Pressemitteilung – 13. Juni 2024, Landkreis Ostallgäu
Wiesenmeisterschaft 2024 im Landkreis Ostallgäu: Die Jury unterwegs, um die beste Wiese zu finden

Bei einer Rundfahrt durch die Wettbewerbsregion hat eine Fachjury am Donnerstag, 13. Juni, fünf ausgewählte Wiesen begutachtet. Aus diesen werden die Gewinner der Wiesenmeisterschaft 2024 gewählt, die von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und dem BUND Naturschutz in Bayern gemeinsam veranstaltet wird. Mit dem Wettbewerb werden die Leistungen der Landwirte für die Erhaltung der Artenvielfalt durch eine besonders umweltgerechte Bewirtschaftung von Wiesen und Weiden gewürdigt.

Die Jury: Acht Menschen stehen in einer abschüssigen WieseZoombild vorhanden

Die Jury war am Donnerstag im Ostallgäu unterwegs für die Wiesenmeisterschaft 2024 (Foto: LfL)

Bei der inzwischen vierzehnten Wiesenmeisterschaft, die in diesem Jahr im Landkreis Ostallgäu stattfindet, konkurrierten 28 Teilnehmer um den Meistertitel. Seit Anfang Mai wurden alle Wiesen und Weiden von der Landschaftsplanerin Inge Steidl im Auftrag der Veranstalter begangen und anhand eines Punktesystems bewertet. Dabei wurde auf jeder Wiese erfasst, welche verschiedenen Arten von Kräutern dort wachsen. Aber nicht nur die Artenvielfalt auf der Wiese, sondern auch der Futterertrag, die wirtschaftliche Verwertung des Aufwuchses und der Kulturlandschaftswert wurden dokumentiert und bewertet. Aus der erreichten Punktezahl wurden die besten fünf Wiesen ermittelt, die nun die Jury begutachte.

Jury
Aufgabe der Jury ist es, aus den besten fünf Wiesen anhand eines Kriterienkatalogs über die Platzierung zu entscheiden. Die Gewinner werden im Rahmen einer Festveranstaltung am 9. Juli im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren bekanntgegeben. In der Jury wirken Expertinnen und Experten aus Naturschutz und Landwirtschaft mit, und zwar: Susanne Kuffer, Höhere Naturschutzbehörde an der Regierung von Schwaben, Franziska Mitzdorf, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kaufbeuren, Wildlebensraumberatung, Miriam Marihart, Öko-Modellregion Günztal, Stefan Kreppold, Landwirt aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Dr. Sabine Heinz, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Inge Steidl, Landschaftsplanerin und Annemarie Räder, BN-Regionalreferentin.

Artenreiche Wiesen sind wichtig für die Artenvielfalt
Extensiv genutzte Wiesen, also Wiesen die weniger gedüngt und später sowie seltener gemäht werden, gehören zu den artenreichsten Flächen in Bayern. Doch diese wertvollen Wiesen und Weiden sind stark im Rückgang begriffen. Viele landwirtschaftliche Betriebe haben ihre Tierhaltung aufgegeben und können deshalb das Grünland nicht mehr als Futter verwerten. Andererseits sind Betriebe mit Milchviehhaltung aufgrund niedriger Erzeugerpreise für Milch dazu gezwungen, intensiv zu düngen und häufig zu mähen, um ausreichend Futter für die Kühe zu produzieren. So kommen die Wiesenpflanzen nicht mehr zum Blühen und die Artenvielfalt geht zurück.
Von den rund 2.700 in Bayern heimischen Farn- und Blütenpflanzen kommt die Hälfte auf Dauergrünlandflächen vor. 53 Prozent davon sind nach Angaben des bayerischen Umweltministeriums in ihrem Fortbestand bedroht. Von den Wiesenblumen ist wiederum eine Vielzahl von Insekten abhängig wie z.B. Tagfalter. Diese sind eine überdurchschnittlich stark gefährdete Tiergruppe, 59 Prozent von ihnen sind in Bayern bedroht.

