Forschungs- und Innovationsprojekt
Intelligente LED-Leuchte für die Funktionsbereiche Fressen, Liegen und Laufen in der Milchviehhaltung

Licht und Beleuchtung werden bei der Planung und Unterhaltung von Milchviehställen oft nur sekundär bedacht, sind aber entscheidend für Wohlbefinden und Gesundheit der Tiere, sowie den Arbeitskomfort des Landwirts. Die Anwendung von LED-Technik in Milchviehställen verbessert das Sehen der Kühe und bringt weitere Vorteile mit sich.

Zielsetzung

Die Entwicklung einer LED-Leuchte für die Milchviehhaltung, die optimal auf die Bedürfnisse der Kuh und des Landwirts abgestimmt ist, ist das Ziel des von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung geförderten Projekts.
Der Einfluss des Lichtes der neuen Leuchte auf die Kühe soll durch Verhaltensuntersuchungen aufgeklärt werden. Das Forschungsprojekt wird vom Institut für Landtechnik und Tierhaltung gemeinsam mit Projektpartnern der Fachhochschule Bielefeld, des Versuchs- und Bildungszentrums Landwirtschaft Haus Düsse der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und der DeLaval GmbH durchgeführt.

Versuchsstall Haus Düsse mit Natriumdampflampen (links) und Milchviehstall mit LED-Lampen (rechts)

Versuchsstall Haus Düsse mit Na-Dampf-Lampen (links) und Milchviehstall mit LED-Lampen (rechts)

Grundlagen

Rinder sehen anders als Menschen

Fundiertes Wissen über das Sehvermögen der Kuh ist essentiell für eine optimale Beleuchtung im Milchviehstall.
  • Rinder besitzen ein sehr weites Gesichtsfeld von 330°, da ihre Augen lateral am Kopf liegen. In nur 30° dieses Bereiches ist dreidimensionales Sehen möglich, da sich direkt vor dem Kopf die Sehfelder der beiden Augen überschneiden.
  • Im Vergleich zum Menschen ist die Sehschärfe um ein Drittel reduziert und nur im Nahbereich kann scharf gesehen werden, da die Eigenschaft, durch Linsenverformung zu fokussieren, fehlt.
  • Rinder verfügen über ein sehr gutes Dämmerungssehen, da die vorhandene reflektierende Schicht (Tapetum lucidum) das eintreffende Licht durch Reflektion verstärkt. Die Tiere benötigen nachts zur Orientierung folglich nur eine Orientierungslampe über dem Melkroboter.
  • Die Anpassung an unterschiedlich helle Umgebungen (Adaptation) erfolgt aber deutlich langsamer als beim Menschen. Daher sollte der Stall sehr gleichmäßig ausgeleuchtet und Schattenbildung reduziert werden.
  • Rinder haben ein gutes Auflösungsvermögen für Bewegungen. Sie sehen bis zu 60 Bilder pro Sekunde. Es ist daher nicht vorteilhaft, wenn die Leuchten gepulst gedimmt werden (Frequenz ˂ 60 Hz), da die Tiere das Flimmern wahrnehmen würden.
  • Das Farbensehen ist eingeschränkt, da Rinder Dichromaten sind, also nur zwei verschiedene Zapfentypen besitzen. Der S-Zapfen ist sensitiv im blauen Bereich des Spektrums, der M/L-Zapfen im Grün-Bereich. Der rote Bereich wird schlechter wahrgenommen.

Die Wirkung von Licht auf das Rind

Neben der Bedeutung für das Sehen hat Licht einen großen Einfluss auf den Tag-Nacht-Rhythmus, die Produktivität und das Wohlbefinden der Tiere.
Das Hormon Melatonin, das in der Zirbeldrüse gebildet wird, steuert den Tag-Nacht-Rhythmus. Seine Konzentration im Blut sollte tagsüber gering und in der Nacht hoch sein. Vermutlich bewirkt der blaue Anteil des Spektrums die effektivste Unterdrückung der Melatoninbildung, wie das auch beim Menschen der Fall ist (Brainard et al. 2001).
Lawson und Kennedy (2000) stellten fest, dass bei Holstein-Färsen die Melatoninproduktion nur mit einer Beleuchtungsintensität von 400 lux langfristig unterdrückt werden konnte. Allerdings reichten bereits 50 lux aus, um den Melatoninanstieg zu verzögern.
Studien zur Wirkung der spektralen Zusammensetzung beim Rind fehlen derzeit. In einer norwegischen Studie wurden die Produktivität und die Fruchtbarkeit von Norwegischem Rotvieh während der Dunkelzeit des Jahres (Anfang November bis Ende Februar) bei unterschiedlicher Beleuchtung untersucht. Reksen et al. (1999) fanden Verbesserungen in vielen Fruchtbarkeitsparametern durch Beleuchtungsdauern von über 12 Stunden und einer schwachen Nachtbeleuchtung.

