LfL-Standpunkt
Konkurrenz auf der Agrarfläche

Anbau von Lebensmitteln, Futtermitteln und nachwachsenden Rohstoffen
Ein Beitrag zur "Trog – Teller – Tank"-Debatte

Ernährungssicherung als globale Aufgabe

Es ist die große Herausforderung der kommenden Jahrzehnte, die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen sowie den steigenden Energie- und Rohstoffbedarf zu decken, ohne dabei die biologischen und materiellen Ressourcen der Erde zu erschöpfen1. Nach aktuellen Prognosen wird die Weltbevölkerung von derzeit 8 Mrd. auf knapp 10 Mrd. Menschen im Jahr 2050 ansteigen2. Gleichzeitig führt ein zunehmender globaler Wohlstand zu einem steigenden Bedarf an hochwertigen Nahrungsmitteln. Dies betrifft vor allem tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Milch und Eier. Damit steigt der Bedarf an Futtermitteln3. Neben der Bekämpfung von Hunger, Mangelernährung und der Erreichung von Ernährungssicherheit ist der Zugang zu erschwinglicher, nachhaltiger Energie für die Bevölkerung weltweit ein essenzielles Ziel1. Daneben steigt auch der Bedarf, auf Agrarflächen Biomasse für die Industrie anzubauen, um zum Beispiel Öl als Rohstoff für Materialien wie Plastik zu substituieren. Parallel zu dieser Entwicklung geht durch eine nicht standortangepasste Landwirtschaft, Auswirkungen des Klimawandels, Bodenerosion4, Dürre und Überschwemmung sowie zunehmende Flächenversiegelung5 stetig nutzbare Agrarfläche verloren oder wird in ihrer Ertragsfähigkeit beeinträchtigt.
Infolge der genannten Entwicklungen nehmen die Konkurrenz um Fläche und Biomasse sowie der Druck auf natürliche Ökosysteme und Ressourcen zu. Deshalb braucht es Strategien zur Realisierung einer effizienteren Nutzung von Flächen und Biomasse6. Durch den Angriffskrieg auf die Ukraine, einen wichtigen Getreideexporteur, hat das Thema der Ernährungssicherung weiter an Bedeutung gewonnen, da sich hierdurch die globale Ernährungs-, Energie- und Finanzkrise zeitweilig weiter verschärft hat7.
Ziel dieses Standpunktes ist es, zu erläutern, worin die "Konkurrenz auf der Agrarfläche" liegt, darzulegen, wie sich die Nutzung der Agrarfläche derzeit aufteilt, sowie aufzuzeigen, welche möglichen Maßnahmen zur Verfügung stehen, die Lebensmittel­verfügbarkeit von der Agrarfläche zu erhöhen. Es werden ausschließlich Biomasse-liefernde Nutzungsformen von Flächen thematisiert, weshalb der Flächenverbrauch durch zum Beispiel Versiegelung nicht einbezogen wird.

Erzeugung von Nahrung, Energie und Rohstoffen auf der Agrarfläche

Die Agrarfläche dient dem Anbau von Lebens- und Futtermitteln sowie von Rohstoff­pflanzen zur energetischen (zum Beispiel Pflanzen für Biogas, Ölsaaten für Biokraftstoff) und stofflichen Nutzung (zum Beispiel Textilien, Stärke- und Ölgewinnung, Ethanol).
Diese Nutzungsarten stehen in der Regel in Konkurrenz zueinander. Angesichts der begrenzten Agrarfläche und alternativer Möglichkeiten der erneuerbaren Energieerzeugung wird der Anbau von Lebens- und Futtermitteln in der Diskussion häufig gegenüber dem Anbau von nachwachsenden Energieträgern priorisiert8,9,10. Die Entscheidung über die Nutzung orientiert sich in der Praxis vornehmlich an ökonomischen Kriterien. Auch rechtliche Rahmenbedingungen, wie beispielsweise das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder das Bio­kraftstoff­quoten­gesetz nehmen darauf sehr maßgeblich Einfluss.

Nutzung der Agrarfläche weltweit, in Deutschland und in Bayern – Status quo

Abbildung 1: Balkendiagramm: Verwendung der landwirtschaftlich genutzten Fläche weltweit.Zoombild vorhanden

Abbildung 1: Verwendung der landwirtschaftlich genutzten Fläche weltweit

Weltweit werden etwa 50 % der bewohnbaren Erdoberfläche, insgesamt 4,8 Mrd. Hektar (ha), landwirtschaftlich genutzt (Abbildung 1)11. Diese teilen sich wiederum in etwa 67 % Grünland und 33 % Ackerfläche auf. Letztere umfasst 1,6 Mrd. ha, auf denen Nutzpflanzen angebaut werden. 47 % dieser Fläche werden für die Erzeugung pflanzlicher Nahrungsmittel genutzt, auf 40 % der Fläche werden Futtermittel angebaut, und die restlichen 13 % der Ackerfläche werden für die Sektoren Bioenergie, Textilien und weitere Rohstoffe in der Bioökonomie verwendet11,12,13.
Insgesamt werden rund 96 % der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche direkt oder indirekt für die Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzt. Für die Fütterung von Nutztieren werden 77 % der Fläche (Grünland + Ackerfläche für Futtermittel) aufgewendet.
Abbildung 2: Balkendiagramm: Nutzung landwirtschaftlich genutzter Fläche in DeutschlandZoombild vorhanden

Abbildung 2: Nutzung der land­wirt­schaftlich genutzten Fläche in Deutsch­land

Deutschland hat eine landwirtschaftliche Nutzfläche von ca. 17 Mio. ha, was rund 47 % der Gesamtfläche ausmacht (Abbildung 2)14,15. Die Nutzung dieser Fläche teilt sich in 72 % Ackerfläche (inkl. 1 % Dauerkulturen (zum Beispiel Rebland, Obstanlagen)) und 28 % Grünland auf. Auf 42 % der Ackerfläche werden Pflanzen zu Futterzwecken angebaut, auf 33 % Pflanzen für die direkte menschliche Ernährung und auf einem Anteil von 17 % Pflanzen zur energetischen Nutzung.
Somit wird der wesentliche Anteil von rund 84 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche für Ernährungszwecke (davon 71 % für Futtermittel und 29 % für pflanzliche Nahrungsmittel) verwendet. Auf die energetische Nutzung entfallen 12 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche, 4 % auf Rohstoffpflanzen und Brache. Bei den pflanzlichen Nahrungsmitteln erfolgt vielfach eine weitere Verarbeitung, bei denen Neben- oder Koppelprodukte wie Kleien, Treber, Pülpen, Extraktionsschrote etc. anfallen, die als Futtermittel oder anderweitig in der Bioökonomie Verwendung finden.
Abbildung 3: Balkendiagramm: Nutzung der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Bayern.Zoombild vorhanden

Abbildung 3: Nutzung der land­wirt­schaftlich genutzten Fläche in Bayern

In vergleichbaren Relationen zu Deutschland stellt sich die grundsätzliche Aufteilung der Flächennutzung Bayerns dar (Abbildung 3): 46 % der Gesamtfläche Bayerns wird landwirtschaftlich genutzt, davon 65 % als Ackerfläche und etwa 35 % als Grünland (1 % Sonstiges)16. Schätzungsweise wird etwa die Hälfte der Ackerfläche für den Anbau von Futtermitteln genutzt, bis zu einem Drittel für die Erzeugung von pflanzlichen Nahrungsmitteln (eigene Berechnungen) und 21 % für den Anbau von Energiepflanzen16.

Flächenbelegung Deutschlands im In- und Ausland

Abbildung 4: Grafik: Flächenbelegung Deutschlands im In- und Ausland für Agrargüter.Zoombild vorhanden

Abbildung 4: Flächen­belegung Deutsch­lands im In- und Ausland für Agrar­güter

Neben der für die inländische Produktion aufgewendeten landwirtschaftlichen Nutzfläche von 17 Mio. ha wird durch Importe von Agrargütern nach Deutschland ein Flächenäquivalent von insgesamt 19 Mio. ha im Ausland belegt (Abbildung 4)15. Gleichzeitig erfolgt ein Export von 12 Mio. ha Flächenäquivalent für pflanzliche und tierische Erzeugnisse ins Ausland. Somit werden 7 Mio. ha Agrarfläche im Ausland belegt, die nicht wieder an andere Länder zurückfließen. Insgesamt umfasst der Flächenverbrauch zur Versorgung Deutschlands somit rund 24 Mio. ha.

Maßnahmen zur Steigerung der Lebensmittelverfügbarkeit – Synergien und Zielkonflikte

Die Verfügbarkeit von Lebensmitteln tierischen und pflanzlichen Ursprungs wird von einer Vielzahl von Faktoren entlang der gesamten Wertschöpfungskette beeinflusst. Diese Einflüsse können sich wiederum gegenseitig verstärken oder beeinträchtigen, was zu Synergien und Zielkonflikten zwischen den verschiedenen Nutzungsrichtungen der Agrarfläche führt17. Die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft im Ernährungssystem wird als Schlüssel dafür angesehen, die bestehenden Vorteile in der Produktion zu stärken und negative Auswirkungen zu minimieren18. Stoffflüsse zur energetischen bzw. stofflichen Nutzung sind im kreislauforientierten Ernährungssystem nicht betrachtet. Für anfallende Stoffe, die im Ernährungssystem nicht mehr genutzt werden können, bietet sich eine anderweitige stoffliche oder auch energetische Nutzung an.

Höhere Systemeffizienz über ein kreislauforientiertes Agrar- und Ernährungssystem

Die Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, den Ressourcenverbrauch und die Emissionen in die Umwelt zu reduzieren, indem der Kreislauf der Nährstoffe und Ressourcen geschlossen wird19. Dies bedeutet, dass Verluste innerhalb des Agrar- und Ernährungssystems reduziert bzw. verhindert oder ansonsten für die Wiederverwendung oder Wiederaufbereitung im System rückgewonnen werden. Dadurch kann eine Erhöhung der Systemeffizienz erzielt werden (siehe Abbildung 5).

Das kreislauforientierte Agrar- und Ernährungssystem basiert auf diesen grundlegenden Prinzipien:

  1. Ackerfläche sollte prioritär für den Anbau von Biomasse für den menschlichen Konsum genutzt werden.
  2. Anfallende Koppel- und Nebenprodukte sowie Reststoffe aus dem Gesamtprozess sollten für die Wiederverwendung zurück in das Agrar- und Ernährungssystem fließen.
  3. Nutztiere haben eine bedeutende Rolle im System, indem sie Biomasse verwerten, die nicht von Menschen genutzt werden kann, und diese in tierische Lebensmittel hoher Qualität umwandeln19 sowie über die Rückführung von Gülle und Mist zur Bodenfruchtbarkeit und Schließung der Stoffkreisläufe beitragen.
  4. Nicht über Menschen und Tiere verwertbare Reste, Nebenprodukte sowie auch Gülle und Mist werden über den Einsatz in der Biogasanlage energetisch genutzt. Die anfallenden Reststoffe werden zur Düngung der Böden eingesetzt.
Abbildung 5: Schema der Kreislaufwirtschaft des Agrar- und ErnährungssystemsZoombild vorhanden

Abbildung 5: Kreislauf­wirtschaft des Agrar- und Ernährungs­systems

Die Nutztierhaltung nimmt eine zentrale Rolle in der Landwirtschaft und somit auch in der Ernährungs­sicherung ein21,22,23. Einerseits sollten Koppel- und Nebenprodukte aus der Produktion von Lebensmitteln oder aus der Erzeugung von Rohstoffen bzw. Biomasse-Energieträgern für die Fütterung von Nutztieren eingesetzt werden10,24,25. Andererseits ist die Nutzung von Grünlandflächen zur Lebensmittel­erzeugung vornehmlich über die Haltung von Nutztieren, und dabei insbesondere von Wiederkäuern, möglich. Diese Grünland­flächen würden andernfalls für die menschliche Ernährung verloren gehen, da diese zu einem bedeutenden Anteil nicht für den Anbau von Lebensmittel liefernden Nutzpflanzen geeignet sind25. Somit stehen die Grünlandflächen weitestgehend nicht in Konkurrenz zu einer anderweitigen Form der Erzeugung von Lebensmitteln. Potenziell kann bis zu einem Drittel des menschlichen Proteinbedarfs über Nutztiere abgedeckt werden, ohne dabei vom Menschen verzehrbare Biomasse in der Tierfütterung zu nutzen26.
Im Fokus der Diskussionen steht somit hauptsächlich die möglichst effiziente Nutzung der Ackerfläche. Entsprechend dem vornehmlich verfolgten Ziel in der aktuell geführten Debatte braucht es zukünftig Strategien, um die Verfügbarkeit pflanzlicher Nahrungsmittel von der Ackerfläche zu steigern10,17. Dafür sind Maßnahmen notwendig, die zu frei werdender Ackerfläche für eine direkte Nahrungsmittel­erzeugung führen. Die im Folgenden beschriebenen Maßnahmen werden als zentrale Möglichkeiten angesehen, die Verfügbarkeit von pflanzlichen Lebensmitteln von der Fläche zu erhöhen sowie die effiziente Nutzung der Biomasse zu optimieren17,19,27.
Die Maßnahmen 1) und 2) führen direkt zu frei werdender Ackerfläche und weisen deshalb ein hohes Potenzial auf, die Flächenkonkurrenz zu verringern.

