Stickstoff und Phosphor in der Rinderfütterung – reduzieren und gleichzeitig Kosten optimieren, Teil Milchvieh

Kuh am Fressgitter

Wie schon in der Rindermast erläutert, geht es auch in der Milchviehfütterung nicht darum, die Versorgung mit Nährstoffen auf Werte unterhalb der Versorgungsempfehlungen oder sogar unterhalb des Bedarfs zu reduzieren, sondern näher an den Versorgungsempfehlungen zu füttern.

Die Ableitung der Versorgungsempfehlungen wird bereits im Teil Rindermast ausführlich dargestellt. Ziel einer Versorgungsempfehlung ist, den Bedarf für Erhaltung und Leistung zu decken und einen Puffer für tierindividuelle Unterschiede, Mischfehler, etc. einzuhalten. Alles was über die Versorgungsempfehlungen hinaus geht wird ungenutzt ausgeschieden. Dies belastet zum einen die Umwelt und führt zum anderen zu unnötigen Kosten. Auch wenn im Rahmen der aktuellen Nährstoffbilanz mit Pauschalwerten gerechnet wird, ist spätestens ab 2023 von allen Betrieben über 20 ha oder über 50 GV eine Stoffstrombilanz zu erstellen, in der die tatsächlichen Stickstoff- und Phosphor-Salden errechnet werden. Deshalb gilt es, die bis dahin verbleibende Zeit zu nutzen und die Fütterung bezüglich des Einsatzes von Nährstoffen zu optimieren. Hierzu gibt es folgende Ansatzpunkte:

Reduzieren in der Jungviehaufzucht

Bei wachsenden Tieren ändert sich der Bedarf an Nährstoffen, da sich die Körperzusammensetzung im Laufe des Wachstums ändert und sich das junge Rind erst zum Wiederkäuer entwickeln muss. In dieser ersten Phase der Entwicklung zum Wiederkäuer ist es üblich, eine wöchentliche Anpassung der Ration über die Tränke- und Kraftfuttermengen vorzunehmen. Die darauf folgende Entwicklung wird in die zwei Abschnitte „Abtränken bis ca. 10 Monate“ und „ca. 11 Monate bis Abkalben“ unterteilt. Durch diese Einteilung ist es einfacher, die Eiweißmengen an die Versorgungsempfehlungen anzupassen um Überschüsse zu vermeiden. Sollte die Umstellung auf die „dünnere“ Ration zu spät erfolgen, werden bereits hier erhebliche Nährstoffüberschüsse gefüttert. Bedeutende Möglichkeiten zur Einsparung bestehen vor allem in der Reduzierung der Nachzucht auf das tatsächlich für die Remontierung benötigte Jungvieh. In Tab.1 wird dies anhand eines Beispielbetriebs mit 50 Kühen dargestellt.
Tab.1: Ausscheidungen an N und P bei einem Beispielbetrieb mit 50 Kühen, 40 ha LF, 30 Monate Erstkalbealter, Acker-Stallhaltung
Reproduktions-Rate 40 %Reproduktions-Rate 25 %
JungviehAnzahl TiereStickstoff (kg/Jahr)P (kg/Jahr)Anzahl TiereStickstoff (kg/Jahr)P (kg/Jahr)
0 – 6 Monate1)15330461226437
6 Mon. – 1 Jahr1037048725934
1 – 2 Jahre20112015714784110
Über 2 Jahre1064092744864
Gesamt552460343401821245
je ha LF 61,58,6 45,56,1
1) Männliche- und überzählige weibliche Kälber werden nach 6 Wochen verkauft
Eine weitere Reduzierung des Jungviehs kann durch eine Reduzierung des Erstkalbealters auf ca. 25 Monate erreicht werden.

Wo entstehen Überschüsse bei den Milchkühen?

Laktationsverlauf und Futteraufnahme eines Betriebs mit ca. 8000 kg JahresmilchleistungZoombild vorhanden

Abb. 1: Laktationsverlauf und durchschnittliche Futteraufnahme eines Beispiel-Milchviehbetriebs mit ca. 8000 kg Jahresmilchleistung

