Rückblick Info-Tag "Klauengesundheit" 2019

Kuh
Am 7. März 2019 veranstaltete das Infozentrum Tier und Technik der LfL einen Info-Tag zum Thema Klauengesundheit. Experten stellten vor, wie man Lahmheiten am besten erkennen kann und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, damit die Kühe im Stall mobil bleiben. Klauenpfleger und Praktiker berichteten über ihre Erfahrungen mit Lahmheiten und was sie für eine gute Klauengesundheit empfehlen würden.
Im Anschluss an die Fachvorträge stellten in den Hallen des Forums 21 Firmen ihre Produkte rund um die Klauengesundheit aus. So konnten sich die Besucher auf kurzem Wege umfassend informieren und mit den Experten und Firmenvertretern diskutieren. Parallel dazu bestand die Möglichkeit, die beiden Lehrschauen, in denen 57 Firmen auf 2.300 Quadratmetern permanente Ausstellungsstände betreiben, zu besuchen.

Zusammenfassungen der Vorträge

"Die Kuh ist lahm." – Was bedeutet das eigentlich für die Kuh, für den Landwirt? Lösungsansätze aus der LfL
Lahme Kühe in Milchviehbetrieben verursachen teilweise hohe Kosten durch Leistungsrückgang, verlängerte Güstzeiten, Mehrarbeit durch das Treiben, wenn sie sich nicht mehr eigenständig zu Futter und Melkstand begeben sowie aufgrund von Mehraufwand wegen zusätzlicher Klauenpflegemaßnahmen. Zudem waren laut dem LKV Bayern 2014 Lahmheiten und Gliedmaßenerkrankungen die dritthäufigste Abgangsursache bei Milchkühen in Bayern. Je länger eine Lahmheit andauert, desto höher sind die Dauer und Kosten der Heilung. Indirekte Folgen wie verringerte Futteraufnahme, Stoffwechselerkrankungen und Reproduktionsstörungen werden bei andauernder Lahmheit immer schwerwiegender. Deshalb ist es umso wichtiger, so früh wie möglich einzugreifen. Landwirte unterschätzen jedoch den Anteil der lahmen Tiere in ihrer Herde teilweise um bis zu 75 %.
Problem der Wahrnehmung
Es handelt sich hier also um eine Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und den tatsächlich vorherrschenden Verhältnissen. Leider werden Schmerzen und Leiden, die durch Lahmheiten verursacht sind, beim Rind häufig unterschätzt. Ein Grund ist das natürliche Verhalten der Tiere als Beutetier. Potentielle Beutegreifer wählen immer das schwächste Tier der Herde. Eine Kuh, die also Anzeichen für eine Krankheit, in dem Fall eine Klauenerkrankung, zeigt, erscheint als leichte Beute. Deshalb verstecken Kühe ihre Schmerzen bei der Fortbewegung so lang wie möglich und erst, wenn die Stärke der Schmerzen einen bestimmten Grad übersteigt, werden sie nach außen hin in Form einer Lahmheit sichtbar.
Wenn ein Tier also eindeutig lahm geht, ist die zugrundeliegende Erkrankung meist schon weiter fortgeschritten und es muss so schnell wie möglich eingegriffen werden. Zudem hat die Arterhaltung in der Natur immer die höchste Priorität. Die Versorgung des Nachwuchses muss demnach so lang wie möglich gewährleistet sein und die Milchproduktion geht im Falle einer Unterversorgung oder Krankheit bei der Kuh als letztes zurück. Im Gegensatz zu der häufig vertretenen Meinung, dass es der Kuh noch gut geht solange sie Milch gibt, ist deshalb nicht korrekt.
Verbesserung der Wahrnehmung
Um die Klauengesundheit im Stall zu verbessern, muss also die Erkennung und Einschätzung der auftretenden Lahmheiten verbessert werden. Das Tierschutzgesetz §11 schreibt unter anderem hierfür „betriebliche Eigenkontrollen“ und damit die Erhebung sogenannter „Tierschutzindikatoren“ vor. Um dem zu entsprechen und eine sachlich richtige Einschätzung zu erzielen, muss die Lahmheitskontrolle regelmäßig und systematisch erfolgen. Um Regelmäßigkeit zu erreichen, muss die Methode der Erfassung einfach in den Arbeitsalltag zu integrieren sein.
