Elektronische Kennzeichnung von Schafen und Ziegen

In der Verordnung (EG) Nr. 21/2004 wird die elektronische Einzeltierkennzeichnung von Schafen und Ziegen geregelt. Im Rahmen eines dreijährigen bundesweiten Feldversuches wurde die Praktikabilität verschiedener elektronischer Kennzeichnungsmedien, Lesegeräte sowie Herdenmanagementprogramme untersucht.

Schafe verschiedener Rassen

Zielsetzung

Ziel des vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Projektes war die Untersuchung der Praktikabilität verschiedener elektronischer Kennzeichnungsmedien (KZM), Lesegeräte sowie Herdenmanagementprogramme unter typischen deutschen Haltungsbedingungen. Aus den Erkenntnissen sollten Empfehlungen für die Einführung und Umsetzung der elektronischen Kennzeichnung in Deutschland erarbeitet werden.
Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Verträglichkeit und Funktionalität der einzelnen Kennzeichnungsmedien sowie der Untersuchungen zur Lesereichreichweite verschiedener Kombinationen von Lesegerät und KZM.

Methode

Insgesamt wurden 8.989 Schafe mit 20 verschiedenen elektronischen KZM (vier Boli, 16 Ohrmarken) in zwei Kennzeichnungsperioden (2008 und 2009) gekennzeichnet. Um die große Bandbreite in Deutschland abzudecken, wurden 29 Betriebe aus sieben Bundesländern in Deutschland ausgewählt. Die Betriebsgröße schwankte zwischen 10 und mehr als 2.000 Tieren pro Betrieb.
Vier Wochen, ein Jahr und zwei Jahre nach der Kennzeichnung der Tiere wurden Kontrolllesungen durchgeführt, bei denen die Transponder auf ihre Funktionalität, Verträglichkeit und Verlustraten geprüft wurden.
Weiterhin wurden neun Lesegeräte, vier Herdenmanagementprogramme sowie zwei automatische Wiege- und Selektionsanlagen bezüglich ihrer Praxistauglichkeit untersucht. Zusätzlich wurde die Lesereichweite der Lesegeräte in Kombination mit 16 Kennzeichnungsmedien in Zusammenarbeit mit der DLG e. V. unter Laborbedingungen getestet.

Ergebnisse

Anteil abgeheilter Wunden

Säulendiagramm Anteil abgeheilter Wunden nach OhrmarkenpositionZoombild vorhanden

Anteil abgeheilter Wunden nach Ohrmarkenposition

8.779 Schafe konnten vier Wochen nach der Kennzeichnung kontrolliert werden. Bei dieser ersten Kontrolllesung wurden sehr niedrige Verlustraten von < 1 % beobachtet. Auch bei den folgenden Kontrollterminen lagen die Verlustraten im niedrigen einstelligen Bereich (ca. 5 %), dies entspricht den Verlustraten, die in einer ähnlichen Studie in Großbritannien erhoben wurden (ADAS, 2005).
Bezüglich der Verträglichkeit der verschiedenen Ohrmarkentypen konnten bei der ersten Kontrolllesung große Unterschiede im Auftreten von leichten und schweren Entzündungen (6 – 57 %) festgestellt werde

Signifikante (p < 0,0001) Einflussfaktoren auf das Auftreten von Entzündungen vier Wochen nach der Kennzeichnung waren

  • das Kennzeichnungsmedium
  • die Altersklasse der Tiere
  • sowie die Position der Ohrmarke.

Positiv auf den Heilungsverlauf wirkte sich

  • das Kennzeichnen von jungen Tieren (< 9 Monate)
  • das Kennzeichnen der Tiere unterhalb der Mittelrippe im mittleren Bereich des Ohres (Abb. unten)
  • die Auswahl der Kennzeichnungsmedien entsprechend der Ohrgröße und –dicke (z.B. Kennzeichnungsmedien mit einem längeren Dorn) aus.
Bei Beachtung o.g. Punkte können bei elektronischen Ohrmarken ähnliche Abheilungsraten erzielt werden, wie bei den nichtelektronischen konventionellen Ohrmarken. In einer Vergleichsgruppe von 614 Tieren, die gleichzeitig je eine elektronische und nichtelektronische Ohrmarke gesetzt bekommen haben, lag die Abheilungsrate vier Wochen nach der Kennzeichnung bei 92 % bei den nichtelektronischen Ohrmarken und bei 82 % bei den elektronischen Ohrmarken. Wurden elektronische und nichtelektronische Ohrmarken verglichen, die sich von außen baulich nicht unterschieden, war kein Unterschied in der Verträglichkeit festzustellen. Edwards et al. (2001) konnten bei visuellen Ohrmarken höhere Entzündungsraten feststellen als bei elektronischen Ohrmarken.

Boli

Boli zeigten in Bezug auf die Verträglichkeit, Funktionalität und Verlustraten (< 1 %) gute Ergebnisse. Auf eine sachgerechte und sorgfältige Applikation ist jedoch zu achten.
Bezüglich der Lesereichweite wurden deutliche Unterschiede zwischen den Lesegeräten und Transpondern sowie zwischen den verschiedenen Kombinationen dieser festgestellt. Die Orientierung der Transponder und Lesegeräte zueinander hatte erwartungsgemäß einen signifikanten Einfluss auf die Reichweite. Die durchschnittliche Reichweite in der optimalen Ausrichtung lag bei 25,25 ± 7,68 cm. Über alle Kombinationen und Orientierungen traten Variationen von 2 bis 56 cm in der Reichweite auf.
Um für die Praxis weitere hilfreiche Empfehlungen geben zu können, müssen zusätzlich Tests zur Lesereichweite unter Praxisbedingungen erfolgen. Dies gilt auch für die Praktikabilität von Lesegeräten, Managementprogrammen und automatischen Wiege- und Selektionsanlagen, die sich im Projekt als durchaus verbesserungswürdig erwies.

Vor allem bezüglich der folgenden Punkte sind Verbesserungen notwendig:

  • Verständlichkeit der Betriebsanleitungen
  • Einfache Menüführung
  • Lesbarkeit von Displays
  • Handlichkeit der Geräte
  • Akkulaufzeiten
  • Zuverlässigkeit der Technik
  • Schnittstellen zwischen Lesegeräten und Managementprogrammen
Unabhängig davon bietet die untersuchte Technik vor allem für größere Betriebe Einsparpotentiale beim Arbeitszeitbedarf für das Herdenmanagement.
Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband e.V., der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. Ruhlsdorf/Groß-Kreutz, der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, dem Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung Sachsen-Anhalt e.V., der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft durchgeführt.
Literatur
ADAS (2005): English pilot trial of EID/EDT in sheep. Final Report, Department for Environment, Food and Rural Affairs, London, UK
Edwards, D.S., Johnston, A.M. und Pfeiffer, D.U. (2001): A comparison of commonly used ear tags on the ear damage of sheep. Animal Welfare, Vol. 10, S. 141-151.

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