Artenreiche Wiesen brauchen gute Förderung
"Eine attraktive Förderung ist wichtig und muss weiter sichergestellt werden, denn die Landwirte verzichten durch die spätere Mahd und die reduzierte Düngung auf Ertrag und müssen mehr Zeit aufwenden, um z.B. steile Hanglagen zu mähen", sagt BN-Regionalreferentin Annemarie Räder.
Durch die Ausbildung der Ansprechpartner für die Wildlebensraumberatung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten trägt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft zur verbesserten Beratung der Landwirte bei. "Sie unterstützt Landwirte beispielsweise bei der ergebnisorientierten Grünlandnutzung, die seit 2023 über Ökoregelungen gefördert wird. Dabei sind die Landwirte nicht an strikte Mahdzeitpunkte oder Düngeverbote gebunden, sondern die Artenvielfalt wird über den Nachweis von vier Kennarten direkt honoriert", erläutert Dr. Sabine Heinz vom Institut für Agrarökologie der LfL.

Hintergrund:

Überblick über alle begutachteten Betriebe
Im Wettbewerbsgebiet Ostallgäu wurden insgesamt 28 Betriebe, darunter 16 Vollerwerbsbetriebe, begutachtet. Bei der Hälfte der Betriebe (14) handelt es sich um Milchviehbetriebe. Sechs Betriebe halten Mutterkühe. Hinzu kommen drei Rindermastbetriebe. Fast alle Betriebe halten Tiere, für die der Aufwuchs verwendet wird. Achtzehn Betriebe wirtschaften ökologisch.

Charakterisierung der fünf Betriebe, die von der Jury am 13. Juni begutachtet wurden:

1. Manfred Dorn, Obergünzburg
Betrieb: Reiner Grünlandbetrieb im Nebenerwerb (17 ha), Mutterkuhbetrieb (Original Braunvieh), Direktvertrieb ab Hof. EU-Bio.
Wiese: Artenreiche Extensivweide "Eschenloh" (1,1 ha) in Hanglage, leicht terrassiert Vertragsnaturschutz: extensive Beweidung
Kennzeichnende Arten: Schafgarbe, Frauenmantel, Wiesen-Flockenblume, Wilde Möhre, Witwenblume, Margerite, Kleine Prunelle, Wiesen-Salbei, Hornklee, Vogelwicke, Zaunwicke u.a.

2. Michael Samenfink und Sarah Sagemann, Oberthingau
Betrieb: Grünlandbetrieb im Haupterwerb (40 ha), davon 2 ha Ackerflächen, Mutterkuhhaltung (Ab-Hof-Schlachtung), Bioland seit 2018.
Wiese: Artenreiche Feuchtwiese "Linderspitz" (3,2, ha), Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 1.7. sowie ÖR5 („Artenreiches Grünland“). Zweischnittwiese, mehrere Teilflächen durch Wege und Gräben gegliedert, Waldrandanschluss.
Kennzeichnende Arten: Wiesen-Knöterich, Mädesüß, Bach-Nelkenwurz, Kuckuckslichtnelke, Großer Wiesenkopf, Trollblume, Wiesen-Platterbse, Hornklee, Bach-Kratzdistel, Geflecktes Knabenkraut u.a.

3. Axel und Maria Schneider, Pfronten
Betrieb: Reiner Grünlandbetrieb im Haupterwerb (48 ha), Milchviehhaltung, Bioland seit 2008
Wiese: Artenreiche Bergwiese "Lus" (1,84 ha) in z.T. sehr steiler Hanglage mit Buckelwiesencharakter, Waldrandanschluss. Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 1.7. (Einschnittwiese), schonende Mahd (Motormähereinsatz).
Kennzeichnende Arten: Große Sterndolde, Sumpf-Pippau, Mädesüß, Wiesen-Storchschnabel, Witwenblume, Margerite, Ährige Teufelskralle, Großer Wiesenknopf, Trollblume, Geflecktes Knabenkraut, Niedrige Schwarzwurzel, Kronenlattich, Durchblättertes Läusekraut, Berg-Hahnenfuß u.a.

4. Stefan Babel, Pfronten
Betrieb: Reiner Grünlandbetrieb im Nebenerwerb, Milchviehhaltung, Bioland seit 2021.
Wiese: Artenreiche Bergwiese "Hößles Geschön" (2,2 ha), in z.T. steiler Hanglage mit Buckelwiesencharakter. Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 1.7. (Einschnittwiese), schonende Mahd (Motormähereinsatz).
Kennzeichnende Arten: Frauenmantel, Große Sterndolde, Wiesen-Flockenblume, Bach-Kratzdistel, Sumpf-Pippau, Wiesen-Storchschnabel, Witwenblume, Margerite, Stattliches Knabenkraut, Berg-Hahnenfuß, Kleiner Wiesenknopf, Hornklee, Arnika, Kronenlattich, Niedrige Schwarzwurzel u.a.