Es ist möglich, die Beurteilung im Stand während der Hauptfütterungszeiten vom Futtertisch oder Futtergang aus oder zu Melkzeiten direkt im Melkstand durchzuführen. Diese Methode ist mit geringerem Arbeitsaufwand verbunden und deshalb dazu geeignet, die Beurteilung öfter durchzuführen. Es soll hierbei auf die Rückenkrümmung, Entlastungshaltungen sowie äußeres Erscheinungsbild der Gliedmaßen, um z. B. Schwellungen zu erkennen, geachtet werden.
Lahmheiten, die erst in der Bewegung sichtbar werden, können so jedoch nicht beurteilt werden. Für eine genauere Einschätzung ist deshalb die Verwendung eines Locomotionscore-Systems (s. u.) notwendig, bei dem der Gang der Tiere nach festen Regeln benotet wird. Das ist z. B. am Ausgang des Melkstandes möglich. Diese Methode ist zwar genauer und sollte deshalb ebenso in die betriebliche Eigenkontrolle einbezogen werden. Sie ist aber auch zeitlich aufwendiger und deshalb weniger oft durchführbar. Das wichtigste ist, dass überhaupt regelmäßige und systematische Lahmheitsbeurteilung stattfindet, denn nur durch beiläufige Beobachtung während der alltäglichen Arbeitsroutinen werden wir eingangs erwähnt zu viele erkrankte Tiere übersehen.
Je nach Betriebssituation muss also ein Kompromiss zwischen Umsetzbarkeit und Genauigkeit gefunden werden. Für jedes System gilt zusätzlich, dass die Einschätzung des Einzeltieres auch klar definierte Konsequenzen hat. Zu viele Stufen in der Benotung sind dabei hinderlich. Besser ist ein System mit wenigen Punkten, bei dem es möglich ist, Handlungsempfehlungen zu den jeweiligen Noten zuzuordnen, sodass gewährleistet ist, dass lahme Tiere nicht nur erkannt, sondern auch dem Ergebnis der Beurteilung entsprechend untersucht und behandelt werden.
Um die angesprochenen Anforderungen an ein Beurteilungssystem zu erfüllen, wurde im Rahmen eines aktuellen Versuches an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, ein dreistufiger Locomotionscore entwickelt, der dank seiner Übersichtlichkeit nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Praxis seine Anwendung finden soll.
Dreistufiger Locomotionscore
Bei dem drei-Punkte Locomotionscore wird zuerst das allgemeine Gangbild betrachtet; wirkt der Gang ungleichmäßig oder asymmetrisch, ist die Kuh als lahm zu bewerten und umgehend zu untersuchen und bei Bedarf zu behandeln. Ist der Gang gleichmäßig und symmetrisch, werden noch die Rückenkrümmung, die Kopfbewegung und die Haltung beurteilt; ist der Rücken krumm, wird eine Gliedmaße entlastet oder erfolgt ein Kopfnicken, ist das Tier als „verdächtig“ einzustufen und muss weiterhin beobachtet werden. Tritt keins der oben genannten Merkmale auf und ist der Gang gelichmäßig, ist die Kuh als „gesund“ einzustufen.
Durch den Verzicht auf eine Unterscheidung zwischen „leicht“, „mittelmäßig“ und „schwer“ lahm wird vermieden, dass die Wahrnehmung des Grades der Lahmheit und des damit verbundenen Schmerzes die Unmittelbarkeit der Untersuchung und der Behandlung hindert.
Untersuchungen zur Genauigkeit des drei-Punkte Locomotionscores haben die Wiederholbarkeit bestätigt: die Übereinstimmung der Locomotionscores die zwei Beurteiler den gleichen Kühen unabhängig voneinander zugewiesen haben beträgt 80 %, während die Übereinstimmung der Scores die ein Beurteiler den gleichen Tieren in der gleichen Videoaufnahme an zwei unterschiedlichen Tagen zugewiesen hat beträgt 82 %.
