LfL-Jahresbericht 2018: Biodiversität
Auf ein Wort: die LfL arbeitet für die Biodiversität in der Landwirtschaft

Unsere Landwirte bewirtschaften einen Großteil der Fläche Bayerns. Mit ihren Anbau- und Bewirtschaftungsentscheidungen haben sie in einem Ausmaß – wie keine Generation vor ihnen – Einfluss auf Lebensräumem von Pflanzen, Tieren, Mikroflora und -fauna. Sie bereiten im wahrsten Sinne des Wortes den Boden für künftige Generationen. Die meisten Landwirte sind sich dieser Verantwortung bewusst und wir wollen Ihnen dabei helfen, so Dr. Gerhard Strauß, Leitung Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen.

UN-Dekade, EU-Biodiversitätsstrategie, NaturVielfaltBayern, Biodiversität ist das große Thema derzeit. Und jetzt Schwerpunktthema des Jahresberichts der LfL.

Dr. Annette Freibauer, Leitung Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz:
Das Thema Biodiversität ist tatsächlich für die gesamte LfL eine der großen Herausforderungen. Auch in Bayern hat die Biodiversität bedenklich abgenommen. Gleichzeitig ist das gesellschaftliche Interesse daran stark gestiegen. Die Landwirtschaft in Bayern trägt hier eine besondere Verantwortung. Ich sage ganz deutlich: Wir müssen neue Wege finden, damit unsere Agrarflächen nicht nur der Erzeugung von Futter, Nahrungsmitteln und Energie dienen, sondern auch wieder Gastgeber für die wilden Mitbewohner in der Landschaft werden.

Über 150 Einträge zum Begriff "Biodiversität" auf dem Portal der LfL. Ein Thema also, das die LfL schon länger intensiv beschäftigt?

Dr. Peter Doleschel, Leitung Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung:
Den Begriff "Biodiversität" gibt es erst seit ungefähr 30 Jahren. Unser Institut machte schon vor über hundert Jahren Züchtungsforschung und förderte damit die Nutzpflanzen-Biodiversität zu einer Zeit, als der Begriff noch gar nicht ersonnen war. Die LfL mit ihren Instituten und Abteilungen verfügt über eine beeindruckende Expertise, auf die wir beim Thema Biodiversität bauen können. Natürlich müssen wir noch mehr tun, aber es gibt zahlreiche Projekte und das nachhaltig und nicht nur zum Biodiversitätsjahr.

Es heißt, Landwirtschaft und Biodiversität seien nicht unbedingt Freunde.

Prof. Dr. Hubert Spiekers, Leitung Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft:
Natürlich gibt es Zielkonflikte zwischen der modernen Landwirtschaft und der Biodiversität, das lässt sich gar nicht leugnen. Wir wollen zum Beispiel möglichst viel Milch aus Gras produzieren. Hierfür sind hochwertige Grünlandbestände und die frühzeitige Mahd zwingend. Beides ist nicht unbedingt im Sinne der Biodiversität. Eines unserer großen Projekte derzeit ist daher die Artenanreicherung im Wirtschaftsgrünland, ein Pilotprojekt, das Landwirte einbindet und wirtschaftliche Aspekte nicht vernachlässigt.

Was leistet die LfL konkret für mehr Biodiversität?

Prof. Dr. Kay-Uwe Götz, Leitung Institut für Tierzucht:
Wir betreuen seit über 30 Jahren eine staatliche Genreserve für unsere bayerischen Rinderrassen. Dort lagert Samen von zahlreichen Vatertieren und wir nutzen diesen regelmäßig, um beispielsweise die genetische Vielfalt bei Murnau-Werdenfelser Rindern aufzufrischen.
Dr. Helmut Tischner, Leitung Institut für Pflanzenschutz:
Beim Pflanzenschutz gehen wir mit dem Projekt "Alternative Unkrautmanagementverfahren" neue Wege. So können Herbizidanwendungen durch mechanische Maßnahmen ersetzt werden, um das Umweltrisiko zu reduzieren und die Biodiversität zu erhöhen.
Dr. Georg Wendl, Leitung Institut für Landtechnik und Tierhaltung:
Auch mit neuen Techniken im Ackerbau lassen sich Erfolge für die Biodiversität erzielen. Unsere Untersuchungen zur Streifenbodenbearbeitung (Strip Tillage) haben dazu beigetragen, dieses Verfahren in der Praxis stärker zu etablieren, zum Vorteil von Flora und Fauna. Oder nehmen Sie unsere Projekte zur Verwendung von alternativen Biogassubstraten. Das fördert eine breitere Fruchtfolge und erhöht die Biodiversität in der Fläche.

