Arbeitsgruppe (AG): Soziale Landwirtschaft
Foto: Christiane Zeintl
Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) betreute von 2014 bis 2016 das „Forum Diversifizierung“. Das Projekt hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Landwirte/Landwirtinnen mit dem Erstellen praxisorientierter Unterlagen beim Aufbau zusätzlicher Einkommensstandbeine zu unterstützen. Eine Arbeitsgruppe (AG) des Forums bearbeitete das Themenfeld "Soziale Landwirtschaft".
Zielsetzung der AG
Soziale Landwirtschaft – ein Sammelbegriff für eine große Idee
Soziale Landwirtschaft, Social Farming, Care Farms, Green Care sind Sammelbegriffe für eine große internationale Idee. Grundlegende Gemeinsamkeit ist, dass Themen und Aufgaben der sozialen Arbeit auf dem Bauernhof transferiert werden. Wobei die Natur, die Tiere, der Kontakt zur Bauernfamilie mit der Einbindung in feste Tages- und Familienstrukturen als Schlüsselfaktoren für eine positive integrative Entwicklung der Klienten sorgen.
Bayern als Vorreiter mit eigener Definition
Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gab im Jahr 2014 der xit-GmbH forschen.planen.beraten den Auftrag, eine praxisorientierte Bestandsaufnahme für Bayern durchzuführen.
Aufbauend auf diese Studie definiert die staatliche Landwirtschaftsberatung in Bayern ihre Arbeit im Bereich Soziale Landwirtschaft enger:
- zum einen unter der Prämisse, ein echtes Einkommensstandbein für landwirtschaftliche Betriebe zu schaffen, sowie
- zum anderen in Abgrenzung zu den erlebnisorientierten Angeboten, wie z. B. Kindergeburtstag auf dem Bauernhof, Lern- und Erlebniswelt Bauernhof für (Schul-)Kinder und Jugendliche.
Die Soziale Landwirtschaft als Einkommenskombination wurde für Bayern wie folgt definiert: Betreuung und Beschäftigung von Personen mit besonderen (sozialen) Bedürfnissen in der Landwirtschaft, ländlichen Hauswirtschaft, im Forst und Gartenbau mit dem Ziel, eine individuelle, adäquate Lebensführung beim "Nutzer" zu fördern und um eine verlässliche Wertschöpfung in Form von Einkommen und/oder Arbeitsleistung für den landwirtschaftlichen Betrieb zu erzielen.
Soziale Landwirtschaft – Vielfalt an Zielgruppen und Angeboten
Zielgruppen ("Nutzer")
Foto: Christoph Reichert
Zielsetzungen des Aufenthalts
Der "Nutzer" kann mit dem Bauernhofaufenthalt folgende Zielsetzungen verfolgen:
- Unterkunft auf Zeit bzw. auf Dauer
- Betreuung und Beschäftigung (im Sinne der unentgeltlichen Mithilfe)
- Erziehung und Bildung
- Freizeitgestaltung
- Therapie und Rehabilitation
- Integration
- Arbeitsplatz
Mit dem Einstieg in die Soziale Landwirtschaft möchte der landwirtschaftliche Betrieb neben seinem sozialen Engagement Einkommen erzielen und/oder durch eine zusätzliche Arbeitskraft arbeitswirtschaftliche Vorteile nutzen. Darüber hinaus profitiert die bäuerliche Familie oft menschlich von den persönlichen Erfahrungen beim Umgang mit den neuen Hofbesuchern/Hofbewohnern.
Bestenfalls stellt die Zielsetzung des Bauerhofaufenthalts aus Sicht des "Nutzer", des landwirtschaftlichen Betriebes und ggf. des Kostenträgers eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten dar.
Kostenträger
Die Kostenübernahme erfolgt durch den "Nutzer" selbst (Selbstzahler) und/oder Dritte (z. B. Bezirk, Jobcenter).
Leistungsspektren des Bauernhofs
- den (erlebnis-)pädagogischen Dienstleistungen (z. B. Lern- und Freizeitangebote, Bauernhof-Kindergarten),
- ihrer Betreuung und Beschäftigung auf dem Hof,
- ihrer hauswirtschaftlichen Versorgung und Verpflegung,
- der Vermietung von Wohnraum auf Zeit bzw. Dauer (z. B. an Senioren),
- bis hin zur Bereitstellung eines an die Beeinträchtigungen angepassten Arbeitsplatzes.
Aufenthaltsdauer
Entsprechend der Zielsetzung und dem Leistungsspektrum kann sich die Aufenthaltsdauer von einigen Stunden auf dem Bauernhof bis mehrere Jahre erstrecken.
Arbeitsergebnisse
Die sehr komplexe Materie der Sozialen Landwirtschaft wurde in der AG durch 17 Vertreter/innen aus der Landwirtschaftsverwaltung, dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, einem Bezirksvertreter, dem Berufsstand sowie Vertretern/Vertreterinnen aus der Praxis und Forschung im Bereich Soziale Landwirtschaft bearbeitet. Da die Zielgruppe der älteren Menschen aufgrund des demografischen Wandels und der Spezifika besonders relevant erschien, wurde diese Zielgruppe getrennt davon in einer eigener AG bearbeitet. Deren Ergebnisse wurden einerseits in den Leitfaden "Soziale Landwirtschaft – eine Einkommensmöglichkeit mit sozialem Anspruch" mit aufgenommen, andererseits entstand durch die weitere Bearbeitung des Themas nach Projektabschluss ein eigener Leitfaden "Senioren auf dem Bauernhof".
Für den allgemeinen Leitfaden "Soziale Landwirtschaft" hat die AG gezielt 19 Angebotsformen ausgewählt, die aus Sicht der landwirtschaftlichen Unternehmerfamilie am ehesten zu realisieren sind und die Möglichkeiten bieten, Einkommen zu generieren oder durch das Bereitstellen eines Arbeitsplatzes die eigene arbeitswirtschaftliche Situation auf dem Hof zu verbessern. In Form von Steckbriefen wurden die einzelnen Angebotsformen definiert und die jeweiligen Einstiegsvoraussetzungen beschrieben; weitere Inhalte des Leitfadens sind u. a. die Anleitung zum Finden einer geeigneten Angebotsform (SWOT-Analyse), Informationen zu den Rechtsgrundlagen und zur Finanzierung der Angebote sowie zu Ansprechpartnern/Ansprechpartnerinnen.
Der konzipierte Flyer 2Soziale Landwirtschaft – Eine Perspektive für Ihren Betrieb" spricht vorrangig potenzielle Anbieter/innen dieses Betriebszweigs an. Aber auch künftige "Nutzer" und Multiplikatoren können sich zu den Angeboten der Sozialen Landwirtschaft informieren.
Ansprechpartnerin:
Theresia Nüßlein
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Hans-Loher-Str. 32, 94099 Ruhstorf a.d.Rott
Tel.: 08161 8640-4639
E-Mail: Diversifizierung-IBA@LfL.bayern.de