Versuch an der Landesanstalt für Landwirtschaft
In einem aktuellen Versuch am Institut für Landtechnik und Tierhaltung wird der Zusammenhang zwischen Verhalten- und Leistungsparameter und die Klauengesundheit von Milchkühen auf Praxisbetrieben überprüft. Die Datenerfassung fand zwischen April 2017 und Juni 2018 auf vier Praxisbetrieben und auf dem Versuchsbetrieb in Grub statt. Während der Versuchsphase, wurden alle Tiere mit einem Pedometer ausgestattet, um das Verhalten der Kühe kontinuierlich zu erfassen. Zusätzlich wurde im zwei-Wochen Rhythmus ein Locomotionscore aller Tiere über Videoaufnahmen der Melkzeiten durchgeführt. Die lahmen Tiere wurden anschließend untersucht und gegebenenfalls behandelt. Die Kühe, die für sechs aufeinanderfolgende Wochen als „verdächtig“ eingestuft wurden, wurden auf Schmerzhaftigkeit der Klauen mit einer Klauenabdruckzange untersucht. Somit konnte auch überprüft werden, ob die Tiere die als lahm bzw. als „verdächtig“ eingestuft wurden, auch Klauenläsionen hatten.
Die durchschnittliche monatliche Lahmheitsprävalenz betrug je nach Betrieb zwischen 2% und 14% und schwankte je nach Monat und Jahreszeit. Die Anzahl der klinischen Befunde an den Klauen hing mit der durchschnittlichen Lahmheitsprävalenz zusammen und stieg für drei Betriebe im Herbst und im Frühjahr an.
Die Verfügbarkeit von täglichen Videoaufnahmen ermöglichte eine genaue Analyse der Lahmheitsentwicklung; lahme Kühe wurden in den Videoaufnahmen zurückverfolgt und der Zeitpunkt des Lahmheitsbeginns konnte somit genau erfasst werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die meisten Lahmheiten innerhalb von 7 bis 14 Tage entwickeln.
Die Untersuchungen der „verdächtigen“ Kühen lieferten auch interessante Einblicke in das Schmerzverhalten der Tiere; über die Hälfte (52 %) der untersuchten Tiere hatten entweder Schmerzen oder klinische Befunde und konnten somit als lahm eingestuft werden.
Fazit
Es konnte also nachgewiesen werden, dass bereits kaum sichtbare Lahmheiten ein Zeichen deutlich vorangeschrittener Klauenerkrankungen sein können. Mit dem Eingreifen abzuwarten bis eine vorliegende Lahmheit einen gewissen Schweregrad übersteigt, ist unbedingt zu vermeiden, da sich dadurch nur die Dauer der Erkrankung, die Schmerzen und Leiden des Tieres sowie wirtschaftliche Verluste als Folge der Erkrankung steigern. Keinesfalls ist die Milchleistung als Tierwohl-Indikator zu sehen, da diese erst bei höchstgradiger Überlastung des Gesamtorganismus zurückgeht.
Dr. Katharina Grimm und Isabella Lorenzini, Institut für Landtechnik und Tierhaltung der LfL
Mortellarosche Krankheit – so gewinne ich den Kampf 5 Punkte zur erfolgreichen Abwehr
Im Zusammenhang mit der Steigerung der Milchleistung muss eine optimale „Betreuung“ der Milchkühe gewährleistet sein. Vergleichbar mit Sportlern bzw. Spitzensportlern haben auch Milchkühe mit hoher Leistung hohe Ansprüche an die Ernährung, den Umgebungskomfort und die Stressfreiheit. Nur dann sind die Tiere in der Lage, die erwarteten Milchmengen bei gleichzeitig hoher Fruchtbarkeit und stabiler Gesundheit zu „liefern“.
