Pressemitteilung – 23. September 2022, Teisendorf
Wiesenmeisterschaft 2022: Preise für artenreiche Wiesenbewirtschaftung verliehen - LfL und BN ehren engagierte Bauernfamilien
Das artenreiche Grünland ist für die Erhaltung vieler selten gewordener Wiesenpflanzen und davon abhängiger Insekten und Nahrungsketten von enormer Bedeutung. Bei der Wiesenmeisterschaft werden bereits seit 2009 besonders engagierte Bäuerinnen und Bauern für den Erhalt artenreicher Wiesen und Weiden ausgezeichnet. In diesem Jahr fand die Wiesenmeisterschaft im Gebiet der Ökomodellregion Waginger See - Rupertiwinkel, einem Gemeindeverbund in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land, statt. Bei einer Festveranstaltung in Teisendorf wurden 23 landwirtschaftliche Betriebe für ihre vorbildliche artenreiche Wiesenbewirtschaftung von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber ausgezeichnet.
Wiesen-Flockenblumen bieten Nektar und Pollen für Insekten. (Foto: LfL, S. Heinz)
Staatsministerin Michaela Kaniber, Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sagte bei der Preisverleihung in Teisendorf (Landkreis Berchtesgadener Land): „Ein Quadratmeter extensiv bewirtschaftete Wiese kann bis zu 89 Pflanzenarten beheimaten. Damit gehören Wiesen neben dem tropischen Regenwald zu den artenreichsten Biotopen weltweit. Die Staatsregierung fördert daher den Erhalt artenreicher Grünlandflächen. Denn flächenstarker Artenschutz braucht Freiwilligkeit. Mit dem Kulturlandschaftsprogramm und dem Vertragsnaturschutzprogramm haben wir als Staatsregierung in den vergangenen Jahren wichtige Impulse gegeben und werden in der neuen Förderperiode ab 2023 noch bessere Rahmenbedingungen schaffen. Wir haben dazu bewährte Maßnahmen sehr praxisnah weiterentwickelt und neue Maßnahmen eingeführt.“
Der Ehrenvorsitzende des BN, Hubert Weiger, dankte den Preisträgern und allen Teilnehmern und lobte „die gute Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz, von Ökobetrieben und konventionell wirtschaftenden Betrieben“ als Voraussetzung für die Sicherung der Artenvielfalt. Er unterstrich: „Die Erhaltung von artenreichen Wiesen und Weidestandorten und deren Weiterbewirtschaftung leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt und Gestaltung der Kulturlandschaft.“
23 Betriebe haben sich in diesem Jahr an dem Gemeinschaftsprojekt von BUND Naturschutz in Bayern (BN) und Bayerischer Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) beteiligt. Alle 23 Wiesen wurden zunächst nach einem Punktesystem für Artenvielfalt, Kulturlandschaftswert und nach landwirtschaftlichen Kriterien wie Futterertrag und landwirtschaftliches Nutzungskonzept bewertet. Eine Fachjury mit Expertinnen und Experten aus Naturschutz und Landwirtschaft hatte die Wiesen begutachtet, jetzt wurden die Gewinner bei einer Festveranstaltung in Teisendorf für ihre vorbildliche artenreiche Wiesenbewirtschaftung geehrt.
In Ihrer Begrüßung sagte Beate Rutkowski, stellvertretende Landesvorsitzende des BUND Naturschutz: „Wiesen und Weiden haben als ‚Multitalente‘ eine herausragende Bedeutung für die Biodiversität und dem Schutz von Boden, Klima und Wasser. Für die arbeitsaufwändige Pflege der Wiesen, Futterwerbung, Viehaustrieb oder Weidemanagement brauchen die Bauernfamilien eine gute Agrarförderung, die noch ausgebaut werden muss.“
Stephan Sedlmayer, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, dankte allen Wiesenmeistern für ihren besonderen Einsatz: „Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft stellt laufend zuverlässige Daten und Methoden für die Beratung in der Praxis zur Verfügung. Finanziell werden die Landwirte in Bayern mit einem bundesweit herausragenden Angebot an Agrarumweltmaßnahmen für freiwillige Umweltleistungen honoriert“.
