Praxisinformationen
Jahresbericht über die Ermittlung von Erzeugungs- und Qualitätsparametern sowie der Zuchtwertschätzung beim Schwein

Mehrere Prüfferkel auf grünem Boden in der Quarantänestation

Prüfferkel in der Quarantänestation

In den Prüfstationen für Schweine in Grub und Schwarzenau werden unter standardisierten Bedingungen Erzeugungs- und Qualitätsmerkmale von Nachkommen aus der Herdbuchzucht und der künstlichen Besamung ermittelt, die im Rahmen der Zuchtwertschätzung die Grundlage für die spätere Selektionsentscheidung bilden.

Im Jahr 2023 wurden in den Prüfstationen 5.078 Tiere eingestallt, bei welchen neben den klassischen Prüfmerkmalen auch das Safthaltevermögen im Kotelett, der Intramuskuläre Fettgehalt, Zitzenmängel und Hilfsschleimbeutel an den Extremitäten routinemäßig erfasst werden. Zudem wurden 200 Tiere im Rahmen von Versuchen geprüft. Projekte zur Haltung nicht kupierter Tiere sind zudem ein wichtiger Teil der Arbeit der Prüfstationen. Zusätzlich zur klassischen Stationsprüfung wird das Datenpotential in Praxisbetrieben mit bayerischen Hybridsauen konsequent weiter erschlossen. Durch das Programm "BayernGO" der Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine in Bayern w. V. (EGZH) werden seit dem Jahr 2020 die Leistungen von Bestandssauen und deren Nachkommen in eigenremontierenden Ferkelerzeugerbetrieben des LKV Bayern e.V. erfasst und in der Zuchtwertschätzung berücksichtigt. Dies erweitert insbesondere die Anzahl von Reinzuchtleistungen erheblich.

Auf Basis dieses europaweit einzigartigen Datenpools in den organisierten Ferkelerzeugerbetrieben ist es so gelungen, den Zuchtfortschritt bei der Vitalität der Ferkel und der Homogenität des Wurfes deutlich zu steigern. Beides, die hervorragende Merkmalserhebung in den Prüfstationen und die konsequente Nutzung von Felddaten, sind in Verbindung mit der genomischen Zuchtwertschätzung die Garanten für die hervorragende züchterische Entwicklung der in Bayern gezüchteten Rassen Piétrain, Duroc, Deutsche Landrasse und Deutsches Edelschwein.

Leistungsprüfungen und Zuchtwertschätzung beim Schwein in Bayern: Jahresbericht (LfL-Information)

Der vorliegende Bericht enthält neben den Stationsergebnissen noch Zusatzauswertungen, vor allem hinsichtlich der Fleischbeschaffenheit, die Ergebnisse der Feldprüfungen sowie die aktuellen genetischen Trends anhand der Entwicklung der Zuchtwerte der letzten 10 Jahre. Zudem gibt er einen Überblick über aktuelle Forschungsaktivitäten im Bereich der Schweinezucht.

Das Prüfungsjahr 2023

Das Jahr 2023 war für die Ferkelerzeuger nach langer Durststrecke ein ökonomisch gutes Jahr. Die Energie- und Futterkosten waren im Vergleich zum Jahr 2022 deutlich rückläufig, was bei einem mittleren Ringferkelpreis von 84 Euro zu positiven Unternehmergewinnen führte. In der Schweinemast war mit einem mittleren Schlacht-schweinepreis von 2,31 Euro/ kg Schlachtgewicht ebenso ein gutes Betriebsergebnis zu erzielen. Die Nachfrage nach Ferkeln ist somit weiterhin groß, so dass die Nachfrage das Angebot übertrifft.
Zum Stichtag 11/2023 hielten in Bayern 1.290 Betriebe (-4 Prozent zum Vorjahr) etwa 157.000 Zuchtsauen. Der Zuchtsauenbestand blieb somit im Vergleich zum Vorjahr stabil. Die Betriebe mit Schweinemast verringerten sich geringfügig auf 2.940 Betriebe (-2 Prozent), der Bestand an Mastschweinen auf 1,17 Mio. Tiere (-2 Prozent). Auch für das Jahr 2024 sind gute ökonomische Betriebsergebnisse zu erwarten, so dass eine deutliche Verringerung der Schweinehalter und Schweinebestände im laufenden Jahr nicht zu erwarten ist.
Für die bestmögliche Qualität der bayerischen Tiere ist die Zucht maßgeblich mitverantwortlich. Um hier weiter den Anforderungen der Landwirte und auch der Gesellschaft gerecht zu werden, wurden im Jahr 2023 zahlreiche Maßnahmen getroffen.

