Verfahrenstechnik zur Heubelüftung
Die Verfahren zur Heubelüftung bzw. zur Unterdachtrocknung von Heu haben sich in den letzten 10 - 15 Jahren durch die Weiterentwicklung verschiedener Techniken stark geändert. Während in den 1980-er Jahren noch klassische Kaltbelüftungsanlagen oder Warmbelüftungsanlagen mit Luftanwärmung über eine Unterdachabsaugung oder mittels fossiler Energieträger gebaut wurden, hat sich heute sowohl wegen vorhandener Biogasanlagen bzw. deren Prozessabwärme, diverser Weiterentwicklungen im Bereich der Luftentfeuchtertechnik als auch durch die Nutzung von Wärmerückgewinnungstechniken einiges grundlegend gewandelt. Der eigentliche Kern einer Heubelüftungsanlage ist jedoch noch immer der Radialventilator. Dieser wurde mithilfe von Frequenzumformern und automatischen Steuerungsprogrammen energieeffizienter konzipiert. Durch den Einbau von temperatur- und feuchtigkeitabhängig gesteuerten Aktoren (Jalousien, Klappen) ist nunmehr eine vollautomatische Steuerung des Trockungsprozesses möglich. Dies erleichtert dem Landwirt die Bedienung und Kontrolle der Anlage sowie die Kontrolle des Trocknungsfortschritts.
Neuerungen beim Heukran
Neben einer vermehrten Nutzung von auf dem Hof vorhandener Abwärme, ebenso wie der Wärme aus am Hof vorhandenen Heizungen und der Steigerung der Energieeffizienz, wurden auch die Heukräne durch die Ausstattung mit mehreren unabhängigen hydraulischen Ölkreisen wesentlich schlagkräftiger bei der Ein-, Um- und Auslagerung des Belüftungsheus. Auch im Bereich der Arbeitssicherheit und beim Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz hat sich einiges getan. So bieten viele Hersteller mittlerweile eine geschlossene, vollklimatisierte Kabine des Heukrans an, was natürlich darüberhinaus den Arbeitskomfort erhöht.
Ziel-Trockenmassegehalte beim Einfahren
Lagen die angestrebten Zielwerte beim Einfahren bei den Trocknungsparametern der Kaltbelüftungsanlagen in den 80-er Jahren noch bei 75 % Trockenmassegehalt (TM-Gehalt), so ist es das Ziel mit heutiger Technik das Heu mit ca. 60 % TM-Gehalt in die Box zu bringen und es dann auf eine Lagerfeuchte von ca. 87 % TM-Gehalt zu trocknen. Somit kann das Anwelkgut mit geringen Bröckelverlusten geerntet werden und die Feldliegezeiten werden verkürzt. Mithilfe der modernen Technik ist es heute möglich, diesen Trocknungsprozess effizienter und damit schneller in maximal 40 bis 60 Stunden durchzuführen und z. T. auch etwas feuchtere Chargen mit TM-Gehalten von lediglich 55 % beim Einfahren zu trocknen.
Neuerungen bei den Energiequellen
Entscheidend hierfür ist, dass auch während der Nachtstunden eine ausreichende Energiequelle, sei es Prozessabwärme von einer Biogasanlage oder einem Hackschnitzelofen, gespeicherte Wärme z. B. von der Unterdachabsaugung oder einer Holzvergaseranlage, ein mit Strom betriebener Entfeuchter ggf. jeweils ergänzt durch eine Wärmerückgewinnungsanlage oder eine Kombination aus einigen der genannten Möglichkeiten zur Verfügung steht.
Neuerungen beim Bau
Der Boxenbau oder der Bau von Luftauslässen für Rundballen hat sich ebenfalls gewandelt. So ist heute eine Isolierung der Luftkanäle Standard und die früher üblichen Holzroste in den Belüftungsboxen wurden durch lose auf ein Trägergestell gelegte Baustahlmatten ersetzt. Bei Rundballenbelüftungen werden heute oft zentrische in Beton gegossene Ringe mit einer metallischen Querverstrebung eingebaut um Ballen mit verschiedenen Ballendurchmessern auf derselben Anlage belüften zu können.