Die Sieger der Wiesenmeisterschaft 2022:
Den 1. Preis, einen Gutschein für einen Aufenthalt im Biohotel im Wert von 500,- der von den Veranstaltern zur Verfügung gestellt wurde, erhält die Familie Matthias und Rosemarie Winkler aus Ollerding in der Gemeinde Tittmoning. Sie bewirtschaften einen ökologisch geführten Milchviehbetrieb im Vollerwerb. Die knapp einen Hektar große Glatthaferwiese „Etz“ überzeugte die Jury durch ihren großen Artenreichtum und schöne Übergänge zum Waldrand. Die Steillage mit abwechselnd trockenen und feuchten Standorten fordert den Einsatz von Motor- und Handsense. Kennzeichnende Arten sind dort z.B. Heilziest, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Pippau oder Rauer Löwenzahn.
Mit dem 2. Preis wurde Rupert Koch aus Guggenberg mit einem Gutschein für einen Aufenthalt im Biohotel im Wert von 300 € ausgezeichnet. Er führt seinen Milchviehbetrieb im Nebenerwerb nach EU-Biorichtlinien. Seine über drei Hektar große artenreiche Mähweide ist ein hochwertiger Komplex-Lebensraum mit eingelagerten Quellnischen und angrenzendem Schluchtwald. Kennzeichnende Arten: u.a. Wiesen-Flockenblume, Kohldistel, Wiesen-Pippau, Sumpf-Vergissmeinnicht und Wiesen-Bocksbart. Als Besonderheit sind größere Vorkommen vom Breitblättrigem Knabenkraut zu verzeichnen.
Den 3. Preis hat Martin Rausch aus Tengling, der einen Ackermischbetrieb im Nebenerwerb mit Kalbinnen-Endmast bewirtschaftet, erhalten. Die drei Hektar große, zum Teil kleinseggenreiche Feuchtwiese am Tachinger See wird erst nach dem 15. Juni gemäht und im Spätsommer noch einmal beweidet. Kennzeichnende Arten der großflächig zu Röhricht/Weidengebüsch übergehenden Wiese sind u.a. Bach-Nelkenwurz, Kuckuckslichtnelke, Mädesüß und Gelbklee. Er erhält ein Preisgeld von 100 Euro, bereitgestellt von der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Traunstein.
Auch die Gewinner des 4. Preises, das Ehepaar Anja und Roman Freimuth aus Petting dürfen sich über einen Geldpreis von 100 Euro freuen. Sie halten im Nebenerwerb graue Gehörnte Heidschnucken, mit denen sie den Surspeicherdamm in einer Nutzungsvereinbarung mit dem Wasserwirtschaftsamt Traunstein bewirtschaften. Kennzeichnende Arten der 1,4 ha großen Glatthaferwiese in steiler Hanglage sind u.a. verschiedene Glockenblumenarten, Witwenblume, Margerite und Schlüsselblume. Auch verschiedene Orchideen kommen vor.
Auch alle weiteren Teilnehmer erhielten Preise überreicht, sowie eine Artenliste ihrer Fläche und eine Urkunde.
Weitere Informationen:
Heilziest und Skabiosen auf einer artenreichen Wiese in Petting (Lkr. Traunstein). (Foto: LfL, S. Heinz)
Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist das Wissens- und Dienstleistungszentrum für die Landwirtschaft in Bayern. Sie ist dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unmittelbar nachgeordnet und erarbeitet Entscheidungsgrundlagen für Landwirte und Berater sowie die Politik und Verwaltung. Die Hauptstandorte der LfL sind Freising und Grub-Poing. Ihre Aufgabenfelder sind die anwendungsorientierte Forschung, die Ausbildung, die Beratung und der Hoheitsvollzug. Mit Ihrer Arbeit unterstützt die LfL eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft sowie eine vielfältige Kulturlandschaft.