Neubau des neuen Forschungs- und Prüfzentrums (FPZ) für Schweine in Schwarzenau

Als eine der wichtigsten Maßnahmen ist sicherlich der Baubeginn des neuen Versuchsschlachthauses am Versuchs- und Bildungszentrum Schwarzenau (BaySG) zu nennen. Die Planungen für den Neubau des neuen Forschungs- und Prüfzentrums (FPZ) für Schweine in Schwarzenau sind zudem weit fortgeschritten. Die stationäre Prüfung wird somit auch in Zukunft neben der Partnerschaft mit dem LKV Bayern e.V. den wesentlichen Faktor für die bayerische Schweinzucht darstellen.

Neues Projekt HeriSINS zum Thema Entzündungs- und Nekrosesyndrom beim Schwein

Die Erhöhung des Anteils von Schweinen mit intaktem Ringelschwanz ist gesellschaftspolitisch gewünscht und wird daher in der Zuchtarbeit verstärkt in den Fokus genommen. In den Prüfstationen Grub und Schwarzenau werden bereits seit Mitte des Jahres 2021 grundsätzlich Tiere mit intaktem Ringelschwanz eingestallt. Im Jahr 2023 begann ein vom StMELF gefördertes Projekt (HeriSINS) zum Thema Entzündungs- und Nekrosesyndrom beim Schwein (SINS), in welchem an nicht kupierten Tieren SINS-Merkmale erhoben und deren Zusammenhang für das Auftreten von Schwanzverletzungen untersucht werden.
Zur Einschätzung der bayerischen Genetik und zur Information für die bayerischen Schweinhalter werden regelmäßig Vergleiche mit anderen Herkünften durchgeführt, in welchen auch mögliche Unterschiede bei der Haltung unkupierter Tiere eruiert werden.

Durchführung eines Vergleichs unterschiedlicher Wachstumseber bei Duroc-Genetic

Auf Grund einer gestiegenen Nachfrage nach Duroc-Genetik in den bayerischen Besamungsstationen wurde im Jahr 2023 ein Vergleich unterschiedlicher Wachstumseber in der Prüfstation Schwarzenau durchgeführt. Bei einer der Herkünfte handelte es sich um Duroc-Genetik des EGZH-Partners DNA Genetics. Dafür wurde Sperma aus Kanada importiert und in der Sauenherde des Versuchs- und Bildungszentrums Schwarzenau eingesetzt. Es zeigte sich die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem dänischen Duroc, so dass nun auch in den bayerischen Besamungsstationen Eber dieser Duroc-Linie zur Verfügung stehen.
Neben umfangreicher Forschungsarbeit bildet das Erzeugungs- und Qualitätsmonitoring an den Stationen Grub und Schwarzenau auch künftig das zentrale Rückgrat der bayerischen Zuchtprogramme.
Mit 5.078 eingestallten Tieren ist der Umfang der erhobenen Leistungsdaten, aber auch die Datenqualität im Vergleich mit anderen am Markt befindlichen Zuchtprogrammen überragend. Das Prüfaufkommen in Bayern teilt sich mit etwa 40 Prozent auf die Herdbuchprüfung und mit etwa 60 Prozent auf die Endprodukteprüfung auf. Zusätzlich wurden im Jahr 2023 über 200 Tiere im Rahmen von Versuchen geprüft.