Dabei hat man erkannt, dass typische Klauenkrankheiten wie Mortellarosche Krankheit (digitale Dermatitis) und ihre Folgen als „Indikatorkrankheiten“ für Haltungsprobleme dienen können. Ein sogenannter 5 Punkte Plan zur Betriebssanierung wurde von führenden, internationalen Experten auf dem Gebiet der Klauengesundheit entwickelt, um die Erkrankungsrate dieser Erkrankung auf Milchviehbetrieben drastisch zu reduzieren.
Fünf-Punkte-Plan zur Kontrolle der Mortellaroschen Krankheit (Dermatitis digitalis, DD)

Fünf-Punkte-Plan zur Kontrolle der Mortellaroschen Krankheit (Dermatitis digitalis, DD)

  1. Externe Biosicherheit
  2. Interne Biosicherheit
  3. Frühe Erkennung, Dokumentation und Behandlung von Dermatitis digitalis
  4. Regelmäßige Klauendesinfektion
  5. Definition und Überwachung von Klauengesundheits-Zielen
Dieser Plan gilt für Jungrinder, Färsen, trockenstehende und laktierende Kühe.
Im Folgenden werden einige Inhalte dieses Spezialplanes dargelegt - betriebsindividuell kann die Umsetzung festgelegt werden.
1. Externe Biosicherheit zum Fernhalten von Krankheiten vom Betrieb
Über infizierte Tiere, kontaminierte Arbeitsgeräte und Besucher können Erreger der Mortellaroschen Krankheit in Betriebe eingeschleppt werden.
Grundsätzlich ist eine geschlossene Betriebsführung die Grundlage der Kontrolle. Das umfasst: kein Tierzukauf, kein Einstallen von Tieren aus anderen Betrieben und Verzicht auf das Auslagern der Färsenaufzucht. Auch gemeinsamer Weidegang mit Tieren aus anderen Beständen birgt ein großes Risiko der Krankheitsübertragung.
Ein vorheriger Gesundheitscheck im Klauenstand bei Zukauftieren und bei Rückkehr von Tierschauen oder aus anderen Betrieben ist sinnvoll, schützt aber leider nicht vollständig vor einer Erregerübertragung. Schränken Sie den Personenverkehr auf dem Betrieb ein und bieten Sie hofeigene Betriebs- bzw. Schutzkleidung.
2. Interne Biosicherheit zur Verringerung des Infektionsdrucks auf die Kühe
Temperatur, Luftdurchsatz, Luftfeuchtigkeit, Lichteinfall
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass eine Haltung von Milchvieh in sogenannten Kalt-/ Offenställen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden haben kann. Ausreichende Ventilation ist eine notwendige Alternative. Hitzestress kann Mortellarosche Krankheit begünstigen.

Laufflächen
Böden müssen rutschfest und leicht zu reinigen sein, den Klauenabrieb im richtigen Ausmaß sicher stellen und alle Anforderungen auch langfristig erfüllen. Das Problem sind die verschmutzten und häufig rutschigen Oberflächen. Gülle an der Klaue führt zu Hautschäden, ist ein gefährliches Keimreservoir und begünstigt die Entstehung der Mortellaroschen Krankheit. Eine regelmäßige Reinigung der Lauf- und Standflächen darf keinesfalls aus arbeitszeittechnischen Gründen vernachlässigt werden.
Liegeflächen
Eine Kuh soll sich etwa 12 – 14 Stunden (mit Unterbrechungen) in der Liegebox liegen. Das Klauenhorn kann abtrocknen, umgebende Haut und Zwischenklauenhaut trocknen ebenfalls. Dies dient der Keimreduzierung.

Somit sind die Mindestanforderungen an Liegeboxen:

  • ausreichende Anzahl
  • ausreichend bemessen ungehindertes Ablegen und Aufstehen möglich (Schwungraum)
  • ungestörtes, entspanntes Liegen
  • Liegeflächen isolierend und verformbar
  • Saubere und trockene Liegeflächen
Jungvieh
Außerordentlich bedeutsam sind Lahmheiten im frühen Lebensalter, da hier das Fundament für einen optimalen Start in die erste Laktation und für eine hohe Lebensleistung gelegt wird.
