Das Wirtschaftsjahr 2021/22: Ein Spitzenjahr für die Bullenmast
Foto: Tobias Hase, StMELF
Eine Preisspitze für Jungbullenfleisch im März 2022 führte zu herausragenden Direktkostenfreie Leistungen (DkfL) im Folgemonat. Seitdem ist die DkfL zurückgegangen, ist aber auch derzeit auf einem hohen Niveau.
Ein unglaublicher Anstieg der Schlachtrinderpreise bewirkte, dass ein wirtschaftliches Rekordjahr bei der Fleischveredelung in Form der Bullenmast erreicht wurde. Gleichzeitig zehrt der Anstieg der Preise für die Produktionsmittel dieses Superergebnis langfristig wieder auf. Zudem war dieses Anbaujahr auch wieder durch Ernteausfälle aufgrund Trockenheit in mehreren Regionen in Bayern gekennzeichnet. Eine ertragreiche Bullenmast bewirkt, dass Stallneubauten angedacht werden. Diese Investitionen müssen aber betriebsindividuell und mit einer realistischen Datengrundlage kalkuliert werden.
Versorgungsbilanz Rindfleisch – Deutschland
Der Rindfleischverzehr in Deutschland schwankt seit 2011 zwischen 9 bis 10 kg je Person und Jahr. Gleichzeitig liegt der Selbstversorgungsgrad seit dem Jahr 2017 unter 100 %. Das Corona-Jahr 2021 verfälscht die Situation wohl nur kurzzeitig.
In Bayern werden 1.122.537 Kühe (InVeKos 2022) und 349.835 männliche Tiere über sechs Monate (InVeKos 2022) gehalten. Somit werden viele Stierkälber außerhalb Bayern gemästet. Ein konstanter Rindfleischverbrauch, ein Selbstversorgungsrad unter 100 % und dazu auch ausreichend männliche Kälber stellen eine gute Grundlage für eine Rindermast in Bayern dar.
Preisentwicklung Jungbullenfleisch 2022
Der Preis für Jungbullenfleisch schwankte seit vielen Jahren um 3,81 Euro je kg Schlachtgewicht (SG). Die Höchststände lagen in einzelnen Jahren bei 4,22 Euro je kg SG. Dieser Höchstpreis wurde im September 2021 nachhaltig überschritten. Der Rekordpreis von 5,96 Euro je kg SG wurde im März 2022 erreicht und nach einem Preisabsturz bewegt sich der Preis nunmehr wieder deutlich über 5 Euro je kg SG.
Wirtschaftliche Situation 2022
Fleischveredelung Mast ab Kalb
Diese Preisentwicklung spiegelt sich ebenso in der Entwicklung der Direktkostenfreien Leistung (DkfL) je Tier wider. Der aktuelle Jahresbericht 2021/22 gibt eine DkfL von 758 Euro je Tier an und liegt damit deutlich über dem Durchschnitt der vorherigen Jahre mit 358 Euro je Tier. Dieses Jahresergebnis 2021/22 resultiert aber aus einer extremen Entwicklung innerhalb dieses Erhebungszeitraumes.
Die DkfL lag im Juli bereits bei hervorragenden 518 Euro je erzeugten Mastbullen. Das Preishoch bewirkte, dass der Bruttoerlös im April 2022 bei 2.426 Euro je verkauften Mastbullen lag. Da gleichzeitig der Aufwand bei 1.353 Euro je Tier lag, wurde eine DkfL von 1.073 Euro je verkauften Mastbullen erzielt. Dies entspricht dem dreifachen (!) Jahresdurchschnitt der vorherigen Jahre.
Seitdem verringern vor allem der Preisrückgang und dazu der Anstieg der Mastkosten (z.B. Kälber, Kraftfutter) die DkfL im Juni auf 837 Euro. Aber auch dieses Ergebnis liegt sehr deutlich über dem DkfL der Vorjahre. Somit ist dieses Berichtsjahr 2021/22 durch eine unglaubliche ökonomische Entwicklung gekennzeichnet.
Demgegenüber sind bei den produktionstechnischen Kennwerten zu den beiden Vorjahren 2019/20 und 2020/21 keine wesentlichen Änderungen vorhanden. Das Schlachtgewicht liegt weiterhin bei 430 kg. Ebenso entsprechen die 501 Futtertage, die Bruttozunahmen mit 1.310 g je Tag und die Nettozunahmen mit 758 g je Tag den Vorjahresdaten.
Fleischveredelung Mast ab Fresser
Ebenso gut war die ökonomische Situation bei der Bullenmast ab Fresser. Eine DkfL von 645 Euro je erzeugten Mastbullen weist der Jahresbericht 2020/21 auf. Auch dies ist fast der dreifache Durchschnitt der Vorjahre (242 Euro DkfL je erzeugten Mastbullen).
