Abschlussveranstaltung RAST
Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes beim Milchvieh durch selektives Trockenstellen
Ende Oktober fand die Abschlussveranstaltung des Verbundprojektes "RAST, Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes beim Milchvieh durch Selektives Trockenstellen" in Grub statt. Die LfL stellte die Ergebnisse aus den drei Projektjahren vor. Zugleich gab es den Startschuss für das Folgeprojekt "RAST-Transfer in die Praxis".
Zeitgleicher Startschuss für das Folgeprojekt "RAST-Transfer"
Für die im "RAST-Transfer" neu hinzugekommenen Betriebe bot die Veranstaltung den Einstieg in die Thematik des Selektiven Trockenstellens.
Nach der Begrüßung durch den Leiter des Instituts für Landtechnik & Tierhaltung, Dr. Georg Wendl, richtete Maximilian Putz, leitender Ministerialrat des StMELF, das Wort an die Gäste. Er betonte die Aktualität und Brisanz des Themas rund um den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung und verwies auf die öffentlich geführten Diskussionen. Gerade deshalb sei es wichtig, sich auf wissenschaftlich fundierte Aussagen und Fakten zu diesem Thema berufen zu können, um sinnvolle Wege in der Gesetzgebung beschreiten und angemessen reagieren zu können.
Anschließend stellten sich die anwesenden Landwirte und Hoftierärzte der "RAST"- und "RAST-Transfer"-Projektbetriebe vor.
Prof. Mansfeld (Klinik für Wiederkäuer, LMU) präsentierte die wissenschaftlichen Ergebnisse, Melanie Jakob und Tanja Sonnewald-Daum (ILT, Grub) stellten die praktischen Erkenntnisse aus dem "RAST"-Projekt vor.
In einer anschließender Diskussionsrunde, moderiert von Dr. Jan Harms (LfL), wurden Fragen aus dem Plenum beantwortet und diskutiert. Ebenso gab es noch einen Ausblick auf das Folgeprojekt "RAST-Transfer", bevor die gelungene Veranstaltung offiziell beendet wurde.
Zusammenfassung der Vorträge
Wissenschaftliche Ergebnisse
Werden auf Herdenebene mehrere Kriterien für eine definierte Eutergesundheit erfüllt, kann auf der Grundlage eines geeigneten Entscheidungsbaumes sowie geeigneter diagnostischer Maßnahmen eine Auswahl der Trockenstellbehandlung ohne ein erhöhtes Mastitis-Risikos erfolgen. Vor dem "RAST"-Projekt stellte sich die Frage, ob eine Einsparung von Antibiotika ohne negative Auswirkungen auf die Eutergesundheit möglich ist. Von den Projektpartnern wurde ein Entscheidungsbaum entwickelt, der mehrere Kriterien zur Auswahl der Trockenstellbehandlung zusammenfasst: Die Zellzahlen der letzten drei Milchleistungsprüfungen vor dem Trockenstellen, die Mastitishistorie in der laufenden Laktation, eine bakteriologische Untersuchung von Viertelanfangsgemelksproben 14 Tage vor dem geplanten Trockenstelltermin sowie einen Schalmtest am Tag des Trockenstellens. Die Verwendung eines internen Zitzenversieglers wurde empfohlen.
Anhand der Ergebnisse der bakteriologisch untersuchten Milchproben (5 Proben pro Kuh und Trockenstellvorgang), den MLP-Daten, sowie dem Auftreten klinischer Mastitiden wurde der Entscheidungsbaum überprüft. Mittels der erhobenen Daten wurde das Einsparpotenzial von Antibiotika erfasst, der Zellzahl- und Milchleistungsverlauf ausgewertet, Neuinfektions- und Heilungsraten berechnet und das Auftreten von klinischen Mastitiden bis 60 DIM ermittelt.
