrichum lupini nachgewiesen werden.
Sehr stark zugenommen haben in den vergangenen Jahren Untersuchungen von Sojasaatgut. Es wurden 156 Proben – über 120 % mehr als im Jahr 2020 – vorgelegt; bei 59 % konnte der Erreger von Brennflecken (Phomopsis-Komplex) nachgewiesen werden. Im Jahr 2017 war dies bei lediglich 22 % der Fall, 2021 bei 54 %.

Untersuchungen auf Tilletia-Besatz bei Weizen (Weizensteinbrand) und Gerstenflugbrand

Im abgelaufenen Jahr wurden überwiegend von IPZ 6c, der LWK NRW im Rahmen eines gemeinsamen Projektes und Direkteinsendern insgesamt 776 Weizen- bzw. Dinkelproben (504 aus Bayern über die Saatgutprüfstelle, 81 aus NRW, 191 von diversen anderen Einsendern), meist aus dem ökologischen Landbau, zur Untersuchung auf Steinbrand bzw. Zwergsteinbrand vorgelegt.
Weizensteinbrand-infizierte Ähren.Zoombild vorhanden

Weizen­stein­brand-infizierte Ähre mit schwarzen Sporen­massen (Bildmitte)
Foto: W. Richter, ITE

Im Jahr 2021 wiesen gut 19 % der Weizen-/Dinkelproben aus Bayern Besatzwerte von durchschnittlich über 20 Sporen pro Korn (T. caries und/oder T. controversa) auf, sodass die entsprechenden Partien als Saatgut ungeeignet waren.
Ergebnisse der Untersuchungen von Weizen- und Dinkelsaatgut auf Tilletia-Besatz in Bayern in den Jahren 2008 bis 2022
 200820092010201120122013201420152016201720182019202020212022
Anzahl Proben110233273492341326333370303474386458499474504
Anteil Proben mit Besatz­werten über 20 Sporen/Korn
in %
39363350384630,334,6332124,533211119
Anteil Tilletia-freier Proben
in %
767<196123,5919219173530
Weizensteinbrandsporen unter dem Mikroskop.Zoombild vorhanden

Weizen­stein­brand­sporen (Tilletia caries) bei 320-facher Vergrößerung
Foto: P. Büttner

T. controversa (Zwergsteinbrand) trat 2022 im Vergleich zu den Vorjahren kaum in Erscheinung. Nur bei ca. 1 % der Proben konnte der Erreger festgestellt werden (2017: ca. 86 %, 2018: 20 %, 2019: 16 %, 2020: 1 %, 2021: 4 %). Besatzwerte von über 20 Sporen pro Korn war in keinem Fall zu beobachten. Wie in den Jahren zuvor trat der Erreger häufig im Mischinfektionen mit T. caries auf.
Daneben wurden 2022 insgesamt 128 Gerstenproben aus ökologischem Anbau davon 80 von der bayerischen Saatgutprüfstelle auf Flugbrand (Ustilago nuda) untersucht. Im Vergleich zum Vorjahr wurde U. nuda deutlich weniger beobachtet. Bei 8 % (2021: ca. 18 %) der bayerischen Partien ließ sich der Erreger mit einer Befallsstärke von 0,1 % oder mehr nachweisen. Ab diesem Wert ist eine Verwendung als Saatgut ausgeschlossen.
Ustilago-nuda-Myzel.Zoombild vorhanden

Ustilago-nuda-Myzel im Embryonal­gewebe (Pfeile) bei 320-facher Vergrößerung
Foto: P. Büttner

Von anderen Versuchseinrichtungen kamen weitere 48 Gerstenpartien zur Untersuchung auf Gerstenflugbrand hinzu. Hier konnte eine maximale Befallsstärke von gut 13 % infizierter Embryonen nachgewiesen werden.

Nachernte-Monitoring von Ährenfusariosen 2022

Zusammenfassend für das Jahr 2022 lässt sich sagen, dass generell die Infektionen der untersuchten Getreidesorten wie Weizen, Gerste und Roggen mit diversen Fusarium-Arten verglichen mit dem Vorjahr auf leicht geringerem Niveau lagen. Die Belastung des Erntegutes mit Mykotoxinen, insbes. Deoxynivalenol (DON), war dementsprechend auch eher gering (vgl. Jahresbericht Al 1).
Mit Fusarium graminearum infizierte Ähre.Zoombild vorhanden

Mit Fusarium graminearum infizierte Ähre
Foto: P. Büttner

Ährenfusariosen haben insbesondere bei Weizen eine hohe Bedeutung. Ein besonderes Problem ist dabei die Produktion von Mykotoxinen durch bestimmte Fusarium-Arten, die durch Risikofaktoren wie Vorfrucht Mais, nicht-wendende Bodenbearbeitung nach Mais, Anbau mittel- und hochanfälliger Weizensorten, Einsatz bestimmter Fungizide und warm-feuchte Witterung vor und zur Weizenblüte gefördert wird. Die Mykotoxine können in die Nahrungskette gelangen und Tiere sowie Menschen gefährden (siehe auch die Beiträge von IPS­ 3a sowie den AQU-Jahresbericht). Ziel des "Nach-Ernte-Monitorings" ist die Ermittlung des mikrobiellen Besatzes sowie der Mykotoxin­belastung des Erntegutes, insbesondere mit DON. Durch die Untersuchung von Weizen-, Gersten- und Roggenproben nach der Ernte soll Landwirten, Händlern und Verarbeitern und anderen bei den beiden wichtigsten Brotgetreidearten ein Überblick über den mikrobiellen Status gegeben werden. Darüber hinaus sollen langfristig Informationen über etwaige Veränderungen des Fusarium-Artenspektrums und das damit verbundene Auftreten anderer Toxine erhalten werden.
Fusarium graminearum in einer Petrischale.Zoombild vorhanden

