Pressemitteilung – 09. August 2022, Pulling
DRYeGRASS-Projekt sichert Weidelgras als wichtigste heimische Eiweißquelle gegen Trockenheit ab

Das Deutsche Weidelgras ist für die Landwirtschaft – den Feldfutterbau und das Grünland – als auch für Rasenflächen eines der wichtigsten Kulturgräser. Doch der Klimawandel und die Trockenheit setzen dieser Kulturpflanze zu. Mit dem Abschluss des Forschungs- und Innovationsprojekts „DRYeGRASS – Genetische Analyse der Toleranz gegenüber temporären Trockenstress bei Deutschem Weidelgras“ hat die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft nun erste positiv selektierte Pflanzen, die deutlich besser mit trockenen Bedingungen zurechtkommen, an Züchter übergeben.

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LfL-Präsident Stephan Sedlmayer übergibt selektierte Pflanzen, die besonders resistent gegen temporären Trockenstress sind, an Züchter.

Durch den Klimawandel kommt es auch in Mitteleuropa immer öfter zu Dürreperioden und Trockenheit wird zum limitierten Faktor in der Pflanzenproduktion. „Unser Auftrag ist es die Landwirtschaft in dieser Situation zu begleiten und zu unterstützen. Durch den Klimawandel kommt insbesondere der Pflanzenzüchtung eine Schlüsselrolle bei der Sicherung und Schaffung resilienter Agrarsysteme zu“, sagte LfL-Präsident Stephan Sedlmayer bei der Abschlussveranstaltung Forschungs- und Innovationsprojekts „DRYeGRASS – Genetische Analyse der Trockenstresstoleranz bei Deutschem Weidelgras“ in Pulling.

In dem Projekt wurde die Vererbung der Toleranz gegen temporären Trockenstress bei Weidelgras untersucht. Temporärer Trockenstress tritt auf, wenn die Niederschlagsverteilung ungünstiger wird und die Pflanzen damit längere Phasen der Trockenheit ertragen muss – oft ändert sich die Jahresniederschlag dabei nur wenig. Dazu wurden 200 Sorten und Genbank-Akzessionen im Freiland an Trockenstandorten in Franken, Mecklenburg-Vorpommern und Frankreich geprüft. Eine Auswahl von 50 Sorten und Akzessionen daraus wurde dann in einer semi-kontrollierten Umwelt eines Rain-out-Shelters weitergeprüft. Es konnte eine große genetische Variation für das Merkmal Toleranz gegen temporären Trockenstress festgestellt werden – eine wichtige Voraussetzung für die weitere Arbeit.

Als nächstes wurden mit dem komplexen Merkmal temporären Trockenstress gut korrelierende sekundäre Selektionsmerkmale – wie z.B. „Massebildung nach Trockenstress“ identifiziert. Anschließend wurden besonders geeignete Pflanzen sowohl mit anfälligen Pflanzen als auch die toleranten untereinander verkreuzt. „Mit den so erzeugten spaltenden Modellpopulationen konnte die Vererbung auf DNA-Ebene erforscht und Kandidaten für molekulare Marker gefunden werden. Damit steht der Züchtung in der Zukunft eine deutlich schnellere Methode der Selektion auf dieses Merkmal zur Verfügung stehen“, sagt Projektleiter Dr. Stephan Hartmann von der LfL.

Mithilfe von innovativen, molekular basierten Züchtungsmethoden können nun gezielt Sorten gezüchtet werden, die unter den sich ändernden Umwelt- und Klimabedingungen gute Anpassungsfähigkeit auf Trockenheit zeigen bzw. durch eine erhöhte Wassernutzungseffizienz pro gegebener Einheit Wasser mehr Biomasse bilden können als die aktuellen Sorten. Bereits jetzt können als erste Ergebnisse, die im Projekt positiv selektierten Pflanzen an die praktische Züchtung übergeben werden, die diese für ihre weitere Züchtungsarbeit als Kreuzungspartner nutzen kann. „Damit sind wir auf einem guten Weg, um auch für die Zukunft die Erträge und Qualitäten in der Produktion von Grundfutter und damit einer der wichtigsten heimischen Eiweißquellen zu sichern“, sagte Sedlmayer.