Dimensionierung der Heubelüftung
Damit eine effiziente Trocknung gewährleistet werden kann, ist die richtige Dimensionierung der Heubelüftungsanlage anhand der auf dem eigenen Betrieb erzielbaren Erträge und des vorhandenen Tierbestands erforderlich. Dabei kann die Heutrocknungsanlage im Vergleich zu früher heutzutage individuell für jegliche Betriebsgröße konzipiert werden. Ziel muss es sein, den ersten und zweiten Schnitt in bis zu drei Chargen zu ernten und zu trocknen.
Aufgrund der genannten Neuerungen und den damit einhergehenden verfahrenstechnischen Änderungen wurde eine Heubelüftungsversuchsanlage konzipiert, mit der ein Vergleich der aktuell konkurrierenden Systeme durchgeführt werden kann.
Zielsetzung der Heubelüftungsversuchsanlage
Zur Effizienz (Energieverbrauch, Trocknungsdauer, usw.) dieser neuen Techniken stehen bis auf wenige Ausnahmen (Pöllinger, 2014) bis dato nur Firmenangaben zur Verfügung. Ziel ist es daher, mit der Heubelüftungsversuchsanlage und auf Praxisbetrieben Daten zur Effizienz dieser neuen Belüftungstechniken zu erfassen und die Steuerung des Belüftungsprozesses zu analysieren sowie zu optimieren. Dazu werden vergleichende Untersuchungen an der Heubelüftungsversuchsanlage in Hübschenried (Bayerische Staatsgüter, BaySG) mit den zwei im Rahmen der Energieeffizienzförderung geförderten Techniken, der Luftentfeuchtertrocknung mit Umluftverfahren und der Warmlufttrocknung mit Wärmerückgewinnungsanlage (WRG) durchgeführt. Weiterhin werden auf Praxisbetrieben mit vergleichbaren Techniken Daten zum Energieverbrauch sowie zur Futterqualität erhoben. Resultierend aus diesen Ergebnissen sollen Richtlinien für die landwirtschaftliche Praxis erarbeitet werden, um z. B. Hilfestellung zu Fragen der nötigen Schlagkraft und Effizienz zu geben. Darüber hinaus sollen sozioökonomische Kennzahlen der Praxisbetriebe untersucht und anhand der erhobenen Daten zu Investitionsvolumina i. a. bezüglich des Risikos für den Betriebszweig Milchproduktion eingeordnet werden.
Material und Methoden
Am Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Achselschwang der BaySG (Betriebsteil Hübschenried) wurde zur Analyse der Effizienz verschiedener Heubelüftungstechniken eine Versuchsanlage (c. p.) mit zwei identischen Boxen (30 m²) auf je vier Wiegezellen, vergleichbaren Luftführungssystemen und identischen Radialventilatoren (Typ RVN 630-35/10, 7,5 kW, Hersteller/ Vertrieb Fa. GB Birk) konstruiert. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten vor Ort konnte zunächst für keine der beiden Boxen eine solare Erwärmung der Luft über eine Unterdachabsaugung realisiert werden, weshalb an Schönwettertagen nur die Außenluft unter einem südlich ausgerichteten Vordach zur Trocknung genutzt werden konnte. Mit der Installation eines Wärmeregisters im Jahr 2019 ist nun die Simulation der Unterdachabsaugung möglich.
Belüftungstechnik der Heubelüftungsversuchsanlage
In einer Box wird das Heu mithilfe eines Luftentfeuchters (Typ Agrifrigor HT 60, 12 kW, Hersteller/ Vertrieb Fa. FrigorTec GmbH) im Umluftverfahren getrocknet. In der zweiten Box wird das Heu mithilfe von Abwärme (simuliert mittels Heizmobil-Kofferanhänger, 300 kW, Hersteller/ Vertrieb Fa. Mobiheat, Warmwasserheizregister 380 kW, Hersteller/ Vertrieb Fa. Heribert Waltinger GmbH) getrocknet. Dabei steht zusätzlich eine Wärmerückgewinnungsanlage (Typ ERC-T 30/56, Hersteller/ Vertrieb Fa. Arwego – Armin Schneider e. K.) zur Verfügung, mit der die Zuluft über die warme Abluft angewärmt wird.
