Körnerhirse – ein vielversprechendes Futtermittel für die Geflügelernährung

Körnerhirse als robuste C4-Pflanze zeichnet sich durch eine besonders effiziente Photosynthese aus und verbraucht im Vergleich zu C3-Pflanzen wie beispielsweise Weizen, Gerste und Kartoffeln weniger Wasser. Aufgrund dieser herausragenden pflanzenbaulichen Eigenschaften rückt die Körnerhirse als Alternative zu Körnermais und Weizen in den Fokus der Geflügelernährung. Fütterungsversuche zeigen, dass ihr Einsatz keine Leistungseinbußen verursacht. Die Ergebnisse weisen auf vielversprechende Möglichkeiten für eine nachhaltige Landwirtschaft hin.

Der Körnerhirseanbau – Globaler und europäischer Trend

Global gesehen gehört Körnerhirse (Sorghum bicolor (L.) Moench), auch bekannt als Körnersorghum, mit einer Produktionsmenge von etwa 60 Millionen Tonnen zu den wichtigsten Getreidearten der Welt (STATISTA, 2023). Sie nimmt den fünften Platz nach Mais, Weizen, Reis und Gerste ein und trägt mit einem Anteil von ca. zwei Prozent zur weltweiten Getreideproduktion bei. In den letzten Jahren hat der Anbau von Körnerhirse auch in Europa zugenommen. Die 28 EU-Länder produzieren jährlich über eine Millionen Tonnen, wobei Frankreich der größte Produzent ist, gefolgt von Italien, Rumänien und Ungarn (PROPLANTA, 2021). Richtet man den Blick nach Deutschland, so ist auch hier ein Anstieg des Körnerhirse­anbaus zu erkennen.

Pflanzenbauliche Vorteile

Einige Hähnchenküken im Stall.Zoombild vorhanden

Hähnchenküken am ersten Lebens­tag im Versuchs­stall am Staats­gut Kitzingen

Grund sind veränderte Klimabedingungen, insbesondere langanhaltende Trockenperioden, welche vor allem in Sachsen-Anhalt und Brandenburg, aber auch in Regionen Bayerns zu beobachten sind. In solchen Trockenlagen kann die Hirse als sogenannte C4-Planze ihre Vorteile gegenüber anderen Getreidearten ausspielen. Sie gilt als hitze- und trockenheits­tolerant und kann aufgrund ihres tiefen Wurzelwachstums sehr gut mit vergleichsweise geringen Wassermengen umgehen. Eine spezielle Wachsschicht auf den Blättern und am Halm führt zu einer geringen Wasser­verdunstung. Auch die einfache Kulturführung und der vergleichsweise geringe Anspruch an den Boden sprechen für den Anbau dieser Kultur. Im Bereich der Human­ernährung bietet Körnerhirse aufgrund ihres glutenfreien Charakters vielversprechende Möglichkeiten für die Herstellung von Lebensmitteln, die speziell für Menschen mit Zöliakie entwickelt werden.

Körnerhirse in der Tierernährung: Nährstoffvergleich mit Körnermais und Weizen

Mit Fokus auf die Tierernährung stellt sich die Frage nach der Eignung der Körnerhirse als Alternative zu Körnermais und Weizen. Im folgenden Beitrag soll die Körnerhirse nährstofflich betrachtet und Möglichkeiten des Einsatzes in Geflügelrationen aufgezeigt werden. Im Rahmen eines Forschungs- und Innovationsprojekts werden an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft Sortenversuche zum Anbau von Körnerhirse durchgeführt an. Die in Tabelle 1 dargestellten Nährstoffgehalte, die sich über zwei Standorte in Unterfranken und Oberbayern sowie 16 Genotypen erstrecken, zeigen eine gewisse Variabilität. Ein Vergleich der Nährstoffgehalte zwischen Körnerhirse und Körnermais zeigt, dass die Rohprotein­gehalte vergleichbar sind, wenngleich die Gehalte an den essenziellen Aminosäuren Methionin, Lysin und Threonin in der Körnerhirse etwas niedriger sind. In Bezug auf die praecaecale AS-Verdaulichkeit zeigen sich in der Literatur folgende Unterschiede: Körnermais weist eine leicht höhere Verdaulichkeit von Methionin und Threonin auf, während die Verdaulichkeit von Lysin bei Körnerhirse und Körneramis vergleichbar ist. Des Weiteren liegt der Energiegehalt der Körnerhirse etwas unter der von Körnermais (Tabellen 1 und 2).
Masthähnchen im Stall.Zoombild vorhanden

Masthähnchen am 13. Lebenstag

Im Vergleich mit Weizen zeigt sich, dass Körnerhirse einen niedrigeren Rohproteingehalt aufweist. Dies trifft gleichermaßen auf die quantitative Betrachtung der Aminosäuren zu. Es gilt aber auch zu erwähnen, dass Weizen pro 100 g Rohprotein weniger Methionin enthält als Körnerhirse. In Bezug auf das Verhältnis von g Lysin zu 100 g Rohprotein erweist sich Weizen dagegen als vorteilhafter. Bei den Verdaulichkeitswerten zeigt sich, dass die Methioninverdaulichkeiten vergleichbar sind, Körnerhirse jedoch bei Lysin besser abschneidet. Hinsichtlich der Energieversorgung ist die Körnerhirse aufgrund eines höheren Rohfett- und Stärkegehaltes im Vorteil (Tabellen 1 und 2).

