Die EU-Richtlinie von 2001 über die Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen schreibt vor, dass das Kupieren der Schwänze nicht routinemäßig durchgeführt werden darf. Laut Gesetz können Ausnahmeregelungen für den Einzelfall erteilt werden, wenn trotz vorbeugender Maßnahmen, etwa im Bereich der Haltung, der Verzicht auf das Kupieren zu Schwanzbeißen führen würde. In Deutschland nehmen nahezu alle konventionellen Betriebe von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch. Das Risiko für das Auftreten von Schwanzbeißen bei unkupierten Ferkeln ist jedoch hoch. Ebenso sind noch keine sicher wirkenden vorbeugenden Maßnahmen bekannt.
Bisher wurden 11 Durchgänge zu den nachfolgenden Fragestellungen durchgeführt:
- Durchgänge 1 und 2: Wie wirkt sich ein Kupierverzicht unter praxisüblichen, konventionellen Haltungsbedingungen auf die Entwicklung von Schwanzbeißen aus?
- Durchgänge 3 und 4: Wie wirkt sich eine Verbesserung der Haltungsumwelt („Tierwohlbucht“: Beschäftigung, Raufutter, Wasser, Besatzdichte) aus?
- Durchgänge 5 und 6: Welchen Einfluss hat die Besatzdichte auf das Schwanzbeißgeschehen in der sog. „Tierwohlbucht“?
- Durchgang 7: Wie wirken verschiedene Raufutterarten?
- Durchgang 8: Wie wirkt es sich aus, wenn der Schwanz weniger stark gekürzt wird?
- Durchgang 9: Gibt es einen Unterschied zwischen den Vaterrassen Duroc und Piétrain in Bezug auf das Schwanzbeißen?
- Durchgänge 10 und 11: Welchen Einfluss hat die Besatzdichte in Standard- und Tierwohlbuchten im Vergleich?
Die Versuche dauerten jeweils 6 Wochen und fanden in acht Ferkelaufzuchtbuchten statt.
In allen Versuchsdurchgängen (Ausnahme Durchgang 7) wurden praxisübliche Standardbuchten als Kontrollvariante berücksichtigt. Diese Buchten waren mit Kunststoffrosten und einer geschlossenen, beheizbaren Bodenfläche ausgestattet. Bei der üblichen Belegung mit 28 Ferkeln standen jedem Tier 0,35 m² uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche zur Verfügung. Die Tiere erhielten Futter an vier Fressplätzen an Breiautomaten und Wasser aus drei Tränkenippeln. Als Beschäftigungsmöglichkeit stand eine Kette mit einem Kunststoffobjekt zur Verfügung.
Abb. 1: Standardbucht des LVFZ Schwarzenau
In den ersten beiden Durchgängen (Durchgänge 1 & 2) wurden kupierte und unkupierte Tiere unter gleichen Bedingungen in diesen Standardbuchten aufgestallt, um Häufigkeit, Ausmaß und Entwicklung von Kannibalismus von kupierten im Vergleich zu unkupierten Schweinen zu ermitteln.
In den nächsten beiden Durchgängen (Durchgänge 3 & 4) wurden alle Tiere unkupiert belassen und vier der Buchten als sog. „Tierwohlbuchten“ gestaltet. Diese wurden mit einem reichhaltigem Angebot an Beschäftigungsobjekten und –materialien (Strohraufe, 2x tägl. Fütterung von Luzerne, „Bite-Rite“, Holz an Kette) und einer zusätzlichen offenen Tränke („Aqua-Level“) ausgestattet. Ferner wurde die Besatzdichte auf 20 Ferkel pro Bucht (0,5 m² / Tier) reduziert.
Abb. 2: Strohraufe und Bite-Rite
In den Durchgängen 5 & 6 wurden die Tierwohlbuchten zusätzlich mit normaler Besatzdichte (0,35 m²/Tier) getestet.
In Durchgang 7 wurden verschiedene Raufutterarten auf ihre Wirkung bzgl. des Schwanzbeißens getestet. Hierfür wurde jeweils in zwei Buchten Heu, Luzernehäcksel oder Maissilage ad libitum gefüttert. Als vierte Variante kam noch Fütterung von Luzernehäcksel plus Spielzeugwechsel alle zwei Tage hinzu.