Im Gegensatz zu wachsenden Tieren in Mast und Aufzucht, bei denen der Gesamtbedarf an Nährstoffen kontinuierlich zunimmt, die notwendigen Konzentrationen im Futter aber aufgrund des wachsenden Pansens und der damit steigenden Futteraufnahme abnehmen, stellt sich die Situation bei einer ausgewachsenen Milchkuh anders dar. In Abb. 1 ist die Laktationskurve und die durchschnittliche Futteraufnahme eines Beispielbetriebs mit 50 Milchkühen und einem Stalldurchschnitt von knapp 8000 kg Milch abgebildet.
Dieser real existierende Betrieb füttert den Laktierenden eine aufgewertete Mischration für eine Leistung von ca. 24 kg Milch (Tab.2), wobei die Trogration einen Proteinüberschuss von ca. 2,5 kg Milch aufweist. Für jedes darüber hinaus gehende Kilogramm Milch bekommen die Kühe eine Mischung aus einem 23/4er Milchleistungsfutter und Getreide. Die Anteile von Milchleistungsfutter und Getreide verschieben sich mit steigender Leistung, so dass die Ration bei ca. 33 kg Milch ausgeglichen ist. Für die Trockensteher wird die Ration der Laktierenden mit vier Kilogramm Stroh verdünnt und mit einem Trockensteher-Mineralfutter ergänzt. Dadurch müssen sich die Pansenzotten an keine neuen Komponenten gewöhnen und die Gefahr von Milchfieber wird aufgrund des geringeren Grassilage- und damit Kaliumgehaltes gesenkt.
Tab.2: Ist und Ziel-Rationen für Laktierende und Trockensteher – Zusammensetzung und Kosten
 PreisIST LaktierendeIST TrockensteherZiel LaktierendeZiel Trockensteher
Rationszusammensetzung in kg FM pro Tier und Tag€/dt FM   
Trogration Laktierendesiehe unten-21,00 21,00
Grassilage1)6,5020,0-20,0-
Maissilage2)4,0016,0-16,0-
Heu / Stroh14,00 / 12,000,5 / -- / 4,00,5 / -- / 4,0
50% Weizen, 50% Gerste17,001,6 1,0-
Körnermais20,00--0,9-
Kraftfutter 39/33)30,002,0 0,8-
Rapskuchen, 8 % Rohfett28,00--0,8-
Mineralfutter 60,000,154)0,085)0,154)0,085)
Viehsalz13,000,02-0,02-
Rationskennwerte pro Tier und Tag     
TM-Aufnahme (kg) 17,612,717,612,7
kg Milch nach NEL  24,1-24,1-
kg Milch nach XP  26,5-24,3-
kg Milch nach nXP  25,3-24,3-
g Phosphor 69,545,465,837,1
g Phosphor Versorgungsempfehlung 60,630,060,630,0
Futterkosten pro Tag € 2,972,082,922,05
1) Grassilage 1. Schnitt: 40% TM, 160 g XP/kg TM, 6,6 MJ NEL/kg TM; 3,5 g P/kg TM
2) Maissilage: 37 % TM, 330 g Stärke/kg TM, 6,9 MJ NEL/kg TM; 2,3 g P/kg TM
3) Milchleistungsfutter 39/3: 390g XP/kg FM, 6,8 MJ NEL/kg FM
4) Mineralfutter für Laktierende: 22% Ca, 2,0 bzw. 0% P
5) Mineralfutter für Trockensteher:12% Ca, 8,0 bzw. 0% P
Grafik Versorgungsempfehlungen und gefütterte Mengen an Rohprotein im LaktationsverlaufZoombild vorhanden

Abb. 2: Versorgungsempfehlungen und gefütterte Mengen an Rohprotein

Abb. 2 zeigt die Versorgungsempfehlungen an Rohprotein und die jeweils auf dem Betrieb gefütterten Mengen über die gesamte Laktation hinweg einschließlich der Trockenstehzeit. Der im Betrieb gefütterte Gehalt an Rohprotein in der Mischung der Laktierenden entspricht der Versorgungsempfehlung bis ca. zur 14. Laktationswoche. Danach zeigt sich eine immer deutlicher werdende Überversorgung an Rohprotein. Der Grund hierfür liegt zum einen darin, dass bei der Zuteilung der beiden Komponenten an der Kraftfutterstation erst bei einer Milchleistung von ca. 33 kg ein in etwa ausgewogenes Verhältnis von Eiweiß und Energie vorliegt. Zum anderen baut sich der Eiweißüberschuss aus der Grundration gegen Laktationsende immer mehr auf: die Konzentration an Eiweiß in der Trogration bleibt immer gleich, der Eiweißbedarf für die Milchmenge sinkt aber stärker als die Eiweißaufnahme aus dem Futter. Auch in der Trockenstehphase bleibt der Rohproteinüberschuss bestehen.
Grafik Versorgungsempfehlungen und gefütterte Mengen an Phosphor im LaktationsverlaufZoombild vorhanden

Abb. 3: Versorgungsempfehlungen und gefütterte Mengen an Phosphor

In der Phosphor-Versorgung (Abb.3) wird ein deutlicher Überschuss während der ganzen Laktation sichtbar, der auch in der Trockenstehphase erhalten bleibt. Letztendlich resultiert daraus eine Ausscheidung an 116,0 kg Stickstoff bzw. 17,7 kg Phosphor pro Kuh und Jahr.

