NIRS-Untersuchung von Kartoffeln

Entwicklung einer schnellen NIRS-Methode zur Bestimmung von Proteinen in der Kartoffel und Untersuchung weiterer Inhaltsstoffe

Die derzeitigen Verfahren zur Bestimmung des Proteingehalts von Kartoffeln sind nach einem nasschemischen Aufschluss entweder eine fotometrische Bestimmung oder die üblichen, aufwändigen Verfahren zur Ermittlung des pflanzlichen Stickstoffs, Kjeldahl oder Dumas.

Zielsetzung

In Zusammenarbeit mit dem TUM-Lehrstuhl für Technologie und Biotechnologie der Lebensmittel sollte unter Verwendung der Nah-Infrarot-Reflexions-Spektroskopie (NIRS) ein Verfahren zur zerstörungsfreien Messung des Proteingehalts bei Kartoffeln entwickelt werden. Im Untersuchungswesen würde eine solche Methode erhebliche Zeit- und Kostenersparnis bedeuten, für die Pflanzenzüchter könnte diese Methode ein neues Instrument zum Screening von Kartoffelsorten sein.

Methode

Als Probenvorbereitung wurden für die Nah-Infrarot-Reflexions-Spektroskopie verschiedene Methoden mit un-terschiedlichen Zerstörungsgraden angewendet. Von der Messung der ganzen Kartoffel, über eine Messung des Anschnitts einer halbierten Knolle, des Kartoffelmuses bis hin zur Messung der getrockneten und fein vermahlenen Kartoffel. Gemessen wurden jeweils etwa 20 Einzelspektren pro Probe. Um aus den Spektren mittels NIRS den Proteingehalt von Kartoffeln ermitteln zu können, muss dann eine Kalibration erstellt werden, bei der alle nasschemisch ermittelten Proteingehalte mit den über NIRS erhaltenen Spektren statistisch verrechnet werden. Dabei war festzustellen, dass es bei den untersuchten Bedingungen alle Verarbeitungsarten, außer der ganzen Kartoffel, zu anwendbaren Methoden führten, wobei die Genauigkeit mit dem Verarbeitungsaufwand zunahm.

Durchführung

Um mittels NIRS den Proteingehalt von Kartoffeln ermitteln zu können, muss zunächst eine Kalibration erstellt werden, bei der der meist nasschemisch ermittelte Proteingehalt dem über NIR erhaltenen Spektrum zugeordnet wird. Dies wird mit unterschiedlichen Proben und unterschiedlicher Konzentration des Proteins wiederholt. Erst wenn eine ausreichende Genauigkeit dieser Kalibration erreicht ist, kann diese Methode eigenständig den Proteingehalt abschätzen.
Die Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl und anschließender Umrechnung auf Protein ist die anerkannte DIN- und Referenzmethode. Sie verspricht die genauesten Ergebnisse und wurde deshalb als Standardverfahren für die nachfolgenden Proteinbestimmungen gewählt. Die Rohproteinbestimmung nach Kjeldahl ist eine anerkannte DIN- und Referenzmethode zur Bestimmung von Stickstoff und Protein. Hierbei handelt es sich um eine feuchte Veraschung organischen Materials. Hierbei wird heiße konzentrierte Schwefelsäure eingesetzt, um die zu analysierende Substanz zu zerstören. Der freigesetzte Stickstoff wird hierbei quantitativ in (NH4)2SO4 umgewandelt. (Kjeldahl, 1883)
Durch Zugabe von Natronlauge wird das gebundene Ammonium als Ammoniak freigesetzt und über eine Wasserdampfdestillation in eine Borsäurevorlage überführt. Das entstandene Ammoniumborat wird mit 0,1 N Schwefelsäure titriert.

Die Nah-Infrarot-Reflexions-Spektroskopie (NIRS)

LiniendiagrammZoombild vorhanden

NIRS-Absorptionsspektrum einer Kartoffelprobe

„Alle organischen Stoffe bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor
und Schwefel, zusätzlich zu geringen Mengen anderer Elemente. Diese sind durch kovalente Bindungen verbunden
und formen so Moleküle. Diese Bindungen sind beständig in Bewegung, man nennt diese Schwingungen den
Grundzustand. Sie finden in Wellenlängen des Infrarotbereichs des elektromagnetischen Spektrums statt.“ (American
Association of Cereal Chemists., 1987)
Der Nahinfrarotbereich erstreckt sich von 750 nm bis hin zu 2600 nm. Es handelt sich hierbei um eine Wärmestrahlung, die sich direkt oberhalb des Bereichs des sichtbaren Lichts, welcher von 380 bis 780 nm reicht, anschließt.
Für die Nah-Infrarot-Spektroskopie sind lediglich solche intramolekularen Bindungen relevant, die einen Dipol bilden. Typisch hierfür sind C-H, N-H und O-H. Alle Verbindungen derselben Sorte in einem Molekül schwingen in für sich charakteristischen Frequenzen.

Ergebnisse

Ergebnisse der methodischen Entwicklung

Das Hauptziel dieser Arbeit war es, ein Messverfahren zu entwickeln, welches möglichst zerstörungsfrei, schnell und günstig die Bestimmung der Proteinkonzentration in Kartoffeln ermöglicht. Schnell stellte sich heraus, dass eine vollkommen zerstörungsfreie Methode, die ganze, gewaschene Kartoffeln durch ihre Schale messen sollte, nur bedingt praxistauglich ist. Lediglich bei Kartoffeln, die eine sehr flache Form aufwiesen, konnten reproduzierbare Ergebnisse erzeugt werden. Die Spektren typisch runder Kartoffeln wichen bereits bei der Doppelbestimmung sichtbar von einander ab. Dies resultierte vor allem aus der Tatsache, dass aufgrund der Rundung die eingestrahlte NI-Strahlung reflektiert wurde und nicht zum Detektor gelangte.

Ergebnisse der Analysen

Liniengerade mit PunktenZoombild vorhanden

Kalibrationsgerade des Proteingehalts in der TM

Die NIR-Spektren der unterschiedlichen Kartoffelsorten unterschieden sich deutlich, Messungen von Knollen der gleichen Sorte wiesen jedoch fast keine spektroskopischen Unterschiede auf. Aus diesem Grund wurden die oben genannten Kalibrationen für weitere Untersuchungen erstellt.
Als Beispiel für eine erstellte Kalibrationsgerade zeigt die folgende Abbildung die Gerade, die für den Proteingehalt der halben Kartoffel im Bezug auf ihre Trockenmasse erzeugt wurde.
Diese weist ein sehr gutes Bestimmtheitsmaß von R² = 0,875 auf, was bedeutet, dass 87,5 % aller Abweichungen direkt durch die erstellte Methode erklärt werden können. Das bedeutet, die Methode ist sortenspezifisch einsetzbar und weist eine hohe Genauigkeit und Reproduzierbarkeit auf.
Wie vermutet, hatten auch die Mus-Spektren, ebenso wie die NIR-Spektren der halben Kartoffeln eine sehr gute Reproduzierbarkeit. Dementsprechend wurden die aufgenommenen Spektren zur Bildung einer Kalibration weiter verwendet. Auch hier zeigte sich eine sehr gute NIRS-Schätzung der Proteingehalte in der Trockenmasse.
Als Abschluss der gesamten Untersuchungen wurde jeweils das für die Proteinbestimmung nach Kjeldahl getrocknete Pulver entsprechend im Nah-Infrarot gemessen und das entsprechende Absorptionsspektrum bestimmt.
Es wurde angenommen, dass diese Methode die beste Kalibration liefern würde, da das zu messende Protein wasserfrei, und damit höher konzentriert, und homogen verteilt vorliegt. Allerdings ist diese Verarbeitung die bei weitem aufwändigste und erfordert zusätzliche Laboreinrichtungen, wie Trockenschrank, Spezial-mühlen und Abzug und ist deswegen in keinster Weise mehr durch die Züchter durchführbar. Wie erwartet ergab sich hierbei die beste Kalibration, mit einem R² = 93,1%.
SäulendiagrammZoombild vorhanden

Verteilung der Proteingehalte

Die Abbildung zeigt die insgesamt 204 verwendeten Kartoffelsorten, die in die Protein-Kalibration eingegangen sind. Die mit der neuen Methode gemessenen Kartoffelsorten konnten eindeutig bezüglich ihres Proteingehalts unterschieden werden. Dabei gab es keinen Zusammenhang zwischen der Proteinmenge und der Nutzungsform, z.B. ob es sich um eine Stärke- oder Speisekartoffel handelte. Zu erkennen ist an der Abbildung, dass die meisten Kartoffeln von etwa 7 % in der TS aufweisen (Mitte der Verteilung). Es gibt allerdings auch Kartoffelsorten, die wesentlich weniger, bis knapp unter 3 % Protein haben und wieder andere, die mehr als 12 % Protein aufweisen.
Mit solchen proteinreichen Sorten könnte die Idee, der Züchtung einer „Proteinkartoffel“ zur Verbesserung der Proteinversorgung in der Ernährung bzw. zur Anwendung im Futtermittelbereich, verwirklicht werden.
Im Verhältnis zu konventionellen Proteinbestimmungen bei Kartoffeln ist die bei AQU 2 entwickelte NIRSMethode schneller, kostengünstiger, hinreichend genau und da auch keinerlei Chemikalien verwendet werden müssen, sehr umweltfreundlich. Bei den erstellten NIRS-Kalibrationen zeichnete sich ab, dass die Genauigkeit mit der Probenvorbereitungszeit zunahm. Während eine zerstörungsfreie Untersuchung der ganzen Knolle unter den untersuchten Bedingungen noch keine reproduzierbaren Ergebnisse lieferte, konnte bereits durch einen geringen Mehraufwand bei der Untersuchung einer aufgeschnittenen Knolle (Halbschnitt) eine gute Proteinbestimmung durchgeführt werden.
Mit dieser neuen Methode kann ein Züchter schon in einem sehr frühen Stadium etwas über die Inhaltsstoffe der Kartoffeln und damit über seinen Zuchterfolg aussagen und sogar die halben Knollen für die Züchtung weiter verwenden.
Ebenfalls wurde hier die Basis geschaffen, um mit dieser NIR-Spektroskopie eine schnelle und genaue Methode zur Bestimmung der Bestimmung des Stärkegehalts der Proben zu ermitteln. Die Stärkemessungen müssen jedoch in einer späteren Arbeit noch mit einer großen Anzahl nasschemisch ermittelter Laborwerte verglichen werden bevor auch die schnelle Stärkemessung für den Züchter zur Verfügung steht.