Weideschlachtung, mobile und teilmobile Schlachtung

Foto: Dr. Sophia Goßner
Derzeit gibt es in Bayern laut StMELF rund 1.800 EU-zugelassene Schlachtstätten. Doch auch wenn im Freistaat damit rund ein Drittel aller bundesweiten Schlachtbetriebe angesiedelt sind, werden auch hier in nur fünf großen Schlachthöfen über 70 % aller Schweine und Rinder geschlachtet. Insbesondere seit dem Corona-Ausbruch in einer deutschen Großschlachterei werden die Stimmen nach einer Stärkung kleiner, dezentraler Schlachtereien immer lauter. Weideschlachtungen, mobile und teilmobile Schlachtungen können vor allem für Betriebe mit kleineren Tierbeständen eine sinnvolle Alternative darstellen. Durch solche alternative Schlachtmethoden lassen sich Lebendtransporte verhindert, was sowohl dem Tierschutz als auch der Fleischqualität, dem Arbeitsschutz und der regionalen Wertschöpfung zugutekommt.
Stressfreie Weideschlachtung von ganzjährig im Freien gehaltenen Rindern
Rinder können mit Hilfe der Weideschlachtung in ihrem Herdenverband auf der Weide ruhend oder grasend per Kopfschuss (Kugel- oder Bolzenschuss) betäubt werden. Durch den Einsatz schallgedämpfter Kugel-Langwaffen verläuft die Betäubung und Tötung nicht nur für das Schlachttier selbst, sondern auch für die restliche Herde möglichst stressfrei ab (Voraussetzung: waffenrechtliche Erlaubnis und Sachkundenachweis nach Tierschutz-Schlachtverordnung). Hierbei ist keine Fixierung des Rindes erforderlich. Zwischen der Betäubung und dem Setzen des Entblutungsstichs (möglichst durch Bruststich) dürfen gemäß Anlage 2 § 12 Absatz 6 Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) max. 60 Sekunden liegen. Im Folgenden muss der Schlachtkörper im Fall der Weideschlachtung innerhalb der nächsten 60 min zum Ausnehmen, Enthäuten und Zerteilen zu einem stationären Schlachthof transportiert werden.
Mobile und teilmobile Lösungen für mehr Tierwohl
Theoretisch ist auch bei Rindern eine vollmobile Schlachtung in einem Trailer mit EU-Zulassung möglich, in dem alle Arbeitsschritte von der Fixierung über Betäubung, Töten, Ausnehmen, Aushäuten und Vierteln in einem geschlossenen Raum stattfinden. Vollmobile Schlachttrailer für Rinder gibt es in Deutschland allerdings erst in Ansätzen.
Rahmenbedingungen für die mobile Geflügelschlachtung
Geflügelschlachtmobile benötigen neben einer TÜV-Zulassung eine Registrierung vom Veterinäramt und müssen gemäß Anlage 3 Tier-LMHV folgende Hygieneauflagen erfüllen:
- Handwascheinrichtungen mit berührungsfreier Armatur
- Desinfektionseinrichtungen für Arbeitsgeräte mit einer Wassertemperatur von mindestens 82 °C
- Vorrichtungen oder Behältnisse, die verhindern, dass Fleisch unmittelbar mit dem Fußboden oder den Wänden in Berührung kommt
- Gegebenenfalls abschließbare Einrichtungen für die Kühllagerung von tierischen Nebenprodukten.
Ausstattung eines Geflügelschlachtmobils
Eine mobile Geflügelschlachtanlage verfügt in der Regel über die folgende Ausstattung:
- Manuelles Elektrobetäubungsgerät
- Sterilbecken für scharfe Messer
- Aufhängevorrichtung für getötete Tiere
- Entblutewanne
- Brühkessel mit Durchlauferhitzer
- Rupfmaschine
- Arbeitstisch
- Zwei Handwaschbecken (für reinen und unreinen Bereich) jeweils mit Seifen- und Desinfektionsmittelspender.
Was bei der regionalen Vermarktung beachtet werde muss
Bei der Vermarktung von Geflügelfleisch aus dem Schlachtmobil sind folgende Punkte zu beachten:
- Betriebe, die ihr Geflügel mit Hilfe einer mobilen Schlachtanlage schlachten, dürfen das Fleisch ohne Einschränkungen ab Hof vermarkten (Ausnahmeregelung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Tier-LMHV)
- Der Verkauf des Fleischs über Marktstände und im Umkreis von 100 km um den Betrieb an den örtlichen Lebensmitteleinzelhandel ist zulässig, sofern zusätzlich min. zweimal pro Jahr eine Schlachttieruntersuchung durch den Amtstierarzt oder amtlichen Tierarzt durchgeführt wird (§ 7 Abs. 1 Tier-LMÜV).
Weitführende Informationen zum Thema Weideschlachtung bzw. (teil-)mobile Schlachtung
- Leitlinie "Teilmobile Schlachtung von Rindern" für die räumliche Trennung vom eigentlichen Schlachten von Rindern (EIP-Projekt der operationellen Gruppe "Extrawurst", Juni 2019)
- Handreichung "Teilmobiles Schlachten von Rindern" (EIP "Innovative Schlachtsysteme" der Operationellen Gruppe "Extrawurst", Juni 2019)
- "Kugelschuss auf der Weide als Betäubungs- /Tötungsverfahren zur Schlachtung von Rindern" (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V., Merkblatt 136)
- Kurzfilm "Extrawurst – stressfrei schlachten" (Projekt der EPI-Agri zu innovativen Schlachtverfahren)
- BR-Beitrag "Mobile Schlachtbox: Schlachten auf der Weide" (Unser Land, 10.01.2020)
Ansprechpartnerin:
Dr. Sophia Goßner
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Kleeberg 14, 94099 Ruhstorf a.d.Rott
Tel.: 08161 8640-4658
E-Mail: Diversifizierung-IBA@lfl.bayern.de