Versuchsdurchführung in der Heubelüftungsversuchsanlage im Jahr 2018
Die Heubox mit Luftentfeuchter wurde im Rahmen zweier Versuche im Juli und Oktober 2018 zur Trocknung des dritten und fünften Schnitts Grünland (Bergung am 13.07.2018 und 11.10.2018) eingesetzt. Die Box mit Abwärmenutzung und WRG wurde im Juli 2018 (Bergung am 13.07.2018) getestet. Bei den Versuchen 2018 wurde nur während der Beschickung der Heuboxen mit „unbehandelter“ Außenluft belüftet. Anschließend wurden auf beide Boxen speziell angefertigte Hauben gesetzt, um einen Luftmassenaustausch der unterschiedlichen Trocknungssysteme zu verhindern, und um eine effiziente Luftumwälzung durch den Luftentfeuchter und die WRG zu gewährleisten. Fortan wurde in der Box mit Luftentfeuchter im Dauerumluftbetrieb sowie in der Box mit Wärmetauscher (WT) und WRG im Dauer-WRG-Betrieb weitergetrocknet. Mithilfe einer umfangreichen Messtechnikausstattung wurden dabei der Energieverbrauch und der Trocknungsverlauf erfasst.
Eingefahrene Erntemengen im Jahr 2018
Beim ersten Versuch im Juli 2018 lag der Ausgangs-TM-Gehalt in der Heubox mit Luftentfeuchter bei 71,3 % TM-Gehalt und damit etwas niedriger als in der Heubox mit (simulierter) Abwärmenutzung über einen WT und eine WRG (73,5 % TM-Gehalt). Beim zweiten Versuch lag der Ausgangs-TM-Gehalt in der Heubox mit Luftentfeuchter bei 70,7 % TM-Gehalt. Für die befüllten Heuboxen wurde der Energieverbrauch bis zu einem Ziel-TM-Gehalt von mindestens 86 % dargestellt bzw. ermittelt. Der Energieverbrauch für die in der Praxis notwendige Nachbelüftung wurde 2018 nicht berücksichtigt, da in der Praxis dafür i. d. R. die solar angewärmte Luft aus der Unterdachabsaugung verwendet wird und dadurch nur ein geringer, im Vergleich zum Gesamtenergieverbrauch vernachlässigbarer Energieverbrauch für den Radialventilator anfällt. In der Heubox mit Luftentfeuchter wurden im Juli 2018 rund 4.990 kg und im Oktober 2018 etwa 3.190 kg Grasanwelkgut getrocknet. In der Heubox mit WT und WRG waren es im Juli 2018 rund 4.760 kg Grasanwelkgut die getrocknet wurden. Die eingefüllte Anwelkgutmenge entsprach somit einem „Wasserdeckel“ von 47,7 und 31,2 kg Wasser/ m² Boxenfläche in der Heubox mit Luftentfeuchter sowie 42,1 kg Wasser/ m² in der Heubox mit WT und WRG.
Versuchsdurchführung in der Heubelüftungsversuchsanlage im Jahr 2019
Während der Versuchsreihe mit der Heubelüftungsversuchsanlage im Jahr 2019 wurde beim Einfahren mit Außenluft belüftet. In den Abendstunden wurden die Hauben auf die Heuboxen gesetzt und bei der Heubox mit Luftentfeuchter im Umluftbetrieb weitergetrocknet bzw. in der Heubox mit WT und WRG somit die WRG durch die gezielte Abluftführung aktiviert und mit WT und WRG weitergetrocknet. Tagsüber wurden die Hauben wieder von den Heuboxen genommen und mit Außenluft, die um durchschnittlich 5 - 6 °C angewärmt wurde getrocknet. Somit wurde eine Unterdachabsaugung bei beiden Heuboxen simuliert.
Versuchsdurchführung auf Praxisbetrieben im Jahr 2019
Neben den Versuchen zum direkten Vergleich der Techniken in der Heubelüftungsversuchsanlage wurden zwei Praxisbetriebe, einer mit einem Luftentfeuchter und einer mit einem Luftentfeuchter kombiniert mit Kreuzstromplattenwärmetauscher ausgewählt sowie mit vergleichbarer Messtechnik ausgestattet, so dass seit dem 1. Schnitt 2019 Daten zum Energieverbrauch und zur Effizienz dieser Anlagen erfasst wurden.
