Maikäfer-Engerlinge bedrohen Grünland-Saison 2022 im Bayerischen Wald

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Gefährdungslage des Grünlandes in Gemarkungen des Bayerischen Waldes

Von August bis Oktober 2021 ist im Bayerischen Wald ein umfangreiches Monitoring durchgeführt worden, durch das die neue Engerlings-Generation aus dem Maikäfer-Hauptflugjahr 2021 abgeschätzt werden konnte. Die Ergebnisse sind deutlich und lassen für viele Flächen eine schwierige Saison 2022 voraussagen. In manchen Gebieten blieben die Engerlings-Zahlen unter der Schadschwelle von 40 Engerlingen pro Quadratmeter. Aber in vielen bereits als Engerlings-Standort bekannten Gemarkungen wurde die Schadschwelle häufig überschritten, teilweise auch um ein Vielfaches. Ohne wirksame Gegenmaßnahmen ist im Hauptschadensjahr 2022 bereits bei einem normalen Witterungsverlauf mit flächenhaften Schäden, nicht selten auch mit einem Totalausfall, zu rechnen. In der aus den Daten erstellten Karte sind die besonders gefährdeten Gebiete des Bayerischen Waldes in roter Farbe gekennzeichnet.

Erwartete Schäden

Das Wetter hat einen gewissen Einfluss darauf, wie stark sich Engerlings-Schäden im Grünland zeigen. Dies betrifft aber eher mäßig befallene Flächen. Hier kann der Engerlings-Fraß an Wurzeln durch einen regenreichen Sommer, der das Pflanzenwachstum wieder anregt, durchaus kompensiert werden. Würden die Sommermonate aber vorwiegend trocken bleiben, dann könnten die Schäden drastisch ausfallen. Oberirdisch wird man dann braune abgestorbene Gräser feststellen, unterirdisch komplett abgefressene Wurzeln. Die Grasnarbe hätte keinen Halt mehr zum Erdreich und könnte in Hanglagen, vor allem bei Belastung oder einem plötzlichen Wolkenbruch, abrutschen.
Engerlinge unter der Erde

Engerlinge unter der Grasnarbe

Engerling beim Wurzelfraß

Engerling beim Fraß an Graswurzeln

Maßnahmen bei Engerlings-Befall über der Schadschwelle

Mechanische_Bodenbearbeitung_Kreiselegge

Mechanische Bodenbearbeitung mit Kreiselegge

Die Bekämpfung von Maikäfer-Engerlingen ist grundsätzlich schwierig, da die unterirdisch lebenden Engerlinge von Freßfeinden nicht gesehen werden und sich chemisch-synthetische Präparate im Versuch als ungeeignet herausgestellt haben. Als sehr effektiv hat sich dagegen die mechanische Bodenbearbeitung, wenn die Engerlinge direkt unter der Grasnarbe sitzen, erwiesen. Besonders der Einsatz von Bodenfräse, einer Kreiselegge oder eines Zinkenrotors konnte die Engerlings-Zahlen unter die Schadschwelle drücken. Dieser Geräte-Einsatz findet bei den Landwirten aber wenig Akzeptanz, da es immer mit der Zerstörung der Grasnarbe und einer Neuansaat verbunden ist. Trotzdem können die Landwirte bei den zuständigen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgrund der zu erwartenden Engerlings-Schäden einen Antrag auf Grünlanderneuerung stellen.
Empfehlung
Es empfiehlt sich, den ersten Schnitt 2022 noch zu ernten. Nach einer Probegrabung, bei der man feststellt, ob sich die Engerlinge in einer geeigneten Tiefe befinden, sollte dann die Bodenbearbeitung durchgeführt werden. In den nächsten beiden Jahren wäre durch diese einschneidende Maßnahme aber nicht nur jeweils eine weitgehend normale Grünlandernte zu erwarten. Man könnte sich auch jetzt schon mit dem Gedanken befassen, 2024 für das nächste Hauptschadensjahr 2025 Futter-Rücklagen zu bilden. Ein großer Schritt, um der mechanischen Abtötung von Engerlingen zu mehr Beachtung zu verhelfen, wäre der Einsatz von grasnarbenerhaltenden oder -schonenden Stachelgeräten. Dieses Ziel wird in einem Projekt der LfL-Landtechnik in Kooperation mit dem Pflanzenschutz angestrebt.

Ausnahme-Zulassung von Exigon

Baden-Württemberg konnte eine Ausnahmezulassung des Präparates Exigon beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erreichen. Exigon befindet sich bereits in einem ordentlichen Zulassungsverfahren. Die für 120 Tage bewilligte Ausnahmezulassung würde auch den Landwirten im Bayerischen Wald eine weitere Möglichkeit zur Engerlings-Kontrolle bieten. Aktiver Wirkstoff ist die bodenlebende und insektenpathogene Pilzart Beauveria bassiana, Stamm BOV1. Das Präparat könnte im Cultan-Verfahren, das die Grasnarbe schont, ausgebracht werden. Es mussten aber Einwände des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz hinsichtlich nicht hinnehmbarer Auswirkungen auf andere, im Boden lebende Nichtzielarten, insoweit ausgeräumt werden, dass eine Anwendung von Exigon möglich ist. Der Schutz von Natur, der Umwelt und artenreicher Tier- und Pflanzengesellschaften ist ein großartiges Ziel und im Bayerischen Naturschutzgesetz verankert. Die Populationen des in der Bevölkerung beliebten Feldmaikäfers haben sich aber regional, vor allem im Bayerischen Wald, in den letzten Jahren auf ein nicht mehr hinnehmbares Ausmaß vermehren können. Die Kontrolle des Feldmaikäfers ist notwendig, um die bedrohten Pflanzenbestände auf vielen extensiv bewirtschafteten Wiesen zu schützen. Sie sind die Nahrungsgrundlage und der Lebensraum von zahlreichen und mitunter seltenen Insektenarten. Es ist tatsächlich eine Gratwanderung zwischen Arten- und angemessenem Pflanzenschutz!

Ansprechpartner
Dr. Ullrich Benker
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz
Lange Point 10, 85354 Freising
Tel.: 08161 8640-5720
Fax: 08161 8640-5753
E-Mail: Zoologie@LfL.bayern.de

Porträt von Dr. Ullrich Benker

Dr. Ullrich Benker