Forschungs- und Innovationsprojekt
Entwicklung und Erprobung eines Agroforstsystems im ökologischen Landbau zur Energieholzerzeugung

Eine Gruppe von Bäumen stehen in einer Ackerfläche

Ein wichtiges Ziel im ökologischen Landbau ist es, die Abhängigkeit von betriebsexternen und nicht erneuerbaren Energiequellen zu vermindern und diese durch regenerative Energieträger zu ersetzen. Agroforstsysteme mit schnellwachsenden Hölzern können hierfür aufgrund ihrer hohen Energieeffizienz einen essentiellen Beitrag liefern.
In Bayern gibt es bisher kaum Erfahrung mit Agroforstsystemen zur Energieholzgewinnung und mit dem Anbau von Energieholz im ökologischen Landbau. Deshalb beschäftigte sich das Kooperationsprojekt der beiden Bayerischen Landesanstalten für Landwirtschaft und für Wald und Forstwirtschaft „Entwicklung und Erprobung eines Agroforstsystems im ökologischen Landbau zur Energieholzerzeugung“ von 2009 bis 2018 mit der Entwicklung eines solchen Systems in Südbayern unter den Bedingungen des ökologischen Landbaus.

Zentrale Versuchsfragen waren die Erforschung der Wirkungen von Baumstreifen aus schnellwachsenden Hölzern auf den Ertrag und die Qualität von landwirtschaftlichen Feldfrüchten. Zugleich wurden wichtige Parameter des Bestandesklima (Niederschlag, Windgeschwindigkeit, Temperatur, Bodentemperatur, Bodenfeuchte) im Agroforstsystem mit dem freien Feld verglichen und die Unterschiede im Hinblick auf die Bodenfauna, speziell Regenwürmer, Bodenmesofauna, Spinnen und Laufkäfer untersucht. In einem weiteren Teilprojekt wurden die Anbaumöglichkeiten schnellwachsender Baumarten im Hinblick auf die Vorgaben des Ökolandbaues (Herbizidverzicht, verringerte Stickstoffversorgung) getestet.

Methode

Gemeinsames Projekt der LfL und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Die Versuchsstandorte waren ein pfluglos wirtschaftender Bioland-Betrieb in Pulling (Lkr. Freising) und die LfL-Versuchsstation Neuhof (Lkr. Donau-Ries). Hier wurde 2009 für das Forschungsprojekt eine Teilfläche auf ökologischen Landbau umgestellt.

  • Messung von Erträgen und Qualitäten landwirtschaftlicher Feldfrüchte in einem Agroforstsystem im Vergleich zur herkömmlichen Bewirtschaftung ohne Bäume in einem zweiortigen Parzellenversuch mit drei bzw. vier Wiederholungen.
  • Erhebung bodenkundlicher Parameter (P, K, Humus), Messungen des Bestandesklimas (Wind, Temperatur, Bodentemperatur und -feuchte)
  • Erhebungen der Bodenfauna (Regenwürmer, Bodenmesofauna) und der epigäischen Fauna (Laufkäfer, Spinnen)
  • Prüfung schnellwachsender Baumarten unter den Bedingungen des ökologischen Anbaus in einem zweiortigen Parzellenversuch mit je fünf Wiederholungen. Es wurden die heimischen, zu Stockausschlag fähigen Baumarten Schwarzerle und Grauerle mit den im Energiewaldanbau üblichen Hybridpappeln verglichen. Zudem wurden verschiedene Untersaaten zur Beikrautregulierung als Alternative zu den in der konventionellen Landwirtschaft üblichen Totalherbiziden getestet.
Abstract

Ergebnisse

Abschlussbericht
Eine ausführliche Beschreibung der Versuchsmethodik, -durchführung und Darstellung der Ergebnisse mit Diskussion ist im Endbericht dieses Forschungsprojektes (LfL-Schriftenreihe 7/2019) nachzulesen.

