Bekämpfung der Gnomonia-Blattbräune an Süßkirschen

Die Gnomonia-Blattbräune (Gnomonia erythrostoma) wurde Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts in Oberfranken, dem Hauptanbaugebiet der Süßkirschen in Bayern, zum ersten Mal festgestellt. Seitdem breitet sich diese Krankheit nahezu unaufhaltsam aus und bedroht den Kirschenanbau zusehends. Die Kirschbäume werden sehr geschwächt und die Qualität der Früchte stark beeinträchtigt. Diese Krankheit stellt für die Kirschanbauer ein existenzbedrohendes Problem dar. Auch aus anderen Bundesländern, mit Ausnahme Norddeutschlands, wird vom Befall der Süßkirsche durch die Gnomonia-Blattbräune berichtet.

Symptome und Biologie

Ein typisches Anzeichen für den Befall der Kirschbäume durch die Gnomonia-Blattbräune findet man bereits im Winter in Form der am Baum hängen gebliebenen Blätter.
Auf diesen alten Blättern überwintert der Pilz. Wenn im Frühjahr direkt daneben die jungen, zarten Blätter austreiben, ist es nur ein kurzer Weg für eine neue Infektion.
Voraussetzung hierfür sind jedoch Witterungsbedingungen, die einerseits die Ausschleuderung der Ascosporen bewirken und andererseits den Ascosporen auf dem Blatt ausreichend Feuchtigkeit bieten, damit sie auskeimen und in das Blatt eindringen können. Nach Literaturangaben benötigen die Ascosporen eine Blattnässe von mindestens sechs Stunden, damit sie auskeimen können.
In Laborversuchen zeigten sich die ersten Befallssymptome bereits nach nur 10 bis 13 Tagen. Als erste Befallssymptome treten fleckenartige Aufhellungen des Blattgrüns auf. Sie verändern sich zunächst nur sehr langsam. Erst Ende Juli kommt es zu Verbräunungen an diesen Stellen. Etwa zur gleichen Zeit werden direkt unter der Epidermis flache Sporenlager gebildet, die in großer Zahl fadenförmig gekrümmte Konidien enthalten.
Befall auf den Kirschen.
Der Befall auf den Früchten fällt am stärksten im Stadium der Fruchtreife von gelb nach rot auf. Die Früchte zeigen im gelben Stadium rötliche und im roten Stadium dunkelrote Farbschattierungen auf der Fruchthaut.

Entwicklung einer Bekämpfungsstrategie

Durchsichtige Rohre.
Die Gnomonia-Blattbräune breitet sich in den Süßkirschenanlagen immer weiter aus und bedroht den Kirschenanbau in einem hohen Maß. Um dem entgegenzuwirken, hat das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein Projekt in Auftrag gegeben, in dem eine wirksame Strategie zur Bekämpfung gefunden werden sollte. Im Rahmen des dreijährigen Projekts wurden Laborversuche zu den Infektionsbedingungen des Erregers und Freilandversuche zur Wirksamkeit neuer Fungizide gegenüber dieser Krankheit durchgeführt.

Ziel

Ziel war die Entwicklung einer Bekämpfungsstrategie, die es ermöglicht, mit einer geringen Anzahl von Behandlungen eine hohe Wirkung zu erhalten.

Sporenflug, Wetterdaten und Infektionsbedingungen

Um dieses zu erreichen, bestand die Notwendigkeit, den Behandlungszeitraum weitgehend einzugrenzen und Fungizide zu finden, die eine hohe und anhaltende Wirksamkeit haben. Schwerpunkte zur Eingrenzung des Behandlungszeitraums bildeten die Beobachtung des Sporenflugs, die Aufzeichnung der Wetterdaten und vor allem die Untersuchung der Infektionsbedingungen.
Bezüglich der Infektionsbedingungen war von besonderem Interesse, ob während des gesamten Sporenflugs, der sich bis Anfang Juli hinziehen kann, eine Infektionsgefahr für die Blätter und Früchte besteht.
Es wurden umfangreiche Labor-, Halbfreiland- und Freilandversuche durchgeführt, um diese Fragen zu klären.

Beratungsempfehlung

Größte Infektionsgefahr

Im Rahmen dieses Projektes konnte durch Labor-, Halbfreiland- und Freilandversuche gezeigt werden, dass die größte Infektionsgefahr bereits dann besteht, wenn sich die Knospen öffnen und die jungen, zarten Blätter der Bukettknospen austreiben. Auch die Früchte der Süßkirsche sind zu Beginn ihrer Entwicklung direkt nach der Blüte besonders stark infektionsgefährdet. Treffen diese empfindlichen Entwicklungsstadien mit einem hohen Befallsdruck in Form der ausgestoßenen Ascosporen und der für die Auskeimung notwendigen Blattnässe zusammen, dann ist mit einem starken Befall zu rechnen.

Vorbeugender Schutz der empfindlichen Blatt- und Fruchtstadien

Die Bekämpfungsstrategie besteht in einem vorbeugenden Schutz der empfindlichen Blatt- und Fruchtstadien durch einen gezielten Einsatz protektiv wirkender Fungizide. Eine Prognose der Infektionsgefahr auf der Grundlage des Sporenflugs und der Witterungsbedingungen ist schwierig. Auch bei einer Überdachung der Bäume kam es zu einem starken Befall durch die Gnomonia-Blattbräune. Vermutlich reicht bereits Taubildung über die Nachtstunden für eine erfolgreiche Infektion aus.
Die Staffelspritzung, in der nur bestimmte Entwicklungsstadien des Blattes und der Frucht durch den Einsatz von Fungiziden abgedeckt wurden, zeigte sehr deutlich, wie wichtig die frühen Spritztermine sind. Sie zeigte aber auch, dass das zur Bekämpfung der Gnomonia-Blattbräune zur geringfügigen Verwendung zugelassene Fungizid Delan WG allein nicht ausreicht, diese Krankheit im vollen Maße zu bekämpfen. Dieses Mittel hatte zwar bei einer wöchentlichen Anwendung eine gute Wirkung in Bezug auf den Blattbefall, der Fruchtbefall konnte jedoch nicht zufriedenstellend reduziert werden.

