Einfluss eines Futterzusatzstoffes zur Stressminderung auf Leistung und Caudophagie bei Aufzuchtferkeln
Im Projekt Fütterung und Tierwohl wird untersucht, wie sich durch Fütterungsmaßnahmen Aggressionen und Fehlverhalten, wie zum Beispiel Schwanzbeißen bei Schweinen, vermindern lassen. Dabei steht die Versorgung an Faser im Vordergrund. Daneben werden aber auch Futterzusatzstoffe auf Magnesiumbasis von der Industrie angeboten, die den Stress bei Schweinen und Geflügel vermindern sollen. Eines dieser Produkte soll laut Produktbeschreibung über eine „Anti-Stresswirkung“ verfügen. Es besteht aus einer Mischung aus Magnesiumfumarat und Magnesiumacetat sowie aus natürlichen Pflanzeninhaltsstoffen, vor allem Hopfen.
In dem Versuch soll geklärt werden, wie sich dieser Futterzusatzstoff auf Futteraufnahme, Leistung und Schwanzbeißen bei nicht schwanzkupierten und schwanzkupierten Tieren auswirkt.
Versuchsdurchführung
Der Versuch wurde am Staatsgut Schwarzenau der Bayerischen Staatsgüter durchgeführt. Dazu wurden 80 Ferkel ausgewählt und nach Lebendmasse, Geschlecht und Abstammung gleichmäßig auf folgende Gruppen aufgeteilt:
- Kontrolle, ohne Zusatzstoff
- Testgruppe mit Zusatzstoff
Der Zusatzstoff wurde mit einer Dosierung von 0,4 Prozent im Austausch gegen Getreide in das Ferkelaufzuchtfutter eingemischt. Die Hälfte der Ferkel war nicht schwanzkupiert, so dass insgesamt folgende 4 Versuchsgruppen zur Auswertung entstanden:
- Gruppe 1.1: Kontrolle, Ferkel schwanzkupiert
- Gruppe 1.2: Kontrolle, Ferkel nicht schwanzkupiert
- Gruppe 2.1: Zusatzstoff, Ferkel schwanzkupiert
- Gruppe 2.2: Zusatzstoff, Ferkel nicht schwanzkupiert
Die Schwänze nicht schwanzkupierter Ferkel wurden nach folgendem Schema bonitiert:
Verletzungen | Blutungen | Schwellungen | Teilschwanzverluste |
---|---|---|---|
0 = keine Verletzung erkennbar | 0 = keine | 0 = keine | 0 = kein Teilverlust |
1 = Kratzer, leichte Bissspuren | 1 = frisch aufgetreten | 1 = deutlich erkennbar | 1 = Teilverlust bis zu einem Drittel |
2 = kleinflächige Verletzungen | 2 = Teilverlust bis zu zwei Drittel | ||
3 = großflächige Verletzungen | 2 = Teilverlust über zwei Drittel |
Ergebnisse
Aufzuchtleistungen, Kotbeschaffenheit und Futterkosten
Das Zunahmeniveau lag mit im Mittel 430 Gramm pro Tag eher niedrig. In der Gruppe mit Zusatzstoff und schwanzkupierten Tieren wurden mit 471 Gramm signifikant höhere tägliche Zunahmen erzielt als in den weiteren Versuchsgruppen mit 426 Gramm (Kontrolle, nicht schwanzkupiert), 403 Gramm (Kontrolle, schwanzkupiert) und 424 Gramm (Zusatzstoff, nicht schwanzkupiert). Die Unterschiede resultierten insbesondere aus den Leistungen im 2. Aufzuchtabschnitt.
Der Futterverbrauch war in den Gruppen mit Zusatzstoff mit 697 Gramm (nicht schwanzkupiert) und 672 Gramm (schwanzkupiert) pro Tier und Tag höher als in den Kontrollgruppen mit 628 beziehungsweise 629 Gramm. Die Unterschiede zwischen den beiden Kontrollgruppen und der Zusatzstoffgruppe mit den nicht schwanzkupierten Ferkeln ließen sich statistisch absichern. Auch beim Futterverbrauch resultierten die höheren Werte aus dem 2. Aufzuchtabschnitt.
Auf die Futtereffizienzzahlen zeigte sich im Versuchsmittel mit Werten zwischen 1,48 und 1,59 Kilogramm pro Kilogramm Zuwachs kein statistisch absicherbarer Effekt. Auch bei der Bewertung der Kotbeschaffenheit wurden keine Unterschiede festgestellt. In allen Gruppen wurde der Kot mit der Note 2 als normal bewertet.
Der Zusatzstoff erhöhte die Futterkosten pro Kilogramm Zuwachs im Mittel um etwa 3 bis 4 Cent.
Kontrolle schwanzkupiert | Kontrolle nicht schwanzkupiert | Zusatzstoff schwanzkupiert | Zusatzstoff nicht schwanzkupiert | |
---|---|---|---|---|
Lebendmasse, Beginn (kg) | 9,4 | 9,0 | 9,1 | 9,3 |
Lebendmasse, Ende (kg) | 26,8 | 25,5 | 28,5 | 26,7 |
Tägliche Zunahmen (g) | 426 | 403 | 471 | 424 |
Futterverbrauch (g/Tag) | 628 | 629 | 697 | 672 |
Futteraufwand (kg/kg Zuwachs) | 1,49 | 1,56 | 1,48 | 1,59 |
Futterkosten (€/kg Zuwachs) | 0,37 | 0,39 | 0,40 | 0,43 |
Schwanzbeißen
Verletzungen bei nicht schwanzkupierten Ferkeln traten in der Gruppe ohne Futterzusatzstoff schon in der ersten Woche vereinzelt auf. In der Gruppe mit Zusatzstoff zeigten sich die ersten Verletzungen etwa eine Woche später. Die Verletzungen nahmen in beiden Gruppen bis zur vierten Woche kontinuierlich zu, wobei in der Zusatzstoffgruppe die Boniturnote 2, kleinflächige Verletzungen, in der letzten Woche an nur knapp 17 Prozent der Tieren vergeben wurde. In der Kontrollgruppe waren es mit 45 Prozent deutlich mehr. Signifikante Unterschiede zeigten sich in der ersten und in der letzten Woche. Dies lässt sich dadurch erklären, dass in der Zusatzstoffgruppe das Schwanzbeißen in den ersten Wochen verspätet auftrat und in den letzten Wochen eher zurückgegangen ist.
Schwellungen im Schwanzbereich traten ab der dritten Woche in beiden Gruppen vermehrt auf. Der prozentuale Anteil an Tieren, welche eine Schwellung am Schwanz zeigten, sowie der Verlauf des Parameters verdeutlichten einen langsameren Anstieg in der Zusatzstoffgruppe. In der fünften Versuchswoche hatten 73 Prozent der Tiere in der Zusatzstoffgruppe Schwellungen am Schwanz, in der Kontrollgruppe waren es mit 95 Prozent deutlich mehr.
Die Blutungen verliefen je nach Tageszeit unregelmäßig. Bei morgendlichen Bonitierungen waren weniger Blutungen zu erkennen, als bei Bonitierungen am Abend. Der Verlauf der Blutungen zeigte einen Anstieg ab der dritten Woche. Das Auftreten von Blutungen war in der Zusatzstoffgruppe niedriger.
Der Verlust eines Teils des Schwanzes wurde ab der vierten Woche in beiden Gruppen vermehrt beobachtet. Der Verlauf sowie der prozentuale Anteil an Tieren, die einen Teilschwanzverlust aufwiesen, waren in beiden Gruppen mit 65 Prozent gleich. Der Anteil an Tieren, die einen Verlust des Schwanzes bis zu zwei Drittel erlitten, lag in der Kontrolle bei 55 Prozent und in der Zusatzstoffgruppe bei 65 Prozent. In der Kontrollgruppe hatten 10 Prozent der Tiere auch einen Verlust des Schwanzes um mehr als zwei Drittel zu beklagen.
Cortisolgehalt im Speichel
Fazit
Der getestete Zusatzstoff zeigte insbesondere bei schwanzkupierten Tieren einen signifikant positiven Einfluss auf den Futterverbrauch und die täglichen Zunahmen. Der Futteraufwand war aufgrund der höheren Leistungen bei gleichzeitig höherem Futterverbrauch durch den Futterzusatzstoff nicht beeinflusst. Bei nicht schwanzkupierten Tieren trat das Schwanzbeißen bei Einsatz des Zusatzstoffes später und weniger stark ausgeprägt auf. Zusammen mit weiteren Maßnahmen könnte der Zusatzstoff zur Minderung des Schwanzbeißens beitragen. Unabhängig von der Zulage war der Stressanzeiger Cortisolgehalt im Speichel bei nicht schwanzkupierten Tieren höher als bei kupierten.
Einfluss eines Futterzusatzstoffes zur Stressminderung auf Leistung und Caudophagie bei Aufzuchtferkeln
Projektinformation
Projektleiter: Dr. W. Preißinger
Projektbearbeiter: G. Propstmeier, S. Scherb
Laufzeit: September 2015 bis März 2016
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