Evaluation der Unternehmenstätigkeit qualifizierter Erlebnisbäuerinnen und -bauern

Frauengruppe mit Huhn

Foto: StMELF

Nach zehn Jahren der Qualifizierungstätigkeit durch die Landwirtschaftsverwaltung hat das IBA die Entwicklung der Erlebnisorientierten Angebote als Einkommenskombination 2015/2016 untersucht. Die Studie hat interessante, teils auch überraschende Ergebnisse erbracht.

Die im Zeitraum von 2004 bis 2015 qualifizierten 347 Erlebnisbäuerinnen/-bauern wurden im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten schriftlich befragt (Totalerhebung mit einer Rücklaufquote von 52 Prozent). Ziel der Befragung war es, die Unternehmenstätigkeit der Befragten im Bereich der Erlebnisorientierten Angebote und deren Beziehungen zu artverwandten Einkommenskombinationen sowie die Betriebsstrukturen der Erlebnisbauernhöfe im Vergleich zu den Daten des Agrarberichts zu erfassen. Beim Betriebszweig selbst wurden u. a. die Bedeutung und die Gestaltung der bestehenden Angebotsformen und der Umfang der eingesetzten Ressourcen untersucht.

Im Folgenden sind die Daten auf Bayern bezogen. Eine Betrachtung auf Regierungsbezirksebene findet sich in der Langfassung der Studie (siehe LfL-Information).

Umfang der Unternehmenstätigkeit

Mehr als Dreiviertel aller Befragten waren zum Erhebungszeitpunkt im Bereich der Erlebnisorientierten Angebote oder anderen artverwandten Einkommenskombinationen (insbesondere Soziale Landwirtschaft, Direktvermarktung, Urlaub auf dem Bauernhof) unternehmerisch tätig. Mit 52 Prozent waren mehr als die Hälfte der Erlebnisbäuerinnen/-bauern bereits vor der Qualifizierung unternehmerisch in einer Einkommenskombination tätig. Damit sind erneut bei einer LfL-Studie die engen Querverbindungen zwischen den verschiedenen, artverwandten Einkommenskombinationen offensichtlich geworden. Für die diversifizierenden Betriebe ergeben sich Synergieeffekte, sowohl bei der Nutzung des erworbenen Wissens und Könnens als auch in der Nutzung der betrieblichen „Infrastruktur“ (z. B. Wirtschaftsküche, Aufenthaltsräume, Sanitäranlagen).

Vielseitige Landwirtschaft – ein Kennzeichen der Erlebnisbauernhöfe

Es hat sich bestätigt, dass Betriebe mit Tierhaltung und Mischbetriebe sowie ökologisch wirtschaftende Betriebe besonders prädestiniert sind für die Durchführung von Erlebnisorientierten Angeboten. Denn eine vielseitige Landwirtschaft mit dem Einsatz von Tieren und der Möglichkeit zur Selbsttätigkeit spricht Zielgruppen jeglichen Alters und mit unterschiedlicher Zielsetzung besonders gut an.

Betriebsstrukturen der Erlebnisbauernhöfe – ein Vergleich mit dem Bayerischen Agrarbericht

Angebotsgestaltung

Die Erlebnisorientierten Angebote sind sehr vielfältig in ihrer Art, Zielsetzung sowie ihren Leistungsspektren und ihrem Umfang.

Art der Angebote

Prozentuale Anteile der einzelnen Angebotsformen/Leistungsspektren, ausgewertet für Bayern und nach RegierungsbezirkenZoombild vorhanden

Prozentuale Anteile der einzelnen Angebotsformen bzw. Leistungsspektren, ausgewertet für Bayern und nach Regierungsbezirken

Die Angebote reichen von der Führung über die halb-/ganztägigen Angeboten mit/ohne Verpflegung bis hin zu mehrtägigen Angeboten mit/ohne Unterkunft und mit/ohne Verpflegung. Bayernweit betrachtet führten die Befragten zu 30 Prozent Führungen und zu jeweils knapp 30 Prozent Veranstaltungen durch, die halbtägig ohne Verpflegung bzw. bis zu einem Tag dauernd mit Verpflegung sind. Dahingegen lagen bei den durchgeführten Veranstaltungen die jahresbegleitenden Angebote und die Mehrtagesangebote jeweils anteilig eindeutig unter 10 Prozent.

Zielsetzung der Angebote

Als Zielsetzung der durchgeführten Veranstaltungen wurden von den Befragten in abnehmender Reihenfolge genannt:

  • Bildungsangebote mit 36 Prozent,
  • Freizeit- und Urlaubsangebote mit 29 Prozent,
  • Betreuungs- und Beschäftigungsangebote mit 24 Prozent,
  • Integrations-/Inklusionsangebote mit 6 Prozent,
  • Therapie-/Reha-Maßnahmen mit 3 Prozent und
  • Beratungsangebote mit 2 Prozent.

Zielgruppenwahl

Zielgruppenorientierte Angebote der Erlebnisbäuerinnen/-bauern mit Bezug zum Alter der Kunden bayernweit in ProzentZoombild vorhanden

Zielgruppenorientierte Angebote der Erlebnisbäuerinnen/-bauern mit Bezug zum Alter der Kunden, bayernweit in Prozent

Als Indikator für die Professionalisierung der Angebote, kann gewertet werden, dass sie zu 65 Prozent zielgruppenspezifisch ausgerichtet sind. Altersbezogen richten sich 80 Prozent der Angebote an Kinder und Jugendliche, wobei die (Förder-) Schulen mit zusammen 42 Prozent zum wichtigsten Nutzerkreis zählen.
Zielgruppenorientierte Angebote der Erlebnisbäuerinnen/-bauern mit Bezug zur Gruppenanbindung der Kunden bayernweit in ProzentZoombild vorhanden

Zielgruppenorientierte Angebote der Erlebnisbäuerinnen/-bauern mit Bezug zur Gruppenanbindung der Kunden, bayernweit in Prozent

Die Befragung belegt auch, dass sich die Erlebnisbäuerinnen/-bauern nicht nur mit Bildungsangeboten an Schulen und Kindergärten als Zielgruppe wenden, sondern Bildungs-, Freizeit-, Urlaubs-, Betreuungs- und Beschäftigungsangebote an Zielgruppen, wie z. B. Erwachsene, Senioren, Multiplikatoren, Vereine usw., machen. Das ist besonders erfreulich, weil bei diesen Zielgruppen eine höhere Preisakzeptanz erwartet werden kann.

Preisgestaltung

Mittelwerte und Streubreiten der Preise (gerundet) pro Teilnehmer/in in Euro bei den erfolgreichsten Angebotsformen der Erlebnisbäuerinnen/-bauernZoombild vorhanden

Mittelwerte und Streubreiten der Preise pro Teilnehmer/in bei den erfolgreichsten Angebotsformen

Die Erlebnisbäuerinnen/-bauern wurden nach ihrem erfolgreichsten Angebot befragt. Dabei wurden der Name des Angebots, die Angebotsform und die Zielgruppe sowie der Preis pro Person in Euro erfasst. In der nebenstehenden Grafik sind für verschiedene Angebotsformen die Durchschnittspreise und deren Streubreite pro Teilnehmer/in in Euro erfasst.

Die Preisgestaltung wird u. a. bestimmt durch

  • die Angebotsform und das damit verbundene Leistungsspektrum des einzelnen Angebots,
  • die Zielgruppe und die Zielsetzung des Angebots (die Preisakzeptanz der Kunden ist bei Freizeitangeboten höher als bei Bildungsangeboten),
  • die Attraktivität des Themas beim Kunden,
  • die Gruppengröße,
  • den Methodeneinsatz, insbesondere vom Umfang der Selbsttätigkeit,
  • die Betreuungsintensität,
  • das Preisniveau am Standort des Betriebs (Stadt – Land),
  • das Marktpotenzial und
  • etwaige kostenlose Konkurrenzangebote vor Ort.