Weitere Fungizide notwendig

Zur Bekämpfung der Gnomonia-Blattbräune sind somit weitere Fungizide notwendig, die auch die Früchte vor Befall schützen und bei denen, nach Möglichkeit mit einer reduzierten Anzahl von Behandlungen, gleichzeitig andere potentielle Krankheiten der Süßkirsche, wie z. B. die Monilia-Spitzendürre oder die Sprühfleckenkrankheit, mit erfasst werden.
Es wurden mehrere Fungizide hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Gnomonia-Blattbräune geprüft. Zwei Fungizide konnten gefunden werden, die die oben beschriebenen Eigenschaften im vollen Umfang mit sich bringen. Dabei handelt es sich um das Fungizid Flint (mit nur einer Anwendung) und das Fungizid Signum (mit drei Anwendungen). Beide sind zur geringfügigen Verwendung dafür zugelassen.
Mit diesen Mitteln reichten bereits zwei bis drei Behandlungen aus, um die Gnomonia-Blattbräune in einem sehr hohen Maße zu bekämpfen. Dabei konnte in einzelnen Versuchen beobachtet werden, dass bei einem zusätzlichen Befall durch die Monilia-Spitzendürre und die Sprühfleckenkrankheit diese Krankheiten ebenfalls mit erfasst wurden.
Flint
Flint zeigte je nach Einsatztermin (nur einer ist möglich) sehr gute Ergebnisse in Bezug auf den Befall der Blätter der Bukettknospen oder der Früchte mit Wirkungsgraden von jeweils 100 Prozent. Mit 88 Prozent Wirkungsgrad war auch die Gnomonia-Bekämpfung auf den Blättern der Langtriebe gut.
Das Ergebnis ist insofern von Bedeutung, als die letzte Behandlung mit Flint am 8. Mai durchgeführt wurde und die Infektionsbedingungen auf der Grundlage des Sporenflugs und der entsprechenden Witterung noch bis Ende Mai anhielten.
Ein geringer Blattbefall ist dennoch nicht auszuschließen, da die jungen Blätter an der Spitze der Langtriebe, die auch noch im Juni infiziert werden können, durch den späten Behandlungstermin nicht miterfasst werden. Die einzelnen Blätter der Langtriebe stellen jedoch nur einen geringen Teil der Gesamtblattmasse des Kirschbaums dar. Die Hauptblattmasse wird dagegen von den Blättern der Bukettknospen gebildet, und diese können bereits während der Blüte austreiben.
Signum
Sehr gute Versuchsergebnisse wurden auch mit Signum erzielt. Im Jahr 2004 konnten durch den zweimaligen Einsatz dieses Mittels zum Beginn der Blattentwicklung Blätter und Früchte der Sorte "Burlat" frei von Befall durch die Gnomonia-Blattbräune gehalten werden. Dagegen lag der Blattbefall in der Kontrolle bei 19 Prozent und der Fruchtbefall bei 9 Prozent.
Säulendiagramm.

Wirkungsgrad von Flint in der Sorte Schneiders 2003

Säulendiagramm.

Sporenflug und Behandlungs­termine mit Flint in der Sorte Schneiders 2003

Säulendiagramm.

Wirkungsgrad von Signum in der Sorte Burlat 2004

Säulendiagramm.

Sporenflug und Behandlungstermine mit Signum in der Sorte Burlat 2004

Gezielter Einsatz

Besonders wichtig für einen guten Bekämpfungserfolg ist, dass diese Mittel gezielt eingesetzt werden, denn nur so können sie ihre volle Wirkung auf die Krankheit entfalten. Strobilurine haben eine besondere Stärke in der protektiven Anwendung, indem sie der keimenden Spore auf dem Blatt den Energiezufluss blockieren. Wird dieser Schutz dann eingesetzt, wenn für das Blatt bzw. die Frucht eine erhöhte Gefahr der Infektion besteht, kann mit einem guten Bekämpfungserfolg gerechnet werden.

Aktueller Zulassungsstand für geringfügige Verwendungen; nur für den Erwerbsanbau; Juni 2023

  • Delan WG (Dithianon)
    max. Anzahl der Anwendungen je Vegetationsperiode: 3
    genehmigt bis 31.01.2024
  • Flint (Trifloxystrobin)
    max. Anzahl der Anwendungen je Vegetationsperiode: 1
    genehmigt bis 30.06.2024
  • Signum (Pyraclostrobin + Boscalid)
    max. Anzahl der Anwendungen je Vegetationsperiode: 3
    genehmigt bis 31.01.2024
  • SCORE, Mavita 250 EC (Difenoconazol)
    max. Anzahl der Anwendungen je Vegetationsperiode: 3
    genehmigt bis 31.12.2024

Mehr zum Thema

Süß- und Sauerkirschen – Krankheiten und Schädlinge

Süß- und Sauerkirschen zählen unter den Baumobstarten zweifelsohne zu den köstlichsten Früchten. Pflanzenschutz spielt eine wichtige Rolle, denn es gibt einige Schädlinge und Krankheiten, die den Kirschen zusetzen. Selbst Röteln sind bei ihnen verbreitet. Mehr