Jahresbericht der LfL 2019: Nutztiere
Mehr Tierwohl im Geflügelstall

In der Geflügelhaltung gab es in den letzten Jahren einige Verbesserungen. Meilensteine waren das Verbot der Käfighaltung von Legehennen in Deutschland 2010 und der freiwillige Verzicht des Schnabelkürzens 2017. Trotzdem ist auf dem Gebiet des Wirtschaftsgeflügels weiterhin viel zu tun. Das Töten männlicher Eintagsküken der Legetypen und der Einsatz von Reserveantibiotika in der Geflügelmast stehen im Fokus der Forschung.
Die LfL versucht am Zentrum für Geflügel- und Kleintierhaltung in Kitzingen seit vielen Jahren mit neuen Ansätzen und Forschungsvorhaben Tierwohl und Tiergesundheit, aber auch eine nachhaltige umweltschonende Geflügelhaltung zu fördern. Neben objektiven Leistungsprüfungen und einer umfangreichen Erhaltungszucht seltener Geflügelrassen, gab und gibt es daher zahlreiche Arbeiten, um die Haltungsbedingungen von Geflügel zu verbessern und alternative Haltungssysteme zu etablieren.
Ich bin ein Huhn

Stefanie Kümmel, Expertin für Geflügelhaltung, zum Thema Tierwohl

Mit dem Fachzentrum für Geflügelhaltung verfügt die Landesanstalt über eine weit über Bayern hinaus bekannte Institution auf dem Gebiet der Kleintierzucht. Im Mittelpunkt steht in Kitzingen eine praxisnahe, moderne Forschung rund um alle Geflügelarten, von Pute, Gans, Ente und Huhn bis zu Wachtel und Perlhuhn. So werden hier tierfreundliche, umweltgerechte und wirtschaftliche Haltungssysteme entwickelt, neue Produkttechnologien und Marktnischen evaluiert und wissenschaftlich begleitete Fütterungsversuche durchgeführt. Jährlich findet eine große Hennenleistungsprüfung statt, dazu kommen Projekte zur Erhaltung und Förderung seltener Nutztierrassen wie dem Augsburger Huhn, die einzige aus Bayern stammende "Lokalrasse" und auf der "Liste alter Geflügelrassen" als extrem gefährdet eingestuft.

Herausfordernde Forschungsthemen: Tierwohl, Wirtschaftlichkeit und Klima

Obwohl Geflügel im Vergleich zu Rind und Schwein, die mit Abstand beste Ökobilanz hat, ist die Geflügelhaltung seit vielen Jahren in der Diskussion. In Kitzingen stehen darum bei allen derzeitigen Forschungsvorhaben die Tiergesundheit, das Tierwohl und die Umweltverträglichkeit im Fokus. Jedes Jahr werden in Deutschland 45 Millionen männliche Küken der Legehennen direkt nach dem Schlüpfen getötet – weil sich kein professioneller Geflügelhalter ihre Aufzucht leisten kann.
Ein möglicher Lösungsansatz, der wissenschaftlich evaluiert wurde, ist das sogenannte Zweinutzungshuhn. Dieses eignet sich zur Ei- als auch zur Fleischproduktion, männliche Küken müssten daher nicht getötet werden. In Kitzingen hat man jüngst sowohl Leistung als auch Wirtschaftlichkeit verschiedener Zweinutzungshühnerrassen untersucht. Die Ergebnisse dokumentieren die Schwierigkeiten, das Zweinutzhuhn stärker in der Geflügelwirtschaft zu verankern: Die geringere Fleisch- und Eierleistung sind zwar noch vertretbar, der gleichzeitig deutlich höhere Ressourcenverbrauch und die Kostenproblematik machen das Zweinutzhuhn aber unwirtschaftlich und zu einem Nischenprodukt im Ökobereich.
Der freiwillige Verzicht auf das Schnabelkürzen bei Hühnern ist unter stressfreien Haltungsbedingungen und einem optimalen Management möglich. Die hierfür entstehenden Mehrkosten für zusätzliches Beschäftigungsmaterial und Tierbeobachtung liegen in etwa bei 0,9 Cent pro Ei. Mit Erfolg untersuchte man in Kitzingen den Einfluss von Einstreu und von Schnabelbehandlungen auf die Leistung und Tiergesundheit von Puten.
Mann wiegt HuhnZoombild vorhanden

Forschung für mehr Tierwohl: Kriterium Gewichtszunahme

Ein Großteil des Eiweißanteils am Geflügelfutter stammt aus importiertem Soja, das teilweise sogar aus gentechnisch verändertem Saatgut stammt. Das an der LfL durchgeführte bayerische Aktionsprogramm "Heimische Eiweißfuttermittel" versucht, Soja weitgehend zu ersetzen. Im Fachzentrum wurde am Beispiel von konventionellen Legehennen ein großer Fütterungsversuch durchgeführt, der zeigen konnte, dass mit Hilfe von Eiweißkomponenten, wie Sonnenblumenkuchen, Erbsen und getrockneter Weizenschlempe ein bis zu 80 prozentiger heimischer Eiweißanteil möglich ist.

Kitzingen – Das Bildungszentrum für Geflügelhaltung

Eine der Kernaufgaben des Fachzentrums für Geflügelhaltung in Kitzingen ist die Aus- und Weiterbildung und der Wissenstransfer der anwendungsorientierten Forschung an der LfL. Das Fachzentrum ist damit das bayerische Versuchs- und Bildungszentrum für Geflügel schlechthin. Hier werden Tierwirte und Tierwirtinnen mit der Fachrichtung Geflügelhaltung ausgebildet, hier ist die deutschlandweit einzige Einrichtung, in der Tierwirte den Meisterbrief erlangen können.
Hinzu kommen Schulungsangebote für Geflügelhalter, Praktikertage, Sachkundelehrgänge und Seminare. Themen wie artgerechte Haltung, Ei- und Fleischveredelung oder Herdenmanagement werden ebenso thematisiert wie die Brut von Land- und Wassergeflügel und die tiergerechte Schlachtung. Alle Angebote unterstützen Landwirte und professionelle Geflügelhalter, zum Teil richten sich die Bildungsangebote auch an engagierte Hobbyzüchter und private Kleintierhalter.