Wildtiermanagement
Der Hirte organisiert und kontrolliert die Schutzmaßnahmen

Behirtung mit Hütehunden
Genügt allein die Anwesenheit eines Hirten um eine Herde gegen Übergriffe durch Beutegreifer zu schützen? Nein! Vielmehr muss der Hirte gewährleisten, dass die anderen Schutzmaßnahmen bestmöglich funktionieren.
Die Erfahrungen damit bei Anwesenheit von Beutegreifern sind bislang gering und müssen erst wieder gewonnen werden. Das aktive Hüten (= Führen) einer Schafherde im Flachland bzw. Mittelgebirge hat dabei nichts mit der Behirtung einer Schaf- oder Rinderherde im Gebirge gemein, wo es in den letzten Jahrzehnten in Bayern eher um Tierkontrolle ging. Bayern besitzt nicht die ausgeprägte Hirtenkultur bei Schafen wie die Schweiz, wo auch im Gebirge mit Hütehunden gearbeitet wird und die Herde nachts zusammengetrieben wird. Für ganz Bayern werden sich die Anforderungen an die Hirten bei Anwesenheit von Beutegreifern erheblich erweitern. Das gilt auch für die Hirten auf Jungviehalmen und –alpen.
Der Hirte in der Alm- bzw. Alpwirtschaft

Für gealpte Tiere wird eine Behirtung besonders empfohlen
Eine gezielte Fortbildung von Schafhirten mit Einsatzort Gebirge – nicht nur, aber auch zum Thema Umgang mit Großbeutegreifern – gibt es bislang nur in der Schweiz. Hier liegt der Fokus klar auf dem Einsatz in der Alm- bzw. Alpwirtschaft. Für Schaf- und Rinderhirten gibt es in Bayern Fortbildungen in den Alm- und Alpwirtschaftsschulen der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie bei den alm- und alpwirtschaftlichen Verbänden.
Der Hirte im Mittelgebirgs- und Talraum
- Eine Behirtung ist unabhängig von der Herden- oder Betriebsgröße möglich. Herden mit weniger als 200 Schafen werden jedoch fast ausnahmslos gekoppelt. Je größer die Herde, desto wirtschaftlich sinnvoller ist die Behirtung (z.B. Arbeitszeitkosten).
- Sie kommt in Betracht, wenn nicht gezäunt werden darf (z.B. Vorgaben des Naturschutzes) oder eine Einzäunung wirtschaftlich oder topographisch nicht sinnvoll ist.
- In den Hütepausen befindet sich die Herde in einem elektrifizierten Mittags- bzw. Nachtpferch. Schäfer und Hütehunde sind in dieser Zeit in der Regel nicht anwesend.
- Während der Hütezeit wird der Herdenschutzhund auf einem geeigneten Platz abgelegt (in der Regel Hundehänger)
In Bayern wird angehenden Schäfergesellen das nötige Wissen im Rahmen ihrer Berufsausbildung vermittelt, wobei hier klar die typischen Schäferlandschaften, d.h. Mittelgebirge im Zentrum stehen.
Aufgaben der Hirten bei Beutegreiferanwesenheit
Tipps für den Hirten:
- Alle Herdentiere täglich mindestens einmal kontrollieren (Fehlen Tiere? Gibt es verletzte Tiere? Sind Tiere unruhig?).
- Speziell in der Schafhaltung sind Pflege und Führung sowohl von Schutz- als auch von Hütehunden unabdingbares Können.
- Insbesondere in der Nacht muss die Herde gut zusammengehalten werden, sei es mit Hilfe eines Nachtpferchs oder durch kontrollierte Übernachtung der Herde.
- Nachtpferch bestmöglich dem Gelände anpassen (Bodenabstand maximal 20 cm!) und täglich kontrollieren (allseits geschlossen? Ohne Unterschlupfmöglichkeit? Ohne Einsprungmöglichkeit? Im Ausnahmefall mindestens 2.000 V, besser 4.000 V Spannung auf Zaun?) Bei Bedarf ausmähen!
- Die Herde zwischen Dämmerung und Morgengrauen, sowie bei Regen, Gewitter, Nebel sicher einpferchen.
- Erfahrung und Gespür für Gefahrensituationen entwickeln (z.B. Reaktion von Hüte- oder Herdenschutzhunden richtig deuten und darauf reagieren können).
- Bei intensiven Verbellen und nächtlicher Unruhe auch nachts noch einmal die Tiere kontrollieren und mit Scheinwerfern mögliche Wölfe verunsichern.
- Wenn möglich Nachtpferch in die Nähe der Hirtenunterkunft legen bzw. andersrum. Falls dies nicht möglich ist, sollte bei Gefahrensituationen der Hirte im Zelt neben dem Pferch schlafen.
- Werden Herdenschutzhunde eingesetzt, entscheidet der Hirte wie viele Herdenschutzhunde wo eingesetzt werden. Regel: Mindestens zwei Herdenschutzhunde außerhalb des Nachtpferchs, der Rest im Nachtpferch.
- Es ist wichtig, dass die Herde gut geführt werden kann und sich nicht über zu große Flächen verteilt. Ansonsten können auch Schutzhunde die Herde nicht effizient beschützen.
- Heute ist das Vieh auf Almen und Alpen aus weidewirtschaftlichen Gründen häufig auf voneinander entfernten Weideflächen verteilt. Nachtweiden gibt es kaum. Dies erschwert den Herdenüberblick, besonders bei nicht ständiger Behirtung.
- Umtriebsweide und Koppelhaltung sind neben pflanzenbaulichen Vorteilen jedenfalls wichtig, um die Herde auf einer begrenzten, möglichst übersichtlichen Fläche zu halten. Erfahrene Hirten kennen die Plätze auf weiträumigen Almen und Alpen, die sich zum Schutz der Herde eignen.
- Das Schwenden – Freihalten der Flächen von verholzenden Pflanzen – dient auch dazu, dass die Sicht des Hirten in möglichst alle Winkel der einzelnen Weideflächen ungehindert möglich ist.
- Allerdings: Auch ein guter Hirte kann bei schlechtem Wetter in schwierigem Gelände nicht immer alle Tiere konstant unter Kontrolle halten.
Aktuelle Herausforderungen und staatliche Förderung
Der Einsatz eines Hirten auf einer anerkannten Alm/Alpe wird staatlich gefördert.
Weitere Informationen
Ansprechpartnerin
Johanna Mehringer
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8640-7123
Fax: 08161 8640-7199
E-Mail: Tierzucht@lfl.bayern.de