In einem weiteren Durchgang (Durchgang 8) sollte der Einfluss der Kupierlänge getestet werden. Hierfür wurden drei der acht Buchten unkupiert belassen, in drei Buchten wurden Ferkel eingestallt, deren Schwanz nur um ein Drittel gekürzt worden war und in zwei Buchten wurden Tiere eingestallt, deren Schwanz um zwei Drittel gekürzt worden war.
In Durchgang 9 wurde der Einfluss zweier verschiedener Vaterrassen verglichen. Je 10 Piétrain- und Duroc-Eber wurden an jeweils 2 DLxDE-Muttersauen angepaart. Die Ferkel dieser Würfe wurden getrennt nach Rasse in jeweils vier Buchten mit 25 Tieren aufgestallt. Die Ferkel wurden so auf die Buchten verteilt, dass sie bzgl. Geschlecht, Lebendmasse und Elterntiere ausgeglichen waren. Jede Muttersau hatte 1-2 Ferkel in jeder der vier Buchten, jeder Vater 2-3 Ferkel.
In den Durchgängen 10 & 11 wurden die Tierwohlbuchten und auch die Standardbuchten mit normaler (0,35 m²/ Tier) als auch reduzierter (0,5 m²/ Tier) Besatzdichte geprüft. Die Tierwohlbuchten besaßen eine Strohraufe, ein Holz an einer Kette, ein Bite-Rite mit Hanfseil und eine offene Tränke. Zusätzlich wurde in einem Anfütterungstrog zweimal täglich Luzernehäcksel zugefüttert. Die Standardbuchten wurden im Vergleich zu den vorherigen Versuchen noch verbessert, indem ebenfalls ein Bite-Rite mit Hanfseil und eine offene Tränke angeboten wurde.
Die 8 Versuchsbuchten wurden folgendermaßen aufgeteilt:
- 2x Standardbucht 0,35 m²/ Tier > 28 Tiere pro Bucht
- 2x Standardbucht 0,5 m²/ Tier > 21 Tiere pro Bucht
- 2x Tierwohlbucht mit 0,5 m²/Tier > 20 Tiere pro Bucht*
- 2x Tierwohlbucht mit 0,35 m²/Tier > 27 Tiere pro Bucht
In den Tierwohlbuchten wurde aufgrund des Platzbedarfs für die Strohraufe jeweils 1 Tier weniger eingestallt als in der Standardbucht mit vergleichbarem Flächenangebot. Die Ferkel wurden, analog zu den vorhergehenden Versuchen, nach Mutter, Geschlecht und Gewicht gleichmäßig auf die Buchten verteilt und zweimal wöchentlich bonitiert.
Über Videokameras wurde das Verhalten der Tiere aufgezeichnet. Zweimal pro Woche wurden alle Ferkel einzeln auf Verletzungen am Schwanz, an den Ohren und an den Flanken untersucht. Zusätzlich wurden die Lebendmasseentwicklung der Tiere und die Temperatur und die relative Feuchtigkeit der Abteilluft erfasst.
Durchgänge 1 und 2 - kupierte und unkupierte Tiere in Standardbuchten
In den ersten beiden Durchgängen ergab sich ein erheblicher Unterschied zwischen den kupierten und den unkupierten Tieren (Chi-Quadrat-Test p < 0,001). Während die kupierten Tiere nahezu unverletzt blieben, waren bei allen unkupierten Ferkeln gravierende Schäden durch Schwanzbeißen zu verzeichnen.
Das Schwanzbeißen begann immer in der zweiten Woche nach dem Absetzen. Abbildung 6 zeigt den Verlauf der prozentualen Anteile der Boniturnoten bei den unkupierten Tieren aus beiden Durchgängen (0= keine Verletzung; 1= Bissspuren; 2= kleinflächige Verletzung; 3= großflächige Verletzung). Zu Beginn der zweiten Woche nach dem Absetzen traten die ersten Verletzungen auf und das Geschehen steigerte sich bis zum Ende der dritten Woche. Innerhalb der 3. Woche wurden verschiedene Gegenmaßnahmen ergriffen, woraufhin sich das Schwanzbeißen unterschiedlich schnell wieder beruhigte und die Verletzungen abheilten.