Etablierung und Wuchsleistung schnellwachsender Gehölze im ökologischen Landbau

Versuchsaufbau
Im April 2009 wurden an den Standorten Pulling und Neuhof zwei Exaktversuche angelegt. Geprüft wurden die beiden im bayerischen Energieholzanbau üblichen Hybrid-Pappelsorten 'Max 1' und 'Max 3' – Kreuzungen aus Populus maximowiczii x Populus nigra – sowie die heimischen Baumarten Grau- und Schwarzerle in einer 7- jährigen Umtriebszeit. Zur Beikrautregulierung wurden vier verschiedene Untersaaten (Gelb-, Weißklee, Winterroggen als Frühjahrssaat, Leindotter) ausgesät und eine selbstabbaubare Mulchfolie ausgebracht. Untersaaten und Folienabdeckung wurden mit einer Kontrollvariante verglichen, bei der, abgesehen von der mechanischen Bodenvorbereitung, keine Beikrautregulierung durchgeführt wurde.
Baumarten und Sorten
Der Anwuchs bzw. Austrieb war in allen Varianten erfolgreich. Die Ertragsunterschiede zwischen den Baumarten bzw. Sorten waren erheblich, wobei auf beiden Standorten jeweils die Pappelsorte 'Max 3' vor 'Max 1' die höchsten Erträge erzielte, gefolgt von Grauerle und Schwarzerle. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die guten Erträge der Pappelklone vor allem einer starken Wuchsleistung in den ersten Vegetationsperioden zuzuschreiben sind und die Erlen ihr Potenzial hinsichtlich der Wuchsleistung erst in späteren Standjahren (ab Standjahr 5) entfalten.
Beikrautregulierung
Die getesteten Maßnahmen zur Beikrautregulierung zeigten 2009 an beiden Standorten im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle eine gute Wirksamkeit. Sowohl die Untersaaten als auch die Folie haben den Deckungsgrad der natürlichen Begleitvegetation deutlich verringert. Die Variante „Folie“ erbrachte an beiden Standorten die höchsten Erträge. Die Untersaaten Weißklee, Winterroggen und Leindotter beeinflussten die Wuchshöhe und die Ertragsleistung der Bäume im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle (keine Untersaat, nur Bodenvorbereitung) weder positiv noch negativ. Gelbklee hatte zwar als Untersaat die stärkste beikrautunterdrückende Wirkung, kann jedoch aufgrund der großen Konkurrenzkraft und damit verbundener geringerer Holzerträge nicht als Maßnahme zur Beikrautregulierung im Energieholzanbau empfohlen werden.
Ökonomie
Die ökonomische Bewertung bestätigt die Überlegenheit der Pappel-Hybride gegenüber den züchterisch bisher nicht bearbeiteten Erlenarten bei der Energieholzproduktion im Kurzumtrieb.
Fazit
Es konnte gezeigt werden, dass die Etablierung von Energieholz auch bei natürlichem Aufkommen von Konkurrenzvegetation gelingen kann. Eine Begründung ohne Beikrautregulierung wird aufgrund des deutlich höheren Beikrautdrucks für die Praxis dennoch nicht empfohlen. Höhere Kosten bei der Verwendung von Mulchfolie können durch einen höheren Energieholz-Ertrag im ersten Umtrieb nicht kompensiert werden. Aus diesem Grund wird die Steuerung der Begleitvegetation mit Hilfe der Untersaaten Leindotter, Winterroggen und Weißklee empfohlen, trotz der gegenüber Selbstbegrünung etwas höheren Begründungskosten.

Wirkung von Energieholzstreifen auf landwirtschaftliche Kulturen

Versuchsaufbau
Im zweiten Teilprojekt wurde die Wirkung mehrreihiger Baumstreifen auf die Erträge und die Qualitäten landwirtschaftlicher Feldfrüchte untersucht. Außerdem wurde untersucht, ob in einem Agroforstsystem die Biomasseerzeugung im Vergleich zur reinen landwirtschaftlichen Nutzung höher ist und wie sich die Ökonomie dieses Systems darstellt. Im April 2009 wurde dafür an den Standorten Pulling und Neuhof Exaktversuche angelegt.
Wirkung mehrreihiger Baumstreifen
Das untersuchte Agroforstsystem hatte während der ersten Rotationsperiode der Bäume sowohl positive als auch negative Einflüsse auf die räumliche Ertragsverteilung von Hafer, Winterweizen und Kleegras. Der Gesamtertrag wurde aber durch die Energieholzstreifen, verglichen mit den Erträgen im angrenzenden freien Feld, nicht beeinträchtigt. Im Nahbereich der Gehölze (± 5-10 m) gemessene Mindererträge bei Getreide und Kleegras wurden durch eine Ertragssteigerung in weiter vom Gehölzstreifen entfernt liegenden Bereichen kompensiert. Die Qualität des Getreides wurde durch den Anbau von Energieholzstreifen nicht vermarktungswirksam beeinflusst, die Gesamtenergieleistung von Klee-Gras-Gemenge ebenfalls nicht. An beiden Standorten zeigte 'Max 3' etwas höhere Biomasseerträge als 'Max 1'. Durch ungünstigere Standortverhältnisse zeigten die Pappeln am Standort Neuhof deutlich geringere Erträge als in Pulling. In den Randreihen der Energieholzstreifen waren die Erträge höher als in den mittleren Reihen.
Biomasseerzeugung im Vergleich zur reinen landwirtschaftlichen Nutzung
Ein Vergleich der oberirdischen Gesamtbiomasseerträge zwischen reiner Ackernutzung und dem Agroforstsystem zeigte, dass die Gesamtbiomasse durch Energieholzstreifen gesteigert werden kann. Bei einer geringen Wuchsleistung des Energieholzes, wie es am Standort Neuhof der Fall war, wird bei reiner Ackerbewirtschaftung eine höhere nutzbare Gesamtbiomasse erzeugt.
Ökonomie
Die ökonomische Bewertung zeigt, dass auf einem günstigen Standort wie Pulling der Anbau der Ackerkulturen mit Energieholzstreifen mindestens genauso wirtschaftlich sein kann, wie ein Anbau ohne Energieholzstreifen.

