LfL-Jahresbericht 2017
Die unglaublichen Datenschätze von Fuchs, Marder und Wildschwein
Interaktiv und informativ: Das „Wildtierportal Bayern“ informiert umfassend über Tiere in Wald und Flur. Und mit der Bürgerplattform „Wildtiere in Bayern“ erfassen Jäger und Bauern Daten über Wildschweine und Wildgänse – um gemeinsam Problemen auf die Spur zu kommen“.
„Wenn neuerdings auch Wildschweine durch die Vorgärten streifen, dann ist es höchste Zeit zu handeln“, sagt Henning Zimmermann, IT-Projektkoordinator der LfL. Zusammen mit anderen Experten hat Zimmermann das Wildtierportal Bayern aufgebaut. Nach zwei Jahren in Betrieb ist jetzt Zeit für eine erste Bilanz: „Wir konnten die breite Bevölkerung besser als zuvor aufklären. Auch Konflikte in der Landwirtschaft konnten gelöst werden“, so Zimmermann. Aber wie funktioniert das genau und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
„Die Bürger haben unzählige Fragen. Unser Anspruch ist es, die richtigen Antworten zu geben“, sagt Zimmermann. Ob die steigende Wildtierzahl ein Problem ist, wollen viele wissen. Andere sorgen sich um die Schäden in der Feldflur. Landwirte beklagen durchwühlte Ackerböden und Wiesen.
Zeit für Analysten: In Bayern schlummern riesige Datenschätze
In den bayerischen Behörden schlummern riesige Datenschätze. Bei den Ministerien genauso wie bei den zahlreichen Ämtern in den einzelnen Gemeinden und Landkreisen des Freistaates. „Diese Schätze heben wir, übertragen sie in interaktive Karten und stellen sie der Bevölkerung zur Verfügung“, sagt Zimmermann. So zum Beispiel die Abschusszahlen der über 70 Unteren Jagdbehörden. Deren Aussagekraft war für den Laien bislang weder verständlich noch logisch aufbereitet. Unser Ziel ist, diese Daten so aufzubereiten, dass jeder Interessierte sie versteht, sagt Zimmermann. Mit einfachen Erklärungen sollen alle Bürger angesprochen werden, unabhängig vom bisherigen Wissensstand. Jetzt kann jeder erstmals anhand interaktiver Karten sehen, was vor seiner eigenen Haustür passiert, welche Wildtiere wo vorkommen und wie viele im vergangenen Jahr geschossen werden mussten.“
Laien treffen Experten: Mit der LfL den Lebensraum mit anderen Augen sehen
Das Besondere am Wildtierportal: Hier treffen absolute Laien auf Wildtier-experten. Seit 2015 fließen auf der Plattform vielfältige Informationen über Wildtiere, Forstgutachten und Flächennutzung in der Landwirtschaft zentral zusammen. Wissenschaftlich fundiert, versteht sich. Der Anspruch der LfL-Mitarbeiter ist, das seit Jahrzehnten erworbene Wissen möglichst einfach abzubilden und jedem zugänglich zu machen. Im Schwerpunkt geht es um die Themen Jagd, Wildlebensräume in Bayern, Wild in der Stadt und Wildtierbestände. „Wer das Wissen des Wildtierportals nutzt, der wird den Lebensraum Natur mit gänzlich anderen Augen sehen und wesentlich besser verstehen“, verspricht Zimmermann. Fragen wie die nach einem Jagdschein, zum Lebensraum von Nagern und Wildkatzen oder zum Verhalten gegenüber Füchsen in der Stadt sind dann ganz einfach zu beantworten. Doch wie bereiten die LfL-Experten die neu gewonnen Erkenntnisse so auf, dass sie jeder versteht?
Hinter den Kulissen wird das ganze Jahr über daran gearbeitet, das Wildtierportal Bayern so informativ und aktuell wie möglich zu gestalten. Es sind hunderttausende Daten im Jahr, mit denen das Portal immer wieder neu angereichert wird.
