LfL Klima-Check: Von Treibhausgasbewertung zu praktischem Klimaschutz

Person im Kuhstall beim Eintippen von Zahlen auf einem Tablet-Computer

Foto: Birgit Gleixner

Weniger Treibhausgas-(THG)-Emissionen sind gut fürs Klima, sind sie aber auch gut für den Geldbeutel? Mit dem LfL Klima-Check lässt sich dies betriebsindividuell abschätzen.

Mit dem LfL Klima-Check können seit 2021 landwirtschaftliche Produktionsverfahren hinsichtlich ihrer THG-Emissionen bewertet werden. Insgesamt sind aktuell 15 Produktionsverfahren umgesetzt und kontinuierlich kommen weitere hinzu. Mittlerweile können auch verschiedene Produktionsverfahren gleichzeitig in der sogenannten Betriebsebene untersucht werden.

Der LfL Klima-Check zeigt wo im Betrieb THG-Emissionen entstehen

Die THG-Bewertung allein ist allerdings nur ein Schritt auf dem Weg in eine klimafreundlichere Landwirtschaft. Damit landwirtschaftliche Betriebe effektiv THG-Emissionen einsparen können, müssen sie wissen, wo diese entstehen und welche Möglichkeiten zur Einsparung existieren. Diese Fragen können mithilfe des LfL Klima-Check beantwortet werden, denn durch die detaillierte Aufschlüsselung der THG-Emissionsquellen im landwirtschaftlichen Betrieb können Hotspots identifiziert werden. Die teilmechanistischen Verknüpfungen innerhalb des Tools erlauben es zudem die Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen zu modellieren und hinsichtlich ihrer ökonomischen Konsequenzen zu bewerten.

Optimierungspotenzial gibt es in allen Betriebsstrategien

In allen Milchleistungsklassen gibt es zwischen den Betrieben große Unterschiede in Bezug auf die THG-Emissionen je kg MilchZoombild vorhanden

Abb. 1: THG-Emissionen von Milchkuhbetrieben (Quelle: Zehetmeier 2023)

Dabei ist zu beachten: Es gibt nicht die eine Lösung, die für alle passt. So unterschiedlich die landwirtschaftlichen Betriebe sind, so unterschiedlich sind auch die Wege zur Einsparung von THG-Emissionen. Auswertungen aus dem Projekt "CO2-Fußabdruck Milch und Fleisch" zeigen, dass es in der Milchviehhaltung eine breite Streuung von THG-Fußabdrücken in allen Leistungsklassen gibt – die hier auch stellvertretend für unterschiedliche Betriebsstrategien stehen (Abbildung 1). Das bedeutet: Es gibt in allen Gruppen Optimierungspotential.

Gleiches mit Gleichem vergleichen

Dabei sollten Benchmarks ausschließlich innerhalb der jeweiligen Vergleichsgruppe erstellt werden. Extensiv ausgerichtete Betriebe sollten sich also an Daten ähnlicher Betriebe orientieren. Ebenso gilt für Betriebe, die eine high Input high Output-Strategie verfolgen, dass nur der Vergleich mit ähnlichen Betrieben Sinn macht, um Optimierungspotentiale zu identifizieren. Die Modellierung von Klimaschutzmaßnahmen mit dem LfL Klima-Check soll im Folgenden exemplarisch anhand des Verfahrens Milchkuhhaltung dargestellt werden.

Keine Patentrezepte - jeder Betrieb hat individuelle Möglichkeiten für mehr Klimaschutz

Balkendiagramm zu den Treibhausgasemissionsquellen fünf ausgewählter MilchviehbetriebeZoombild vorhanden

Abb. 2: THG-Emissionsquellen von Milchkuhbetrieben (Quelle: Zehetmeier 2023)

Um für den Betrieb passende Klimaschutzmaßnahmen identifizieren zu können, sollten zunächst die THG-Emissionsquellen analysiert werden. Im LfL Klima-Check wird detailliert aufgeschlüsselt welchen Anteil unterschiedliche Emissionsquellen an den THG-Emissionen im Produktionsverfahren bzw. im Betrieb verursachen. In Abbildung 2 sind die THG-Emissionsquellen ausgewählter Betriebe abgebildet.
Die THG-Fußabdrücke aller fünf Betriebe sind ähnlich hoch (zwischen 1,08 und 1,12 kg CO2-Äq. je kg verkaufte Milch energiekorrigiert [ECM]). Allerdings unterscheiden sich die Anteile der Emissionsquellen teils stark – insbesondere in den Bereichen Futterproduktion, Futterzukauf und Wirtschaftsdüngerlagerung. Die geeigneten Hebel für mehr Klimaschutz sind demnach betriebsindividuell.

Berechnen der Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen am Beispiel Biertreber

Im LfL Klima-Check kann eine Vielzahl klimarelevanter Parameter verändert und die Auswirkungen auf den THG-Fußabdruck modelliert werden. So können im Bereich Herdenmanagement bspw. eine Verlängerung der Nutzungsdauer oder eine Optimierung des Erstkalbealters simuliert werden. Analog können Änderungen bspw. in den Bereichen Wirtschaftsdüngermanagement, Futterbau oder Rationsgestaltung vorgenommen werden.
Das Vorgehen zur Maßnahmenmodellierung im LfL Klima-Check soll im Folgenden anhand der Klimaschutzmaßnahme "Nebenprodukte in der Ration am Beispiel Biertreber" illustriert werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass Berechnungen und Ergebnisse hochsensitiv gegenüber Preisschwankungen sind und nur Aussagekraft für die spezifisch getroffenen Annahmen im Beispiel besitzen. Es lassen sich daher aus den Ergebnissen keine allgemeingültigen Schlüsse ableiten.
Die Modellierung erfolgte auf Basis des im LfL Klima-Check hinterlegten Standardverfahrens für Fleckviehkühe im Jahr 2023. Zusätzlich zum Effekt der Klimaschutzmaßnahmen auf die THG-Emissionen wurden auch die Auswirkungen auf ökonomische Kennzahlen untersucht.

Das Basisszenario umfasst im Wesentlichen folgende Rahmendaten:

  • Rasse: Fleckvieh
  • Abgangsquote: 29,7 %
  • Zwischenkalbezeit: 394 Tage
  • Milchleistung: 7.984 kg/Kuh und Jahr
Als Nebenprodukt der Bierproduktion ist Biertreber ein kostengünstiges und klimafreundliches Futtermittel. Der eiweißreiche Reststoff kann Eiweißfuttermittel wie Raps- und Sojaextraktionsschrot teilweise ersetzen. Diese Futtermittel sind nicht nur teurer als Biertreber, sondern verursachen in der Herstellung auch relativ hohe THG-Emissionen - insbesondere, wenn wie bei importiertem Soja von Landnutzungsänderungen und Entwaldung ausgegangen werden muss. Der Einsatz von Biertreber in der Milchviehration kann daher sowohl Kosten einsparen als auch die THG-Emissionen der Milcherzeugung reduzieren.

Annahme: 1 kg Biertreber ersetzt 0,14 kg Eiweißfutter

Basierend auf der im LfL Klima-Check für die Rasse Fleckvieh hinterlegten Standardration wurde eine Ration abgeleitet, in der Biertreber einen Teil der Eiweißfuttermittel (Soja- und Rapsextraktionsschrot) ersetzt. Dabei wurde angenommen, dass 1 kg FM Biertreber etwa 0,14 kg FM Eiweißfutter ersetzen kann. Der Biertreber ersetzt dabei das Sojaextraktionsschrot vollständig und das Rapsextraktionsschrot teilweise. In Tabelle 1 ist die Zusammensetzung der beiden Rationen aufgeführt. Beide Rationen orientieren sich an einer Milchleistung von 26 kg ECM pro Tag. Um den Energiegehalt der Biertreber-Ration an die Standardration anzugleichen, wurde die Menge Milchleistungsfutter (MLF) 18/4 in der Biertreber-Ration gegenüber der Standardration reduziert.
Tabelle 1: Zusammensetzung der Rationen
FuttermittelRation ohne Biertreber in kg FM / Kuh und TagRation mit Biertreber in kg FM / Kuh und Tag
Grassilage16,516,5
Maissilage18,018,0
Heu1,01,0
Stroh1,01,0
Gerste2,132,13
Körnermais1,421,42
Mineralfutter0,190,19
MLF 18/42,131,55
Rapsextraktionsschrot0,710,50
Sojaextraktionsschrot0,710
Biertreber (24,7 % TM, 6,69 MJ NEL/kg TM)
06,57

Der Vergleich zeigt: Die Fütterung von Biertreber ist gut für Klima und Geldbörse

Im Folgenden wird die im LfL Klima-Check hinterlegte Standardration bezüglich Ökonomie und THG-Emissionen mit der Biertreber-Ration verglichen. Dabei wird in der Standardration einmal Soja aus europäischer Erzeugung und einmal importiertes Soja eingesetzt. Soja europäischer und globaler Herkunft unterscheidet sich sowohl im Preis als auch in den THG-Emissionen aus der Herstellung (Landnutzungsänderung/Entwaldung).
Die THG-Emissionen insgesamt sowie pro Produkteinheit - kg ECM, kg Lebendmasse (LM) und kg Schlachtgewicht (SG) – können durch den Einsatz von Biertreber in der Ration gesenkt werden (Tabellen 2 und 3). Dieser Effekt tritt besonders deutlich zutage, wenn importiertes Soja durch Biertreber substituiert wird. In diesem Fall sinken die THG-Emissionen aus der Fütterung um 13 %, was zu einer Reduktion des THG-Fußabdrucks um rund 8 % führt. Gleichzeitig sinken die variablen Futterkosten um 12,4 % je Kuh und Jahr, was zu einer Erhöhung des Deckungsbeitrags II um 96 € je Kuh und Jahr im Vergleich zur Standardration führt (Tabelle 4).

