Zukünftige Milcherzeugung in Bayern – Herausforderungen und Entwicklungen

Extreme Sprünge auf der Erlös- und Kostenseite, technischer Fortschritt, Veränderungen bei den entkoppelten Prämien und regional stark steigende Flächenkosten stellen die bayerischen Milcherzeuger vor große Herausforderungen. Pauschale Antworten wie „Wachsen oder Weichen“ greifen für den Einzelbetrieb immer weniger.

Auf und Ab der Preise, Kosten und Gewinne

Jahrzehntelang waren die Preis- und Marktverhältnisse bei der Milch in Europa relativ stabil. Seit 2006 aber schlagen weltweite Kursausschläge auf den Märkten für Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel auf die Einnahmen und Ausgaben der Milchviehhalter in bis dahin ungekannter Weise durch. Einerseits steigt die weltweite Nachfrage nach Energie und Nahrungsmittel speziell in kaufkräftigen Schwellenländern kontinuierlich an. Andererseits lassen fehlende Markttransparenz, extreme Wettersituationen, globale politische oder wirtschaftliche Veränderungen sowie Verschiebungen der Währungsparitäten Marktschwankungen zur neuen Normalität auch für bayerische Molkereien und Milcherzeuger werden.
In den letzten vier Jahren durchlebten die Milcherzeuger zwei gute und zwei mäßige Wirtschaftsjahre. Das Wirtschaftsjahr 2010/11 erweist sich nach ersten Auswertungen trotz der höheren Erzeugungskosten als wirtschaftlich erfolgreiches Jahr. Dabei sind die Gewinne nach wie vor zum großen Teil von staatlichen Zahlungen stark gestützt. Speziell in den schwachen Jahren wären die erwirtschafteten Gewinne ohne die entkoppelten Betriebsprämien alles andere als ausreichend.

Investieren mit Maß und Ziel

Aus den Erfahrungen des Spitzenjahres 2007/08 sind aktuell anstehende Investitionen daraufhin zu überprüfen, ob sie dem Betrieb dauerhaft Vorteile bei der Arbeitserledigung, der Produktivität oder beim Umsatz verschaffen. Beispielsweise belastet ein Schlepperneukauf um 100.000 € einen 40 Kuh-Betrieb bei einer Milchleistung von 7.000 kg/Kuh (bayerischer Durchschnitt) mit zusätzlichen Festkosten von über 3 ct/kg, wenn sich im Betrieb sonst keine Änderungen ergeben. Im Jahr des hohen Gewinns verschafft dies evtl. steuerliche Vorteile, in Phasen tiefer Milchpreise sind diese betrieblichen Festkosten allerdings nicht reduzierbar und schränken den finanziellen Spielraum des Betriebs ein.
Größere Wachstumsschritte wurden in vielen Milchviehbetrieben in den letzten Jahren zugunsten von Investitionen in andere Betriebszweige (u.a. Biogas) verschoben oder nicht weiterverfolgt. Andere „neue“ Betriebszweige machen grundsätzlich aber nur dann Sinn, wenn sie das Marktrisiko des Betriebes verringern, finanziell und arbeitswirtschaftlich verkraftbar sind und die Weiterentwicklung des geplanten Hauptbetriebszweigs nicht dauerhaft blockieren.

Effiziente Flächennutzung in intensiven Viehregionen

Die tierische Erzeugung konzentriert sich immer stärker auf Kernregionen. In der Milchviehhaltung sind dies vor allem Regionen mit fehlenden oder nicht wirtschaftlichen Alternativen im Ackerbau sowie Regionen, in denen der außerlandwirtschaftliche Sektor kaum Arbeitsplätze anbietet. Dass die Fläche zum immer stärker begrenzenden Faktor in den betrieblichen Entwicklungen wird, hat mehrere Ursachen. Neben der globalen Herausforderung, die steigende Weltbevölkerung mit begrenzten Flächen zu ernähren, existieren auch einige EU-weite bzw. nationale Ursachen. Von gesetzlicher Seite wirken Auflagen (u.a. Stickstoffobergrenzen, Ausgleichsflächen bei Baumaßnahmen) als auch Förderungen (u.a. für erneuerbare Energien oder für extensive Flächennutzungen) dazu, dass der Flächenmarkt sehr angespannt ist. Speziell in den angesprochenen Veredlungszentren ist die einzelbetriebliche Weiterentwicklung entweder mit sehr hohen Kosten verbunden oder schlichtweg unmöglich. Reagieren können betroffene Milcherzeuger nur mit effizienter Flächenverwertung und professionellem Management im Stall. Betriebszweigauswertungen zeigen, dass dies nur gelingen kann, wenn sich hohe Milchleistungen, geringe Remontierungsraten, hohe Grobfutterleistungen und nicht zuletzt günstige Erzeugungskosten für Futter im Betrieb ergänzen.
Fazit
Die heute noch nicht absehbaren „neuen“ agrarpolitischen Rahmenbedingungen ab 2014, starke Marktausschläge, regional hohe Flächenkosten sowie die arbeitswirtschaftliche Weiterentwicklung der Familienbetriebe sind die herausragenden Zukunftsthemen für die bayerischen Milcherzeuger. Hohe Arbeits- und Flächeneffizienz, die in größeren Betrieben leichter erzielbar sind, zählen zu den zentralen Erfolgsfaktoren für eine dauerhaft wettbewerbsfähige Milcherzeugung. Weiterentwicklung kann und wird aber nicht in allen Fällen Wachstum in Milch bedeuten, sondern muss speziell in Bayern die Grenzen und Chancen des betriebsindividuellen Standorts und noch viel mehr der Betriebsleiterfamilie berücksichtigen und miteinander in Einklang bringen. Die Wachstumsbranche regenerativer Energien, der regional starke außerlandwirtschaftliche Arbeitsmarkt sowie der immer weitergehende technische Fortschritt bieten Chancen und sind zugleich Herausforderung.

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