Die LfL hat auch einen Bildungsauftrag. Ist das Thema Biodiversität schon in der beruflichen Bildung angekommen?

Dr. Seidl, Leitung Abteilung Berufliche Bildung:
Wir koordinieren bayernweit die Aus- und Fortbildung für zahlreiche landwirtschaftliche Berufe. In allen Ausbildungszweigen etablieren wir die Themen natürliche Lebensgrundlagen, Umweltschutz, Artenvielfalt und Biodiversität als integrale Bestandteile in der Berufsbildung.

Lassen Sie uns in die Zukunft schauen. Wie sehen Sie die Entwicklung der Biodiversität?

Dr. Doleschel:
Mit der Biodiversität werden wir uns unter dem Vorzeichen des Klimawandels noch stärker beschäftigen müssen. Wir werden nicht alle Lebensgemeinschaften bewahren können, auch weil es immer wärmer wird. Auf jeden Fall muss der Biodiversität Raum gegeben werden, sich zumindest zu regenerieren. Das wird zum Teil starke Veränderungen in so mancher landwirtschaftlichen Flur, aber auch im kommunalen und gewerblichen Bereich bedeuten. Davon wird es abhängen, wie es künftig um die Biodiversität stehen wird.
Dr. Freibauer:
Ich bin eigentlich optimistisch. Ich glaube, wenn wir die jetzigen Initiativen fachlich fundieren, vernetzen und langfristig etablieren, wird der Rückgang der Biodiversität zu stoppen sein. Aber natürlich brauchen wir weitere Unterstützung aus der Politik. Wir haben zum Beispiel mit der Wildlebensraumberatung das größte bayerische Erfolgsmodell für die Biodiversität in der "Normallandschaft". Unsere sieben Wildlebensraumberater leisten hervorragende Arbeit. Für eine dauerhafte Biodiversitätsberatung in Bayern müsste hier allerdings deutlich aufgestockt werden.

Wo sollte in der LfL das Thema Biodiversität langfristig verankert sein?

Prof. Dr. Spiekers:
Biodiversität ist eine echte Querschnittsaufgabe, die in allen Einrichtungen der LfL, die Forschung und Bildung betreiben, berücksichtigt werden muss.
Dr. Freibauer:
Gerade starten wir ein Forschungsprojekt zu biodiversitätsbasierten Pflanzenbausystemen, bei dem selbstverständlich alle pflanzenbaulich ausgerichteten Institute und Arbeitsschwerpunkte der LfL eingebunden sind.

Stichwort Querschnittsaufgabe: Für die Biodiversität ist interdisziplinäre Forschung von besonderer Bedeutung.

Dr. Doleschel:
Der Forschungsverbund ist hier in der Tat besonders wichtig. Wir kooperieren mit Fachverbänden, mit privaten Pflanzenzüchtern, den Freisinger Hochschulen, fast allen Agraruniversitäten in Deutschland, mit der Universität für Bodenkultur Wien, dem Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Straubing sowie mit den Bundesforschungseinrichtungen Julius Kühn-Institut (JKI) und dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK). Unsere Zusammenarbeit reicht selbstverständlich immer auch in die Praxis. Hier arbeiten wir mit allen Akteuren der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette zusammen: Mit Landwirten, Verarbeitern und Verbrauchern.
LfL-Leitungskonferenz

Gruppe von Menschen sitzt an Tischen

stehend, v.l.n.r.: Dr. Helmut Wedekind, Leitung Institut für Fischerei; Dr. Hermann Lindermayer, Leitung ehemalige Abteilung Versuchsbetriebe; Dr. Michael Elsinger, Vizepräsident; Robert Brandhuber, Aufbau Zweigstelle Ruhstorf a.d.Rott; Dr. Holger Friedrich, Leitung Abteilung Information und Wissensmanagement; Dr. Manfred Schuster, stellv. Leitung Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen; Dr. Valentin Sauerer, stellv. Leitung Abteilung Berufliche Bildung; Dr. Peter Doleschel, Leitung Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung; Bernhard Luntz, Institut für Tierzucht; Rasso Höck, Ansprechpartner der LVFZ-Betriebe
sitzend, v.l.n.r.:
Dr. Annette Freibauer, Leitung Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz; Irene Faulhaber, Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur; Dr. Georg Wendl, Leitung Institut für Landtechnik und Tierhaltung; Dr. Helmut Tischner, Leitung Institut für Pflanzenschutz; Jakob Opperer, Präsident der LfL; Prof. Dr. Hubert Spiekers, Leitung Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft; Anton Kreitmeir, Stabsstelle LfL; Dr. Peter Sutor, Leitung Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte