Anwendungsbeschränkungen für den Einsatz von Glyphosat

Durch die Novellierung der Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung (PflSchAnwV) gelten seit dem 8. September 2021 neue, weitreichende Einschränkungen für die Anwendung von Glyphosat-Herbiziden im Ackerbau und der Grünlandbewirtschaftung.

Die Anwendungsbeschränkungen nach § 3b der PflSchAnwV sind gestaffelt aufgebaut. In erster Ebene gilt ein generelles Anwendungsverbot für Wasserschutz- und Naturschutzgebiete sowie für die Anwendung vor der Ernte zur Sikkation in allen Kulturen. Hintergrund für dieses ausnahmslose Verbot ist offensichtlich der vorbeugende Gesundheitsschutz und der Schutz der Biodiversität in besonders sensiblen Gebieten.

Generelles Anwendungsverbot für Glyphosat-Herbizide

  • In Wasserschutz-, Heilquellenschutzgebieten und in der Kern- und Pflegezone von Biosphärenreservaten.
  • In Naturschutzgebieten, Nationalparks, nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 Bundesnaturschutzgesetz.
  • Zur Spätanwendung vor der Ernte (Sikkation) in allen Kulturen.
In der nächsten Stufe müssen Bedingungen abgeprüft werden, die eine Anwendung von Glyphosat zur Unkrautregulierung unverzichtbar und damit zulässig machen. Diese Kriterien können naturgemäß nicht absolut exakt und trennscharf formuliert werden. Es geht hierbei letztlich um die Einhaltung der guten fachlichen Praxis mit einem vorbeugenden Management zur Vermeidung von Unkrautproblemen, die nur mit einer Glyphosat-Behandlung ausreichend reguliert werden können, bzw. um die technisch und ökonomisch mögliche bzw. zumutbare Anwendung von alternativen Regulierungsverfahren.
Die Überprüfung dieser Kriterien liegt in der Eigenverantwortung eines jeden potenziellen Anwenders und gilt generell für alle zugelassenen Anwendungsgebiet, also nicht nur im Ackerbau bzw. in der Landwirtschaft. Hiernach sind zulässige Anwendungen auch auf das absolute Mindestmaß zu begrenzen.

Grundsätzliche Voraussetzungen für den zulässigen Einsatz von Glyphosat

  • Im Einzelfall können vorbeugende Maßnahmen, wie eine geeignete Fruchtfolge, wendende Bodenbearbeitung oder mechanische Unkrautbekämpfung zur Regulierung von Unkräutern nicht durchgeführt werden oder sind nicht ausreichend wirksam.
  • Alternative technische Maßnahmen, wie z. B. thermische Unkrautregulierung, sind nicht geeignet oder zumutbar.
  • Bei einem zulässigen Einsatz wird die Aufwandmenge, die Anwendungshäufigkeit und die zu behandelnde Fläche auf das notwendige Maß beschränkt.
Im Weiteren werden für eine zulässige Anwendung in den zwei wesentlichen Anwendungsgebieten im Ackerbau, der Vorsaat- und Stoppelbehandlung, sowie für den Einsatz zur Grünlanderneuerung detaillierte Bedingungen vorgegeben.

Einsatz von Glyphosat im Ackerbau

Hiernach ist die Anwendung im Ackerbau zur Vorsaat- und Stoppelbehandlung nur zulässig

  • zur Bekämpfung perennierender (ausdauernder) Unkräuter wie zum Beispiel Distel-, Winden-, Ampfer-Arten und Quecke oder
  • zur Unkrautbekämpfung und Beseitigung von Ausfall- und Mulchkulturen (z. B. nicht abgefrorene Winter-Zwischenfrüchte oder Ausfallgetreide) auf Ackerflächen, die in die Erosionsklasse Wasser1-2 und Wind eingeordnet sind.
Die Glyphosat-Anwendung im Rahmen von Anbauverfahren als Mulch- und Direktsaat sind von diesen Einschränkungen ebenso wenig betroffen wie spezielle Anwendungen zur Einzelpflanzenbekämpfung im Ackerbau.

Einsatz von Glyphosat im Grünland

Im Grünland ist eine flächige Anwendung nur zulässig

  • zur Unkrautbekämpfung für die Grünlanderneuerung, wenn das Ausmaß der vorhandenen Verunkrautung die wirtschaftliche Nutzung oder die Futtergewinnung wegen eines Risikos für die Tiergesundheit nicht ermöglicht, oder
  • zur Vorbereitung einer Neueinsaat auf Flächen, die in die Erosionsklasse Wasser1-2 und Wind eingeordnet sind oder auf denen eine Pflugfurche aufgrund anderer Vorgaben nicht erlaubt ist.
Wichtig ist hierbei, dass nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz die flächige Herbizidanwendung im Grünland seit dem 1. Januar 2022 grundsätzlich verboten ist. Voraussetzung für eine zulässige Anwendung nach der PflSchAnwV ist daher eine Ausnahmegenehmigung durch die zuständige Behörde nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz. Anwendungen im Einzelpflanzenbehandlungsverfahren sind von diesen Einschränkungen nicht betroffen.

Dokumentation von Glyphosat-Anwendungen

Für die Einhaltung der Kriterien einer zulässigen Glyphosat-Anwendung ist jeder Anwender selbst verantwortlich. Es wird daher dringend empfohlen, für jede Anwendung eine eigene Dokumentation zu erstellen, in der die Voraussetzungen für einen zulässigen Einsatz festgehalten sind. Auch eine zusätzliche Bilddokumentation kann bei Anlastungen durch Dritte oder behördlichen Kontrollen sehr hilfreich sein.
Nachstehend sind in der praktischen Umsetzung auftretende Fragestellungen beantwortet
F.: Glyphosat-haltige Herbizide sind im Ackerbau, auf Grünland, in Sonderkulturen und selbst im Forst zur Bekämpfung von Unkräutern, Ungräsern und einzelnen schwer bekämpfbaren Problemunkräutern zugelassen. Warum müssen jetzt zusätzliche Vorschriften beachtet werden?
A.: Es wird vermutet, dass die Anwendung von Glyphosat negative Einflüsse auf die Biodiversität und die Insektenfauna im Agrarraum hat. Daher hat der Gesetzgeber beschlossen, die vorhandenen und zugelassenen Anwendungsmöglichkeiten für Glyphosat-haltige Herbizide erheblich einzuschränken. Derartige, die eigentliche Zulassung ergänzende, Einschränkungen werden in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (PflSchAnwV) geregelt.
F.: Die Anwendung von Glyphosat-haltigen Herbiziden ist nur noch unter sehr spezifischen Bedingungen zulässig. Bei welcher Behörde muss dafür eine Genehmigung beantragt werden?
A.: Für eine zulässige Anwendung nach der PflSchAnwV ist jeder Anwender selbst verantwortlich. Ein behördliches Genehmigungsverfahren ist hierfür nicht vorgesehen. Um im Fall von Anzeigen durch Dritte oder bei Kontrollen eine zulässige Anwendung nachweisen zu können, wird dringend empfohlen, für jede Anwendung eine Dokumentation zu erstellen, die die Einhaltung der Vorgaben der PflSchAnwV belegt. Auch eine zusätzliche Bilddokumentation kann dafür hilfreich sein.
F.: Glyphosat-Präparate sind nicht nur in typischen Ackerbaukulturen (Getreide etc.) bzw. sehr allgemein in Ackerbaukulturen, sondern auch in ganz bestimmten Kulturen wie etwa Zwiebeln, Möhren oder Spargel zugelassen. Ist der Einsatz zur Unkrautregulierung vor der Saat in diesen Sonderkulturen auch von den neuen Regelungen betroffen?