3. Früherkennung, Dokumentation und Behandlung von klinischen Fällen bei der Klauenpflege
Um erkrankte Tiere frühzeitig zu entdecken, bedarf es einer regelmäßigen Tierbeobachtung auch der Trockensteher und der Jungtiere. Reinigen Sie die Klauen vor der Behandlung. Setzen Sie nur behördlich zugelassene und wissenschaftlich erwiesen wirksame Produkte ein.
Antibiotika haltige Sprays
Sinnvoll ist die Behandlung von Verdachtsstadien (M1) sowie kleineren akuten, ulzerativen Läsionen (M2< 2cm), Rückfälle zeigen sich oft nach 6-12 Wochen.
Salicylsäure (als Medikament nur Novaderma®)
Es enthält als zugelassenes Arzneimittel 66% Salicylsäure und ist hervorragend wirksam gegen alle Stadien der Mortellaroschen Krankheit. Insbesondere größere Läsionen, warzig veränderte Hautbereiche und chronische Stadien können so gut behandelt werden. Unter einem gut gepolsterten Verband wirkt die Paste für 3 Tage ein. Grundsätzlich muss hier eine Wartezeit von einem Tag auf die Milch eingehalten werden.
Polyurethan-Wundauflage (MortellaHeal®)
Diese Medikamenten freie Wundauflage muss mit einem gut gepolsterten Verband für 12-14 Tage auf der Läsion bleiben.
Verbände
Es wird empfohlen, stets einen Verband anzulegen. Polstern Sie den Verband, um Verletzungen/Einschnüren zu vermeiden und entfernen / wechseln Sie ihn gemäß Behandlungsprotokoll (meist nach 3 bis 5 Tagen).
Eine Nachbehandlung ist in nahezu allen Fällen zwingend notwendig und erfolgt stets nach kontrollierter Verbandsabnahme.
4. Registrierte Biozide zur allgemeinen Veterinärhygiene regelmäßig anwenden
Erst nach einer abgeschlossenen Herdenbehandlung kann ein Klauenbad sinnvoll eingesetzt werden. Biozidprodukte können in Sprayform auf die Klauen und die umgebende Haut aufgebracht werden, besonders dann, wenn Klauenbäder nicht anzuwenden sind (z.B. Jungrinder, trockenstehende Kühe). Das Klauenbad sollte mindestens 3 bis 3,7 Meter lang sein, damit die Klauen der Hinterbeine mindestens zweimal eintauchen können. Registrierte Biozide mit BAUA-Nummer und ggf. einem DLG-Siegel für Klauenpflege und Klauenhygienemittel sind umwelt-, anwender- und tierfreundlich.
5. Klauengesundheitsziele festlegen und überwachen
Überprüfen Sie die Neuinfektionsrate und die Erkrankungshäufigkeit der DD-Stadien regelmäßig (z.B. wöchentliche Kontrolle am Fressgitter, Kontrolle im Melkstand, Klauenpflege) und legen Sie Betriebsziele für die Klauengesundheit fest, die regelmäßig erhoben und evaluiert werden.
Dr. Andrea Fiedler, Praxisgemeinschaft für Klauengesundheit
Machen Sie sich klauenfit: Das E-Learning-Programm rund um die Klauengesundheit
Im Rahmen des Verbundprojekts KLAUENfitnet wurde ein interaktives und auf dem deutschen Markt neuartiges E-Learning-Programm zum vorbeugenden Klauengesundheitsmanagement entwickelt und implementiert. Ziel des E-Learning-Programms ist der Wissenstransfer in die Praxis. Studien zeigen die Notwendigkeit dazu auf: nur ca. jede dritte Lahmheit wird durch den Landwirt auch als solche erkannt (Leach et al. 2017).
In sechs Modulen werden wichtige Themen zum Klauengesundheitsmanagement praxisnah und mittels interaktiver Grafiken anschaulich vermittelt. Schwerpunkt des Programms ist die Früherkennung lahmer Tiere. Dabei helfen mehrere Videos, die das Betrachterauge schulen und die feinen Unterschiede im Gangbild lahmer Tiere hervorheben. In animierten Grafiken wird die Belastung der Klaue in verschiedenen Zuständen verdeutlicht und auf die Bedeutung der sachgemäßen Klauenpflege eingegangen. Nur mit genauem Hintergrundwissen zur Anatomie und Pflege der Klaue lassen sich die richtigen betriebsindividuellen Prophylaxemaßnahmen erkennen und ableiten.