Klimawirkung: THG-Emissionen gesamt

Tabelle 2: Auswirkungen der Verwendung von Biertreber als Ersatz für importiertes und EU-Soja auf die THG-Emissionen in kg CO2-Äq. je Kuh und Jahr
 Standard-RationStandard-Ration EU-Soja Ration Biertreber Biertreber ersetzt Soja-GlobalBiertreber ersetzt Soja-Global Biertreber ersetzt Soja-EUBiertreber ersetzt Soja-EU
kg CO2-Äq. je Kuh u. Jahr
kg CO2-Äq. je Kuh u. Jahrkg CO2-Äq. je Kuh u. JahrVeränderung in kg CO2-Äq. je Kuh u. JahrVeränderung in %Veränderung in kg CO2-Äq. je Kuh u. JahrVeränderung in %
THG-Emissionen aus der Fütterung7.1546.6386.223- 931- 13,0- 415- 6,3
THG-Emissionen Gesamt10.82810.3129.950- 878- 8,1- 362- 3,5

Klimawirkung: THG-Emissionen pro Produkt (Ökonomische Allokation)

Tabelle 3: Auswirkungen der Verwendung von Biertreber als Ersatz für importiertes und EU-Soja auf die THG-Emissionen in kg CO2-Äq. je kg Milch (ECM), Schlachtgewicht (SG) und Lebendgewicht (LG)
 Standard-RationStandard-Ration EU-Soja Ration Biertreber Biertreber ersetzt Soja-GlobalBiertreber ersetzt Soja-Global Biertreber ersetzt Soja-EUBiertreber ersetzt Soja-EU
kg CO2-Äq. je Produkt-einheit
kg CO2-Äq. je Produkt-einheitkg CO2-Äq. je Produkt-einheitVeränderung in kg CO2-Äq. je Produkt-einheitVeränderung in %Veränderung in kg CO2-Äq. je Produkt-einheitVeränderung in %
THG-Emissionen Milch (kg ECM)
1,141,081,05- 0,09- 7,9- 0,03- 2,8
THG-Emissionen Fleisch Altkuh (kg SG)
8,147,757,47- 0,67- 8,2- 0,28- 3,6
THG-Emissionen Kalb (kg LG)
9,409,008,70- 0,70- 7,4- 0,30- 3,3

Ökonomie

Tabelle 4: Auswirkungen der Verwendung von Biertreber als Ersatz für importiertes und EU-Soja auf ökonomische Kennzahlen
 Standard-RationStandard-Ration EU-Soja Ration Biertreber Biertreber ersetzt Soja-GlobalBiertreber ersetzt Soja-Global Biertreber ersetzt Soja-EUBiertreber ersetzt Soja-EU
€ je Kuh u. Jahr
€ je Kuh u. Jahr€ je Kuh u. JahrVeränderung in € je Kuh u. JahrVeränderung in %Veränderung in € je Kuh u. JahrVeränderung in %
Variable Kosten Futter
791795693- 98- 12,4- 102- 12,8
Deckungsbeitrag I3.4503.4453.546+ 96+ 2,8+ 101+ 2,9
Deckungsbeitrag II
2.5082.5032.604+ 96+ 3,8+ 101+ 4,0
Annahme Preis Biertreber: 6,68 €/dt , 15 % Silier-Verluste und 0,08 €/dt Kosten für Lagerung, Konservierung und Entnahme
Annahme Preis Soja EU: 62.96 €/dt FM, Preis Soja Global: 61.03 €/dt FM

Geplanter Leitfaden hilft bei der Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen

Aktuell wird an der LfL ein Klimaschutzmaßnahmenkatalog mit Verfahrenshinweisen zur Modellierung im LfL Klima-Check erarbeitet. Dieser Leitfaden soll Nutzern dabei helfen, die Effekte von Klimaschutzmaßnahmen auf den THG-Fußabdruck, aber auch auf ökonomische Kennzahlen realitätsnah abzubilden.

Ansprechpartnerin
Vanessa Karger
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Menzinger Str. 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1249
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de

Foto Vanessa Karger

Vanessa Karger

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