A.: Die Anwendungseinschränkungen im Ackerbau sind nicht auf bestimmte Kulturen beschränkt, sondern gelten grundsätzlich für alle Ackerbaukulturen.
F.: Sind Acker- und Grünlandflächen in der Zone III von Wasserschutzgebieten ebenfalls von den Anwendungseinschränkungen bzw. Verboten betroffen?
A.: Nach PflSchAnwV § 3b (5) besteht ein generelles Anwendungsverbot in Pflegezonen von Biosphärenreservaten und Heilquellen- und Wasserschutzgebieten. Im Fall der Wasserschutzgebiete gilt das Verbot für alle definierten Zonen eines Schutzgebietes.
Ergänzend besteht nach § 4 (1) ein allgemeines Verbot für die Anwendung von Herbiziden in Naturschutzgebieten, Nationalparks, nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen, egal in welcher Kultur. Im Fall von Glyphosat-Herbiziden sind nach § 4 (2) keine Ausnahmen von diesem Verbot möglich.
F.: Bei zunehmend häufigen Starkregenereignissen kann es im Getreidebau, insbesondere bei Wintergerste, zu so starkem Lager kommen, dass die Flächen ohne eine Sikkation nicht mehr erntefähig sind. Gibt es für einen solche Notsituation Ausnahmemöglichkeiten?
A.: Das Anwendungsverbot für Glyphosat-Herbizide für eine Spätanwendung vor der Ernte bzw. zur Sikkation (PflSchAnwV § 3b (5)) gilt grundsätzlich für alle Kulturen und ohne Ausnahme.
F.: Im Ackerbau sind Anwendungen von Glyphosat zur Vorsaatbehandlung, zur Stoppelbehandlung und zur Spätanwendung vor der Ernte (Sikkation) stark eingeschränkt bzw. verboten. Gilt das auch für zugelassene Einzelpflanzenbehandlungen während der Vegetationsperiode im Ackerbau?
A.: Für die zugelassenen Einzelpflanzenbehandlungen zur Unkrautbekämpfung im Streichverfahren in Gräsern, Klee-, Luzerne-Arten und Wicken zur Saatgutproduktion sowie in Zuckerrüben zur Bekämpfung von Acker-Kratzdisteln und Schosserrüben sind nach der PflSchAnwV keine zusätzlichen Einschränkungen oder Verbote vorgesehen.
F.: Eine spezielle Anwendung von Glyphosat-Herbiziden ist der Einsatz zur Rekultivierung von Stilllegungsflächen vor der Saat der Folgekultur. Ist diese Anwendung noch zulässig?
A.: Ein Einsatz zur Vorsaatbehandlung auf ehemaligen Stilllegungsflächen ist zulässig, wenn nur damit perennierende (ausdauernde) Unkräuter ausreichend bekämpft werden können, wenn auf Flächen, die einer Erosionsgefährdungsklasse zugeordnet sind, eine alternative mechanische Unkrautregulierung (Pflügen, Hacken, Striegeln …) nicht sinnvoll und zielführend möglich ist, oder wenn der Anbau der Folgekultur im Mulch- oder Direktsaatverfahren erfolgt.
F.: Bei sehr hohen Besatzdichten mit schwer bekämpfbaren bzw. herbizidresistenten Acker-Fuchsschwanz wird das Scheinsaatverfahren in Kombination mit einer Glyphosat-Behandlung vor der eigentlichen Aussaat angewendet, um den Besatz in der nachfolgenden Kultur (in der Regel Winterweizen) zuverlässig zu reduzieren. Ist dieses Sonderverfahren noch zulässig?
A.: Hierbei handelt es sich um eine Vorsaatbehandlung, wobei Acker-Fuchsschwanz keine perennierende Unkrautart ist. Die Anwendung dieses Sonderverfahrens ist daher nur beim Anbau im Mulch- oder Direktsaatverfahren und auf erosionsgefährdeten Flächen, die einer entsprechenden Risikoklasse (CCWasser1-2 und CCWind) zugeordnet sind, zulässig.
