Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2020 – Mykologie

Diagnose von pilzlichen Schaderregern an Kulturpflanzen - ein Rückblick auf das Jahr 2020

Insgesamt wurden 1800 Pflanzen- bzw. Saatgutproben zur Untersuchung an die Arbeitsgruppe "Mykologie" mit einem Verdacht auf eine pilzliche Schadursache eingesandt. Diese waren nicht auf bestimmte Pflanzengruppen beschränkt, sondern verteilten sich auf Obst, Gemüse und Zierpflanzen sowie auf Gehölze und landwirtschaftliche Kulturen. Mit der Zunahme des Ökolandbaus spielen Gesundheitsprüfungen an Saatgut eine immer größere Rolle. Sie machen mittlerweile mehr als 50 % des Probenaufkommens aus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Arbeiten im Rahmen des Hoheitsvollzuges – insbesondere zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses – einer gefürchteten Quarantäneerkrankung.

In Auftrag von IPZ 6c, der LWG in Veitshöchheim und der Landwirtschaftskammer (LWK) in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Münster wurden insgesamt 28 Proben auf Befall mit Ascochyta pisi untersucht. Daneben sind weitere 153 Leguminosen-Saatgutproben (Ackerbohne, Lupine, Soja) auf Brennfleckenerkrankungen zur Untersuchung vorgelegt worden.

Anthraknose an Futtererbsen

Diese samenübertragbare Erkrankung (Anthraknose) spielt bei Futtererbsen z. T. eine große Rolle und kann zu hohen Ertragsausfällen führen. Keine der Partien zeigte einen Befallsgrad von 13 % und mehr. Ab diesem Wert ist die Verwendung als Saatgut als bedenklich anzusehen. Im Vergleich zu 2008 ist das Befallsgeschehen weiterhin rückläufig bzw. hat sich auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisiert. Während 2008 noch gut 50 % der bayerischen Partien beanstandet wurden, waren es 2009 17 %, 2010 knapp 9 %, 2011 nur noch gut 3 % und in den letzten 5 Jahren lediglich jeweils eine oder zwei, in 2017 bzw. 2018 keine und 2019 bzw. im vergangenen Jahr je eine stark befallene Partie.

Anthraknose an Lupine und Ackerbohne

Petrischale

Brennfleckenerreger bei Lupinen in Plattenkultur

Darüber hinaus sind im mykologischen Labor noch weitere 50 Saatgutproben anderer Körnerleguminosen wie Ackerbohne und Lupine auf Anthraknose-Erkrankungen untersucht worden.
Alle untersuchten Ackerbohnen- bzw. Lupinenproben waren befallsfrei.

Brennflecken-Krankheit an Soja

Sehr stark hinzugekommen sind in den vergangenen Jahren Untersuchungen von Sojasaatgut. Es wurden 69 Proben – fast dreimal so viele wie in 2019 - vorgelegt; bei 68 % konnte der Erreger von Brennflecken (Phomopsis-Komplex) nachgewiesen werden. Im Jahr 2017 war dies bei lediglich 22 % der Fall, 2018 bei 66 % und 2019 bei 60 %.

Untersuchungen auf Tilletia-Besatz bei Weizen (Weizensteinbrand) und Gerstenflugbrand

Weizensteinbrand Ähren

Weizensteinbrand – infizierte Ähre mit schwarzen Sporenmassen (Bildmitte), Foto: W. Richter, ITE

Im abgelaufenen Jahr wurden überwiegend von IPZ 6c und der LWK NRW im Rahmen eines gemeinsamen Projektes insgesamt 690 Weizen- bzw. Dinkelproben (499 aus BY über die Saatgutprüfstelle, 74 aus NRW, 117 von diversen anderen Einsendern), meist aus dem ökologischen Landbau, zur Untersuchung auf Steinbrand bzw. Zwergsteinbrand vorgelegt.
Im Jahr 2020 wiesen knapp 21 % der Weizen-/Dinkelproben aus Bayern Besatzwerte von durchschnittlich über 20 Sporen pro Korn (T. caries und/oder T. controversa) auf, sodass die entsprechenden Partien als Saatgut ungeeignet waren. Ein vergleichbares Niveau konnte bei den untersuchten Dinkelpartien beobachtet werden. Hier waren auch gut 20 % der Proben zu beanstanden.
Ergebnisse der Untersuchungen von Weizen- und Dinkelsaatgut auf Tilletia-Besatz in Bayern in den Jahren 2006 bis 2020
 200620072008200920102011201220132014201520162017201820192020
Anteil der Proben9373110233273492341326333370303474386458499
Anteil Proben mit Besatzwerten über 20 Sporen/Korn in %171939363350384630,334,6332124,53321
Anteil Tilletia-freier Proben in %47767<196123,591921,2917
Weizensteinbrandsporen

Weizensteinbrandsporen (Tilletia caries) bei 320-facher Vergrößerung

T. controversa (Zwergsteinbrand) trat 2020 im Vergleich zu den Vorjahren kaum in Erscheinung. Nur bei ca. 1 % der Proben konnte der Erreger festgestellt werden (2017: ca. 86 %, 2018: 20 %, 2019: 16 %). Besatzwerte von über 20 Sporen pro Korn waren in keinem Fall zu beobachten. Wie in den Jahren zuvor trat der Erreger häufig im Mischinfektionen mit T. caries auf.

Untersuchungen auf Flugbrand

Petrischale

Myzel im Embryonalgewebe (Pfeile) bei 320-facher Vergrößerung

Daneben wurden 2020 insgesamt 191 Gerstenproben aus ökologischem Anbau davon 110 von der bayerischen Saatgutprüfstelle auf Flugbrand (Ustilago nuda) untersucht. Im Vergleich zum Vorjahr wurde Ustilago nuda in einem geringeren Umfang beobachtet. Bei knapp 6 % (2019: ca. 20 %) der bayerischen Partien ließ sich der Erreger mit einer Befallsstärke von 0,1 % oder mehr nachweisen. Ab diesem Wert ist eine Verwendung als Saatgut ausgeschlossen. Von anderen Versuchseinrichtungen kamen weitere 81 Gerstenpartien zur Untersuchung auf Gerstenflugbrand hinzu. Hier konnte eine maximale Befallsstärke von gut 18 % infizierter Embryonen nachgewiesen werden.

Nachernte-Monitoring von Ährenfusariosen 2020

Zusammenfassend für das Jahr 2020 lässt sich sagen, dass generell die Infektionen der untersuchten Getreidesorten mit diversen Fusarium-Arten verglichen mit dem Vorjahr auf leicht geringerem Niveau lagen. Die Belastung des Erntegutes mit Mykotoxinen, insbes. DON, war dem entsprechend auch eher gering (vgl. Jahresbericht AQU 2).
Ährenfusariosen haben insbesondere bei Weizen eine hohe Bedeutung. Ein besonderes Problem ist dabei die Produktion von Mykotoxinen durch bestimmte Fusarium-Arten, die durch Risikofaktoren wie Vorfrucht Mais, nichtwendende Bodenbearbeitung nach Mais, Anbau mittel- und hochanfälliger Weizensorten, Einsatz bestimmter Fungizide und warm-feuchte Witterung vor und zur Weizenblüte gefördert wird. Die Mykotoxine können in die Nahrungskette gelangen und Tiere sowie Menschen gefährden (siehe auch die Beiträge von IPS 3a sowie den AQU-Jahresbericht). Ziel des „Nach-Ernte-Monitoring“ ist die Ermittlung des mikrobiellen Besatzes sowie der Mykotoxinbelastung des Erntegutes, insbesondere mit Deoxynivalenol (DON). Durch die Untersuchung von Weizen- und Roggenproben nach der Ernte soll Landwirten, Händlern und Verarbeitern der beiden Brotgetreidearten ein Überblick über den mikrobiellen Status gegeben werden. Darüber hinaus sollen langfristig Informationen über etwaige Veränderungen des Fusarium-Artenspektrums und dem damit verbundenen Auftreten anderer Toxine erhalten werden.
Ähre

Ähre infiziert mit Fusarium graminearum

Vor 10 Jahren wurde die Gerste in das Monitoring aufgenommen, da in den letzten Jahren immer wieder Befürchtungen geäußert wurden, dass auch hier mit nicht unerheblichen Fusarium spp.-Infektionen zu rechnen sei. Ab dem Erntejahr 2010 ist auch Mais in das Untersuchungsprogramm integriert worden.
Fusarium graminearum Platte

Reinkultur Fusarium graminearum

Beim Weizen waren 2020 ca. 47 % der insgesamt 151 untersuchten Proben mit F. graminearum infiziert. Die Befallsstärke der einzelnen Proben erreichte maximal 17 %. F. culmorum konnte lediglich bei 12 % der Proben isoliert werden. Die höchste Befallsstärke lag bei 15 % befallener Körner. Insgesamt war damit die Belastung des Weizens mit DON-bildenden Fusarium-Arten auf einem etwas höheren Niveau als im Vorjahr. Neben diesen beiden Arten konnten beim Weizen noch F. poae, F. langesethiae und F. sporotrichioides sowie in geringerem Umfang F. avenaceum, F. equiseti und Monographella nivalis (Schneeschimmel) beobachtet werden. F. sporotrichioides kam bei 83 % der Proben vor; ebenso F. langsethiae bei 79 %. Dabei lag die Befallsstärke bei beiden zuletzt genannten Arten höchstens bei 44 % bzw. 28 % befallener Körner. Insgesamt traten beide Arten gehäufter in Erscheinung als 2019. Die Untersuchungen der 86 Roggenproben zeigten im Vergleich zum Vorjahr einen leicht höheren Befall mit DON-Bildnern; so konnte z.B. F. graminearum bei 22 % und F. culmorum bei 10 % der Proben beobachtet werden. Andere Arten wie F. sporotrichioides und F. langsethiae traten bei 57 % bzw. bei 24 % auf.
Bei der Sommergerste (121 Proben) spielten die DON-bildenden Fusarium-Arten eine untergeordnete Rolle im Vergleich zum Weizen. Bei 25 % der Proben konnte F. graminearum mit einer maximalen Befallsstärke von 5 % beobachtet werden. F. culmorum trat bei gut 6 % mit einer maximalen Befallsstärke von 4 % auf. Gehäufter traten F. sporotrichioides und F. langsethiae in Erscheinung. Bei 94 % bzw. 48 % der Proben konnten die angesprochenen Arten bis zu einer maximalen Befallsstärke von 84 bzw. 48 % infizierter Körner beobachtet werden.

Vollzug der Verordnung (VO) zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses

Um eine Ausbreitung von Quarantäne-Schadorganismen zu verhindern bzw. einzudämmen, sind Untersuchungen und eine Vielzahl von restriktiven Maßnahmen notwendig, die z. T. große wirtschaftliche Folgen (z.B. ein Verbot des Kartoffelanbaus auf der Befallsfläche) für betroffene Landwirte haben können. Erschwerend kommt im Falle des Kartoffelkrebses (Erreger: Synchytrium endobioticum) hinzu, dass die Überdauerungsformen (Dauersori) mindestens 20 Jahre im Boden lebens- und infektionsfähig bleiben. In enger Zusammenarbeit mit IPS 4b (Quarantänemaßnahmen bei Kartoffeln) erfolgen Bodenuntersuchungen zur Aufhebung der Sperrmaßnahmen betroffener Flächen.
Kartoffelkrebs befallene Kartoffelknolle

Kartoffelkrebs befallene Kartoffelknolle

Bei Befallsfeststellung wird mittels eines amtlichen Bescheides die Befallsfläche für den Kartoffelanbau gesperrt. Zusätzlich wird um diese Fläche ein Sicherheitsbereich abgegrenzt, in dem nur krebsresistente Kartoffeln angebaut werden dürfen. Ferner sind eventuell befallene Knollen so zu behandeln, dass eine Ausbreitung des Erregers ausgeschlossen ist. Eine Aufhebung der Sperrmaßnahmen ist nur möglich, wenn Untersuchungen des Bodens nach EPPO-Richtlinien Befallsfreiheit ergeben haben. Bei dieser Laboruntersuchung werden die Dauersori mittels eines Nass-Siebverfahrens aus Bodenproben ausgewaschen und deren Anzahl wird mikroskopisch bestimmt. Pro 0,3 ha ist eine Mischprobe bestehend aus 20 Einstichen in 20 cm Tiefe zu ziehen.
Petrischale

Dauersorus bei 320-facher Vergrößerung

Ist das Ergebnis des Testverfahrens negativ, kann der Sperrbescheid aufgehoben werden. Daneben werden auch immer wieder Untersuchungsanfragen von kartoffelverarbeitenden Betrieben an IPS 2a gerichtet, bei denen es z.B. um die evtl. Belastung von Feststoffresten aus dem Waschprozess mit Dauersori geht. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 4 Bodenproben von 2 Flurstücken auf Vorhandensein von S. endobioticum untersucht. Dabei handelt es sich überwiegend um Flächen, auf denen vor mehr als 20 Jahren Kartoffelkrebs beobachtet wurde. Auf diesen Äckern konnten keine lebensfähigen Dauersori mehr nachgewiesen werden.
Vor dem Hintergrund immer wieder auftretender Krankheitsfälle in den letzten Jahren und in Anbetracht des Verbreitungsweges des Pilzes vor allem durch verseuchtes Pflanzgut ist gerade auch im Rahmen der Anerkennung eine genaue Prüfung des Pflanzgutes auf Knollenwucherungen unverzichtbar.