Forschungs- und Innovationsprojekt
Entwicklung einer nachhaltigen Regulierungsstrategie (PENTAcontrol) gegen Baumwanzen (Pentatomidae) im bayerischen Obst- und Gemüsebau

Marmorierte Baumwanze auf einer gelben Blüte.Zoombild vorhanden

Marmorierte Baumwanze an einer Tomatenblüte.

Schädigende Baumwanzen finden in Bayern günstige Konditionen zur Verbreitung und Vermehrung. Vor allem die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) hat durch ihre Mobilität und ihr breites Wirtspflanzenspektrum die Möglichkeit, sich zu einem Schädling mit einem großen Schadpotenzial zu entwickeln.
Deshalb wird durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) ein Forschungsprojekt gefördert, in dessen Rahmen das etablierte Monitoring weitergeführt und ausgeweitet wird, Schadbilder an Obst- und Gemüsebaukulturen genauer dokumentiert werden und nachhaltige Regulierungsstrategien für den bayerischen Gartenbau untersucht werden.

Einleitung

Die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) stammt ursprünglich aus Asien und besitzt ein breites Wirtspflanzenspektrum. Darunter befinden sich sehr viele obst- und gemüsebauliche Kulturen, wie z.B. Apfel, Birne, verschiedenes Beerenobst, Haselnuss, Tomate, Paprika und Bohnen. Zierpflanzen, vor allem Ziergehölze, werden darüber hinaus gerne zur Eiablage genutzt. Schäden werden sowohl an Früchten, aber auch an Blättern und Stängeln festgestellt. Befallene Früchte weisen Deformationen und Flecken auf und können nicht mehr vermarktet werden.
Angesichts des Ausbreitungsverhaltens der Marmorierten Baumwanze und des fortschreitenden Klimawandels ist zukünftig mit einem sehr großen Schadpotenzial dieses neuen Schädlings in obst- und gemüsebaulichen Kulturen sowohl im Erwerbs- als auch im Freizeitgartenbau in Bayern zu rechnen. Im urbanen Bereich hat sich die Marmorierte Baumwanze bereits sehr stark ausgebreitet. Mittlerweile ist sie in ganz Bayern anzutreffen, wobei die Landeshauptstadt München einen der Hotspots darstellt.
Eigelege auf einem Blatt.Zoombild vorhanden

Eigelege der Marmorierten Baumwanze

Die Bekämpfungsmöglichkeiten sind sehr begrenzt. Die zur Verfügung stehenden Insektizide sind aufgrund der Biologie und Robustheit der Wanzen nicht ausreichend wirksam. Das Einnetzen der Kulturen und das Absammeln und Vernichten der Tiere und Eigelege sind lediglich für wenige Kulturen geeignet oder nur im Haus- und Kleingartenbereich praktikabel. Große Hoffnung liegt derzeit auf Bekämpfungsmöglichkeiten mithilfe der Samuraiwespe (Trissolcus japonicus), einer Schlupfwespenart, die die Marmorierte Baumwanze durch Parasitierung der Eigelege in Schach hält. Hierzu besteht allerdings noch viel Forschungsbedarf.

Ziele

Hauptziele dieses Projekts sind die Weiterführung des etablierten Monitorings, Dokumentation von Schadbildern an wichtigen Obst- und Gemüsebaukulturen und die Entwicklung einer nachhaltigen Regulierungsstrategie gegen Baumwanzen im Gartenbau in Bayern.

Methoden

Ein Ast-Käfig hängt in einem Baum.Zoombild vorhanden

Beispiel eines Ast-Käfigs zur Bestimmung von Schadbildern.

Das bestehende Monitoring wird intensiviert und der Austausch mit Pflanzenschutzdiensten innerhalb und außerhalb Deutschlands vertieft. Ausgewählte Betriebe werden mitaufgenommen, um einen umfassenden Einblick in die Verbreitung zu bekommen. Gleichzeitig wird verstärkt das Vorkommen von natürlichen Gegenspielern (heimisch und gebietsfremd) untersucht.
Zur Dokumentation und Unterscheidung von Schadbildern an Obst- und Gemüsebaukulturen werden Freiland- und Gewächshausversuche durchgeführt. Hierbei werden z.B. Baumwanzen in sogenannten Ast-Käfigen an Bäumen in verschiedenen Stadien der Fruchtreife ausgesetzt und die entstandenen Schäden dokumentiert.
Weiterhin werden Bekämpfungsmethoden untersucht. Diese umfassen unter anderem den Einsatz von Nützlingen, Pheromonfallen, Attract-and-Kill-Verfahren mit Pheromonfallen oder Randbehandlungen mit Pflanzenschutzmitteln.