Dabei besteht eine große Spannweite von 347 Euro bei der DkfL zwischen den 25 % besten Betrieben mit 818 Euro und den 25 % schlechtesten Betrieben mit 471 Euro. Somit erwirtschaften die besten Betriebe fast die doppelte DkfL je erzeugten Mastbullen. Dies erreichen sie durch höhere Bruttoerlöse bei gleichzeitig leicht geringerem Aufwand und einer besseren Produktionstechnik (z.B. Tageszunahmen).
Noch größer ist die Spannweite zwischen den 10 % besten und 10 % schlechtesten Betrieben. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass nur sehr wenige Betriebe mehrjährig in diesen 10 % Gruppen verbleiben und somit einzeljährige Effekte bzw. "Glück" / "Unglück" im Stall meistens zu einer Eingruppierung führen. Somit sollten diese Ergebnisse nicht für eine langjährige Betriebsplanung verwendet werden.
Auch die Jahresentwicklung entspricht der Mast ab Kalb, mit einem Jahreshoch im April (DkfL von 946 Euro je erzeugten Mastbullen) und einem anschließenden Rückgang auf eine DkfL von 572 Euro je erzeugten Mastbullen im Juni. Auch diese Ergebnisse liegen weit über dem Durchschnitt der Vorjahre.
Stallneubau - eine Überlegung für die besten Betriebe
Eine gute allgemeine Situation und sehr gute ökonomische Ergebnisse führen zu Überlegungen zu Stallneubauten, insbesondere da die Bullenmast in Bayern vielfach in Altgebäuden erfolgt und somit ein Investitionsbedarf besteht. Dabei muss jedem Betriebsleiter klar sein, dass zuerst das wirtschaftliche Ergebnis seiner Bullenmast bzw. die DkfL je erzeugten Bullen optimiert werden muss. Dies bewirkt den größten ökonomischen Fortschritt. Erst danach, im zweiten Schritt, ist ein Stallbau sinnvoll.
Wird bei der Mast ab Fresser mit Baukosten von ca. 4.000 Euro je Stallplatz (ohne MWSt), mit Kosten für eine Stallmechanisierung von ca. 1.000 Euro je Stallplatz (ohne MWSt) und dazu die Investitionskosten für Fahrsilo und Lagerraum für den Wirtschaftsdünger gerechnet, weiterhin sonstige Festkosten und die Mastdauer angesetzt, so entstehen Kosten von ca. 440 Euro je erzeugten Mastbullen (Linie Festkosten).
Damit ist aber nur der Stallbau abgedeckt. Werden dazu eine kalkulatorische Entlohnung von 20 Euro je Arbeitsstunde und ein Arbeitsumfang für die Tierhaltung und die Futtererzeugung von 7,59 Arbeitsstunden angesetzt, so entsteht eine Arbeitsentlohnung von 152 Euro je erzeugten Mastbullen. Insgesamt liegen somit Kosten für den neuen Stall und die eingesetzte Arbeit von 592 Euro je erzeugten Mastbullen (Linie Festkosten mit Lohnansatz) vor.
Damit sind noch nicht das Produktionsrisiko, die Festkosten des landw. Betriebes oder eine Bildung von Finanzrücklagen abgedeckt. Von Dezember bis Mai lag die DkfL erstmalig über dieser Grenze, womit ein Stallneubau sinnvoll erscheint.
Diese Situation wird aber bei weiterhin steigenden Mastkosten und ohne erneute Preisspitzen voraussichtlich nicht mehr eintreten. Zudem war der Durchschnitt der Vorjahre bei 242 Euro DkfL je erzeugten Mastbullen und damit weit unterhalb dieser Grenze.
Etwas anders ist die Situation bei den 25 % besten Betrieben, da deren DkfL um 173 Euro je erzeugten Mastbullen höher ist. Sie lagen mit ihrem DkfL fast im gesamten Jahr über dieser Grenze. Gelingt dies diesen Bullenmästern auch weiterhin, so sollte ein Stallbau durchdacht werden.
Fazit
Das Berichtsjahr 2021/22 war durch eine extreme Preisspitze im März gekennzeichnet. Dies führte zu herausragenden DkfL je erzeugten Mastbullen im April. Seitdem ist die DkfL zurückgegangen, aufgrund nachgebender Schlachtpreise bei gleichzeitig ansteigenden Mastkosten.
Trotzdem ist die DkfL auch derzeit auf einem hohen Niveau, mit dem Wunsch, dass dies weitergeht und der Vermutung, dass ein Rückgang eintritt.