Pressemitteilung – 20. Mai 2022, Hochstadt
LfL-Forschungsprojekte belegen: Agrarumweltmaßnahmen steigern die Biodiversität in Bayern

Weniger ist manchmal doch mehr! Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) haben zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt eine positive Bilanz zur Wirkung von Agrarumweltmaßnahmen auf die Biodiversität gezogen. Denn auf der Wiese und am Gewässerrand blüht und summt es, wenn Mähwerk und Düngerstreuer seltener zum Einsatz kommen. So sind auf extensiv genutztem Grünland deutlich mehr Pflanzenarten und damit auch mehr Bienen und Schmetterlinge zu finden. Neue Studienergebnisse zeigen: Mit gezielten Agrarumweltmaßnahmen oder Gewässerrandstreifen können Landwirte zum Beispiel die Artenvielfalt der Schmetterlinge um circa 45 Prozent steigern. Drei LfL-Forschungsprojekte zur Artenvielfalt bei Insekten und Pflanzen, zeigen dieses erfreuliche Ergebnis.

2022-05-20 Pressetermin BiodiversitätZoombild vorhanden

Staatsministerin Michaela Kaniber und LfL-Präsident Stephan Sedlmayer sowie Norbert und Philipp Grenzebach begutachten die Vielfalt der Insekten auf dem artenreichen Grünland in Hochstadt (Lkr. Starnberg).

In vier grünlandgeprägten Gebieten in Bayern (Bayerischen Wald, Ostallgäu, Chiemgau und Vorderen Oberpfälzer Wald) wurden 2019 und 2020 im Rahmen einer Studie insgesamt 72 Grünlandflächen untersucht. Diese Flächen hatten je zu einem Drittel keine Agrarumweltmaßnahme, eine betriebsbezogene oder eine flächenbezogene Agrarumweltmaßnahme. „Insbesondere flächenbezogene Agrarumweltmaßnahmen wie z. B. eine extensive Grünlandnutzung führen zu mehr Artenvielfalt bei Insekten“, sagte LfL-Präsident Stephan Sedlmayer bei der gemeinsamen Vorstellung der LfL-Forschungsergebnisse mit der bayerischen Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Michaela Kaniber in Hochstadt (Landkreis Starnberg). „Vor allem blütenbesuchende Insektengruppen wie Tagfalter, Wildbienen und Schwebfliegen, die häufig eine wichtige Funktion als Bestäuber erfüllen, profitieren von diesen Maßnahmen.“ Für einige Artengruppen ist die Wirkung auch abhängig von der umgebenden Landschaft. Auf den 24 Grünlandflächen mit einer flächenbezogenen Agrarumweltmaßnahme waren über eine Fangzeit von je 3 Wochen in der Summe 1611 Insektenarten nachweisbar und damit 17 Prozent mehr als auf Flächen ohne eine Agrarumweltmaßnahme. Zur Bestimmung der Biodiversität wurden moderne genetische (DNA-Metabarcoding) eingesetzt.

Auch im LfL-Grünlandmonitoring zeigt sich der positive Effekt von Agrarumweltmaßnahmen auf die Biodiversität: Seit 2002 werden mehr als 2500 Kleinflächen in ganz Bayern untersucht. „Im Mittel haben Grünlandflächen mit einer Agrarumweltmaßnahme eine höhere Pflanzenartenzahl aufgewiesen als Flächen ohne Agrarumweltmaßnahmen“, sagte Sedlmayer. „Etwa 20 Prozent der Flächen waren mit 25 und mehr Arten je 25 Quadratmeter sogar artenreich.“ Deutlich über dem Durchschnitt lagen Agrarumweltmaßnahmen zur Grünlandextensivierung wie zum Beispiel die Maßnahmen „später erster Schnitt (1. Juli)“ und „Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutz entlang von Gewässern und in sonstigen sensiblen Gebieten“ sowie ökologisch bewirtschaftete Grünlandflächen. Seit 2015 können artenreiche Flächen direkt über den Nachweis von Kennarten eine Förderung erhalten.