Die häufigsten Klauenerkrankungen und gängige Behandlungsmethoden werden mittels umfangreicher Videodokumentation aus dem Klauenstand beleuchtet. Herausgestellt wird dabei die Bedeutung einer sorgfältigen (digitalen) Dokumentation der Klauen(schnitt)befunde. Zur betrieblichen Analyse und nachhaltigen Verbesserung der Lahmheitssituation ist eine einheitliche Befunderhebung unerlässlich, die mittels Klauendiagnoseschlüssel (DKDS 1.0) sichergestellt wird. Auch darauf geht das E-Learning ein und stellt hierzu ein Download bereit. Aufgrund ihrer Brisanz wird der Mortellaro‘schen Krankheit ein separates Modul gewidmet.
Das KLAUENfitnet E-Learning-Programm wurde von Tierärzten, Klauenpflegern und Landwirten gemeinsam entwickelt und steht allen Interessierten frei zugänglich unter https://elearning.klauenfitnet.de zur Verfügung. 7000 Teilnehmer nutzen seit Februar 2018 das Onlinetool – mehr als 40 % davon regelmäßig.
Marie Au, Deutscher Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen e. V.

Vermeidung von Klauenschäden aus dem Blickwinkel eines Klauenpflegers
Bei meiner Tätigkeit als Klauenpfleger beobachte ich auf Betrieben oft die gleichen Klauenprobleme, was mich zum genaueren Hinschauen und Nachdenken bewegt hat. Da oft zur gleichen Zeit auf vielen Betrieben Krankheiten sprunghaft ansteigen, kann man davon ausgehen, dass das Umfeld der Tiere für ihr Wohlbefinden entscheidend ist.
Eine Kuh muss jeden Tag zweimal gemolken und gefüttert werden; Dafür müssen die Kühe im Laufstall zu den entsprechenden Funktionsbereichen gehen/laufen. Dabei werden die Klauen oft überlastet mit der Folge von Wanddefekten und Sohlenblutungen.
Die Laufgänge, der Melkbereich und die Liegeboxen sind deshalb entscheidend für das Tierwohl. Tiere aus Betrieben, die breite, nicht zu glatte und nicht zu raue Laufgänge haben, weisen weniger Wanddefekte auf und die Tiere bewegen sich ruhiger. Ebenso zeigt sich, dass Tiefstreuliegeboxen einen reinigenden Effekt haben und, wenn die Mortellaro´sche Krankheit im Bestand vorhanden ist, diese mit weniger Aufwand behandelt werden kann (s. Behandlungsmodelle). Ebenso fördert Auslauf und insbesondere Weidegang das Wohlbefinden der Tiere. Ein Auslauf steigert das Immunsystem der Kühe und macht sie weniger anfällig gegenüber Erkrankungen. Ebenso ist sauberes Wasser, ausreichende und artgerechte Fütterung sowie gutes Herdenmanagement wichtig. Bei Stallneu- oder Umbauten sollten erfahrene Tierärzte und Klauenpfleger mit ins Boot geholt werden, damit die Ziele des Tierschutzgesetzes erfüllt werden und Landwirte ihre Tiere wirtschaftlich halten können.
Der Klauenpfleger kann so die Herde im angemessenen Zeitrahmen pflegen und muss nicht übermäßige Zeit für Behandlungen aufwenden, die für den Landwirt sehr teuer werden können (zum Beispiel durch die daraus entstehenden Milchverluste und Behandlungskosten). Ein Stall sollte für die Kuh gebaut werden; die Kuh sollte sich nicht an den Stall anpassen müssen. Manchmal haben kleine Lösungen große Effekte auf die Kühe und auf ihre Gesundheit.
Markus Stumpf, Klauenpfleger

Impressionen vom Infotag