Einsparmöglichkeiten und Auswirkungen

Um die Überschüsse an Eiweiß in der Fütterung und damit die Stickstoffausscheidungen zu reduzieren, ist es notwendig, eine ausgeglichene Ration am Trog zu füttern. Dabei verfetten die Kühe nicht, wenn die Trogration nicht selektiert werden kann und die Energieversorgung auch dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Zudem müssen Eiweißüberschüsse von der Leber unter Energieaufwand abgebaut werden und wirken sich negativ auf die Fruchtbarkeit aus. Um die Ration auszugleichen werden für die Zielration unter Beibehaltung der Grobfuttermengen ein Teil des Getreides und des 39/3er Kraftfutters gegen Rapskuchen und Körnermais ausgetauscht. Körnermais war in dieser Ration aufgrund der hohen Zuckergehalte in der Grassilage erforderlich, um den Gehalt an pansenabbaubaren Kohlenhydraten zu senken. Da die Trogration nun ausgeglichen ist, wird als Leistungskraftfutter eine Hofmischung bestehend aus Weizen, Gerste, Körnermais und einem 23/4er Milchleistungsfutter verwendet (Tab.2).
Dadurch, dass in der Trockensteher-Fütterung die Ziel-Ration der Laktierenden mit vier kg Stroh gestreckt wird, enthält die Ration weniger Eiweiß als grassilagereiche Trockensteherrationen. Bei Phosphor besteht häufig noch die Meinung, dass ein bestimmtes Ca:P-Verhältnis in der Ration vorliegen muss. Richtig ist, dass ein bestimmtes Verhältnis im Blut existiert. Das Futter muss aufgrund der verschiedenen Regelmechanismen der Kuh ausschließlich den Bedarf der Kuh decken. Das Einhalten eines Ca:P-Verhältnisses ist weder bei den Laktierenden noch bei den Trockenstehern erforderlich. Somit ist eine weitere Phosphor-Reduzierung möglich, indem sowohl in der Laktation als auch bei den Trockenstehern auf Phosphor im Mineralfutter verzichtet wird. Durch die beschriebenen Maßnahmen sinkt die Stickstoff-Ausscheidung beim Vergleich der Ist- mit der Ziel-Fütterung von 116,0 auf 111,8 – und die Phosphor-Ausscheidung von 17,7 auf 15,5 kg pro Kuh und Jahr (Tab.3, Ausscheidungen kalkuliert mit 8% Futterrest). Insgesamt ergibt sich bei diesem Betrieb mit 50 Kühen und 40 ha LN eine Reduzierungsmöglichkeit von 5,3 kg N und 2,8 kg P bzw. 6,5 kg Phosphat pro ha und Jahr.
Tab.3: Ist- und Ziel-Nährstoffausscheidungen für einen Betrieb mit 50 Milchkühen und 40 ha LN
 Stickstoff IstStickstoff ZielPhosphor / Phosphat IstPhosphor / Phosphat Ziel
   P / P2O5P / P2O5
Ausscheidung
(kg/Kuh und Jahr)
116,0111,817,7 / 40,615,5 / 35,5
Ausscheidung
(kg/50 Kühe und Jahr)
58005589886 / 2030773 / 1773
Ausscheidung
(kg/ha)
145,0139,722,1 / 50,819,3 / 44,3

Fazit:
Die Anpassung des Umfangs der Nachzucht auf die tatsächlich für die Remontierung benötigten Tiere trägt wesentlich zur Reduzierung von Stickstoff- und Phosphorüberschüssen in der Milchviehhaltung bei. In der Fütterung liegt der Schlüssel in einer nach Energie und Eiweiß ausgewogenen Gestaltung der Trogration. Bei Fütterung einer Totalmischration sollten Leistungsgruppen gebildet werden. In der Regel kann auf Phosphor im Mineralfutter ohne Nachteile für die Kühe verzichtet werden – mit Futteruntersuchung ist man auf der sicheren Seite. Reduzierung von Ausscheidungen an Stickstoff und Phosphor heißt bedarfsgerechte Fütterung und Kostenoptimierung. Dies gelingt nur mit Wissen um die Inhaltsstoffe der verwendeten Futterkomponenten!