Verhaltensuntersuchungen bei Gelbvieh und Fleckvieh zur Optimierung der Liegefläche
Tiergerechtheit und Wohlbefinden sind immer öfter Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Besonders das Liegeverhalten von Rindern ist von großem tierschutzrechtlichem Interesse. Es kann als Indikator für die Tiergerechtheit von Haltungssystemen dienen. Dabei ist entscheidend, die Ansprüche der Tiere zu kennen, um ihnen ein uneingeschränktes Ausüben des Liegebedürfnisses zu ermöglichen.
Zielsetzung
Es gibt viele Faktoren, wie die Rasse, das Geschlecht, das Haltungssystem, das Alter, das Gewicht, und vor allem die Umwelt, die auf das Durchschnittsverhalten Einfluss nehmen.
Durch intensive Untersuchungen unter optimalen Bedingungen sollte versucht werden, normales Liege- und Aktivitätsverhalten zu definieren.
Das Verhalten wurde anhand digitaler Videoaufzeichnungen und spezieller Pedometerdaten analysiert.
Methode
Die Untersuchungen wurden durchgeführt an den
Der Versuch war dreifaktoriell angelegt nach Geschlecht (Mastbullen, Zuchtfärsen), Rasse (Fleckvieh, Gelbvieh) und Haltungssystem (Tretmist, Tiefstreu).
48 Tiere wurden in 8 Gruppen (2*6 FV ml, 2*6 GV ml, 2*6 FV wbl, 2*6 GV wbl) aufgeteilt und auf die Ställe verteilt. Die sehr großzügig bemessenen Buchten boten jedem Tier durchschnittlich 5,32 m² Liegefläche und 3,13 m² Lauffläche, d.h. der Versuch fand nicht unter Praxisbedingungen statt.
Nach einem Vorversuch (2003/04) zum Überprüfen der eingesetzten Technik erfolgten zwei Wiederholungen September 2004 bis April 2005 und September 2005 bis Juni 2006. Die Versuchstiere wurden alle 2 Monate gewogen. Eine automatische Tiererkennung in der Waage mittels Ohrtransponder ermöglichte die direkte Abspeicherung der Tiergewichte in einer Datenbank.
Zur Untersuchung des Aktivitäts- und Ruheverhaltens waren 28 ALT-Pedometer (Aktivität, Liegen, Temperatur) im Einsatz, die gleichmäßig auf die 8 Versuchsgruppen aufgeteilt wurden. Die im Zwei-Minuten-Intervall festgehaltenen Aktivitätsdaten und die im 15-Sekunden-Takt erfassten Daten zur Liegeposition wurden stündlich ausgelesen und in einem im Stall installierten PC abgespeichert. Die Datensicherung und –überwachung erfolgte per ISDN-Verbindung von der Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub aus. Die Aktivitätsdaten der Pedometer wurden im 1. Durchgang mittels Videodaten verifiziert. Dabei zeigte sich eine 80-94%ige Übereinstimmung (Tutsch 2005).
Auswertung und Ergebnisse
Der 1. Durchgang wurde bereits im Rahmen einer Diplomarbeit (Titel: Untersuchungen zum Liegeverhalten bei Gelbvieh und Fleckvieh in Tiefstreu- und Tretmisthaltung) eingehend ausgewertet. Für die Auswertung der Pedometerdaten wurden pro Monat im 1. Durchgang jeweils fünf aufeinanderfolgende Tage ausgewählt, im 2. Durchgang jeweils drei Fünf-Tage-Intervalle. Problematisch war vor allem im 1. Durchgang die sehr inhomogene Altersverteilung der Tiere (bis zu 200 Tage Unterschied) und damit das sehr unterschiedliche Einstellgewicht der Tiere. Als Kenngrößen zur Beurteilung der Verhaltensentwicklung wurden die durchschnittlichen Ruhestunden/Tag, die durchschnittliche Länge der Ruheperioden, die Anzahl Liegeperioden/Tag sowie die Ruheverteilung über 24 Stunden ermittelt, um die Veränderung in der Tagesrhythmik zu untersuchen.