F.: In § 3b (3–5) PflSchAnwV sind Glyphosat-Anwendungen vor der Saat, nach der Ernte auf der Stoppel, zur Sikkation und zur flächigen Vorbehandlung für die Grünlanderneuerung eingeschränkt oder verboten. Gelten diese Einschränkungen auch für die Nachsaatanwendung?
A.: Für die Anwendung im Nachsaatverfahren sind in der PflSchAnwV keine weiteren Einschränkungen festgelegt. Diese Anwendung wird zudem vorrangig im Direktsaatverfahren und bei Strip-Till-Saat angewendet, wofür die Einschränkungen nach § 3b (3) ausgenommen sind.
F.: Nach § 3b (3) gibt es Einschränkungen und Bedingungen für die Anwendung als Vorsaatbehandlung. Gilt das auch für Kulturen, die nicht ausgesät, sondern angepflanzt werden?
A.: Die Vorgaben im § 3b (3) zielen darauf ab, den Einsatz von Glyphosat zur Unkrautbekämpfung vor der Etablierung von Kulturen auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen. Die Einschränkungen auf die Bekämpfungen von perennierenden Unkräutern und die Unkrautbekämpfung auf erosionsgefährdeten Flächen sind in diesem Zusammenhang auch auf Etablierungsverfahren durch die Anpflanzung von Kulturen, zum Beispiel im Feldgemüsebau, anzuwenden.
F.: Seit dem 01.01.2022 ist in Bayern die flächige Anwendung von Herbiziden auf Wiesen und Weiden verboten, es sei denn, es wird im Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung von der zuständigen Behörde erteilt. Ist bei entsprechenden Genehmigungen auch die Anwendung von Glyphosat zur Grünlanderneuerung zulässig?
A.: Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach den Bayerischen Naturschutzgesetz (BayNatSchG) zum Einsatz von Herbiziden auf dem Grünland sind mit den Ausnahmeregelungen nach der PflSchAnwV § 3b (4) vergleichbar. Falls eine Grünlanderneuerung unumgänglich ist und dafür eine Ausnahmegenehmigung nach den BayNatSchG Art. 3(4) erteilt wurde, ist es dennoch notwendig zu prüfen, ob die Vorgaben nach der PflSchAnwV für diesen Einsatz gegeben sind. Es wird auch in diesen Sonderfällen empfohlen, eine entsprechende Dokumentation zu erstellen, in der die Kriterien für einen zulässigen Einsatz im jeweiligen Einzelfall bestätigt sind.
F.: Gilt das Anwendungsverbot nach den Bayerischen Naturschutzgesetz für Herbizide im Grünland auch für die Einzelpflanzenbehandlung mit Glyphosat-Präparaten?
A.: Die gezielte Einzelpflanzenbehandlung ist weder nach dem BayNatSchG noch nach der PflSchAnwV zusätzlich eingeschränkt. Die zugelassenen Indikationen können auch im Fall von Glyphosat-Herbiziden angewendet werden.
F.: Gibt es neben der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung und dem Bayerischen Naturschutzgesetz weitere Vorgaben, die die Anwendung der zugelassenen Indikationen von Glyphosat-Herbiziden einschränken?
A.: Neben den fachrechtlichen Einschränkungen gibt es teilweise auch privatrechtliche Vereinbarungen (z. B. Liefer- oder Pachtverträge), die eine Anwendung von Glyphosat-Herbiziden einschränken oder ausschließen.
F.: Wie geht es eigentlich mit der Zulassung von Glyphosat-Präparaten weiter? Einzelne Mittel sind bis Ende 2026 zugelassen.
A.: Obwohl das Genehmigungsverfahren des Wirkstoffes auf der EU-Ebene noch nicht abgeschlossen ist, geht die PflSchAnwV davon aus, dass die Zulassung Ende 2023 ausläuft und ab dem 01.01.2024 ein absolutes Anwendungsverbot für Glyphosat besteht.