Tabelle 1: Energiedichte und Nährstoffgehalte der Körnerhirse im Vergleich zu Körnermais und Weizen in Bayern 2022; Tabelle 2: Aminosäuren-Verdaulichkeit von Körnerhirse, Körnermais und Weizen beim Geflügel pdf 152 KB

Ergebnisse praktischer Fütterungsversuche in der Geflügelmast und Legehennenhaltung

Masthähnchen im Stall.Zoombild vorhanden

Masthähnchen am 20. Lebenstag

Angesichts der Tatsache, dass Weizen und Körnermais in deutschen Geflügelrationen in erheblichem Maße enthalten sind, stellt sich die Frage, in welchem Umfang diese Getreidekomponenten durch Körnerhirse ersetzt werden können, ohne die Leistung negativ zu beeinflussen. Am Versuchs- und Bildungszentrum Geflügel, Staatsgut Kitzingen, wurde in einem praktischen Fütterungsversuch an 800 schnellwachsenden Broilern (Ross 308; mittleres Kükengewicht: 43,5 g) Körnermais und Weizen zu ca. 50 % durch Körnerhirse in Standard- und N-/P-reduzierten Rationen substituiert und die Auswirkungen auf die Mast- und Schlachtleistungen untersucht. Darüber hinaus wurde der Frage nachgegangen, welchen Einfluss unvermahlener Weizen und unvermahlene Körnerhirse in pelletierten Alleinfuttermitteln auf die zootechnischen Leistungsparameter ausübt. Die Fütterung erfolgte über eine 3-Phasen-Mast, bestehend aus Starter- (0. bis 10. Tag), Grower- (11. bis 24. Tag) und Finisherphase (25. bis 34. Tag). In der Starterphase erhielten alle Tiere identische Alleinfuttermischungen (12,5 MJ ME/kg FM, 12,5 g Lysin/kg FM). Die Rationen der Grower- und Finisherphase unterschieden sich hinsichtlich der verwendeten Getreidearten (Körnermais, Weizen [MW] und Körnerhirse [H]), der Vermahlung des Getreides vor der Pelletierung (vermahlen [v] und. unvermahlen [u]) sowie des N- und P-Gehaltes (Standard [S] und N-/P-reduziert [R]) (Tabelle 3).

Tabelle 3: Zusammensetzung der Versuchsmischungen sowie der kalkulierten Nährstoffgehalte pdf 151 KB

In den Tabellen 4 und 5 werden die Ergebnisse der Mast- und Schlachtleistung veranschaulicht. Während die Substitution von vermahlenem Weizen (SvMW) durch vermahlene Körnerhirse (SvH) in der Standardration keinen Effekt auf die Lebendmasse zu Versuchsende ausübte, resultierte der Einsatz unvermahlener und vermahlener Körnerhirse in N-/P-reduzierten Rationen (RuH/RvH) in verringerten täglichen Zunahmen sowie einem erhöhten Futteraufwand. Der Futterverbrauch blieb über alle Futtergruppen hinweg unbeeinflusst. Die N- und P-Effizienz unterschied sich zwischen den Standardrationen, unabhängig von der eingesetzten Getreideart, nicht. Demgegenüber wiesen die N-/P-reduzierten Rationen unter Einsatz von Körnerhirse eine geringere N-Effizienz im Vergleich zu den weiteren N-/P-reduzierten Rationen auf.
Die Substitution von Weizen und Körnermais durch Körnerhirse führte unter Anwendung der Standardfütterung zu einer Reduzierung des Schlachtkörpergewichts, des relativen Brust- und Abdominalfettanteils, während die Ausschlachtung vergleichbar blieb. Unter Anwendung der N-/P-reduzierten Rationsgestaltung und Einsatz unvermahlener Körnerhirse (RuH) zeigten die Tiere geringere Schlacht­leistungs­ergebnisse im Vergleich zu RuW. Anders als bei PUNTIGAM et al., 2023 hatte die Partikelgröße unabhängig von der Getreideart keinen Einfluss auf den Anteil des Muskelmagens am Schlacht­körper­gewicht.(Tabelle 5).