Abb. 6: Schwanzverletzungen von unkupierten Tieren in Standardbuchten (DG 1&2)
Abbildung 7 zeigt den prozentualen Verlauf der Verletzungen bei den kupierten Tieren. Hier zeigt sich, dass nur ein geringer Anteil der Tiere leichte Bissspuren aufwies, die ebenfalls hauptsächlich in der zweiten und dritten Woche nach dem Absetzen auftraten.
Abb. 7: Schwanzverletzungen von kupierten Tieren in Standardbuchten (DG 1&2)
Das Ausmaß der Teilverluste der Schwänze am Ende der Ferkelaufzuchtperiode zeigt Tabelle 1. Hier ist zu sehen, dass bei nur 6,2 % der unkupierten Tiere die volle Länge des Schwanzes erhalten blieb. Dagegen war bei den kupierten Tieren kein Teilverlust durch Schwanzbeißen zu verzeichnen.
Tab. 1: Häufigkeiten der Tiere mit verschieden starken Teilverlusten (DG 1&2)Teilverlust durch Schwanzbeißen | Kein Teilverlust | Teilverlust bis 1/3 des Schwanzes | Teilverlust zwischen 1/3 und 2/3 des Schwanzes | Teilverlust über 2/3 des Schwanzes |
---|
kupierte Tiere | 100 % | - | - | 0,0 % |
unkupierte Tiere* | 6,2 % | 38,6 % | 19,5 % | 35,7 % |
* 2/3 kupierte Tiere konnten nur die Noten 0 (kein Teilverlust) oder 3 (> 2/3 Teilverlust) erhalten.
Der Chi-Quadrat Test ergab einen signifikanten Unterschied (p < 0,001) zwischen den Behandlungen „kupiert“ und „unkupiert“ in den Merkmalsklassen „kein Teilverlust“ und „Teilverlust > 0%“ (in der Klasse „Teilverlust > 0%“ wurden die ursprünglich erhobenen Boniturnoten für Teilverluste 1 bis 3 zusammengefasst).
Durchgänge 3 und 4 – unkupierte Tiere in Standardbuchten und Tierwohlbuchten mit reduzierter Besatzdichte
In den Durchgängen 3 und 4 konnte ebenfalls ein deutlicher Unterschied zwischen den Behandlungen festgestellt werden (Chi-Quadrat-Test p < 0,001). Die Tiere in den Standardbuchten begannen wieder zwischen der ersten und zweiten Woche nach dem Absetzen mit starkem Schwanzbeißen. Hier wurde jedoch früher als in den Durchgängen 1 & 2 begonnen, den Tieren als Gegenmaßnahme Luzernehäcksel zu füttern, woraufhin sich das Geschehen schneller wieder beruhigte und die Schäden insgesamt geringer ausfielen (Abbildung 8) (0= keine Verletzung; 1= Bissspuren; 2= kleinflächige Verletzung; 3= großflächige Verletzung).
Abb. 8: Schwanzverletzungen von unkupierten Tieren in Standardbuchten (DG 3&4)
Die Tiere in den Tierwohlbuchten begannen dagegen erst später, in der 5. Woche, mit dem Schwanzbeißen. Zudem waren weniger Tiere von Verletzungen betroffen. Die Verletzungen waren weniger gravierend und es kam nicht zur Eskalation des Beißgeschehens, obwohl keine weiteren Gegenmaßnahmen mehr ergriffen wurden.
Abb. 9: Schwanzverletzungen von unkupierten Tieren in Tierwohlbuchten (DG 3&4)
Tabelle 2 zeigt die prozentualen Anteile der Boniturnoten für die Teilverluste der Schwänze zum Ende der Aufzuchtperiode. Es wird deutlich, dass bei den Tieren in den Tierwohlbuchten deutlich weniger Teilverluste zu verzeichnen waren als in den Standardbuchten.
Der Chi-Quadrat Test ergab auch hier einen signifikanten Unterschied (p < 0,001) zwischen den Behandlungen in den Merkmalsklassen „kein Teilverlust“ und „Teilverlust > 0%“ (in der Klasse „Teilverlust > 0%“ wurden die ursprünglich erhobenen Boniturnoten für Teilverluste 1 bis 3 zusammengefasst).