Ergebnisse

Zur Dokumentation und Unterscheidung von Schadbildern wurden Gewächshausversuche an Gurke, Tomate, Paprika und Zucchini durchgeführt. Weitere Versuche fanden im Freiland an Birnen statt. Bei keiner der Kulturen war ein Unterschied im Schadbild zwischen Nymphen und Adulten festzustellen. Die von Wanzen beschädigten Tomaten- und Paprikafrüchte zeigten helle, durchscheinende Stellen der Schale und weißlich-schwammiges, teils verbräuntes Fruchtfleisch unter den Einstichstellen.
Wurden Wanzen auf Gurkentriebe gesetzt, verkümmerten diese oder wiesen einen deutlich geringeren Zuwachs auf. Zu beobachten waren auch verdrehte Triebspitzen. An den sichtbaren Einstichstellen traten Tropfen aus, deren Natur nicht näher untersucht wurde.
Mit Wanzen eingenetzte Gurken- und Zucchinifrüchte verbräunten und verkümmerten, was jedoch ebenso für einen Großteil der eingenetzten Kontrollen galt, weshalb hier keine abschließende Aussage bezüglich Schäden durch Wanzen getroffen werden konnte. In einem Gemüsebaubetrieb mit starkem Befall durch die Marmorierte Baumwanze wurden ausgeprägte Deformationen der Früchte sowie Läsionen des Fruchtfleisches beobachtet.
Birnenfrüchte waren nach Wanzenbesatz stark deformiert mit eingesunkenen Stellen und harten weißlichen bis bräunlichen Verkorkungen des Fruchtfleisches unter den Einstichstellen.
Da die Anzahl der Wanzen aufgrund einer hohen Mortalität in den Versuchen stark schwankte und auch die Anzahl an untersuchten Pflanzen und Varianten pro Kultur teilweise gering und uneinheitlich war, sollen die Versuche an den wichtigsten Kulturen wiederholt werden.
Aufgeschnittene Birnenfrucht mit bräunlichen Verkorkungen des Fruchtfleisches.

Aufgeschnittene Birne mit Saugschäden

Deformierte Birnenfrucht.

Deformierte Birne

Verdrehte blühende Gurken-Triebspitze mit Einstichen, aus denen Tropfen austreten.

Verdrehte Gurken-Triebspitze

Verkümmerte Gurken-Triebspitze mit gelber Blüte.

Verkümmerte Gurken-Triebspitze

Deformierte Gurkenfrucht, auf der Marmorierte Baumwanzen sitzen.

Marmoriert Baumwanzen an deformierter Gurke

Aufgeschnittene Gurke mit Saugschäden.

Aufgeschnittene Gurke mit Läsionen

Rote Paprika mit Saugschäden.

Paprikafrucht mit hell-durchscheinender Schale

Aufgeschnittene rote Paprika mit weiß-schwammigem Fruchtfleisch.

Aufgeschnittene Paprika mit Saugschäden

Meldung von Wanzenfunden und Ertragsschäden

Marmorierte Baumwanze auf einem Blatt.Zoombild vorhanden

Marmorierte Baumwanze

Um einen Überblick über das Vorkommen der Marmorierten Baumwanze sowie weiterer invasiver oder heimischer Wanzenarten in bayerischen Erwerbsanlagen zu erhalten, benötigen wir Ihre Mithilfe. Wenn Sie Wanzen in Ihrem Betrieb finden, senden Sie uns davon ein Bild mit Angabe der Fundstelle per E-Mail oder schicken Sie uns ein Exemplar an die untenstehende Adresse. Die Wanzen bitte in ein bruchsicheres Behältnis (z. B. eine kleine Plastikdose oder Streichholzschachtel) einpacken. Auch Befallsschäden an Früchten können Sie uns gerne mitteilen. Nachfolgend finden Sie einen Probenbegleitschein zum Herunterladen. Hier können Sie sowohl Ihre Anschrift und den Fundort als auch weitere freiwillige Informationen zur Probe angeben und Ihrer Einsendung per Post oder E-Mail beifügen.

Probenbegleitschein Wanzenfunde pdf 108 KB

Projektverantwortung
Dr. Sybille Orzek

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Pflanzenschutz, Arbeitsgruppe Krankheiten, Schädlinge im Gartenbau ( IPS 3d)
Kreuzbreite 4
85354 Freising
Tel.: 08161 8640-5199
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: Wanzen@LfL.bayern.de

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Sybille Orzek
Projektbearbeitung: Franziska Schweiger
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
Projektpartner:
Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG)
Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Augsburg
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ)
Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kitzingen
Gemüseerzeugerring Knoblauchsland e.V.
Lehr- und Beispielsbetrieb Obstbau Deutenkofen
Laufzeit: 01.01.23 – 31.12.25
Förderkennzeichen: A/22/13