Kreative Konzepte für Erwerbskombinationen ─ aus der Corona-Krise in die Zukunft

Jede Krise bietet die Chance, neue Wege zu beschreiten. Dies gilt auch für die derzeitige Corona-Pandemie. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, die in einer Erwerbskombination tätig sind, haben diese Chance ergriffen und kreative Ansätze entwickelt, um den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu trotzen. Viele der Konzepte stärken die Betriebe nicht nur in dieser turbulenten Phase, sondern können auch zur Kundenbindung beitragen und für die Zeit danach maßgeblich zu wirtschaftlichem Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Die folgende Übersicht stellt besonders kreativer Ansätze aus den Bereichen Direktvermarktung, Bauernhofgastronomie, erlebnisorientierte Angebote und Landtourismus vor.

Drive-in-Schalter, Lieferservice und Onlineshop

Kartonbox gefüllt mit verschiedenen Gemüsen
Einige Direktvermarkter haben ihren Hofladen durch einen Drive-in-Schalter ergänzt. Die Kunden können ihre Einkäufe direkt vor Ort, telefonisch oder per E-Mail bestellen und die zusammengestellten Produkte abholen, ohne dafür ihr Auto verlassen zu müssen. Alternativ liefern zahlreiche Landwirte ihre Produkte direkt vor die Haustür des Kunden, ab einem gewissen Mindestbestellwert gratis, andernfalls gegen einen kleinen Unkostenbeitrag. Die Kunden können entweder bar, per Überweisung oder via PayPal bezahlen. Einige Direktvermarkter haben es zudem geschafft, innerhalb kürzester Zeit einen oft schon lange angedachten Onlineshop aufzubauen, über den Kunden ihre Einkäufe bequem von zu Hause aus erledigen können.

Spargel selbst stechen

Während sich die Selbsternte bei Erdbeeren bereits etabliert hat, war dies bei Spargel bisher kaum der Fall. Das teilweise Ausbleiben der ausländischen Erntehelfer und eine verminderte Nachfrage nach heimischem Spargel durch geschlossene Gastronomiebetriebe brachten Spargelbauern auf die Idee, den Spargel durch ihre Kunden selbst ernten zu lassen. Durch das leichte Erhöhen der Dämme kann dabei verhindert werden, dass es beim Stechen durch die ungeübten „Erntehelfer“ zu Verletzungen der empfindlichen Pflanzen kommt.
Darüber hinaus wurden Spargeldämme auch für die Dauer der gesamten diesjährigen Erntesaison an Kunden vermietet. So können die Kunden noch bis Ende Juni im Abstand von zwei bis drei Tage ihren Spargel selbst stechen. Dafür stehen ihnen bis zu 300 m Damm zur Verfügung.

Regionale Spezialitäten „to go“ und digitale Verkostungen

Im Bereich der Bauernhofgastronomie wurden ebenfalls Drive-In-Schalter eingerichtet. Die Kunden können dort, wie von Fast-Food-Restaurants bereits bekannt, ihre Bestellung aufgeben und die zubereiteten Speisen in Thermoboxen in Empfang nehmen.
Logo Lokalhelden
Viele Hofcafés bieten selbstgebackene Kuchen, Brote oder andere Spezialitäten zum Mitnehmen an. Das Angebot wird dabei häufig über Social Media Kanäle wie Facebook oder Instagram bzw. auf der eignen Homepage beworben. Teilweise werden Vorbestellungen via WhatsApp angenommen. Darüber hinaus entstand in Kooperation der DEHOGA Bayern, des Bayerischen Rundfunks und des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die kostenlose Online-Plattformen „Lokal-Helden“. Sie bündelt gastronomische Betriebe in ganz Bayern, die Außerhausverkauf und / oder Lieferservice anbieten und stellt somit eine zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit dar – auch für die Bauernhofgastronomie.

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Futterpatenschaften und tierische Videokonferenzen

Zwei Alpaka fressen aus der Hand
Betriebe mit erlebnisorientierten Angeboten haben sich ebenfalls kreative Konzepte einfallen lassen, um mit ihren Kunden in Kontakt zu bleiben und in Zeiten der Corona-Pandemie die weggebrochenen Einnahmen zu kompensieren. Dazu gehören Tierfutterpatenschaften, mit denen Betreiber von Streichelzoos die Kosten für die Versorgung ihrer Tiere teilweise auszugleichen versuchen. Auch Konzepte zur Digitalisierung des Erlebnisbauernhofs sind in Arbeit.
Betriebe, die normalerweise Alpaka- oder Lama-Wanderungen im Programm haben, bieten derzeit als Alternative Videokonferenzen mit ihren Tieren an. Im Rahmen einer solchen tierischen Videokonferenzen können Kunden die Tiere nicht nur digital kennenlernen, sondern auch Wissenswertes über ihre Haltung und Pflege erfahren und einen virtuellen Rundgang durch die Stallungen unternehmen.

Live-Tastings

Wein und Käse vor einem Computerbildschirm
Live-Tastings, etwa über Facebook und Instagram, erfreuen sich ebenfalls steigender Beliebtheit. Hierfür vertreiben beispielsweise Winzer sogenannte Live-Verkostungspakete, die die Kunden online bestellen und per Post geliefert bekommen. Im Anschluss können die Kunden via Livestream an der digitalen Verkostung teilnehmen und erfahren direkt vom Erzeuger mehr über die Produkte und deren Herstellung. Mit solchen Angeboten schaffen landwirtschaftliche Betriebe ihren Kunden selbst in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und abgesagten Veranstaltungen ein Erlebnis mit Eventcharakter in den eigenen vier Wänden.

Vermietung von Ferienunterkünften als Homeoffice-Arbeitsplätze

Während der letzten Monate blieben viele Hotels und Ferienunterkünfte leer. Gleichzeitig müssen Millionen Beschäftigte seit Wochen von zu Hause aus im Homeoffice arbeiten. Ein ruhiges und konzentriertes Arbeiten ist vor allem mit Kindern zu Hause nur selten zu realisieren. Viele Arbeitnehmer begrüßen zudem eine räumliche Trennung zwischen Wohnung und Arbeit. So stellen bereits einige Hotelbetreiber auf Initiative des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Zimmer als Homeoffice-Arbeitsplätze zur Verfügung, die angemietet werden können. Auch für landwirtschaftliche Betriebe, die im Normalbetrieb Ferienunterkünfte vermieten würden, ergibt sich mit dieser Idee eine mögliche Einkommensquelle in Zeiten von leeren Ferienwohnungen und fehlenden Umsätzen.

Homeoffice im Hotel Externer Link

Gäste virtuell am Hofgeschehen teilhaben lassen

In den letzten Wochen konnten die geplanten Reisen auf die Urlaubsbetriebe nicht stattfinden. Um die Gäste auch in Zukunft als Kunden zu erhalten ist es wichtig den Kontakt zu festigen. Viele Anbieter von Ferienunterkünften sind bereits in Form eines Newsletters oder auf Social Media Kanälen im ständigen Kontakt mit den Gästen. Weitere Möglichkeiten wären die Lieferung von Rezeptideen von Spezialitäten, die die Gäste mit dem Ferienhof verbinden oder kurze Videos über Neuigkeiten am Hof und der Umgebung. Die Verbindung zwischen Gastgeber und Gast kann so intensiviert und die Gäste dazu angeregt werden, bereits jetzt vom nächsten Urlaub zu träumen.

Ansprechpartnerin:
Dr. Sophia Goßner
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Kleeberg 14, 94099 Ruhstorf a.d.Rott
Tel.: 08161 8640-4658
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de