Tab. 2: Häufigkeiten der Tiere mit verschieden starken Teilverlusten (DG 3&4)Teilverlust durch Schwanzbeißen | Kein Teilverlust | Teilverlust bis 1/3 des Schwanzes | Teilverlust zwischen 1/3 und 2/3 des Schwanzes | Teilverlust über 2/3 des Schwanzes |
---|
Standardbucht | 29,3 % | 57,7 % | 9,3 % | 3,7 % |
Tierwohlbucht | 76,6 % | 19,0 % | 4,4 % | 0,0 % |
Durchgänge 5 und 6 – unkupierte Tiere in Standardbuchten und in Tierwohlbuchten mit reduzierter Besatzdichte sowie Standardbesatzdichte
Die Reduzierung der Besatzdichte stellt für den Landwirt eine hohe finanzielle Belastung dar, da dies entweder durch die Reduzierung der Tierzahl oder eine Erweiterung der Stallgebäude geschehen muss.
In diesem Versuch sollten daher die ausgestalteten Tierwohlbuchten sowohl mit reduzierter Besatzdichte (0,5m² pro Tier) als auch mit Standardbesatzdichte (0,35m² pro Tier) getestet werden.
Die Ergebnisse der beiden Versuchsvarianten der Tierwohlbuchten unterschieden sich auch hier wieder hoch signifikant von den Ergebnissen der Standardbucht (Chi²-Test; p < 0,001). In beiden Versuchsvarianten der Tierwohlbucht war die Häufigkeit von Verletzungen und Teilverlusten deutlich geringer als in den Standardbuchten und vergleichbar zu den Ergebnissen der Durchgänge 5&6. Die Unterschiede zwischen den beiden Varianten der Tierwohlbucht waren nur gering, etwa 5% der Tiere erlitten Verletzungen der Note 3 in den Tierwohlbuchten mit 20 Tieren, in den Buchten mit 27 Tieren waren es 8%.
Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass das Beschäftigungs- und Raufutterangebot einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung des Schwanzbeißgeschehens leistet. Die zusätzliche Reduzierung der Besatzdichte mit der einhergehenden Erhöhung des Flächenangebots pro Tier erbrachte darüber hinaus nur noch eine sehr geringe Verbesserung.
Durchgang 7 – Vergleich verschiedener Raufutterarten auf ihre Wirkung bezüglich Schwanzbeißens
In Durchgang 7 wurden weitere Raufutterarten auf ihre Wirkung bezüglich der Entstehung und Entwicklung von Schwanzbeißen bei unkupierten Aufzuchtferkeln getestet.
Hierfür wurden in den acht vorhandenen Ferkelaufzuchtbuchten vier verschiedene Versuchsvarianten getestet:
- Fütterung von Heu ad libitum in einem Heukorb
- Fütterung von Maissilage ad libitum in einem Trog
- Tierwohlbucht I (wie Versuchsdurchgänge 3-6) mit Luzernefütterung
- Tierwohlbucht II (wie Tierwohlbucht I plus Spielzeugwechsel alle 2 Tage)
Abbildung 10 zeigt die durchschnittlichen Ergebnisse der Bonitur der Schwanzverletzungen.
Abb. 10: durchschnittliche Boniturnoten
Hier ist zu sehen, dass die 40 Tiere der beiden Buchten mit Maissilage ab der 5. Aufzuchtwoche deutlich stärkere Verletzungen aufwiesen als die anderen Versuchsvarianten, welche sich nur geringfügig unterschieden.
Aufgrund der geringen Wiederholungsanzahl können hier jedoch keine gesicherten Rückschlüsse gezogen werden.
Genauere Auswertungen zum Raufutterverbrauch und Tierverhalten (Videoauswertungen) laufen im Moment noch im Rahmen einer Masterarbeit.