Optimales Niveau bei Mast- und Schlachtleistungsergebnisse bei allen Prüfarten

Die Mast- und Schlachtleistungsergebnisse haben bei allen Prüfarten ein optimales Niveau erreicht. Im Prüfabschnitt wurden Tageszunahmen von 812 g bei der Rasse Piétrain (weiblich), 1.015 g bei den Mutterrassen (Kastraten) und 902 g bei den weiblichen Endprodukten ermittelt. Der Magerfleischanteil (LPA-Formel) im Schlachtkörper lag mit 68,1 Prozent bei Piétrain und 63,7 Prozent bei den Endprodukten (weiblich) ebenso auf einem ausgesprochen guten Niveau.

Projekte im Rahmen der Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung

Im Jahr 2023 wurden wichtige Aufgaben zur Stärkung der bayerischen Schweinzucht angegangen. Hierzu zählen besonders die angegangenen Projekte, die wichtige Grundlagen für künftige Neuausrichtungen der Zuchtziele bei den Vater- und Mutterrassen liefern können.
Um die Erfassung paternaler Fruchtbarkeitsmerkale noch weiter zur verbessern wurde zudem ein Projekt gestartet, in welchem die Kennzeichnung der Ferkel mit einer elektronischen Ohrmarke kurz nach der Geburt in Kombination mit einer Ferkelwaage erprobt wird. Dies ermöglicht eine exakte Zuordnung der Abstammung und eine genaue Erfassung der Geburtsgewichte der Ferkel. Dies könnte die Erfassung des Merkmals "Wurfhomogenität" deutlich verbessern.

Validierung der genomisch-optimierten Zuchtwertschätzung beim Schwein (ValPigGS)

Das Projekt "Validierung der genomisch-optimierten Zuchtwertschätzung beim Schwein (ValPigGS)" wurde erfolgreich abgeschlossen. Im Rahmen des Projekts wurden knapp 6.000 Tiere von über 50 Besamungsebern der Rasse Pietrain an den Prüfstationen Grub und Schwarzenau geprüft. Mit dem Forschungsvorhaben konnte gezeigt werden, dass am Institut für Tierzucht ein sehr gut funktionierendes Routineverfahren der genomischen Zuchtwertschätzung implementiert ist. Damit wird es der bayerischen Schweinezucht ermöglicht, das Potential der Genomischen Selektion optimal zu nutzen.

Erblichkeit von SINS-Merkmalen beim Schwein (HeriSINS)

Im Rahmen des Projekts "Erblichkeit von SINS-Merkmalen beim Schwein (HeriSINS)" wurden zum Stand Februar 2024 etwa 180 Betriebsbesuche durchgeführt, knapp 1.600 Würfe auf SINS bonitiert und 18.000 Saugferkelbonituren vollzogen. Zudem wurden etwa 6.500 Bonituren in den Quarantänestationen und etwa 5.000 Bonituren in den Prüfstationen durchgeführt. Es konnte eine Vielzahl von SINS-Zeichen beobachtet werden. Diese können – müssen aber nicht – alle gleichzeitig auftreten. Manche Gesetzmäßigkeiten aus Literatur lassen sich wiederfinden. Ins-gesamt zeigte sich zum Zeitpunkt der Geburt eine niedrige Prävalenz der Merkmale.

Nutzung der Genotypisierung durch Eigenremontierer in Bayern (Bayern-GO)

In der Mutterrassenzucht wurde die Umsetzung der Genomischen Selektion bei der Remontierung der Sauenbestände der Landrasse fortgesetzt. Dabei steigt zunehmend die Nachfrage nach Tieren, die eine Resistenz gegen die Ödemkrankheit aufweisen, deutlich an. Sowohl die bayerischen Besamungsstationen für die Eigenremontierer in Bayern, als auch nichtbayerische Kunden nutzen den aktuell nur in Bayern veröffentlichten Resistenzstatus der Sauen und Eber.
Aufgrund der starken Verbreitung der bayerischen Landrassegenetik in Bayern wurde das von der EU geförderte Innovationsprojekt zur Nutzung der Typisierung auch bei Eigenremontierern von der EGZH als "BayernGO“ abgeschlossen und es erfolgte eine Nachförderung durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Diese Förderung setzt die Erhebung von Verhaltens- und Gesundheitsmerkmalen im Hinblick auf künftig abzusehende Haltungs-bedingungen voraus.