Wir konnten die breite Bevölkerung besser als zuvor aufklären.
Diese Datenschätze heben wir, übertragen sie in interaktive Karten und stellen sie der Bevölkerung zur Verfügung.
Unser Anspruch ist, Fragen zu beantworten.
Interaktives Wildtier-Management für regionale Arbeitsgemeinschaften
Die umfassende Information der Bevölkerung ist aber nur ein Ziel der Projekte, die Zimmermann betreut. Entstanden ist mittlerweile auch eine interaktive Plattform, auf der sich regionale Arbeitsgemeinschaften mit dem Wildtier-Management beschäftigen. In einem geschützten Bereich werden fortlaufend neue Daten erhoben und die aktuellsten Erkenntnisse diskutiert. Mitglieder sind hier zum Beispiel Landwirte, Naturschützer, Vogelkundler und Jäger. Eines der gemeinsamen Probleme: Gefräßige Wildgänse und Wildschweine, die zur Plage werden können. Viele Bauern klagen über abgefressene Felder. „Die Tiere fressen das Saatgut genauso wie Jungpflanzen. Dann fällt im Sommer und Herbst die Ernte geringer aus“, sagt Zimmermann.
Das nächste Problem: Die Gänse scheiden täglich zwei bis drei Kilogramm Kot aus. Daran stören sich verärgerte Bürger in Bade- und Erholungsgebieten genauso wie Tourismusverbände, die den Urlaubern lieber eine saubere Umgebung zum Erholen präsentieren wollen. Für alle Betroffenen wurde die Bürgerplattform „Wildtiere in Bayern“ ins Leben gerufen. Dies ist ein kostenfreies Meldesystem für sämtliche Angelegenheiten rund um Wildschweine, Gänse und andere Wildtiere. Schäden an landwirtschaftlichen Flächen, neue Brutstätten der Wildgänse oder verstärkter Wildwechsel an Landstraßen können eingetragen werden. „Regionale Arbeitsgruppen entscheiden frei, welche Daten erhoben werden sollen“, sagt Zimmermann. „Erst mit diesen Daten erarbeiten die Betroffenen konkrete Lösungsvorschläge, um zum Beispiel die Population der Wildgänse zu begrenzen.“
Es geht nur gemeinsam: Neue Erkenntnisse durch Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Das Eindämmen der Wildgans-Population ist nur eines der Ziele. Auch das Schwarzwild verursacht Probleme, die die Beteiligten der Bürgerplattform lösen wollen. So schauen die Experten jedes Jahr aufs Neue, welche Herausforderungen zu bewältigen sind. Die lokalen Arbeitsgemeinschaften erheben laufend weitere Daten und analysieren diese. Die kontinuierliche Arbeit daran fördert immer wieder neue Erkenntnisse über das Verhalten der Wildtiere zutage. Zudem geht es der LfL auch darum, die unterschiedlichen Interessensgruppen miteinander ins Gespräch zu bringen. „Wir wollen möglichst viele ehrenamtlich tätige Experten beteiligen“, sagt Zimmermann. Doch nicht immer sitzen alle Partner an einem Tisch. „Natürlich hat jede beteiligte Gruppe auch ihre eigenen Interessen. So haben die Landwirte andere Schwerpunkte als die Jäger.
Uns ist es wichtig, dass wir in Zukunft gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Denn das nächste Projekt steht schon vor der Tür: „Wenn wir 2018 unsere App veröffentlichen, wäre das der nächste große Mehrwert für das Ehrenamt in den Regionen.“ Mit der mobilen Smartphone-Anwendung soll die Datenerfassung durch Experten der Bürgerplattform deutlich vereinfacht werden. Und wenn dann wieder Wildschweine durch die Vorgärten streifen, hilft das Wildtierportal Bayern den Bürgern, dieses Phänomen zu verstehen.
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