5. Max und Andrea Gschmeißner, Trauchgau
Betrieb: Reiner Grünlandbetrieb im Vollerwerb (79 ha), Milchviehhaltung, Bioland seit 2001
Wiese: Artenreiche Buckelwiese "Gaisaubichl" mit bodensaurem Einschlag, Steillage mit Motormähereinsatz. Vertragsnaturschutz mit Schnittzeitpunkt 1.8. seit 32 Jahren (!), wertvolles Bergkräuterheu.
Kennzeichnende Arten: Frauenmantel, Wiesen-Flockenblume, Silberdistel, Skabiosen-Flockenblume, Echtes Labkraut, Witwenblume, Kleines Knabenkraut, Kugelige Teufelskralle, Großer Wiesenknopf, Trollblume, Hornklee, Niedrige Schwarzwurzel, Kleines Mädesüß, Arnika, Berg-Hahnenfuß, Heidelbeere, Blutwurz u.a.

Teilnahme- und Bewertungskriterien:

Teilnehmen konnten landwirtschaftliche Betriebe, die den Aufwuchs ihrer Wiesen und Weiden landwirtschaftlich verwerten, und deren Wiese mindestens einen halben Hektar Fläche umfasst.
Kriterien zur Bewertung der Wiesen:
Artenvielfalt: Es wurde die Gesamtzahl an Wiesenblumen – keine Gräser- erhoben. Das Vorkommen seltener Pflanzen, die einen hohen Gefährdungsgrad aufweisen, wurde zusätzlich honoriert. Außerdem brachte die gleichmäßige Verteilung der Arten auf der Wiese einen Zusatzpunkt. Im "Kulturlandschaftswert" spiegeln sich landschaftstypische Ausprägungen und Ensembles wieder, die für Identität und Unverwechselbarkeit stehen. Landwirtschaftliche Kriterien: Hier wurden der Ertrag und eine gute wirtschaftliche Verwertung des Aufwuchses, z.B. durch Verfütterung an den eigenen Viehbestand oder Verkauf, positiv bewertet. Das Vorkommen von für Weidetiere gefährlichen Giftpflanzen und lästigen Weideunkräutern (z.B. Ampfer oder Jakobs-Kreuzkraut) führte zu Punktabzügen. Außerdem wurde mit dem Kriterium "Zukunftsfähigkeit" eingeschätzt, welche Chancen die Wiese oder Weide hat, auch in den nächsten Jahren in der vorliegenden artenreichen Ausprägung weiter genutzt zu werden.

Kontakt:
Annemarie Räder, BN-Regionalreferentin, Tel.: 0170 4042797, Mail: annemarie.raeder@bund-naturschutz.de
Dr. Sabine Heinz, LfL-Institut für Agrarökologie, Tel.: 08161/8640-5825, Mail: wiesenmeisterschaft@lfl.bayern.de

Die Jury: Acht Menschen stehen in einer abschüssigen Wiese

Die Jury war am Donnerstag im Ostallgäu unterwegs für die Wiesenmeisterschaft 2024 (Foto: LfL)

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Landschaft mit grüner Wiese, auf der gelbe Blumen blühen.

Trollblumen und Vergißmeinnicht auf der Wiese von Familie Samenfink (Foto: Inge Steidl)

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Blaue Blumen auf einer artenreichen Wiese im Allgäu

Artenreiche Wiese im Allgäu (Foto: S. Heinz, LfL)

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Eine artenreiche Feuchtwiese mit vielen blühenden Blumen.

Eine Feuchtwiese bietet vielen Arten einen Lebensraum (Foto: S. Heinz, LfL).

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Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist das Wissens- und Dienstleistungszentrum für die Landwirtschaft in Bayern. Sie ist dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus unmittelbar nachgeordnet und erarbeitet Entscheidungsgrundlagen für Landwirte und Berater sowie die Politik und Verwaltung. Die Hauptstandorte der LfL sind Freising und Grub-Poing. Ihre Aufgabenfelder sind die anwendungsorientierte Forschung, die Ausbildung, die Beratung und der Hoheitsvollzug. Mit Ihrer Arbeit unterstützt die LfL eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft sowie eine vielfältige Kulturlandschaft.