DAN-A-CH zur Evaluierung des Leistungsniveaus verschiedener Edelschweinherkünfte

Das Projekt "DAN-A-CH" zur "Evaluierung des Leistungsniveaus verschiedener Edelschweinherkünfte" wurde abgeschlossen. Aktuell finden mit beteiligten Verbänden Absprachen über eine engere Verknüpfung der Populationen statt.

Fortführung des Vaterrassenmodells zur Förderung der bayerischen Piétrainzucht

Von der Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine in Bayern w.V. (EGZH) wurde das sog. Vaterrassenmodell zur Förderung der bayerischen Piétrainzucht fortgeführt. So wurden im Rahmen des Vaterrassen-Models im Jahr 2023 umfangreich Nachzuchtsauen und Eberkandidaten genotypisiert. Zudem werden für das bayerische Zuchtprogramm besonders interessante Anpaarungen gefördert.
Über eine Anpassung des Zuchtziels der Vaterrassen wurden im Jahr 2023 intensive Diskussionen geführt. Hintergrund ist die Forderung der Märkte, den Zunahmen mehr Gewicht zu geben. Auch das vermehrte Angebot wuchsstarker Endstufengenetik in Bayern spielt hier eine Rolle. Eine Zuchtzielanpassung wird es daher im Frühjahr 2024 geben.

Zuchtwertschätzung für paternale Fruchtbarkeit bei Piétrain

Auch für Piétraineber wird nun ein Zuchtwert für Bursen in der download-Liste von BaZi-Schwein publiziert. Zudem wird ein Selektionsindex für "paternale Fruchtbarkeit" geschätzt. Dieser beinhaltet Zuchtwerte für die Anzahl lebend geborener, tot geborener und zu leicht geborener Ferkel. Um die Sicherheit dieser Zuchtwerte zu erhöhen ist eine weiter steigende Erfassung der Merkmale in Ringbetrieben eine wichtige Voraussetzung. Daher ist es das Ziel, gemeinsam mit den LKV-Ringberatern noch mehr Werbung für die Erfassung dieser Merkmale zu machen. Es können allerdings nur sortenreine Würfe in der Zuchtwertschätzung berücksichtigt werden.
Um die Erfassung paternaler Fruchtbarkeitsmerkale noch weiter zu verbessern, wurde zudem ein Projekt gestartet, in welchem die Kennzeichnung der Ferkel mit einer elektronischen Ohrmarke kurz nach der Geburt in Kombination mit einer Ferkelwaage erprobt wird. Dies ermöglicht eine exakte Zuordnung der Abstammung und eine genaue Erfassung der Geburtsgewichte der Ferkel. Dies könnte die Erfassung des Merkmals „Wurfhomogenität“ deutlich verbessern.
Tabelle: Kennzahlen zur Erfassung von Fruchtbarkeitsmerkmalen in Ferkelerzeugerbetrieben
MerkmalFerkelerzeuger
Würfe gesamt44.295
Lebendgeborene Ferkel je Wurf13,6
Anteil der Würfe mit Angabe zur Anzahl totgeborener Ferkel71,3 %
Anteil der Würfe mit totgeborenen Ferkeln59,7 %
Gesamt geborene Ferkel je Wurf14,9
Totgeborene Ferkel je Wurf1,35
Anteil totgeborener Ferkel an den gesamt geborenen Ferkeln8,4 %
Anteil der Würfe mit Angabe zur Anzahl zu leicht geborener Ferkel22,9 %
Anteil der Würfe mit zu leicht geborenen Ferkeln27,3 %
Zu leicht geborene Ferkel je Wurf0,62
Anteil zu leicht geborener Ferkel an den lebendgeborenen Ferkeln4,2 %

Ansprechpartner
Dr. Rudolf Eisenreich
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8640-7180
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: Tierzucht@LfL.bayern.de

Porträtfoto:

Dr. Rudolf Eisenreich

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