Tabelle 4: Ergebnisse der Mastleistung sowie der kalkulierten N- und P-Effizienz; Tabelle 5: Ergebnisse der Schlachtleistung am 35. Masttag pdf 132 KB

Masthähnchen im Versuchsstall.Zoombild vorhanden

Masthähnchen im Versuchs­stall am 29. Lebenstag

In einem weiteren Fütterungsversuch mit Broilern (Ross 308), welcher an der Universität für Bodenkultur in Wien durchgeführt wurde, wurde Körnermais zu 50 % bzw. 100 % durch Körnerhirse substituiert (PUNTIGAM et. al, 2020). Auch hier wurde der Frage nachgegangen, welchen Einfluss unvermahlene Körnerhirse in pelletierten Alleinfuttermitteln auf die produktionstechnischen Leistungsparameter ausübt. Im Vergleich zur maisbasierten Kontrollgruppe wurden in den Versuchsgruppen keine Unterschiede in den täglichen Zunahmen, dem Futterverbrauch und Futteraufwand nachgewiesen. Auch der Einsatz unvermahlener Hirse wirkte sich nicht negativ auf die Leistungsparameter aus, steigerte jedoch die Durchschnitts­partikel­größe der Futterration. Die Ergebnisse einer analog aufgebauten Studie in der Legehennen­fütterung waren ebenfalls ohne negative Auswirkungen auf die Lebendmasse, die Legeleistung, das Eigewicht und die Schalen­bruchfestigkeit (MAUERHOFER, 2019). Signifikante Effekte waren jedoch in der Dotterfarbe zu erkennen. Aufgrund der fehlenden natürlichen Farbpigmente in der Körnerhirse, resultierte die vollständige Substitution des Körnermaises in einer deutlich erkennbaren Dotter­aufhellung. Durch die Supplementierung von Carotinoiden (Apo-Ester und Tagetesblüten) konnte der negative Effekt der Dotter­aufhellung verringert werden.

Fazit für die Praxis

Die Resultate der Erhebungen zeigen, dass Körnerhirse zumindest teilweise als Ersatz für Körnermais und/oder Weizen in der Geflügelfütterung eingesetzt werden kann, ohne dass dies zu Leistungseinbußen führt. Zur Sicherstellung der Produktqualität müssen in der Legehennenfütterung Farbpigmente ergänzt werden. Von entscheidender Bedeutung ist dabei auch, dass Geflügelhalter die Einzelkomponenten und Futterrationen – aufgrund der hohen Variabilität der Rohstoffgehalte – auf ihre Nährstoffgehalte untersuchen lassen. Darüber hinaus sollten speziell auf den Leistungsbedarf der Tiere abgestimmte Mineralfutter­konzepte mit einer hochwertigen Aminosäuren- und Phytaseausstattung nicht fehlen, um N-/P-reduzierte Fütterungskonzepte umsetzen zu können. Die Praxis zeigt, dass eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Rations­zusammensetzung unerlässlich ist, um eine bedarfs- und leistungsgerechte Fütterung sicherzustellen. Nur wer misst, kann steuern und das genetische Leistungs­potential des Geflügels optimal ausschöpfen.

Versuchsleiter und beteiligte Institute
Katja Krebelder, Reinhard Puntigam, Philipp Hofmann, Felicitas Ahrens, Janina Goldbach
Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft, LfL, Grub, Institut für Landtechnik und Tierhaltung, LfL, Kitzingen, Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, LfL, Schwarzenau

Literaturquellen

  • EVONIK (2016): AMINODat® 5.0. Evonik Nutrition & Care GmbH, Animal Nutrition, Hanau, Deutschland
  • DLG – Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (2014): Bilanzierung der Nährstoffausscheidungen landwirtschaftlicher Nutztiere, 2. Auflage. Arbeiten der DLG, Band 199. DLG-Verlag, Frankfurt am Main.
  • MAUERHOFER, D. (2020): Einsatz von Körnerhirse in der Legehennenfütterung. Masterarbeit. Universität für Bodenkultur Wien.
  • PUNTIGAM, R., BRUGGER, D., SLAMA, J., INHUBER, V., BODEN, B., KRAMMER, V., WETSCHEREK W. (2020): The effects of a partial or total replacement of ground corn with ground and whole-grain low-tannin sorghum (Sorghum bicolor (L.) Moench) on zootechnical performance, carcass traits and apparent ileal amino acid digestibility of broiler chickens. Livestock Science, 241, 104187.
  • PROPLANTA (2021): Das Informationszentrum für die Landwirtschaft. https://www.proplanta.de/agrar-nachrichten/pflanze/sorghum-gewinnt-weltweit-von-bedeutung_article1678204183.html. Besucht am 20.10.2023.
  • STATISTA (2023): Online-Plattform für Statistik. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/457049/umfrage/erntemenge-von-sorghumhirse-weltweit/. Besucht am 20.10.2023.
  • STATISTA (2023): Online-Plattform für Statistik. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/28884/umfrage/erntemenge-von-getreide-weltweit/. Besucht am 20.10.2023.