Auch in ackerbaulich geprägten Gebieten tut sich einiges: Gewässerrandstreifen helfen dort nicht nur den Erosions- und Gewässerschutz bei Starkregen zu verbessern, sondern sie stärken auch die Biomasse und die Artenvielfalt bei Insekten. Auf Flächen mit Gewässerrandstreifen konnte im Vergleich zu Flächen ohne Gewässerrandstreifen im Mittel 40 Prozent mehr Insektenbiomasse und eine um 16 Prozent höhere Artenvielfalt festgestellt werden. Die Untersuchungen wurden 2019 und 2020 in vier vorwiegend ackerbaulich genutzten Regionen im Naturraum des Un-terbayerischen Hügellands durchgeführt. Angrenzend an kleine Fließgewässer wurden dabei 25 Flächen mit und 15 ohne Gewässerrandstreifen untersucht. Die LfL-Untersuchungen zeigen: besonders profitieren Schmetterlinge, ihre Artenvielfalt steigt dank Gewässerrandstreifen um 45 Prozent. Auch Schwebfliegen, die eine bedeutende Rolle als Bestäuber und Schädlingsregulatoren in Agrarökosystemen übernehmen, gehören zu den Gewinnern. Im Mittel wurden über die dreiwöchigen Fangperiode 244 Tiere pro Standort gefangen. Bei Gewässerrandstreifen lag der Durchschnitt bei 443 Tieren pro Standort.

Seit 2020 müssen an Äckern verpflichtend fünf Meter breite Gewässerrandstreifen angelegt werden. Aus Sicht der LfL-Wissenschaftler verbessert und erweitert diese Maßnahme den Lebensraum für Insekten in ackerbaulich geprägten Gebieten. Zudem werden so Gewässer vor Stoffeinträgen geschützt und der Biotopverbund in Bayern gefördert. Durch die Förderung von Gewässerrandstreifen über die gesetzlich verpflichtende Kulisse hinaus und ihrer ökologischen Aufwertung können Agra-rumweltmaßnahmen dazu beitragen, dass die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft erhalten und weiter gesteigert wird.

Alle drei wissenschaftlichen Projekte, die vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und von der EU finanziert wurden, belegen den positiven Effekt von Agrarumweltmaßnahmen auf die Biodiversität. Anhand der Ergebnisse können Empfehlungen zur weiteren Optimierung von Agrarumweltmaßnahmen abgeleitet werden, um die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft zu erhalten und weiter zu fördern.

Landwirte Grenzebach, Ministerin Kaniber, LfL-Präsident Sedlmayer und Expertin Dr. Heinz.

Landwirte Grenzebach, Ministerin Kaniber, LfL-Präsident Sedlmayer und LfL-Expertin Dr. Heinz.

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Artenreiches Grünland in Hochstadt (Lkr. Starnberg).

Artenreiches Grünland in Hochstadt (Lkr. Starnberg).

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LfL-Expertin Dr. Sabine Heinz stellt neue Ergebnisse aus dem Grünlandmonitoring vor.

LfL-Expertin Dr. Sabine Heinz stellt neue Ergebnisse aus dem Grünlandmonitoring vor.

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Staatsminisiterin Michaela Kaniber bei der Vorstellung der LfL-Forschungsergebnisse.

Staatsminisiterin Michaela Kaniber bei der Vorstellung der LfL-Forschungsergebnisse.

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Staatsminisiterin Michaela Kaniber und LfL-Präsident Stephan Sedlmayer.

Staatsminisiterin Michaela Kaniber und LfL-Präsident Stephan Sedlmayer.

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LfL-Expertin Sabine Birnbeck stellt die Wirkung von Gewässerrandstreifen vor.

LfL-Expertin Sabine Birnbeck stellt die Wirkung von Gewässerrandstreifen vor.

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Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist das Wissens- und Dienstleistungszentrum für die Landwirtschaft in Bayern. Sie ist dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unmittelbar nachgeordnet und erarbeitet Entscheidungsgrundlagen für Landwirte und Berater sowie die Politik und Verwaltung. Die Hauptstandorte der LfL sind Freising und Grub-Poing. Ihre Aufgabenfelder sind die anwendungsorientierte Forschung, die Ausbildung, die Beratung und der Hoheitsvollzug. Mit Ihrer Arbeit unterstützt die LfL eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft sowie eine vielfältige Kulturlandschaft.