Die Gesamtliegedauer je Tag lag über die Untersuchungszeiträume aller Monate bei durchschnittlich 13,6 bzw. 13,5 Stunden. Das Geschlecht hatte in beiden Durchgängen einen signifikanten Einfluss auf die Gesamtliegedauer, während Rasse und Haltungssystem keinen signifikanten Einfluss zeigten. Ein Einfluss des Gewichtes der Tiere war im 1. Durchgang gar nicht nachzuweisen, im 2. Durchgang dagegen hoch signifikant.
Der durchschnittliche Anzahl der Liegeperioden pro Tag war in beiden Versuchsdurchgängen mit 16,2 Perioden fast identisch. Signifikante Einflüsse hatte das Geschlecht, die Rasse, die Altersgruppe und das Gewicht der Tiere. Das Haltungssystem zeigte hingegen keinen signifikanten Einfluss.
Die Dauer einer Liegeperioden lag im Mittel im 1. Durchgang bei 54,0 Minuten, im 2. Durchgang bei 51,8 Minuten. Klare Unterschiede zeigten sich zwischen den Geschlechtern, wobei die männlichen Tiere in beiden Durchgängen deutlich kürzer ruhten als die weiblichen Tiere. Mittels Varianzanalyse wurden Effekte des Geschlechtes sowie Rasse, Haltung, Gewicht und Altersgruppe festgestellt.
Zusammenfassung der Ergebnisse nach Rasse, Geschlecht und Haltung
Zusammenfassung der Ergebnisse nach Rasse, Geschlecht und Haltung | Ruhestunden/ Tag | Ruhestunden/ Tag | Ruheperioden/ Tag | Ruheperioden/ Tag | Perioden- dauer in min | Perioden- dauer in min |
| 1. DG | 2. DG | 1. DG | 2. DG | 1. DG | 2. DG |
Fleckvieh | 14,45 | 13,55 | 17,35 | 16,47 | 51,61 | 51,37 |
Gelbvieh | 13,08 | 13,51 | 15,11 | 16,07 | 56,42 | 52,34 |
ml | 13,49 | 13,68 | 17,23 | 16,88 | 49,49 | 50,71 |
wbl | 13,83 | 13,29 | 14,66 | 15,25 | 61,23 | 53,75 |
Tretmist | 13,73 | 13,63 | 16,02 | 17,00 | 55,54 | 50,05 |
Tiefstreu | 13,51 | 13,52 | 16,44 | 15,67 | 52,49 | 53,34 |
Mittelwert | 13,62 | 13,53 | 16,23 | 16,27 | 54,01 | 51,84 |
Für die Analyse des Liegeflächenbedarfes ist neben der Dauer und Häufigkeit des Ruhens auch die Verteilung dieses Verhaltens über den Tag von Bedeutung. Unterschiede ergaben sich vor allem während der Vormittagsstunden sowie am späten Nachmittag.
Über die Gesamtzeit des 1. Durchgang ruhten zu diesen Zeiten die weiblichen Rinder eindeutig mehr als die männlichen Rinder wie auch die Fleckviehrinder mehr als die Gelbviehrinder.
Ruheanteil/ Tag nach Geschlecht
Ruheverteilung über 24 Stunden nach Rasse
Ruherhythmen bei Fleckviehbullen über den Versuchszeitraum
Bei der genaueren Untersuchung der Tagesrhythmik mittels Zeitreihenanalysen waren Rhythmen von 6, 8, 12 und naturgemäß auch 24 Stunden erkennbar.
Projektinformation
Projektleiter: Prof. Dr. K. Reiter
Projektbearbeiter: A. Koßmann, S. Tutsch, G. Plesch, P. Oppermann
Laufzeit: Dezember 2003 - Juni 2006
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
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