Ressourcen: Arbeitszeit und Kapital

Der begrenzende Faktor auf den Betrieben ist häufig die fehlende freie Arbeitskapazität. Als Faustzahl gilt, dass die „Personalkosten“ geschätzt 70 Prozent der Gesamtkosten betragen. Es verwundert also nicht, dass verbunden mit der Angebotserweiterung und mit dem Wachsen dieses Betriebszweigs zunehmend auch Fremdarbeitskräfte (16 Prozent) eingesetzt werden. Bemerkenswert ist dabei der Anteil von knapp 40 Prozent sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Auch dies kann als Gradmesser für die Professionalität und Wirtschaftlichkeit der Angebote gewertet werden.
Etwas mehr als die Hälfte der Befragten äußerten sich zum Umfang ihrer Investitionen in den Betriebszweig. Danach haben sie seit Beginn der Unternehmenstätigkeit als Erlebnisbäuerin/-bauer insgesamt durchschnittlich 35.000 Euro investiert, wobei einzelne Betriebe davon eindeutig über 100.000 Euro investiert haben. Dies geschah vermutlich in Verbindung mit anderen artverwandten Betriebszweigen. Im Durchschnitt wurden knapp 700 Euro pro Jahr als Gemeinkosten (anteilig) für den Betriebszweig angegeben. Die erhebliche Schwankungsbreite reichte von rund 300 Euro bis 1.370 Euro.

Entwicklungsperspektiven aus Sicht der Befragten

Die Zukunftsperspektive des eigenen Betriebszweigs wird mehrheitlich von den Befragten positiv gesehen. Mehr als die Hälfte möchten den Umfang des Betriebszweigs in den nächsten fünf Jahren beibehalten und knapp 40 Prozent sogar ausweiten. Es gibt aber auch Betriebe (8 Prozent), die vorrangig aufgrund ihrer arbeitswirtschaftlichen Situation und aus Altersgründen, künftig Abstriche machen wollen.

Als Gründe für die Ausweitung der Unternehmenstätigkeit in diesem Betriebszweig wurden von den Befragten genannt:

  • Schaffung von Zusatzeinkommen,
  • steigende bzw. hohe Nachfrage vor Ort,
  • Refinanzierung von Investitionen,
  • Umstieg auf Mehrtagesangebote mit Übernachtung,
  • freie Arbeitskapazität (z. B. bedingt durch Familienphase),
  • Vorteile eines Heim- und/oder Teilzeitarbeitsplatzes,
  • Nutzung der Fortbildung von Familienangehörigen und
  • Freude an der Tätigkeit.

Zukunftsaussichten des landwirtschaftlichen Betriebs

Am Beispiel der Erlebnisbäuerinnen/-bauern beweist die Befragung, dass das Einkommen aus der Diversifizierung nicht nur von kleinen Betrieben als immer wichtiger für den Weiterbestand des landwirtschaftlichen Betriebs erachtet wird. Nach ihrer Selbsteinschätzung beurteilten 53 Prozent aller Befragten ihre Betriebe als substanzerhaltend, 40 Prozent sehen sich als Wachstumsbetriebe und nur 7 Prozent als auslaufende Betriebe, wobei es erhebliche regionale Unterschiede gibt.
Die Untersuchung spiegelt auch wider, dass die Betriebe mit einem Mix von verschiedenen diversifizierenden Maßnahmen die Möglichkeit sehen, ihr Einkommen zu stabilisieren. Zwar übersteigt bei rund Dreiviertel der Betriebe das Einkommen aus den landwirtschaftlichen Betriebszweigen das aus den Einkommenskombinationen auf dem Hof. Aber es überrascht, dass bei 12 Prozent der Betriebe das Einkommen aus allen Einkommenskombinationen das Einkommen aus der Landwirtschaft übersteigt und bei weiteren 12 Prozent das Einkommen aus der Landwirtschaft etwa gleich groß ist wie das aus den landwirtschaftlichen Betrieben.
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Kopfbild, Foto: Warmuth/StMELF