Ergebnisse und Diskussion – Energieverbräuche im Jahr 2018
Der Energieeinsatz für die Trocknung mittels (simulierter) Abwärmenutzung mit WT und WRG lag unter den spezifischen Bedingungen im Juli 2018 bei etwa 1,18 kWh pro kg Wasserentzug. Im Vergleich zur Energieeffizienzförderung (BLE, 2017) lag der Energieverbrauch dabei etwas höher (Abb. 1). Für die Trocknung mit Luftentfeuchter im Juli 2018, wurden 0,65 kWh pro kg Wasserentzug aufgewandt. Bei der Trocknung mit dem Luftentfeuchter im Oktober 2018 ergab sich ein niedriger Energiebedarf in Höhe von 0,51 kWh pro kg Wasserentzug. Beim Vergleich mit der Energieeffizienzförderung (BLE, 2017, BMEL, 2016) lagen beide Werte im Bereich des angestrebten Zielwerts für eine 100 % technische Trocknung mit energieeffizienten Systemen.
Ergebnisse und Diskussion – Energieverbräuche im Jahr 2019
Bei der Versuchsreihe im Jahr 2019 mit der Heubelüftungsversuchsanlage zeigte sich jedoch, dass sowohl mit Luftentfeuchter als auch mit WT und WRG der Referenzwert von 0,31 kWh pro kg Wasserentzug eingehalten werden kann. Der leicht gegenüber der BLE erhöhte Energieverbrauch im Juni 2019 resultierte daher, dass aufgrund des relativ großen Wasserdeckels von 125 kg/ m² Boxenfläche sehr viel Wasser zu entziehen war.
Vergleicht man die von Pöllinger (2014) gemessenen Werte bei einer Entfeuchtertrocknung mit den Vorgaben der Energieeffizienzförderung (BLE, 2017; BMEL, 2016), so liegt der Energieverbrauch im Mittel trotz energieeffizienter Technik beim erwarteten Wert für die Trocknung z. B. mit Abwärme. Die Spanne vom minimalen (0,17 kWh) Energieverbrauch bis zum maximalen (0,79 kWh) Energieverbrauch zeigt jedoch, dass je nach Einsatzbedingungen sehr große Unterschiede möglich sind. Dies spiegelt sich sowohl bei den Ergebnissen der Praxisbetriebe als auch in den Energieverbräuchen in der Heubelüftungsversuchsanlage wider.
Ergebnisse und Diskussion zur Futterqualität
Neben dem Stromverbrauch ist auch die Futterqualität des Belüftungsheus entscheidend. Der Aufwand bei der Ernte, Einlagerung und Konservierung des Belüftungsheus wird i. d. R. mit einer höheren Milchleistung aus dem Grundfutter entlohnt. Bedingt durch den hohen Anteil an pansenstabilem Eiweiß (UDP) - Belüftungsheu weist ähnlich wie Grascobs oder Trockengrün einen Anteil von bis zu 40 % UDP auf - erhöht sich die Passagerate durch den Pansen, was eine höhere Grundfutteraufnahme zur Folge hat. Die Gehalte an UDP schwanken je nach Schnitt zwischen 30 - 35 % (Abb.3.). Es ist kein Unterschied bezüglich der eingesetzten Technik festzustellen.
Fazit
Der Einsatz moderner Techniken zur Heutrocknung verlangt einiges an Know-how von Seiten des Anlagenbetreibers, genauso wichtig ist hierbei auch die exakte Steuerung mittels Temperatur- und Feuchtesensoren um mit möglichst geringem Energieaufwand qualitativ hochwertiges Belüftungsheu zu produzieren.
Im Schnitt wurde bei der Trocknung inklusive Nachbelüftung etwa 0,5 kWh/kg Wasser benötigt. Der Gesamtenergieverbrauch differierte zwischen den Betrieben und der Heubelüftungsversuchsanlage. Beim ersten Schnitt im Mai bei Betrieb A lag er etwa bei 21,1 kWh pro dt TM Heu bzw. im Juni bei 9,11 kWh pro dt TM Heu. Demgegenüber betrug er bei Betrieb B 8,55 kWh pro dt TM Heu. Bei richtiger Steuerung der Technik kann der angestrebte Wert von 0,31 kWh pro kg Wasserentzug bei der Nutzung von energieeffizienter Trocknungstechnik erreicht und teilweise sogar unterschritten werden. Die Heutrocknung bringt die Gewinnung eines qualitativ hochwertigen Futters mit hohen Gehalten an pansenstabilem Eiweiß.
M. Hofmann und S. Thurner, LfL, Institut für Landtechnik und Tierhaltung, Freising