Weideschlachtung, mobile und teilmobile Schlachtung

Fleckvieh auf der Weide vor gebirgigem Hintergrund

Foto: Dr. Sophia Goßner

Derzeit gibt es in Bayern laut StMELF rund 1.800 EU-zugelassene Schlachtstätten. Doch auch wenn im Freistaat damit rund ein Drittel aller bundesweiten Schlachtbetriebe angesiedelt sind, werden auch hier in nur fünf großen Schlachthöfen über 70 % aller Schweine und Rinder geschlachtet. Insbesondere seit dem Corona-Ausbruch in einer deutschen Großschlachterei werden die Stimmen nach einer Stärkung kleiner, dezentraler Schlachtereien immer lauter. Weideschlachtungen, mobile und teilmobile Schlachtungen können vor allem für Betriebe mit kleineren Tierbeständen eine sinnvolle Alternative darstellen. Durch solche alternative Schlachtmethoden lassen sich Lebendtransporte verhindert, was sowohl dem Tierschutz als auch der Fleischqualität, dem Arbeitsschutz und der regionalen Wertschöpfung zugutekommt.

Stressfreie Weideschlachtung von ganzjährig im Freien gehaltenen Rindern

Seit 2011 besteht gemäß § 12 Absatz 2 der EU-Hygieneverordnung für Lebensmittel tierischen Ursprungs (Tier-LMHV) die Möglichkeit, ganzjährig im Freien gehaltene Rinder mit Genehmigung des zuständigen Veterinäramts ohne zugelassene Schlachteinheit am Herkunftsort zu schlachten.
Rinder können mit Hilfe der Weideschlachtung in ihrem Herdenverband auf der Weide ruhend oder grasend per Kopfschuss (Kugel- oder Bolzenschuss) betäubt werden. Durch den Einsatz schallgedämpfter Kugel-Langwaffen verläuft die Betäubung und Tötung nicht nur für das Schlachttier selbst, sondern auch für die restliche Herde möglichst stressfrei ab (Voraussetzung: waffenrechtliche Erlaubnis und Sachkundenachweis nach Tierschutz-Schlachtverordnung). Hierbei ist keine Fixierung des Rindes erforderlich. Zwischen der Betäubung und dem Setzen des Entblutungsstichs (möglichst durch Bruststich) dürfen gemäß Anlage 2 § 12 Absatz 6 Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) max. 60 Sekunden liegen. Im Folgenden muss der Schlachtkörper im Fall der Weideschlachtung innerhalb der nächsten 60 min zum Ausnehmen, Enthäuten und Zerteilen zu einem stationären Schlachthof transportiert werden.

Mobile und teilmobile Lösungen für mehr Tierwohl

Bei der teilmobilen Schlachtung kommt das Schlachtunternehmen mit einer mobilen Schlachteinheit auf den Betrieb, führt dort eine Fixierung, Betäubung und Tötung des Rindes durch Blutentzug durch und fährt das tote Tier im Anschluss zum stationären Schlachtunternehmen, wo die weiteren Arbeitsschritte wie Enthäuten, Ausnehmen und Zerlegen erfolgen. Der Gesetzgeber schreibt bei teilmobiler Schlachtung vor, dass das kooperierende stationäre Schlachtunternehmen maximal 45 min vom landwirtschaftlichen Betrieb entfernt liegen darf. Bei der Anschaffung eines mobilen Schlachtanhängers für Rinder muss mit Kosten von rund 10.000 € gerechnet werden.
Theoretisch ist auch bei Rindern eine vollmobile Schlachtung in einem Trailer mit EU-Zulassung möglich, in dem alle Arbeitsschritte von der Fixierung über Betäubung, Töten, Ausnehmen, Aushäuten und Vierteln in einem geschlossenen Raum stattfinden. Vollmobile Schlachttrailer für Rinder gibt es in Deutschland allerdings erst in Ansätzen.

Rahmenbedingungen für die mobile Geflügelschlachtung

Mobile Schlachteinheiten können auch für Legehennen in Mobilställen mit kleineren Beständen eine Alternative zu den immer seltener betriebenen regionalen Geflügelschlachtstätten darstellen. Geflügel-Direktvermarkter dürfen gemäß Verordnung (EG) Nr. 853/2004 auch ohne EU-Zulassung bis zu 10.000 Tiere pro Jahr in eigenen, von ihrem Veterinäramt registrierten Schlachträumen schlachten; eine Lohnschlachtung für andere kleine Geflügelbetriebe ist jedoch nicht zulässig. Rechtlich gesehen gilt das Betreiben einer mobilen Geflügelschlachtanlage nicht als Lohnschlachtung (Beschluss der 32. AFFL-Sitzung vom November 2018), die Verantwortung liegt vielmehr beim Landwirt selbst. Geflügelhalter können eine mobile Schlachtanlage mieten und eine Person mit Schlachtkundenachweis beauftragen, die Tiere zu schlachten. Der Geflügelhalter muss beim Veterinäramt die geplante Schlachtung registrieren. Die zuständige Behörde kann daraufhin die mobile Schlachtanlage auf Hygiene und Funktionsfähigkeit prüfen.

Geflügelschlachtmobile benötigen neben einer TÜV-Zulassung eine Registrierung vom Veterinäramt und müssen gemäß Anlage 3 Tier-LMHV folgende Hygieneauflagen erfüllen:

  • Handwascheinrichtungen mit berührungsfreier Armatur
  • Desinfektionseinrichtungen für Arbeitsgeräte mit einer Wassertemperatur von mindestens 82 °C
  • Vorrichtungen oder Behältnisse, die verhindern, dass Fleisch unmittelbar mit dem Fußboden oder den Wänden in Berührung kommt
  • Gegebenenfalls abschließbare Einrichtungen für die Kühllagerung von tierischen Nebenprodukten.
Außerdem muss eine Kühleinrichtung vorhanden sein, die gewährleisten, dass das Fleisch so schnell wie möglich auf eine Innentemperatur von 4 °C herabgekühlt und diese Temperatur bei der Lagerung eingehalten wird. Diese Kühlmöglichkeit stellt normalerweise der Geflügelhalter zur Verfügung. Darüber hinaus muss der Geflügelhalter für das Geflügelschlachtmobil einen Starkstromanschluss, Zu- und Abwasseranschluss, eine Kadavertonne sowie geeignete Transportgeräte für lebenden Tiere und Schlachtkörper bereitstellen. Der Geflügelhalter reicht dem Schlachter die lebenden Tiere an, nimmt die Schlachtkörper entgegen und verpackt diese. Hierfür muss der Geflügelhalter eine Hygieneschulung nach § 4 LMHV und eine Belehrung nach § 43 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz vorweisen können.

Ausstattung eines Geflügelschlachtmobils

Eine mobile Geflügelschlachtanlage verfügt in der Regel über die folgende Ausstattung:

  • Manuelles Elektrobetäubungsgerät
  • Sterilbecken für scharfe Messer
  • Aufhängevorrichtung für getötete Tiere
  • Entblutewanne
  • Brühkessel mit Durchlauferhitzer
  • Rupfmaschine
  • Arbeitstisch
  • Zwei Handwaschbecken (für reinen und unreinen Bereich) jeweils mit Seifen- und Desinfektionsmittelspender.
Die Kosten für ein Geflügelschlachtmobil liegen bei ca. 50.000 €. Laut Verband der Landwirte mit handwerklicher Fleischverarbeitung e.V. (vlhf) schaffen es zwei Personen in einem Schlachtmobil ca. 70 Hühner pro Stunde zu schlachten. Eine Betäubung der Tiere kann durch Kopfschlag (Tiere mit max. 5 kg Körpergewicht), manuelle Elektrobetäubungsanlagen oder spezielle Bolzenschussapparate für Geflügel erfolgen. Nach Beendigung der Schlachtarbeiten ist eine gründliche Reinigung und Desinfektion des Schlachtmobils unabdingbar um keine Krankheitserreger von einen auf den anderen Betrieb zu verschleppen. Die Reinigung ist entsprechend zu dokumentieren. Für die Abschlussreinigung nach der Schlachtung von Hühnern benötigt eine Person rund 1,5 h, nach der Schlachtung von Gänsen wird rund 4,5 h benötigt.

Was bei der regionalen Vermarktung beachtet werde muss

Bei der Vermarktung von Geflügelfleisch aus dem Schlachtmobil sind folgende Punkte zu beachten:

  • Betriebe, die ihr Geflügel mit Hilfe einer mobilen Schlachtanlage schlachten, dürfen das Fleisch ohne Einschränkungen ab Hof vermarkten (Ausnahmeregelung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Tier-LMHV)
  • Der Verkauf des Fleischs über Marktstände und im Umkreis von 100 km um den Betrieb an den örtlichen Lebensmitteleinzelhandel ist zulässig, sofern zusätzlich min. zweimal pro Jahr eine Schlachttieruntersuchung durch den Amtstierarzt oder amtlichen Tierarzt durchgeführt wird (§ 7 Abs. 1 Tier-LMÜV).
Hinweis: Die vorliegenden Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Es wird weder ein Anspruch auf Richtigkeit sowie inhaltliche und technische Fehlerfreiheit noch auf Vollständigkeit erhoben.

Weitführende Informationen zum Thema Weideschlachtung bzw. (teil-)mobile Schlachtung

    Ansprechpartnerin:
    Dr. Sophia Goßner
    Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
    Kleeberg 14, 94099 Ruhstorf a.d.Rott
    Tel.: 08161 8640-4658
    E-Mail: Diversifizierung-IBA@lfl.bayern.de

    Bildnachweis:
    Kopfbild, Foto: Warmuth/StMELF