Fünf Maßnahmen für mehr Agrarfläche zur Nahrungsmittelerzeugung

1) Reduktion des Futtermittelanbaus auf der Ackerfläche
Die Nutztierhaltung hat in unserem Ernährungssystem eine essenzielle Bedeutung in der Umwandlung von Biomasse, die nicht direkt vom Menschen verzehrbar ist, in tierische Lebensmittel10,28. Im Gegensatz dazu entstehen über die Fütterung von auch vom Menschen verzehrbaren Ressourcen an Nutztiere sogenannte Veredelungs­verluste29, die die Effizienz der Lebensmittel­erzeugung beeinträchtigen28. Deshalb sollte die Konkurrenz zwischen dem Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln und Futtermitteln vermindert werden. Vielmehr kann die Kombination aus einer Reduktion der gesamten Tierzahl und einer Fütterung der Nutztiere über nicht mit Lebensmitteln konkurrierender Biomasse eine Reduktion des Futtermittelbedarfs von der Ackerfläche erzielen27. Die Reduktion der Tierzahl setzt eine Verringerung des Verbrauchs von tierischen Produkten sowohl im Konsum von den Menschen als auch in der Fütterung von Haustieren voraus.
Ein Zielkonflikt der Reduktion des Futtermittelanbaus ist, dass insbesondere in der Geflügel- und Schweinehaltung eine sehr effiziente Umsetzung von Futter in tierische Produkte erzielt werden kann, welche sich durch einen prioritären Einsatz von energie- und nährstoffärmeren Koppel- und Nebenprodukten sowie Reststoffen verschlechtern würde. Allerdings ist vor dem Hintergrund der Flächenkonkurrenz der Anteil der Futtermittel, die in Konkurrenz zum Menschen stehen, der relevantere Faktor in der Bewertung der Systemeffizienz30. Dieser Anteil ist in der Fütterung von Geflügel und Schweinen größer als bei Wiederkäuern, die über die Nutzung von Grünland hier einen bedeutenden Vorteil bringen25,27.
2) Reduktion des Anbaus von Energie- und Rohstoffpflanzen auf der Ackerfläche
Auch eine Reduktion des Anbaus von Energie- und Rohstoffpflanzen auf der Ackerfläche würde zu frei werdender Fläche führen, die zur direkten Lebensmittel­erzeugung genutzt werden könnte31. Als Synergie zwischen der Ernährungssicherung und der Energieerzeugung zeigt sich der Einsatz von Tiergülle in der Biogas­erzeugung17,26 sowie die Verwendung von Koppel- und Nebenprodukten aus der Lebensmittel­produktion sowie Rest- und Abfallstoffen aus der Industrie oder Haushalten. Die Maßnahmen 3) bis 5) zielen auf eine Steigerung der Systemeffizienz ab, was wiederum indirekt zu einer Erhöhung der verfügbaren Ackerfläche führt.
3) Steigerung der Effizienz der Futter- und Substratwirtschaft sowie Futternutzung in der Nutztierhaltung
Aus der oben benannten Reduktion des Futtermittelanbaus teilweise hervorgehenden geringeren Futtereffizienz sowohl bei Wiederkäuern im Vergleich zu Geflügel, Schweinen und Fischen als auch bei Einsatz von Koppel- und Nebenprodukten oder Reststoffen resultiert eine weitere Maßnahme zur Verbesserung der Lebensmittel­verfügbarkeit: eine Optimierung der effizienten Futternutzung durch Nutztiere27.
Auf der einen Seite könnten die Fähigkeiten von Nutztieren, Futterressourcen effizienter zu verwerten, über züchterische Maßnahmen verbessert werden. Folgende Eigenschaften müssten dabei im Fokus stehen27: verstärkte Verdauungsleistung von Grobfutter (auch über eine verbesserte Persistenz, die Verminderung von Stress oder Aufwand für Immunreaktionen), Fähigkeit, mit anti-nutritiven Inhaltsstoffen umzugehen, oder Merkmale der Futter- bzw. Energieeffizienz32. Durch weitere Reduktion von Tierverlusten über niedrigere Mortalitätsraten, Verbesserung der Tiergesundheit sowie Verminderung unfreiwilliger Abgänge der Tiere, kann die Effizienz außerdem gesteigert werden. Auf Seiten des Pflanzenbaus, der Futterwirtschaft und der Rations­zusammensetzung gibt es Optionen, die Verluste zu mindern und die Verdaulichkeit der zur Fütterung eingesetzten Biomasse zu erhöhen, um die Effizienz der Futternutzung zu steigern27. Insbesondere in der Grobfutter- und Substratwirtschaft gibt es erhebliche Potenziale zur Minderung der Verluste vom Feld bis zum Produkt, die auch ökonomisch sowie aus Sicht der Minderung der negativen Klimawirkung der Landnutzung und der Bewältigung der Folgen des Klimawandels von großem Interesse sind. Im Bereich der Haltungsverfahren kann über die Umsetzung von Misch­beweidungs­systemen33 (zum Beispiel Schafe und Rinder) oder innovative Futtervorlagesysteme eine höhere Nutzungseffizienz erreicht werden.
4) Steigerung der Effizienz in der Erzeugung und im Konsum von Lebensmitteln
Entlang der gesamten Wertschöpfungskette gibt es Möglichkeiten, die Produktivität der Lebensmittel­erzeugung zu steigern und somit wiederum für frei werdende Ackerflächen zu sorgen. Einerseits führt eine Ertragssteigerung im Pflanzenbau zu einer Erhöhung der Lebensmittel­verfügbarkeit. Über die Verbesserung der Pflanzenernährung (zum Beispiel über angepasste Fruchtfolgen), reduzierte Nährstoffverluste, eine gesteigerte Effizienz in der Nährstoffnutzung und einen optimierten Schutz der Pflanzengesundheit können Ertragssteigerungen erreicht werden34. Außerdem kann über die Reduktion von Verlusten und Abfällen in allen Produktionsschritten der Kette sowie im Verbrauch dieser Nahrungsmittel eine verbesserte Ernährungssicherheit, ein höherer Selbstversorgungsgrad der Lebensmittel­erzeugung und in der Folge ein reduzierter Flächenverbrauch erreicht werden17,27. Das sind beispielsweise die Verringerung von Ernte- oder Lagerungs­verlusten sowie die Reduktion von Abfällen in der Produktion von Lebensmitteln. Die anfallenden Koppelprodukte gilt es effektiv im Bereich der Tierernährung bzw. der weiteren Bioökonomie zu nutzen.
Auch auf Seiten des Lebensmittelkonsums gibt es Potenzial, die Effizienz zu erhöhen, zum Beispiel über eine möglichst ganzheitliche Verwertung der tierischen Erzeugnisse von Nutztieren ("Nose to Tail"-Verwertung)18. Ein wesentlicher Punkt ist außerdem die Verminderung von Lebensmittel­abfällen, die in bedeutendem Maß auf der Gastronomie-, Handels- und Verbrauchsseite entstehen (Restaurants, Supermärkte, Privathaushalte etc.). Auch dies würde zu einer effizienteren Nutzung von Biomasse und somit zu frei werdender Fläche beitragen.
5) Alternative landwirtschaftliche Erzeugnisse – Lebensmittel, Anbausysteme
Eine Reihe von Innovationen in der Produktion von landwirtschaftlichen Gütern als Alternative zu den herkömmlichen Systemen existiert bereits. Sie sind aktuell meist noch Nischenprodukte, könnten allerdings zukünftig weiter an Relevanz gewinnen18. Insbesondere jene, die die Abhängigkeit der Lebensmittel­erzeugung von der Fläche reduzieren, könnten von wachsender Bedeutung sein. So rücken die Erzeugung von Fleisch- bzw. Protein­alternativen über die Nutzung von Hülsenfrüchten, die Produktion von Proteinen aus Fermentation oder Insekteneiweiß in der menschlichen Ernährung oder die Algenproduktion vermehrt in die Diskussion und auch in den Konsum35. Hier ist es entscheidend, dass für die Erzeugung von zum Beispiel Insektenprotein vornehmlich Biomasse genutzt wird, die nicht auch direkt vom Menschen verzehrbar wäre. Auch innovative Anbausysteme, wie städtische Farmen (Urban farming), könnten ein wachsendes Potenzial bieten, die Konkurrenz auf der Agrarfläche zu reduzieren35. Teilweise stehen diese Innovationen noch in den ersten Schritten der Entwicklung, sodass sowohl die wissenschaftliche und als auch die Entwicklung der Technologien noch Zeit und finanzielle Mittel in Anspruch nehmen werden.

Fazit

Die aktuellen Rahmenbedingungen sprechen dafür, dass die Ernährungs­sicherung zukünftig eine immer dringlichere Herausforderung wird. Einer stetig wachsenden Weltbevölkerung mit steigendem Bedarf an Nahrungsmitteln, Energie und Rohstoffen steht eine weltweit begrenzte und pro Kopf abnehmende Agrarfläche gegenüber. Aufgrund von anderweitigen Nutzungsformen oder den Auswirkungen des Klimawandels nimmt die nutzbare Agrarfläche pro Kopf ab. Da allerdings verschiedene Nutzungen der Agrarfläche sowie der darauf angebauten Biomasse in Konkurrenz zueinander stehen (zum Beispiel der Anbau von Lebensmitteln, Futtermitteln, Bioenergie, Rohstoffe), braucht es Strategien, wie eine effizientere Verwendung der Fläche und Biomasse umgesetzt werden kann. Dazu gibt es bereits heute eine Reihe von Ansatzpunkten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die zu frei werdender Ackerfläche führen könnten, um die Lebensmittel­verfügbarkeit zu steigern.
Vor allem auf Seiten der Produktion zeigt sich ein größeres Potenzial für Maßnahmen, die die Konkurrenz zwischen Nutzungen auf der Agrarfläche reduzieren17. Die Grünlandflächen, die nicht zum Anbau von Nutzpflanzen geeignet sind, können somit über die Nutzung von vornehmlich Wiederkäuern in tierische Lebensmittel umgewandelt werden. Hingegen sollte Ackerfläche, auf der pflanzliche Lebensmittel angebaut werden können, auch vorrangig dafür genutzt werden. Über die Verwendung von Koppel- oder Nebenprodukten oder Reststoffen der Industrie und Lebensmittelproduktion in der Nutztierfütterung und der Energieerzeugung kann wiederum dazu beigetragen werden, Ackerfläche zur Erzeugung von pflanzlichen Lebensmitteln freizumachen. Neben den Synergien bestehen allerdings auch Zielkonflikte, die beispielsweise zu einer reduzierten Produktions­leistung auf Seiten der Nutztierhaltung und der Energie­erzeugung führen.
Es wird zukünftig die Aufgabe darin liegen, diese Zielkonflikte zu analysieren und über innovative Technologien und Lösungsstrategien zu reduzieren. Wie erfolgreich die Maßnahmen in die Praxis umgesetzt werden können, hängt zudem auch bedeutend von weiteren Faktoren wie von agrarökonomischen Einflüssen, Markteffekten oder Verbraucherwünschen ab.
Referenzen