Durchgang 8 – Vergleich verschiedener Schwanzlängen auf das Auftreten und die Entwicklung von Schwanzbeißen
Die Ferkel der beiden kurz kupierten Gruppen (2/3 des Schwanzes entfernt) wiesen die geringsten Verletzungen auf. Hier hatten in der zweiten Woche nach dem Absetzen etwa 25% der Ferkel einen Verletzungsgrad der Stufe 1 (leichte oberflächliche Bissspuren). In den folgenden Wochen ging der Anteil dieser leicht verletzten Tiere wieder zurück (Abb. 11). Verletzungen 2. und 3. Grades und auch Teilverluste durch Schwanzbeißen traten in dieser Versuchsvariante nicht auf.
Abb.11: prozentualer Anteil der Verletzungsgrade der 2/3 kupierten Tiere über den 6-wöchigen Versuchszeitraum
In den 3 Gruppen mit den Ferkeln, deren Schwanz nur um ein Drittel gekürzt wurde, traten deutlich mehr Verletzungen auf (Abb. 12). Bereits in der zweiten Woche waren die Verletzungen der Note 1 etwas häufiger als in den Gruppen mit kurz kupierten Tieren und in der dritten und vierten Woche nach dem Absetzen stieg die Häufigkeit deutlich an und etwa 10% der Tiere wiesen hier bereits Verletzungen der Note 2 (kleinflächige Verletzungen in tiefere Hautschichten) auf. In der letzten Woche der Ferkelaufzucht traten dann nach einer kurzen Verbesserung Verletzungen 3. Grades (großflächige Verletzung in tiefere Hautschichten) auf. Teilverluste durch Schwanzbeißen kamen jedoch auch in dieser Versuchsvariante nicht vor.
Abb.12: prozentualer Anteil der Verletzungsgrade der 1/3 kupierten Tiere über den 6-wöchigen Versuchszeitraum
Bei den unkupierten Tieren kam es bereits in der zweiten Woche nach dem Absetzen zu massiven Schwanzverletzungen bis Note 3 (Abb. 13). Dies bestätigt die vorangegangenen Versuche, die im LVFZ Schwarzenau durchgeführt wurden. Die eingeleiteten Gegenmaßnahmen (2x tägliche Luzernefütterung und Spielzeugwechsel) brachten in diesem Versuch keine Verbesserung.
Am Ende der Ferkelaufzucht wiesen 39% der unkupierten Tiere einen Teilverlust der Note 1 (bis 1/3 des Schwanzes fehlt) auf und 17% hatten einen Teilverlust der Note 2 (bis 2/3 des Schwanzes fehlt).
Abb.13: prozentualer Anteil der Verletzungsgrade der unkupierten Tiere über den 6-wöchigen Versuchszeitraum
Der Chi-Quadrat Test ergab hoch signifikante Unterschiede (p < 0,001) in den Häufigkeiten der Boniturnoten zwischen allen drei Behandlungen.
Durchgang 9: Vergleich der Vaterrassen Piétrain und Duroc
Schwanzverletzungen und -teilverluste
Das Schwanzbeißgeschehen in diesem Versuch zeigte einen unterschiedlichen zeitlichen Verlauf zwischen den beiden Rassen. In der dritten Versuchswoche begann bei den Piétrain-Hybriden starkes Schwanzbeißen mit etwa 50% stärker verletzten Tieren (Note 2 und 3). Durch eingeleitete Gegenmaßnahmen (Luzernefütterung und entfernen von 2 beißenden Tieren) konnte im weiteren Verlauf das Geschehen beruhigt werden (Abb. 14). Bei den Duroc Hybriden wurden zwar auch in der dritten Versuchswoche einige Verletzungen der Note 2 und wenige Verletzungen der Note 3 festgestellt, jedoch klangen diese zunächst wieder etwas ab, ohne dass Gegenmaßnahmen ergriffen wurden. Stärkere Verletzungen wurden bei den Duroc Hybriden erst zum Ende des Versuchs hin häufiger und waren dann sogar häufiger als bei den Piétrain Hybriden (Abb. 15).
Die statistische Prüfung (Chi-Quadrat-Test, p < 0,005) brachte bzgl. der Häufigkeiten der Verletzungen über den gesamten Versuchszeitraum keinen signifikanten Unterschied. Der zeitliche Verlauf der Verletzungen unterschied sich allerdings signifikant.