Grünlandflächen sind besonders von der zunehmenden Trockenheit betroffen. Zum einen werden überwiegend nicht-ackertaugliche Flächen als Grünland genutzt, die z.T. durch ungünstige Bodenarten oder heute schon geringen Niederschlägen von Trockenheit geprägt sind. Zum anderen werden die Pflanzenbestände im Grünland über viele Jahre genutzt und durchlaufen auf diese Weise mehrere Stressphasen. Eine künstliche Bewässerung von Grünlandflächen ist in der Regel weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll.

Dem Deutschen Weidelgras kommt dabei besondere Bedeutung zu, da es wegen seines Ertragspotentials, der Schnittverträglichkeit und dem hohen Futterwert zu den bevorzugten Arten im intensiven Grünland und im Ackerfutterbau gehört, aber bei Trockenheit mit starken Ertragseinbußen reagiert. Um die Toleranz gegen temporäre Trockenstressphasen züchterisch zu verbessern, hat sich unter dem Dach der GFPi-Arbeitsgruppe „Futterpflanzen“ ein Konsortium zusammengefunden, das seit dem 2011 gemeinsam an dieses Thema arbeitet.

In der ersten von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geförderten Projektphase konnten von 2011 bis 2014 geeignete trockenstressrelevante Selektionsmerkmale bei Deutschem Weidelgras identifiziert und Einzelklone mit divergenter Trockenstressantwort für weitere Arbeiten selektiert werden. In einer vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finanzierten Projekt-Zwischenphase konnten 2015 und 2016 aus den selektierten Einzelpflanzen spaltende Kreuzungspopulationen erzeugt werden, die die Grundlage für das nun abgeschlossene, von der BLE im Rahmen der Innovationsförderung finanzierte Projekt „DRYeGRASS“ ab 2016 darstellen.

„Auf dieser Basis gilt es, die jetzt gefundenen Marker-Kandidaten praxisreif werden zu lassen, die gefundenen Ploidie-Effekte abzusichern und zu prüfen, wie breit die Marker in der Selektion eingesetzt werden können“, sagt Projektleiter Hartmann . Fragen, die ihn und seine Kolleginnen und Kollegen nun beschäftigen: Können die Marker in Weidelgras breit eingesetzt werden? Können sie auch auf andere Gräserarten übertragen werden? Und ist nicht letztlich auch Getreide ein Gras? Fragen für Folgeprojekte gibt es also genug.

Übergabe von Pflanzen aus DRYeGRASS-Projekt an Züchter

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer übergibt selektierte Pflanzen, die besonders resistent gegen temporären Trockenstress sind, an Züchter. (Birgit Gleixner / LfL)

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Projektleiter Dr. Stephan Hartmann stellt die Ergebnisse aus dem DRYeGRASS-Projekt vor.

Projektleiter Dr. Stephan Hartmann stellt die Ergebnisse aus dem DRYeGRASS-Projekt vor. (Birgit Gleixner / LfL)

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Versuche mit Deutschem Weidelgras im Zuchtgarten Pulling.

Versuche mit Deutschem Weidelgras im Zuchtgarten Pulling. (Birgit Gleixner / LfL)

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Übergabe von Pflanzen aus DRYeGRASS-Projekt an Züchter

LfL-Präsident Stephan Sedlmayer übergibt selektierte Pflanzen, die besonders resistent gegen temporären Trockenstress sind, an Züchter. (Birgit Gleixner / LfL)

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Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist das Wissens- und Dienstleistungszentrum für die Landwirtschaft in Bayern. Sie ist dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unmittelbar nachgeordnet und erarbeitet Entscheidungsgrundlagen für Landwirte und Berater sowie die Politik und Verwaltung. Die Hauptstandorte der LfL sind Freising und Grub-Poing. Ihre Aufgabenfelder sind die anwendungsorientierte Forschung, die Ausbildung, die Beratung und der Hoheitsvollzug. Mit Ihrer Arbeit unterstützt die LfL eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft sowie eine vielfältige Kulturlandschaft.