Methode

Entwicklung einer optimal an die Kuh angepassten Leuchte

Entsprechend diesen Informationen zum Sehen und zur Lichtwirkung beim Rind muss die Beleuchtung von Milchviehställen neu überdacht werden. Mitarbeiter des Forschungsschwerpunktes „Smart Light“ der Fachhochschule Bielefeld und des Institutes für Landtechnik und Tierhaltung der LfL erarbeiten zusammen mit der DeLaval GmbH eine intelligente LED-Leuchte für die Milchviehhaltung.

Vorzüge der LED-Technik

  • Anpassung des Spektrums der Leuchte an die Bedürfnisse der Kuh
  • geringe Wartungsintensität
  • lange Lebensdauer
  • reduzierter Stromverbrauch

Erprobung der Leuchte im Praxisversuch

Die fertig entwickelte Leuchte wird im Milchviehstall des Versuchs- und Bildungszentrums Landwirtschaft Haus Düsse der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen auf ihre Eignung hin untersucht.
Anhand der Analyse verschiedener Verhaltensparameter der Tiere wird die Wirkung des Lichts erfasst. Aktivitäts- und Ruhephasen werden anhand von ALT-Pedometerdaten ermittelt. Genaue Beobachtungen zur Orientierung der Kühe im Stall, zum Sozialverhalten und zu weiteren Verhaltensweisen wie Futteraufnahme, Laufgeschwindigkeit und Wiederkauen sind durch Kameraüberwachung während der Versuchsphasen möglich.
Die Erfassung der Verhaltensweisen erfolgt ebenfalls in einem Kontrollversuch unter Natriumdampf-Beleuchtung, um Unterschiede in beiden Beleuchtungssituationen feststellen zu können.

Ergebnisse

Ein Prototyp der LED-Leuchte wurde von der Firma DeLaval in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Bielefeld weiterentwickelt, gefertigt und im Stall installiert. Die neue LED-Leuchte wurde bereits im Lichtlabor der Fachhochschule Bielefeld vermessen. Durch Lichtmessungen wurde die durchgeführte Beleuchtungssimulation verifiziert.
Nach der Installation und Optimierung der Erfassungstechnik findet die Untersuchung des Tierverhaltens im Versuchsstall auf Haus Düsse statt. Beispielhafte Aufnahmen der Überwachungskameras sind im folgenden Bild dargestellt.

Es ist der Versuchsstall abgebildet, wie ihn die sechs Überwachungskameras aufzeichnen. Das Bild besteht somit aus sechs Einzelbildern für die jeweiligen Bereiche Futtertisch 1 und 2, Stall 1, 2 und 3 und Roboter, die von den einzelnen Kameras erfasst werden.

Kameraaufnahmen der sechs Überwachungskameras im Versuchsstall
Der Versuch findet aufgrund der kürzeren, natürlichen Tageslänge im Winter statt. Die erste Kontrollphase unter Natriumdampfbeleuchtung sowie die Hauptversuchsphase unter LED-Beleuchtung sind bereits abgeschlossen. Anfang 2016 findet die zweite Kontrollphase unter Natriumdampfbeleuchtung statt.
Das Diagramm zeigt einen Graphen der die Liegedauer in Minuten für jede Stunde eines Tages anzeigt.Zoombild vorhanden

Liegedauer einer Beispielskuh im Tagesverlauf

Eine vorläufige Auswertung der Pedometerdaten einer Kuh in der ersten Kontrollphase unter Natriumdampfbeleuchtung ist in der Abbildung zu sehen. Sie zeigt die Dauern der Verhaltensweise „Liegen“ für jedes 1 h-Intervall von Kuh Nr. 386 über den Tagesverlauf. Der Wert bei 6 zeigt die Liegedauer in der Stunde von 6 bis 7 Uhr in Minuten (60 min). Kuh 386 lag somit in diesem Zeitraum durchgehend. Zeitnah werden von allen Versuchsphasen und Versuchstieren vergleichbare Diagramme erstellt und die Daten statistisch ausgewertet.
Projektinformation
Projektleitung: Prof. Klaus Reiter
Projektbearbeitung: Maike Müller
Laufzeit: 2014 – 2016
Finanzierung: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
Projektpartner: FH Bielefeld, DeLaval GmbH, Haus Düsse, FAU Erlangen-Nürnberg

Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Zweckvermögens des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank