Forschungs- und Innovationsprojekt
Entwicklungsfähige Stallbaukonzepte für Schweinemast- und Ferkelaufzuchtbetriebe (EvoPigStable)

Die Rahmenbedingungen in der Mastschweinehaltung und Ferkelaufzucht bieten den Landwirten derzeit wenig Sicherheit für langfristige Investitionen in den Um- und Neubau von Stallanlagen.
Laufende Änderungen bei den gesetzlichen Vorgaben (z. B. hinsichtlich Flächenbedarf und Haltungsverfahren), aber auch ein sich veränderndes Verbraucherverhalten und damit einhergehend neue Vermarktungsstrategien des LEH (Einführung von Labeln mit entsprechenden Haltungsvorgaben) sind nur schwer prognostizierbar.
Als Resultat werden in Bayern immer weniger Stallneu- und Umbauten gefördert.

Dem Veränderungsdruck aus der Gesellschaft stehen hochspezialisierte Haltungsverfahren in Typenställen mit Vollspaltenboden und Zwangslüftung gegenüber. Diese funktionieren in sich sehr gut, geben aber kaum Spielraum für die Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen.
Existierende alternative Haltungsverfahren (z. B. Außenklimaställe mit eingestreuten Verfahren) wurden bisher als eine festgelegte Lösung in vereinzelten Pilotvorhaben baulich-technisch realisiert.
In der Literatur, Beratungsunterlagen oder Veröffentlichungen in Fachzeitschriften werden bisher nur Haltungs- und Gebäudevarianten beschrieben, die auf ein Haltungsverfahren festgelegt sind.
Stehen Landwirte als Bauherren vor der Neubauentscheidung, sehen sie sich allerdings häufig (noch) nicht in der Lage, sich in einem Schritt für diese alternativen Haltungssysteme zu entscheiden.
Die Überlegung, Verfahren und Gebäude über mehrere Zwischenschritte, also „evolutionär“ zu entwickeln, wurde bisher weder in Praxis noch Theorie aufgegriffen.
Mit Blick auf die Entscheidungshemmnisse für Landwirte als Bauherren stellt sich daher die Frage, ob sich für diesen Ansatz baulich-technische Lösungen finden lassen, die sich bei einer intelligenten Erstkonstruktion mit einem wirtschaftlich vertretbaren Mehraufwand weiter- und umbauen lassen.

Zielsetzung

Ziel des Projektes ist es, zusammen mit den Projektpartnern und Stallbaufirmen (bzw. einem externen Ingenieurbüro), weiter- und umbaufähige Stallmodelle für die Haltung von Mastschweinen und Aufzuchtferkeln zu erarbeiten. Ausgehend von einer konventionellen Bauweise mit Kammanordnung, Vollspaltenboden, Schieberentmistung, wärmegedämmter Gebäudehülle und Zwangslüftung soll im Hinblick auf Tier- und Umweltschutz in diesen Anlagen eine stufenweise Anpassung an zukünftige Anforderungen des Gesetzgebers oder etwaiger Vermarktungsprogramme, bis hin zur Fleischerzeugung gem. EU-Öko-Verordnung möglich sein.

Methoden

Das Projekt gliedert sich in drei Teilprojekte (TP).
TP1 Erhebung des Status Quo in der Mastschweinehaltung und Ferkelaufzucht aus Literatur und Praxis
Der Fokus liegt auf gesetzlichen Anforderungen, der agrarstrukturellen bzw. förderpolitischen Diskussion sowie der Entwicklungen in der Haltung und den Vermarktungsstrategien. Daraus werden auch prognostisch die Anforderungen an künftige Stallbausysteme erarbeitet.
TP2 Dokumentation von Stallanlagen in der Praxis
Auswahlkriterien sind mit Blick auf die Projektziele zum einen zukunftsweisende Haltungsverfahren, aber auch Hinweise auf konstruktive Ansätze für die baulich-technische Lösung von entwicklungsfähigen Stallanlagen. Vor diesem Hintergrund ist vor allem auch die Analyse von Umbauten wichtig.
TP3 Erarbeitung von entwicklungsfähigen Stallmodellen
Für die Modelle wird neben baulichen Varianten auch der Investitionsbedarf ermittelt. Bzgl. des Themas Umbaulösungen erscheint auf Grund der Vielfalt an baulich-technischen Lösungen bei den bestehenden Anlagen eine systematische Aufbereitung anhand von Stallmodellen nicht zielführend. Dieser für die Praxis sehr wichtige Themenkomplex wird anhand der dokumentierten Praxis-Projekte bzw. nach Möglichkeit über laufende Beratungsfälle exemplarisch dargestellt.

Ergebnisse

TP1
In TP 1 wurde insb. eine synoptische Zusammenstellung der aktuellen gesetzlichen Vorgaben, Anforderungen der Label des LEH und der EU-Öko-Verordnung erarbeitet. Im Zuge der differenzierten Auswertung der stufenweise höheren Anforderungen „mehr Platz“ > „Außenklimareiz“ > „Einstreumaterial“ > „direkter Außenklimakontakt über nicht überdachte Ausläufe“ wurde auf Grund unterschiedlicher Flächenanforderungen innerhalb der Label eine projektinterne Unterteilung in 6 Gruppen vorgenommen. Die textliche Auswertung und Systematisierung der genannten Vorgaben wird in TP 3 durch eine baulich-technische Matrix zur Erreichung der notwendigen Planungssicherheit flankiert.
TP2
Die Dokumentation von 12 Praxisbeispielen in TP 2 steht vor dem Abschluss. Erfasst sind 10 Neubau- und 2 Umbaulösungen. Letztere werden über das Beratungsangebot der Projektpartner an den Ämtern fortlaufend ergänzt.
TP3
Für die entwicklungsfähigen Stallmodelle werden in TP 3 2 Varianten bearbeitet, die ausgehend von einer klassischen Warmstalllösung (Vollspalten, Entmistung über Unterflurschieber) einmal über die Öffnung der Außenwände den Aspekt „Außenklimareiz“ und zum anderen über den Umbau des Bodens bzw. Entmistungsverfahrens den Aspekt „Einstreumaterial“ berücksichtigen. Zur Erreichung der notwendigen stallklimatischen Bedürfnisse der Schweine bzw. Aufzuchtferkel wird der Einbau von Kisten (Kleinklimabereiche) bzw. das Versetzen der Stallaußenwände / Einziehen neuer Stallinnenwände und damit ggf. die Weiternutzung der vorhandenen Stallklimatechnik untersucht. Die nicht überdachten Ausläufe für den direkten Außenklimakontakt werden in diesen Modellen additiv, also außerhalb der bestehenden Gebäudehülle ergänzt (Abb. 1).

Schematische Darstellung der Entwicklungsschritte eines Stallgebäudes für die Mastschweinehaltung von Gruppe 0+ (Warmstall) bis 6+ (Außenklimastall mit Auslauf)

Abb. 1: Schematische Darstellung der Entwicklungsschritte eines Stallgebäudes für die Mastschweinehaltung von Gruppe 0+ (Warmstall) bis 6+ (Außenklimastall mit Auslauf)
Erste Wissenstransfermaßnahmen wurden in Zusammenarbeit mit den beteiligten Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bayern durchgeführt.

Projektinformation
Projektleitung: Jochen Simon (ILT 4c)
Projektverantwortliche: TP B | Dr. Christina Jais (ILT 3c) | TP C | Jens Reimer (AELF Abensberg-Landshut) | Carina Merdian (AELF Coburg-Kulmbach)
Projektbearbeiter: Yvonne Kohnen (ILT 4c) | Franziska Plank (ILT 3c) | Rainer Mense (AELF Bayreuth-Münchberg) | Maximilian Hofinger (AELF Regensburg-Schwandorf | Joseph Hanglberger (AELF Abensberg-Landshut)
Laufzeit: 01.11.2019 – 31.03.2022