Abb. 14: relative Häufigkeiten der Boniturnoten von Schwanzverletzungen der Pietrain Hybriden über den 6-wöchigen Versuchszeitraum
Abb. 15: relative Häufigkeiten der Boniturnoten von Schwanzverletzungen der Duroc Hybriden über den 6-wöchigen Versuchszeitraum
Bei den Teilverlusten zeigte sich ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Rassen. Die Duroc Hybriden erlitten häufiger einen Verlust der Schwanzspitze (Note 1, unter 1/3). Die Unterschiede in den Häufigkeiten der Teilverluste waren hoch signifikant (p=0,0015).
Tab. 3: Häufigkeiten von Schwanzteilverlusten in den verschiedenen Versuchsvarianten am Ende der FerkelaufzuchtperiodeTeilverluste | kein | bis 1/3 | bis 2/3 | > 2/3 |
---|
Pi-Hybriden | 38,0 % | 62,0 % | 0 % | 0 % |
Du-Hybriden | 15,2 % | 83,7 % | 1,1 % | 0 % |
Insgesamt ergab sich kein bedeutender Unterschied zwischen den Vaterrassen in Bezug auf die Prävalenz von Schwanzbeißen bei den Ferkeln.
Durchgänge 10 & 11: Einfluss der Besatzdichte und Beschäftigungsangeboten
Die Ergebnisse der Schwanzbonituren in den Standardbuchten ähneln im Verlauf und im Ausmaß sehr stark den Ergebnissen der vorangegangenen Versuche und bestätigen die extrem gute Wiederholbarkeit der Ergebnisse. Das Maximum an erheblich verletzen Tieren (Noten 2 und 3) lag auch hier bei etwa 60% bei geringerem Flächenangebot (Abb. 16) und 50% bei höherem Flächenangebot (Abb. 17) in Woche 5.
Abb. 16: relative Häufigkeiten der Boniturnoten der Schwanzverletzungen in den Standardbuchten bei hoher Besatzdichte (28 Tiere/Bucht)
Abb. 17: relative Häufigkeiten der Boniturnoten der Schwanzverletzungen in den Standardbuchten bei geringerer Besatzdichte (21 Tiere/Bucht)
In den Tierwohlbuchten mit der höheren Besatzdichte lag die Häufigkeit der erheblich verletzten Tiere (Noten 2 und 3) bei insgesamt etwa 40% in der letzten Woche der Ferkelaufzuchtperiode (Abb. 18). Die Entwicklung der Verletzungen verlief deutlich günstiger im Vergleich zu den Standardbuchten.
Abb. 18: relative Häufigkeiten der Boniturnoten der Schwanzverletzungen in den Tierwohlbuchten bei hoher Besatzdichte (27 Tiere/Bucht)
In den Tierwohlbuchten mit der niedrigeren Besatzdichte konnte das Schwanzbeißgeschehen noch einmal deutlich verringert werden. Hier lag die Häufigkeit der erheblich verletzten Tiere bei insgesamt unter 10 % in der letzten Woche der Ferkelaufzuchtperiode (Abb. 19).
Abb. 19: relative Häufigkeiten der Boniturnoten der Schwanzverletzungen in den Tierwohlbuchten bei geringerer Besatzdichte (20 Tiere/Bucht)
Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass vor allem das Angebot attraktivem Beschäftigungsmöglichkeiten (Stroh, Luzernehäcksel, Heu) geeignet ist, das Schwanzbeißen bei Ferkeln zu reduzieren. Der Einfluss der Besatzdichte scheint dagegen vergleichsweise gering.
Wurde zusätzlich zur Gabe von Raufutter auch das Flächenangebot um 50 % erhöht, erbrachte diese Maßnahme nur noch geringe Verbesserungen hinsichtlich des Schwanzbeißens.
Konnte die Raufuttergabe ein akutes Schwanzbeißen nicht gänzlich beenden, wurde zumeist ein noch in der Bucht befindliches Tier als sog. „hartnäckiger“ Beißer identifiziert. Dieser musste dann ausgestallt werden.
Abb. 14: Ferkel klemmt den Schwanz zwischen die Hinterbeine
Die Bearbeitung des Themas wird fortgesetzt, um die Bedeutung weiterer Haltungsfaktoren zu prüfen.