Reinkultur Fusarium graminearum
Foto: P. Büttner

Vor mehr als zehn Jahren wurde auch Sommergerste in das Monitoring aufgenommen, da in den letzten Jahren immer wieder Befürchtungen geäußert wurden, dass auch hier mit nicht unerheblichen Fusarium-spp.-Infektionen zu rechnen sei.
Beim Weizen waren 2022 ca. 23 % der insgesamt 135 untersuchten Proben mit F. graminearum infiziert. Die Befallsstärke der einzelnen Proben erreichte maximal 9 % F. culmorum konnte lediglich bei 4 % der Proben isoliert werden. Die höchste Befallsstärke lag bei 9 % befallener Körner. Insgesamt war damit die Belastung des Weizens mit DON-bildenden Fusarium-Arten auf einem Niveau niedriger als 2021.
Neben diesen beiden Arten konnten beim Weizen noch F. poae, F. langesethiae und F. sporotrichioides sowie in geringerem Umfang F. avenaceum, F. equiseti, und Monographella nivalis (Schneeschimmel) beobachtet werden. F. sporotrichioides kam bei 50 % der Proben vor; ebenso F. langsethiae bei 56 %. Dabei lag die Befallsstärke bei beiden zuletzt genannten Arten höchstens bei 7 % bzw. 11 % befallener Körner. Insgesamt traten beide Arten in geringerer Häufigkeit als 2021 in Erscheinung.
Die Untersuchungen der 88 Roggenproben waren zum Zeitpunkt der Berichtserstellung noch nicht abgeschlossen.
Bei der Sommergerste (103 Proben) spielten die DON-bildenden Fusarium-Arten eine untergeordnete Rolle im Vergleich zum Weizen. Bei 17 % der Proben konnte F. graminearum mit einer maximalen Befallsstärke von 4 % beobachtet werden. F. culmorum trat bei 3 % mit einer maximalen Befallsstärke von 1 % wesentlich seltener auf als in den Jahren zuvor. Häufiger konnten F. sporotrichioides und F. langsethiae diagnostiziert werden. Bei 77 % bzw. 88 % der Proben konnten die angesprochenen Arten bis zu einer maximalen Befallsstärke von 13 % bzw. 43 % infizierter Körner beobachtet werden.

Vollzug der Verordung (VO) zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses

Um eine Ausbreitung von Quarantäne-Schadorganismen zu verhindern bzw. einzudämmen, sind Untersuchungen und eine Vielzahl von restriktiven Maßnahmen notwendig, die zum Teil große wirtschaftliche Folgen (zum Beispiel ein Verbot des Kartoffelanbaus auf der Befallsfläche) für betroffene Landwirte haben können. Erschwerend kommt im Falle des Kartoffel­krebses (Erreger: Synchytrium endobioticum) hinzu, dass die Überdauerungsformen (Dauersori) mindestens 20 Jahre im Boden lebens- und infektionsfähig bleiben. In enger Zusammenarbeit mit IPS 4b (Quarantäne­maßnahmen bei Kartoffeln) erfolgen Bodenuntersuchungen zur Aufhebung der Sperrmaßnahmen betroffener Flächen.
Knolle einer KartoffelZoombild vorhanden

Kartoffelkrebs-(Synchtrium-endobioticum)-befallene Kartoffel­knolle
Foto: P. Büttner

Bei Befallsfeststellung wird mittels eines amtlichen Bescheides die Befallsfläche für den Kartoffelanbau gesperrt. Zusätzlich wird um diese Fläche ein Sicherheitsbereich abgegrenzt, in dem nur krebsresistente Kartoffeln angebaut werden dürfen. Ferner sind eventuell befallene Knollen so zu behandeln, dass eine Ausbreitung des Erregers ausgeschlossen ist. Eine Aufhebung der Sperrmaßnahmen ist nur möglich, wenn Untersuchungen des Bodens nach European-and-Mediterranean-Plant-Protection-Organization-(EPPO-)Richtlinien eine Befallsfreiheit ergeben haben. Bei dieser Laboruntersuchung werden die Dauersori mittels eines Nass-Siebverfahrens aus Bodenproben ausgewaschen und deren Anzahl wird mikroskopisch bestimmt. Pro 0,3 ha ist eine Mischprobe bestehend aus 20 Einstichen in 20 cm Tiefe zu ziehen.
Ist das Ergebnis des Testverfahrens negativ, kann der Sperrbescheid aufgehoben werden. Daneben werden auch immer wieder Untersuchungsanfragen von kartoffelverarbeitenden Betrieben an IPS 2a gerichtet, bei denen es zum Beispiel um die eventuelle Belastung von Feststoffresten aus dem Waschprozess mit Dauersori geht.
Dauersorus des Kartoffelkrebserregers.Zoombild vorhanden

Dauersorus – Synchytrium endobioticum – bei 320-facher Vergrößerung
Foto: P. Büttner

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 43 Bodenproben auf Vorhandensein von S. endobioticum untersucht. Dabei handelt es sich überwiegend um Flächen, auf denen vor mehr als 20 Jahren Kartoffelkrebs beobachtet wurde. Bei 7 Proben konnten noch lebensfähige Dauersori nachgewiesen werden.
Vor dem Hintergrund immer wieder auftretender Krankheitsfälle in den letzten Jahren und in Anbetracht des Verbreitungsweges des Pilzes vor allem durch verseuchtes Pflanzgut ist gerade auch im Rahmen der Anerkennung eine genaue Prüfung des Pflanzgutes auf Knollenwucherungen unverzichtbar.