Akzeptanz und Verbreitung Digitaler Technologien in der landwirtschaftlichen Praxis
Die Digitalisierung in der Landwirtschaft ist in aller Munde und macht deshalb den Anschein, schon flächendeckend auf den Betrieben angekommen und implementiert zu sein. Bei genauerem Hinsehen wird allerdings schnell klar, dass die Realität noch hinter den Erwartungen zurück bleibt. Von der Arbeitsgruppe Digital Farming durchgeführte Umfragen zum Einsatz der Digitalisierung in der landwirtschaftlichen Praxis in Deutschland und im Speziellen in Bayern sollen nun Klarheit schaffen.
Hintergrund
Wie in anderen Wirtschaftsbereichen stehen auch der Landwirtschaft immer mehr neue und innovative digitale Technologien zur Verfügung. Dennoch ist zu beobachten, dass sich Landwirte bei der Adoption vieler digitaler Technologien zögerlich verhalten. Dies hat abhängig von der jeweiligen Technik vielfältige Gründe. Um eine Implementierung nachhaltiger digitaler Techniken in der Fläche zu unterstützen, sollte deren Einsatz bei den Landwirten kontinuierlich erfasst und mögliche Vorbehalte ergründet werden. Ein neues Monitoringsystem der LfL-Arbeitsgruppe Digital Farming ermöglicht es, unabhängig von der jeweiligen digitalen Technologie, regelmäßig die Akzeptanz bei Landwirten zu messen. So kann gesamtheitlich und in Echtzeit die Sichtweise von Landwirten erfasst werden, um schnell und effektiv auf mögliche Vorbehalte und Akzeptanzhemmnisse reagieren zu können. Die gewonnenen Erkenntnisse können für Politik, Entwickler und Hersteller, aber auch für Förder- und Beratungsorgane wichtige Hinweise geben
Methode: Online-Befragung
Im November 2019 wurde ein Prototyp des Monitoring-Systems erstmalig in einer deutschlandweiten Online-Befragung von Landwirten getestet. Die bundesweite Umfrage erlaubte zum einen, erste Informationen zum Nutzungsverhalten und zur Akzeptanz von digitalen Technologien bei landwirtschaftlichen Betrieben in der Innen- und Außenwirtschaft zu gewinnen. Zum anderen diente der Pretest dazu, das Monitoring-System auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich Verständlichkeit und Messgenauigkeit der Befragung weiter zu optimieren. Die Umfrage deckte dabei folgende Themenblöcke ab:
- aktuelle Nutzung digitaler Technologien in der Landwirtschaft
- Motivation, Hemmnisse, Entscheidungskriterien, Nutzenwahrnehmung
- Erwartungen und Erfahrungen zu eingesetzten Technologien
- Datensicherheit und Data-Sharing
- vertrauensvolle Informationsquellen und Informationsbedarf
Die gewonnenen Erkenntnisse aus dieser deutschlandweiten Befragung flossen in die Erstellung des Monitoringsystems mit ein, das ab März 2020 für bayerische Betriebe in Betrieb genommen wurde. Um möglichst viele bayerische Landwirte zu erreichen, wird die jährliche Mehrfachantragsstellung für die EU-Fördergelder genutzt, um jeden Antragsteller eine freiwillige Teilnahme an einer regelmäßigen Befragung (im Zwei-Jahresrhythmus) zu digitalen Technologien zu ermöglichen.
Ergebnisse der Umfrage: Deutschland
In der bundesweiten Umfrage konnten die Situation und Meinungen von 591 Betriebsleitern deutschlandweit erfasst werden. Rund zwei Drittel davon sind im Vollerwerb tätig, rund die Hälfte beschäftigt sich mit einer Form der Nutztierhaltung. Obwohl sich die Nutzung digitaler Technologien in diesen Betrieben insgesamt noch nicht sehr umfangreich darstellt, gibt es doch einzelne Technologien, die häufiger im Einsatz sind bzw. deren Anschaffung von den befragten Betriebsleitern zumindest kurz- oder mittelfristig geplant ist.
Außenwirtschaft
In der Außenwirtschaft sind dies insbesondere automatische Lenksysteme (bei 36% der Betriebe im Einsatz; bei 25% der Betrieb als Investition geplant), Techniken zur GPS-gesteuerten Teilbreitenschaltung (33%; 26%) und Farm-Management-Informationssysteme (FMIS) im Ackerbau (29%; 22%).
Tierhaltung
In der Tierhaltung stehen momentan Technologien wie FMIS (37%; 16%), Stallkameras (22%; 31%) und Sensoren zur Verhaltensüberwachung (30%; 18%) im Fokus der Landwirte.
Technologien
Allgemeine und investitionsarme Technologien wie Handy-Apps mit Prognosefunktionen oder landwirtschaftliche Kommunikations- und Handelsplattformen werden ebenfalls bereits häufig genutzt.
Hemmnisse
Die größten Hemmnisse zur Anschaffung neuer Technologien liegen bei den befragten Landwirten in den hohen Anschaffungskosten, der fehlenden Kompatibilität mehrerer Systeme und der fraglichen Wirtschaftlichkeit. Zunehmende Bedenken hinsichtlich Datensicherheit und Datenhoheit spielen für die Akzeptanz und Entscheidungsfindung der Landwirte eine immer größere Rolle.
Ergebnisse der Umfrage: Bayern
Um einen Einblick in die aktuelle Verbreitung von digitalen Technologien in bayerischen landwirtschaftlichen Betrieben zu erhalten, wurde von März bis Juni 2020 eine Online-Umfrage unter Landwirtinnen und Landwirten durchgeführt. Mit insgesamt 2.390 auswertbaren und vollständig ausgefüllten Fragebögen liegt ein hervorragender Datensatz vor, um die Sichtweise der bayerischen Landwirtinnen und Landwirten in Bezug auf die Digitalisierung zu erfassen.
Befragungsergebnisse zur Digitalisierung der bayerischen Landwirtschaft 3,3 MB
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