Fazit für die Praxis
Das Selektive Trockenstellen ist im Rahmen eines optimierten und kontrollierten Trockenstellmanagements ohne Beeinträchtigung der Herdeneutergesundheit möglich. Jedoch sollte es betriebsspezifisch und bedarfsorientiert unter Berücksichtigung des Entscheidungsbaumes angewendet werden. Die letztendliche Entscheidung, ob auf ein antibiotisches Präparat verzichtet werden kann, fällt am Tag des Trockenstellens selbst. Im Durchschnitt konnten die Betriebe durch das selektive Trockenstellen ca. 40 Prozent Antibiotika einsparen. Im Einklang mit anderen Studien konnte auch im "RAST"-Projekt gezeigt werden, dass die Verwendung eines internen Zitzenversieglers zu höheren Heilungsraten, geringeren Neuinfektionsraten sowie einem geringeren Mastitisrisiko in den ersten 60 Tagen der Laktation führt.
Prof. Rolf Mansfeld (Klinik für Wiederkäuer, LMU), Katharina Schmon
Praktische Erkenntnisse
Der Projektphase (5 zu ziehende Milchproben pro Trockenstellvorgang, intensive Betreuung, Übernahme der Laboruntersuchungskosten) schloss sich direkt ab 1.1.2018 die Praxisphase an, in der die Landwirte auf sich allein gestellt waren. Das Selektive Trockenstellen wurde selbständig, auf eigene Kosten und nach Entscheidungsbaum (nur noch eine Probe 14 Tage vor dem Trockenstellen) durchgeführt. Im Frühjahr sowie Sommer 2018 wurden Interviews mit den Projektlandwirten geführt, in denen Fragebögen zum Verfahren des Selektiven Trockenstellens auf den Betrieben, sowie ein Allgemeiner Fragebogen zum Abschluss des Projekts beantwortet wurden. Diese bildeten die Grundlage für die Auswertung der praktischen Erkenntnisse.
Auswertung der Fragebögen
Von den Landwirten im Projekt wurden neben den objektiv messbaren Veränderungen im Antibiotikaverbrauch sowie bei der Eutergesundheit zahlreiche andere Auswirkungen des selektiven Trockenstellens in ihrem Betrieb aufgeführt. Bei den Vorteilen bzw. dem Nutzen wurde vor allem der bessere Überblick über die Erreger auf Herden- und Einzeltierebene durch bakteriologische Untersuchungen genannt. Dadurch sei ein gezielteres und schnelleres Eingreifen bei Mastitiden möglich. Bei den Nachteilen wurde dagegen neben den zusätzlichen Kosten häufig der zusätzliche Aufwand für die Beprobung, die permanente Notwendigkeit sich bei jedem Trockenstellvorgang entscheiden zu müssen, sowie die etwas größere Unsicherheit bzgl. der Entwicklung der Eutergesundheit angeführt. Eine Auswahl weiterer Vor- und Nachteile des Selektiven Trockenstellens aus einer Befragung der Projektbetriebe ist in der folgenden Übersicht aufgelistet.
Übersicht der Vor- und Nachteile
- Vorteile/Nutzen
- Einsparung an Antibiotika
- Besserer Überblick über Erreger auf Herden- und Einzeltierebene durch bakteriologische Untersuchungen ermöglichet schnelleres und gezielteres Eingreifen bei Mastitiden
- mehr hemmstofffreie Milch (für Kälberfütterung, weniger Kannenmilch)
- Gutes Gefühl, da man dem Druck der Öffentlichkeit zur Antibiotikareduktion gerecht wird
- Intensiverer Umgang mit LKV-Daten
- Nachteile/Aufwand
- Zusätzlicher Kostenaufwand (Bestandsuntersuchung, bakteriologische Untersuchung, z. B. Anwendung von Zitzenversiegler)
- Herdenmanagementprogramm oder Alternativen für übersichtliche Dokumentation & Auswertung notwendig
- Gewissenhaftes Management rund um das Trockenstellen (Dokumentation, Haltung, Fütterung) nötig
- Intensive Betreuung durch Hoftierarzt nötig
- Für jedes Tier muss eine Entscheidung getroffen werden
Melanie Jakob, Tanja Sonnewald-Daum (LfL-ILT)
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In der gesellschaftlichen Diskussion wird der Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion zunehmend kritisch gesehen. Im Rahmen des Projekts "RAST" werden Möglichkeiten der Reduktion des Einsatzes von Antibiotika beim Trockenstellen von Milchkühen evaluiert.
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