Flächensanierung im alpinen Raum durch Beweidung

Klimaerwärmung führt zur Verungrasung wertvoller Almweiden

Im Frühjahr 2012 startete an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub auf Anregung der Praxis ein Almprojekt. Ziel dieses Projektes ist zum einem die Umwandlung einer stark mit Borstgras, Blaubeeren und Simsen degradierten Weidefläche durch gezielte Beweidung in eine wertvolle Futterfläche. Zum anderen soll diese Alm künftig zur Aus- und Fortbildung für interessierte Landwirte und Berater hinsichtlich Beweidungsverbesserung von Almflächen dienen.

Verlust wertvoller Weideflächen vermeiden

Während der letzten Jahrzehnte musste auf vielen Almen, zumindest auf Teilflächen, ein Verlust an "wertvollen Weideflächen" verzeichnet werden. Zunächst zeigt sich eine zunehmende Verungrasung, d.h. Teilbereiche der Alm werden über den Sommer hinweg nicht mehr ausreichend abgegrast und überständig. Als Folge werden wertvolle Untergräser, Kräuter und Blütenpflanzen aus der Fläche verdrängt. Auf solchen Flächen breiten sich schnell verholzende Obergräser und vor allem der gefürchtete Bürstling (Borstgras) aus.
Der Almauftrieb auf die Versuchsfläche (1.300 bis 1.600 m NN) erfolgte am 19.05.2012 mit 35 Rindern um drei Wochen früher als bisher üblich.

Alm-, Alpschutz ist Umweltschutz

Neben dem drastischen Verlust an wertvollen Futterflächen sind derartige Entwicklungen auch aus Umweltschutzgründen als bedenklich einzuordnen. Die bis zu 30 cm langen dürren Halme und Blätter legen sich hangabwärts übereinander und können wie eine frühere Stroheindeckung bei Dächern wirken. Starkregen, wie er bei Gewitterschauern in den Bergen häufig auftritt, läuft über diese Abdeckung aus Weideresten ohne in den Boden einzusickern rasch talwärts. Dies führt zu einem sprunghaften Wasseranstieg kleinerer Gräben und Bachläufe und erhöht anschließend die Hochwassergefahr im Tal.
Diese überlappenden Pflanzenreste wirken im Winter wie eine Rutschbahn und bieten in steileren Lagen den Schneemassen keinen ausreichenden Halt. Ein vermehrtes Abgleiten von Schneebretten und Lawinen ist die Folge.
KräuterZoombild vorhanden

Verunkrautung

Der zunehmende Weiderest bewirkt eine steigende Rohhumusauflage und führt zu einer Versauerung des Oberbodens. Je nach Höhenlage, Bodenbeschaffenheit und Bodenuntergrund entwickelt sich entweder eine Verbuschung mit z.B. Almrausch, Blaubeeren, Heidekraut, Adlerfarn oder Sträuchern (Wacholder, Rosengewächse, Brombeeren) bzw. folgt bald eine Wiederbewaldung.

Klimawandel bedeutet höhere Futtererträge

Für den Almbauern bedeutet dies, dass auf den Almen heutzutage das Graswachstum um etwa drei Wochen früher einsetzt als in den 1960er Jahren. Auf vielen Almen ist der Auftriebstermin aufgrund der Gegebenheit früherer Jahrhunderte festgelegt, bzw. erfolgt der Auftrieb und Abtrieb traditionell an bestimmten Tagen. Dadurch findet das ankommende Vieh bereits einen entsprechenden höheren Weidebestand als in früheren Jahrzehnten vor. Der Temperaturanstieg bewirkt zudem eine Ertragssteigerung der Almweiden, vor allem eine Zunahme "ertragreicherer" Flächen mit zunehmender Höhenlage ist zu beobachten. Wo sich in früheren Jahren aufgrund einer kurzen Vegetationszeit und niedrigen Temperaturen nur ein mäßiger Aufwuchs bildete, entwickeln sich heutzutage ertragreichere Aufwüchse.
Auf den Almen steht somit bei gleichbleibender Weidefläche mehr Futter zur Verfügung.

Bericht Almprojekt Teil 1 pdf 3,1 MB

Der Wechsel von gezieltem Viehhüten durch fachkundiges Personal hin zur extensiven Freiweide (auch wenn die Alm insgesamt eingezäunt ist) hat zur Folge, dass die Weidebereiche einer Alm nicht mehr gleichmäßig abgeweidet werden. In der Praxis erfolgt der Auftrieb in bereits stehendes Gras. Die Rinder weiden zunächst Gunstflächen, meist um die Almhütten, ab. Diese Flächen wurden auch im Vorjahr sauber abgefressen und weisen keine Aufwuchsreste auf. Dadurch ist der Aufwuchs im Frühjahr schmackhafter. Je nach Höhenlage kann bis Anfang August von einem guten Wiederaufwuchs auf diesen Flächen ausgegangen werden. Deshalb verbleiben die Tiere weitgehend auf diesen Flächen und praktizieren selbst­stän­dig eine Kurzrasenweide. Dies bedeutet, sie beweiden stets den frischen Wiederaustrieb der Fläche. Bis Mitte Juli sind selbst in höheren Lagen die nicht abgeweideten Gräser in die Blüte übergegangen.

Bericht Almprojekt Teil 2 pdf 1,1 MB