Boden und Bestandesklima

Einflüsse klimatischer Faktoren
Die Windgeschwindigkeit, insbesondere bei Westwinden (im Lee), reduzierte sich bis etwa 40 m ins Feld hinein sehr deutlich. Dies kann einen Einfluss auf bestandes- und bodenklimatische Faktoren sowie die Evaporation und Transpiration haben. Da Pappeln in der Regel einen höheren Wasserbedarf und eine nachweislich geringere Sickerwasserbildung durch höhere Interzeptions- und Transpirationsverluste zeigen als landwirtschaftliche Kulturen, war der Boden im Energieholzstreifen in Neuhof und auch in Pulling vergleichsweise trocken. In welchem Umfang die Pappelpflanzen auch die Ackerfläche beeinflusst haben, konnte nicht abschließend geklärt werden. Deutliche pflanzenbaulich bedeutsame Unterschiede für die mittleren Temperaturen in den einzelnen Messperioden konnten in der vorliegenden Untersuchung nicht nachgewiesen werden. Jedoch konnte gezeigt werden, dass der Energieholzstreifen einen Einfluss auf den Tagesgang der Bodentemperaturen auch noch in 15 cm Tiefe hat. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Schattenwurf und reduzierte Windgeschwindigkeit das Mikroklima im Agroforstsystem beeinflussen.
Organischer Kohlenstoff
Die innerhalb der Versuchslaufzeit beobachteten Rückgänge der Gehalte an organischem Kohlenstoff, pflanzenverfügbaren Phosphat und Kali sind vermutlich durch die während der gesamten Versuchsdauer aus versuchsmethodischen Gründen ausgesetzte organische Düngung zu erklären. Mit der Etablierung der Energieholzstreifen ergaben sich zwar zusätzliche ober- und unterirdische C-Einträge in deren Einflussbereichen, diese konnten die durch die ausbleibende Düngung rückläufigen C-Einträge jedoch nicht kompensieren. Um die Auswirkungen der Anlage eines Agroforstsystems auf den Humushaushalt besser abschätzen zu können, wäre eine Ausweitung der Untersuchungen auf Unterböden sinnvoll.

Bodenfauna

Unterschiede in der Faunenzusammensetzung zwischen Ackerfläche und Energieholzstreifen
Die Untersuchungen zur Bodenfauna im Agroforstsystem konnten deutliche Unterschiede in der Faunenzusammensetzung zwischen der Ackerfläche und dem Energieholzstreifen für alle untersuchten Indikatorgruppen feststellen. Der Energieholzstreifen bereichert entsprechend die Nischenvielfalt und die Biodiversität der Fläche. So kamen bei Laufkäfern und Spinnen im Streifen vermehrt Arten vor, die typisch für Wälder oder Übergangsbereiche sind. Energieholzstreifen können folglich eine Funktion für den Biotopverbund erfüllen.
Standort
Ein deutlicher Unterschied der Reaktion der Bodenfauna im Energieholzstreifen in Neuhof im Vergleich zu der in Pulling zeigte, dass die Auswirkungen auf die Bodenfauna stark standorts- und womöglich bewirtschaftungsspezifisch waren. So waren die Unterschiede zwischen Acker und Gehölz in Neuhof ausgeprägter als in Pulling. Die Regenwurmfauna und Bodenmesofauna profitierte in Neuhof stärker von den Energieholzstreifen. Eine Erklärung könnte die bodenschonende Bewirtschaftung in Pulling sein, während in Neuhof jährliches Pflügen die Bedingungen auf der Ackerfläche prägt. Ein sicherer Nachweis eines Effektes des Energieholzstreifens auf die Artenvielfalt und Abundanz von Regenwürmern und Bodenmesofauna oder der Artenvielfalt von Laufkäfern und Spinnen auf die Ackerfläche entlang eines Entfernungsgradienten konnte nicht erbracht werden. Dennoch konnte beobachtet werden, dass Austauschprozesse zwischen Ackerfläche, Rand- und Energieholzstreifen stattfinden, wie z. B. für die Laufkäferart Anchomenus dorsalis festgestellt wurde.
Fazit
Die Erfahrungen des vorliegenden Projektes und die allgemeinen Empfehlungen der agrarökologischen Literatur lassen Agroforstsysteme mit Energieholzstreifen als gut geeignete Maßnahme erscheinen, um Defizite in der Ausstattung der Agrarlandschaft mit Strukturelementen zu beheben, den Biotopverbund von Saum- und Gehölzlebensräumen zu verbessern und die Biodiversität zu erhalten.

Tastversuche

Ziele
Im Frühjahr 2011 und 2012 wurden am Standort Pulling auf den Betriebsflächen des Biolandhofs Braun weitere Baumstreifen gepflanzt und in diesen Tastversuche angelegt. Ein Ziel der Tastversuche war es, anhand einer Baumartensichtung die Eignung von verschiedenen zu Stockausschlag fähigen Baumarten für die Energieholzerzeugung in Agroforstsystemen zu prüfen. Des Weiteren sollten der Einsatz der im Teilprojekt „Etablierung und Wuchsleistung schnellwachsender Gehölze zur Energieholzerzeugung im ökologischen Landbau“ zur Beikrautunterdrückung verwendeten selbstabbaubaren Mulchfolie im Vergleich zu einer betriebsüblichen Beikrautregulierung in der Praxis untersucht werden.
Eignungsprüfung von Baumarten für die Energieholzerzeugung
Die heimischen Baumarten Grauerle, Silberweide und Flatterulme zeigten einen sehr guten Austriebserfolg und eine zufriedenstellende bis gute Höhenwuchsleistung. Ein geringer Anwuchs- bzw. Austriebserfolg sowie eine schlechte Wuchsleistung von nicht zertifiziertem Pflanzmaterial bestätigten die Wichtigkeit der Sortenwahl und der Zuverlässigkeit der Herkunft des Pflanzenmaterials beim Anbau von Energieholz. Pappeln, die in selbstabbaubare Mulchfolie gesteckt wurden, erzielten höhere Zuwächse als bei maschineller Unkrautbekämpfung.
Saatgutmischungen aus autochthonen, naturräumlichen Herkünften
Zwei Saatgutmischungen aus autochthonen, naturräumlichen Herkünften (Waldmischung, Waldsaummischung) konnten erfolgreich in einem Pappelstreifen etabliert werden. Aus der Waldmischung mit 18 Arten konnten sechs Jahre nach der Ansaat insgesamt zwölf Arten in den Vegetationsaufnahmen wiedergefunden werden (67 %), aus der Waldsaummischung mit 16 Arten hingegen nur drei Arten (19 %). Die Waldmischung funktionierte zufriedenstellend, die Waldsaummischung hingegen nicht. Es besteht weiterer Optimierungs- und Entwicklungsbedarf (Auswahl der Arten, Saattiefe, Saatzeitpunkt, Management der Ansaaten).
Anbau von Bärlauch
Ein Tastversuch zum Anbau von Bärlauch zeigte, dass eine Kultivierung zwischen Baumreihen junger Agroforstanlagen möglich ist. Die Erntemengen waren im ersten Erntejahr 2015 zwar relativ niedrig, sie stiegen jedoch 2016 bereits deutlich an. Die Qualitäten waren ansprechend.
Publikationen

Projektinformation
Projektleitung: Thomas Huber, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forst (LWF) (bis 12/2010); Dr. Herbert Borchert, LWF (seit 01/2011); Dr. Klaus Wiesinger, LfL Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz (IAB)
Projektbearbeitung: Andrea Winterling, IAB
Projektpartner: Partnerbetrieb (Bioland); Richard Sliwinski, LWF; Kathrin Cais, Rupert Fuchs (bis April 2009), Dr. Peer Urbatzka (seit März 2010), Robert Brandhuber, Dr. Marc Marx (bis Dezember 2012), Benjamin Blumenthal (seit März 2012), Dr. Thomas Kreuter (bis September 2009), Roswitha Walter (seit Januar 2010), Björn Mehlhaff (bis Dezember 2009), Johannes Burmeister (seit Februar 2011), Irene Jacob (bis 6/2014), Heiko Höge (bis 4/2016), IAB; Georg Salzeder LfL Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ); Thomas Huber (bis 12/2010), Dr. Herbert Borchert (seit 1/2011), LWF; Armin Baur, Versuchsstation Neuhof der LfL; Partnerbetrieb Braun (Bioland) Pulling
Laufzeit: 2009 - 2018
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten